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AMA AMA - Ich bin Serien-Auswanderer/ Laender-Tester

Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • #1
Anknuepfend an den AMA-Thread eines anderen Users habe ich mir jetzt auch was einfallen lassen, wie ich mich moeglicherweise ein bisschen nuetzlich machen kann: Der eine Aspekt, der an mir etwas mehr auffaellt als ueblich, ist, dass ich seit einem viertel Jahrhundert von einem Land ins naechste ziehe, um dort entweder zu studieren, oder zu arbeiten. In allen der untenstehenden Laendern und ihren Regionen habe ich ein Minimum von zwei Jahren verbracht, lebte ein Alltagsleben, und hatte meine eigene Wohnung oder ein Haus.

Sollte also jemand wissen wollen, wie es ist, dort zu leben, und alles, was damit zu tun hat, bitte sehr - ich stehe zur Verfuegung.
  • Kanada (Alberta, British Columbia)
  • USA (Arizona, Kalifornien, New York, New Jersey)
  • Frankreich (Elsass)
  • Indien (Mumbai, Bangalore)
  • Schweden (mein Bruder nennt mein Dorf "Katthult")
  • Grossbritannien (Manchester, Nottingham)
  • Neuseeland (Dunedin)
  • China (Shanghai, Peking)
Bonus-Option: Paraguay (keine zwei Jahre, aber lebenslange Verbindungen)
 
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R
Benutzer Gast
  • #2
Mich würde interessieren, wieso du nicht in Neuseeland geblieben bist. :smile:
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #3
Mich würde interessieren, wieso du nicht in Neuseeland geblieben bist. :smile:
Dort waere ich gerne geblieben, und sollte ich mal zu Geld kommen, gehe ich auch wohl hurtig wieder dorthin zurueck. Es ist eines der ganz wenigen, exotischen Laender, die es mit Europa aufnehmen koennen - Sozialsystem, Sicherheit, Reputation, Intelligenz... und die Landschaften und Naturschauspiele sind ohne gleichen.

Ich ging weg, weil mein Vertrag zu Ende ging und ich im ganzen Land keinen passenden Job mehr finden konnte. Ich haette sogar unpassende Jobs angenommen, um dortbleiben zu koennen, aber sowas gibt einem ja auch keiner. Der Weg zum Flughafen an meinem letzten Tag war der traurigste meines Lebens, und ich schwor mir, sobald ich kann, komme ich zurueck.

Nur eine Perspektive in Schweden koennte mich Neuseeland vergessen lassen. Es gibt Aspekte an Neuseeland, die mir zu unausgegoren sind, die aber in Schweden perfekt sind; und nur deshalb schaffte ich es ueberhaupt, von Neuseeland aus aufzubrechen.
 
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ParkAvenue
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  • #4
Wo in Alberta hast du gelebt?
Ich habe einen ganzen Winter in Banff verbracht. :smile:
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #5
Wo in Alberta hast du gelebt?
Ich habe einen ganzen Winter in Banff verbracht. :smile:
Wow! Ich war in Edmonton, und oft in Banff. Mit meinen Kumpels fuhr ich hie und da mal am Wochenende zum Fruehstuecken nach Banff - typisch kanadisch, 430 km, nur mal so. Losgefahren morgens um sechs, rechtzeitig da, um so um zehn richtig reinzuhauen, und dann zurueck in Edmonton fuer Aperitifs und das grosse Mampfen. Herrlich - und fast 900 km. Totaler Irrsinn.

Und dort habe ich die niedrigste Wintertemperatur meines Lebens erlebt: - 54 Grad Celsius. Das Bild zeigt uebrigens meinen Buick Park Avenue auf einer dieser Fruehstuecksfahrten, noerdlich von Banff, auf dem Weg nach Jasper.
 

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WomanInTheMirror
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  • #6
Als was hast du immer gearbeitet?
Hast du leicht Jobs gefunden?
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #7
Als was hast du immer gearbeitet?
Hast du leicht Jobs gefunden?

Ich folgte jedes Mal Jobangeboten, die fuer mich karriererelevant waren. So kam es denn auch jedes Mal erst ueberhaupt erst zum internationalen Umzug. Wenn ich aufsteigen wollte, fand ich entsprechende Angebote, bewarb mich, und wenn ich ausgewaehlt wurde, ging ich und machte das, egal wo. Ich blieb also durchgehend auf einem schnurgeraden, beruflichen Weg, im Bereich Industriedesign, und zunehmend mehr und mehr in Forschung und Akademia. Mein Lebenslauf ist somit beruflich schnurgerade, aber geografisch zickzack. Ich fand die Jobs immer im Internet, auf grossen Jobsites.
 
Tischtaenzerin
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  • #8
Tahini
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  • Themenstarter
  • #9
Off-Topic:

Da bekomme ich Heimweh, meine Familie ist da. Mag allerdings Vancouver viel lieber als Edmonton, ist aber auch völlig anders.
Ich traeume nachts noch oft von Edmonton, und es ist immer ein wunderschoener Traum. Anfangs war ich etwas erschreckt von der Stadt; sie war so riesig, und wirkte so... vom Winter gezeichnet. Selbst im Hochsommer, ueberall Split, Staub, und rauhe Strassen, unfassbar rostige Autos. Und am Tag meiner Ankunft, am 22. August, waren 20 cm Neuschnee gefallen.

"The Gateway to the North" - dass das kein gedankenloser Eintrag ins Poesiealbum war, begriff ich erst, als ich dann mal anfing, rumzufahren. Und da begann ich dann, mich ins Umland zu verlieben. Dieser Ozean von einem Land... fantastisch. Und irgendwann begann ich sogar, Cowboystiefel und Baseballmuetzen zu tragen, um dazuzupassen. Ich hoerte sogar freiwillig Country Music.
:grin:



Vancouver, Victoria, Nanaimo, und Kelowna waren meine Freizeitanlaufpunkte, wo ich allerlei Freunde hatte und noch habe. Da waere ich gerne dauerhaft geblieben. Emonton waere mir auf Dauer zu sehr "Cowboys und Indianer" gewesen.
 

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ParkAvenue
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  • #10
Off-Topic:
Wow! Ich war in Edmonton, und oft in Banff. Mit meinen Kumpels fuhr ich hie und da mal am Wochenende zum Fruehstuecken nach Banff - typisch kanadisch, 430 km, nur mal so. Losgefahren morgens um sechs, rechtzeitig da, um so um zehn richtig reinzuhauen, und dann zurueck in Edmonton fuer Aperitifs und das grosse Mampfen. Herrlich - und fast 900 km. Totaler Irrsinn.
Das kenne ich. :grin: Wir haben beim Skifahren in Banff mal welche aus Edmonton kennengelernt, die immer mal kurzfristig nach Banff fahren, wenn sie Lust auf Snowboarden haben. Die setzen sich dann morgens um 5 ins Auto, verbringen den Tag auf der Piste und fahren abends zurück.

Ich war nur ein Mal in Edmonton, und zwar beruflich. Die Firma, in der ich gearbeitet habe, hatte eine Baustelle in Jasper. Dort lagerte noch Baumaterial, das zurück zum Händler nach Edmonton musste. Also sind wir morgens von Banff nach Jasper gefahren, haben das Material auf den Hänger geladen, sind weiter nach Edmonton gefahren, haben dort übernachtet, am nächsten Tag das Zeug beim Händler abgegeben und wieder zurück gefahren. 1.200km in 2 Tagen, nur um ein paar Hundert Dollar zurück zu bekommen. :grin:
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #11
Off-Topic:

Das kenne ich. :grin: Wir haben beim Skifahren in Banff mal welche aus Edmonton kennengelernt, die immer mal kurzfristig nach Banff fahren, wenn sie Lust auf Snowboarden haben. Die setzen sich dann morgens um 5 ins Auto, verbringen den Tag auf der Piste und fahren abends zurück.

Ich war nur ein Mal in Edmonton, und zwar beruflich. Die Firma, in der ich gearbeitet habe, hatte eine Baustelle in Jasper. Dort lagerte noch Baumaterial, das zurück zum Händler nach Edmonton musste. Also sind wir morgens von Banff nach Jasper gefahren, haben das Material auf den Hänger geladen, sind weiter nach Edmonton gefahren, haben dort übernachtet, am nächsten Tag das Zeug beim Händler abgegeben und wieder zurück gefahren. 1.200km in 2 Tagen, nur um ein paar Hundert Dollar zurück zu bekommen. :grin:

Man lebt im Auto, in Kanada. Alleine um zum Supermarkt zu kommen, war eine 50 km Rundtour auf der Stadtautobahn. Einmal hatte ich besuch aus Deutschland; die belaechelten mich dafuer, dass ich ueberall mit dem Auto hinfuhr, und zogen eines Morgens zu Fuss los, um "Broetchen zu holen" - haha!! Die kamen dann spaetnachmittags wieder angewankt, Schuhe kaputt, und fuhren ab da brav jedes Mal mit im Auto.

Wahnsinn, was man in Kanada Zeit im Auto verbringt. Und das Benzin kostete ja auch fast nichts. 1992 tankte ich meinen Wagen mit 100 Litern fuer umgerechnet 20 Euro voll. Die gaben einem allerdings gerade mal 600 km, bei den alten Schiffen. Ein Achtzylinder war ein richtiges Auto, Sechszylinder avantgardistischer Sparkram, Vierzylinder exotische Witzchen.
 
ParkAvenue
Benutzer131834  (28) Meistens hier zu finden
  • #12
Wahnsinn, was man in Kanada Zeit im Auto verbringt. Und das Benzin kostete ja auch fast nichts. 1992 tankte ich meinen Wagen mit 100 Litern fuer umgerechnet 20 Euro voll. Die gaben einem allerdings gerade mal 600 km, bei den alten Schiffen. Ein Achtzylinder war ein richtiges Auto, Sechszylinder avantgardistischer Sparkram, Vierzylinder exotische Witzchen.
Ganz so billig war es letztes Jahr zwar nicht mehr, verglichen zu Deutschland war es trotzdem spottbillig. 60 Liter haben mich gut 45 CAD gekostet. Da macht Autofahren noch Spaß. :tongue:

Und ja, es ist echt krass wie viel Auto man dort fährt. Wir sind regelmäßig nach Calgary zum Einkaufen gefahren, weil es in Banff so gut wie keine Möglichkeiten gab. Ein teurer Safeway und viele Markenklamotten-Läden, das war es. Deswegen sind wir alle 2 Wochen 250km gefahren, nur um billig im Walmart einkaufen zu können. Hier in Deutschland unvorstellbar. :zwinker:
 
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #13
Wie sieht dein soziales Umfeld im Ausland aus? Besteht es aus Einheimischen oder bist du viel mit anderen Expats/Immigranten zusammen?
 
HoldenC
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  • #14
Du bist wirklich herumgekommen. Ich bereue wenig in meinem Leben, aber vielleicht ein wenig, dass ich die Zeit nach der Schule und nach dem Studium wenig genutzt habe um zu reisen und im Ausland zu arbeiten. Ich bin sehr verwurzelt.

Wie ist das bei Dir? "Home is where your bag is"? Hast Du schon früh so etwas wie Fernweh bei Dir entdeckt oder entwickelte sich das aus den beruflichen Umständen heraus. Kennst Du so etwas wie Heimweh?
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #15
Wie sieht dein soziales Umfeld im Ausland aus? Besteht es aus Einheimischen oder bist du viel mit anderen Expats/Immigranten zusammen?
Sehr interessante Frage! Das schwankte extrem von Land zu Land. Hier meine Eindruecke zu den jeweiligen Laendern, und wie leicht man Anschluss findet, und an wen:
  • Kanada: Die Kanadier sind im alltaeglichen Umgang wunderbar freundlich und offen, suchen sich ihre Freunde aber doch vorsichtig aus. Anfangs war ich von der kumpeligen Art der Kassierer und Kellner, etc. geradezu verwirrt - die reden mit einem wie mit einem alten Freund. Aber wenn man sie dann wirklich kennenlernt, bemerkt man schon, die bleiben dann doch immer ein wenig auf Distanz. Kanadier sind super Kollegen, aber Pferde stehlen kann man mit ihnen nicht. Sie sind sich eher selbst die naechsten. Meine besten Freunde in Kanada waren dennoch Kanadier, denn ich bin relativ autark, und muss nicht so das Konzept des "Busenfreunds" haben.
  • USA: Da geht eine Menge. Man trifft in den USA auf unglaubliche Menschen, und als ich dort lebte, waren alle meine Freunde Amerikaner. Die sind so offen, und oft auch so exzentrisch und originell, dass man gar nicht anders kann, als einen riesen Freundeskreis aufzubauen. Wenn ich niemanden auf der Welt haette, wuerde ich in die USA wollen, denn dort ist man nie einsam. So durchgeknallt manche dort auch sind, so toll sind viele andere. Das ist dort Individualismus pur.
  • Frankreich: Ich freundete mich schnell ueber die oertliche Kneipenszene mit dem halben Dorf an. Franzoesische Freunde sind ein bisschen wie Kanadier - immer nett, aber sie ziehen definitive Grenzen fuer sich selbst, die sie nicht uebertreten. Sie koennen sehr herzlich sein, aber man weiss, das kann auch jederzeit beendet werden, wenn man dazu Anlass gibt.
  • Indien: Hier hatte ich immer den Eindruck, "Kapital" zu sein. Ich wurde umschwirrt wie eine Lampe von Motten, und immer fuehlte es sich danach an, als geschaehe es irgendwie lauernd, aus Opportunismus. Jeder wollte den "Westerner" als Freund haben - immer irgendwie mit vagen, wirtschaftlichen Hoffnungen verbunden. Meine Zeit in Indien war somit menschlich einsam, und ich begegnete nur hie und da anderen Nicht-Indern, wie Schiffe in der Nacht.
  • Schweden: Ich nenne das halbe Dorf, in dem mein Haus steht, meine Freunde - immerhin gute 300 Leute. Schweden sind der Stoff von Legende; nicht nur kann man mit denen Pferde stehlen, die nehmen unterwegs auch noch irgendwie Kamele und Biber mit und ordnen sie fein saeuberlich bei einem zu Hause im Kuehlschrank ein, machen noch kurz Kaffee, und maehen im Nachhausegehen noch schnell den Rasen. Ich traeume davon, endlich permanent nach Schweden zu kommen. Nirgendwo hatte ich je so schnell so viele so ausgesprochen liebe und wertvolle Freunde. Das einzige, was man bedenken muss, ist, dass das alles Leisetreter sind; man muss sich sanft ausdruecken, wenig sprechen, und eher Taten sprechen lassen. Dann ist man integriert wie... ich kann's nicht anders beschreiben, es ist wie eine riesen Familie von neun Millionen Leuten.
  • Grossbritannien: Auf der Insel ist jeder eine Insel. Wenn ich je ein Beispiel fuer das Wort "schizoid" geben muesste, wuerde ich sagen, die Briten. Man kann keinem Briten naeher kommen. Die sind alle von Betonmaenteln umgeben. Freunde hat man hier nicht - durchaus aber Kameraden, Kollegen, Mitstreiter; und die koennen sich sehen lassen in der Hinsicht. Man muss hier autark sein, denn man kann sich an niemanden anlehnen. Das passiert einem nicht nur als Aussenseiter; auch Briten haben keine Freunde in dem Sinne, wie man das in Russland, Deutschland, oder Schweden definieren wuerde. Es ist ein seltsames Land in der Hinsicht, aber es macht einen auch freier als anderswo. EDIT: Die gegebene Beschreibung beschreibt die Englaender; aber die Schotten, Waliser, und Nordiren sind ganz anders. Letztere zwei kenne ich als ueberaus warmherzig und sprudelnd. Die Schotten jedoch... ich finde, die haben den Betonpanzer der Englaender UND schiessen scharf - und zwar staendig.
  • Neuseeland: Die sind wie die Schweden, nur voellig ohne Vernunft oder Verstand. Sie rasen, sie saufen, sie raufen, verwenden ihre Ellbogen, und kommen mir insgesamt vor wie Schotten oder Waliser der 20er Jahre. Ganz rauhe Gesellen, und stolz drauf. Und wenn man auf ihrer guten Seite ist... wow. Das Leben mit Kiwis kann innig sein, und das sind auch Langzeitfreunde. Man muss nur einen Sturzhelm dabei tragen. Ich war umgeben von neuseelaendischen Freunden, als ich dort lebte, und kaeme ich zurueck, wird es sein, als waere ich nie weg gewesen.
  • China: Das Land des Laechelns ist ein einsamer Ort fuer Fremde. Ich hatte keine chinesischen Freunde waehrend meiner drei Jahre dort, ausser Madame Tahini. Das liegt an der Struktur der Gesellschaft. Familie ist alles in China, und selbst die Chinesen haben eigentlich keine Freunde. Man geht heim zu seiner Familie, und das ist der Umgang, den man pflegt. Und Fremde koennen da nicht rein. Meine Jahre in China waren sehr einsam.
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Du bist wirklich herumgekommen. Ich bereue wenig in meinem Leben, aber vielleicht ein wenig, dass ich die Zeit nach der Schule und nach dem Studium wenig genutzt habe um zu reisen und im Ausland zu arbeiten. Ich bin sehr verwurzelt.

Wie ist das bei Dir? "Home is where your bag is"? Hast Du schon früh so etwas wie Fernweh bei Dir entdeckt oder entwickelte sich das aus den beruflichen Umständen heraus. Kennst Du so etwas wie Heimweh?

Heimweh ist etwas, um das ich all jene beneide, die es empfinden. Es wuerde bedeuten, dass man ein Zuhause hat - das hatte ich leider nie. Als meine bayerischen Freunde und Klassenkameraden ihre Kindheit erlebten, kannte ich nur eins: Sehnsucht nach einem Zuhause. Und es war nicht Bayern, denn ich war dort nie willkommen. Meine Odyssee durch die Welt war also eigentlich die Suche nach einer Heimat. Die habe ich nun in dem seltsamen Dreieck "Schweden - Neuseeland - Grossbritannien" irgendwie gefunden, aber es bedeutet auch, dass ich immer noch nicht zwischen Heimweh und Fernweh unterscheiden kann. Irgendein Heim ist immer fern.

Nur einmal erlebte ich sowas wie ein seelisches Nachhausekommen: Als ich aus Amerika zurueckkam und in einem BMW Diesel in einer Strasse voller Fachwerkhaeuser im Elsass einparkte. Da begriff ich irgendwie, dass mein Zuhause auf dieser Seite des Atlantiks ist, in dieser sehr viel komplexeren, intelligenteren Welt.
 
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Tahini
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  • #17
Bin mir nicht sicher, ob man das so verallgemeinern kann. China ist schließlich riesig und das Stadt/Land-Gefälle wirkt sich auch stark auf die Gesellschaft aus. In Hongkong wärst du z.B. sicherlich nicht einsam geblieben :zwinker:
Voellig richtig. Wobei Hong Kong sich uebrigens nicht als China sieht, sondern als Hong Kong.
:whistle:
Dort war ich oft, um mein Visum verlaengern zu lassen, und es gefiel mir hervorragend. Ich fand dort immer sofort Anschluss an viele, nette und lustige Leute, wenn ich essen ging.

Aber in Mainland China ist das anders. Selbst, wenn man es mit solchen Staedten wie Shanghai versucht, oder Tsingtao, die hunderte Jahre Geschichte als weltoffene Hafenstaedte haben, ist man dort als Fremder eben doch wirklich Fremder, und bleibt das, auch, wenn man jeden Tag mit dem Eigentuemer des Cafes lange quatscht und Visitenkarten austauscht und so weiter. Ich gebe gerne zu, dass meine Kenntnis Chinas gemessen an seiner Groesse minimal ist. Ich kenne nur Shanghai und Peking. Die haben zusammen 50 Millionen Leute - so viel wie Frankreich, aber eben doch nur gerade mal ca. 3% der Gesamtbevoelkerung eines Landes, das so gross ist wie die USA...
 
Tahini
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  • #20
Wie empfindest du denn vor dem breiten Hintergrund die Situation in Deutschland? Was mich auch interessieren würde: Gibt es noch andere Länder, in die du gern ziehen würdest? Also Länder, bei denen du es dir konkret vorstellen könntest? Würde Madame Tahini dich in jedes Land begleiten oder hat sie andere Präferenzen?

Deutschland: Ich muss zugeben, das noch nie so ganz begriffen zu haben. Bis ca. 19 war ich zu jung und interessierte mich nur fuer ferngesteuerte Boote, und danach war ich woanders und habe alles verpasst, was sich in Deutschland abspielte. Wenn ich zu Besuch bin, und meine Neffen oder Verwandten/ Freunde erzaehlen von Prominenten, hoere ich immer hoeflich zu, muss aber dann fragen, wer die Leute sind, von denen die da reden. Angela Merkel ist mir ein Begriff, aber das war's dann auch schon. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Deutschland im Vergleich zu dem, was es vor 25 Jahren mal war, unfassbar abgebaut hat. Ein Schatten seiner selbst. Ich erinnere mich an ein saftiges, reiches Deutschland, wo jeder ein Einfamilienhaus fuer 600.000 Mark hatte, sich alle drei, vier Jahre einen neuen 5er BMW oder E-Klasse Mercedes kaufte, Aerzte waren reich, und wer seinen Job verlor, bekam fuer den Rest seines Lebens 75% seines letzten Gehalts. So zumindest praesentierte sich mir das, so um 1987 rum. Heute kommt mir Deutschland wie ein osteuropaeisches Land vor. Der Unterschied zwischen Slowakei, Polen, und Deutschland verwischt sich so langsam vor meinem inneren Auge. Die Mentalitaet war schon immer aehnlich, aber nun sind offenbar auch die finanziellen Realitaeten vergleichbar - den Eindruck bekommt man zumindest, wenn man Der Spiegel liest, wo alles nur "Angst", "Zittern", und Untergang gewidmet ist. Going to hell in a hand basket, wuerden die Amerikaner sagen. Vermutlich ist dem nicht ganz so, aber der Eindruck entsteht schon.

Andere Laender: Madame Tahini und ich sind uns einig, sollten wir mal im Lotto gewinnen, findet man uns umgehend am Golfe de Morbihan wieder, in der Bretagne. Aber das zaehlt vielleicht nicht so ganz, denn in Frankreich haben wir beide ja unabhaengig voneinander schon gelebt (Madame Tahini hat in Frankreich studiert). Ich glaube, ich wuerde gerne mal das Leben in Argentinien erleben. Auch Spanien hat meine volle Aufmerksamkeit. Allerdings nur so als Abenteuer. Unser Plan ist noch immer, permanent nach Schweden zu ziehen, sobald sich was passendes ergibt, und dort zu bleiben. Madame Tahini liebt England und Schweden, und ich glaube, diese beiden werden auch dauerhaft unsere "Rennbahn" bleiben. Ich glaube nicht, dass sie Argentinien interessant finden wuerde (China zu aehnlich); Spanien jedoch findet sie durchaus verlockend.
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #22
Hast du dich oft mit Vorurteilen konfrontiert gesehen? Wenn ja, mit welchen? Waren es stets die gleichen?

Ja. Dabei wuerde ich nicht einmal von Vorurteilen sprechen, sondern von Reputation. Man profitiert als Deutscher enorm von den Vorurteilen/ der Reputation, die man anderswo in der Welt hat, und ich wuerde sogar sagen, dass meine internationale Karriere nicht moeglich gewesen waere, wenn ich nicht diesen deutschen Hintergrund haette. Wo ich auch hinkam, welcher Job auch immer, man ging davon aus, ich wuerde ein eiskaltes, rationales Genie sein, das unemotional jedweden Sauhaufen in Reih und Glied bringt, alte Zoepfe mitleidlos abschneidet, und verworrene, alte Old Boy Networks ins 21. Jahrhundert bringen wuerde.

Das war ein schweres Erbe, denn ich bin ueberhaupt nicht so. Und deshalb kam es auch oft zu schweren Krisen.

Als am meisten von Vorurteilen gefangen und eingeschraenkt empfand ich mich in Kanada und Neuseeland. Diese britischen Exkolonien hinken ihrem Mutterland England jahrzehntelang hinterher in ihrer Weltsicht, und ich hatte sehr unangenehme und unsachliche Begegnungen dort, in denen mir geradezu um die Ohren gehauen wurde, Vollblut-Nazi zu sein, nur weil ich in Deutschland aufgewachsen war. Auch in Frankreich ist da noch viel boeses Blut. Etwas anders ist es in USA; dort faellt man zwar auch sofort in denselben Themenbereich, aber dort trifft man dann eher auf Leute, die das bewundern - was zwar fuer mich persoenlich den Druck wegnahm, aber es ist an und fuer sich bedenklicher. Es gibt eine grosse Gemeinde Sympathisanten rechten Gedankenguts in Amerika, und bevor man sich's versieht, wird man als Deutscher zu deren Maskottchen. Diese Typen sind dort ueberall.

Hier in England ist das Problem ein anderes: Die Bevoelkerung ist besessen vom 2. Weltkrieg als historisch praegendes und immens interessantes Ereignis, und wer sich als Deutscher zu erkennen gibt, wird umgehend in endlose, oft sehr interessante Diskussionen verwickelt, in denen Leute Detailwissen demonstrieren, das wir als echte Deutsche gar nie hatten; da ist einfach die BBC am Werk, mit ihren ausgezeichneten Dokumentationsfilmen, und alle Englaender wachsen damit auf. Man macht hier die Glotze an, und der zweite Weltkrieg ist in vollem Gange. Dabei scheinen sie jedoch wirklich voellig vergeben zu haben, und es ist eine ehrliche Faszination mit dieser historischen Aera und ihren technischen Details, die die Briten dazu veranlasst, einen damit so in beschlag zu nehmen. Die moegen uns sehr, nur sehen sie oft nicht, wie peinlich uns die ganze Sache ist. Um diesem Debakel zu entkommen, spiele ich seit meiner Rueckkehr nach England aus Asien den Schweden, weil ich den Scheiss echt nicht mehr hoeren kann. Da kommt mir auch keiner drauf, denn mein Schwedisch ist tiptop, und ich habe ja tatsaechlich seit guten 20 Jahren mein Zuhause dort.

Nie problematisch war es fuer mich hinsichtlich Vorurteilen in Schweden, China, und Indien. Dort geniesst man das Image, einfach "Straight" zu sein, und gut isses.

Eigene Vorurteile gegenueber Laendern und Leuten hatte ich natuerlich auch immer, bevor ich dorthin kam. Was ich darueber gelernt habe, mag erstaunen: Ich bin mittlerweile davon ueberzeugt, dass jedes Land das Gegenteil seiner Reputation ist. vermutlich, weil die Reputation auf einer Ueberkompensation fuer Schwaechen beruht. Und so sehe ich nun die "lebenslustigen Franzosen" als duester, die "hoeflichen Briten" als Flegel, die "entspannten Neuseelaender" als Neurotiker, die "freien Amerikaner" als voellig eingepfercht, die "intelligenten Kanadier" als ein wenig einfach gestrickt, die "maechtigen und perfiden Chinesen" als goldig und kindlich, die "spirituellen Inder" als zutiefst materialistisch, und die "steifen Schweden" als ueberaus warm und herzlich. Und die "arbeitsgeilen, rationalen Deutschen" als hedonistisch und eher spirituell.
 
Tahini
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  • #24
Wie waren denn da die Reaktionen, wenn du "es richtig gestellt" hast? Wie bist du allgemein damit umgegangen? Haben sich die Leute überhaupt dafür interessiert wer du bist oder haben sie dir einfach das Label deutsch aufgedrückt und fertig?

Wie ist es eigentlich mit deinem materiellen Besitz, ist da alles immer mit umhergewandert? Oder hast du mehr aus der Tasche gelebt und nur das Nötigste durfte mit? Bereust du Dinge zurückgelassen zu haben?
Was war mit Partnerschaften vor Madame Tahini? Empfanden Frauen deine Wanderlust als abschreckend? Sind Beziehungen auf Grund eines Umzugs zebrochen oder hast du solche Situationen bereits im Vorfeld vermieden?

Soweit ich es mitbekommen habe, hast du keine Kinder. War das eine bewusste Entscheidung oder eher ein Produkt deiner Lebensumstände und der ständigen Umbrüche?

Falls die Fragen jetzt zu persönlich sind, einfach ignorieren. Ich bin neugierig und musste einfach fragen:ninja:
Interessante Fragen, und keine Sorge, nicht zu persoenlich. Habe die Geister ja selbst gerufen.
:smile:
Also dann:

1. Wie wehrt man sich gegen Nazi-Verdacht - meiner Erfahrung nach waren diejenigen, die einem so kamen, derart verbohrt und definierten ihr Weltbild so nachhaltig mit der Idee der "boesen Deutschen", dass die fuer keinerlei abweichende Info empfaenglich waren. Das waren allerdings selten Leute meines Alters, sondern die waren durch die Bank weg selbst Kriegsgeneration, oder direkt danach. Wie gesagt, in Kanada und Neuseeland war das am schlimmsten. Erzaehlungen von der "nagelneuen Bundesrepublik", und dass selbst meine Eltern noch Saeuglinge waren, als der Krieg endete, tun fuer diese Leute nichts zur Sache; die sehen Deutsche als genetisch boese programmiert, egal, wann sie geboren sind. Und oftmals sind diese Leute dann aber selbst die schlimmsten Rassisten, die man sich vorstellen kann. Heute wuerde ich mich gar nicht mehr gross abmuehen mit Richtigstellungen.

2. Materieller Besitz: Die Jobs, um die ich mich typischerweise bewarb, hatten normalerweise ganz ueppige Relocation Packages; ich konnte also immer alles mitnehmen, und meine Vorliebe fuer IKEA-Moebel half auch, das alles in Container zu quetschen. Man kann ja doch das meiste wieder zerlegen. Autos und Haeuser musste ich natuerlich zuruecklassen, und das schmerzte oft. Aber meine Katzen nahm ich immer mit. Eine von Kanada nach Frankreich, zwei von England nach Neuseeland. Nach Neuseeland konnte ich meine Korbmoebel nicht mitnehmen - das war schade. Aber die sind dort illegal, wegen Bio Hazard Regulations. Am meisten vermisse ich mein neuseelaendisches Haus, das war einfach fantastisch, und ich hatte es mit so viel Muehe renoviert (eine alte, viktorianische Holzvilla an einer Bucht mit Delfinen, und ich hatte Cordyline Australis Baeume im Garten). Auch meinen australischen Ford Falcon vermisse ich oft, den ich in Neuseeland fuhr.

3. Partnerinnen: Waehrend meiner Nordamerikazeit hatte ich keine festen Partnerinnen. Da war ich viel zu sehr mit mir selbst beschaeftigt. Meine erste Frau ging mit von Frankreich via Indien und England nach Neuseeland, und dort schmiss sie dann aber hin, als es nach China weitergehen sollte. Kann es ihr nicht veruebeln. Da hatte das aber auch schon 10 Jahre gehalten. Madame Tahini ist in einer vergleichsweise ruhigen Phase meines Lebens dazugekommen. Ueberraschende, internationale Umzuege werden wir wohl nicht mehr machen, sondern uns zwischen England und Schweden einpendeln.

4. mit Kindern waere das wirklich alles nicht drin gewesen. Irgendwie kam's nie zu welchen - seltsam. Aber ich bin dafuer mittlerweile dankbar, denn da haette ich vieles wohl gar nicht machen koennen. Man kann ja nicht mehr so spontan und raubtierartig auf internationale Jobangebote losgehen, wenn es bedeuten wuerde, die ganze Familie zu verpflanzen.
 
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Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
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  • #26
Nazi zu sein, finde ich persönlich, schon eine ziemlich harte Unterstellung. Traut man sich nach solchen Erfahrungen noch bedenkenlos zu sagen, dass man Deutscher ist?
Hattest du nie ein Problem damit "der Neue" zu sein im Land/in der Firma?

Ich hätte dich jetzt nicht für einen Katzenmenschen gehalten, sondern mehr so der Goldfisch-Typ :grin:
In Deutschland sind Haustiere total normal, ist das in anderen Ländern auch so? Sprichst du mit deinen Katzen immer in der aktuellen Landessprache? (Jeder redet mit seinen Haustieren, was anderes weigere ich mich als Wahrheit anzuerkennen :pfff:)
Das Haus in Neuseeland klingt wirklich toll, davon gibt's nicht zufällig Fotos, die du der Öffentlichkeit preisgeben möchtest?
Aber wie steckt man so viel Arbeit und Herzblut in ein Haus/ein Zuhause, wenn man weiß, dass man binnen weniger Jahre weiterziehen wird?
Was ist dein Anker im Leben, wenn du stets so viel Unbeständingkeit begegnest?

Es sieht so aus, als hättest du dein halbes Leben als Weltenbummler damit verbracht, die Karriereleiter nach oben zu steigen.
War es das unterm Strich wert?

Andere Länder, andere Kulturen, das prägt. Glaubst du, du wärst annähernd der Mensch geworden, der du jetzt bist, wenn du niemals ausgewandert wärst? Welche Eigenschaften, denkst du, hättest du trotzdem, welche hättest du nie erlernt?
1. Normalerweise habe ich keine Bedenken, meinen deutschen Hintergrund preiszugeben, denn die meisten Leute sind realistisch und haben damit auch ueberhaupt kein Problem. Der groesste Augenoeffner dafuer waren meine Begegnungen mit Israelis. Von denen musste ich mir nie irgendwas anhoeren.

2. Der Neue sein: Das ist wunderbar. Alle sind besonders nett zu einem, wollen einem alles moegliche zeigen... ich muss sagen, das hat es mir sehr erleichtert und sogar versuesst. Ich bin gerne der Neue.

3. Katzensprache: Da alle meine Katzen aus englischsprachigen Laendern stammten, sprach ich mit denen immer englisch. Und das ignorierten sie natuerlich genau so wie jede andere Sprache - hey, sind ja Katzen!
:grin:

4. Haeuser renovieren: Das war auch immer finanzielles Kalkuel. Ich kaufte schon immer gerne schlecht praesentierte Haeuser mit guter Substanz, verzauberte die mit Pinsel und Farbe in Maerchenschloesschen, und verkaufte profitabel. Trotzdem war es unvermeidbar, sich in manche davon zu verlieben. Sind ja kleine Meisterwerke... anbei auch ein Bild von dem Haus in Neuseeland.

5. Anker im Leben: Nur die Karriere. Das war der einzige, geradlinige Aspekt. Ohne den waere ich allerdings geografisch sehr viel stationaerer gewesen. Haette ich meine Karriere gewechselt, waere ich wohl in Neuseeland geblieben.

6. War die Karriere das alles wert: Ich finde einerseits, ja, denn mein Beruf entspricht mir wie kein anderer. Ich bin darin einfach "ich selbst, fuer Geld." Aber ich glaube, ich waere heute als irgendwas anderes in Neuseeland genau so zufrieden. Unterm Strich ist Arbeit ja doch immer nur Arbeit. Wenn ich mich nochmal fuer einen Beruf entscheiden muesste, wuerde ich nicht mehr Designer, sondern Klempner werden, denn damit kann man ueberall arbeiten.

7. Wenn ich das alles nicht gemacht haette, waere ich heute vermutlich irgendwas im Grafikbereich, vielleicht in Hamburg, und haette enorme, unerfuellte Sehnsuechte und Fernweh. Ich wuerde wohl staendig reisen und davon traeumen, woanders zu leben. Heute, da ich das alles ja gemacht habe, und weiss, was da alles ablaeuft, fuehle ich mich viel friedlicher. Quasi wie ein Loewe, der sich sattgefressen hat, haha, und nicht mehr von saftigen Antilopen traeumt. Die Sprachen haette ich wohl ohne diesen Lebenswandel auch nicht so gelernt, und insgesamt finde ich, habe ich durch diese Odyssee viele Faehigkeiten erworben, die mein Leben einfacher machen. Allerlei Tricks und Kniffe rings um den Alltag. Und vieles, woran andere verzweifeln, nehme ich gar nicht mehr wahr, weil es anderswo einfach kein Thema ist. Kaelte, Hitze, Dreck, Flegelhaftigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen.. pah, Pillepalle. da hatte ich schon Schlimmeres. :smile:
Das haelt meinen Puls niedrig.
[doublepost=1465743349,1465742929][/doublepost]Oops, hatte ganz vergessen, das Hausbild dranzuhaengen. Hier ist eins - das haus war nicht leicht zu fotografieren, weil es so von Vegetation umwachsen war.
 

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Tahini
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  • #28
In welche "Ecke" von Schweden hatte es dich hinvertrieben?

Nachdem ich Schweden nun 20 Jahre lang Meter fuer Meter abgetastet habe, habe ich folgende Lieblingsecken darin gefunden, und mich in einer davon festgesetzt:
  • Bohuslän
  • Jämtland
In Jämtland steht mein Haus. Sollte ich mal zu Geld kommen, wuerde ich mir gerne noch ein weiteres in Bohuslän kaufen. Beide Regionen sind relativ sonnig und haben nicht das Mueckenproblem, das oft mit Schweden assoziiert wird. Bohuslän ist eine faszinierende Landschaft aus riesigen Felsen an der Westkueste; Jämtland ist eine Vorgebirgsregion mit viel Wald nahe der norwegischen Grenze. Ich haenge hier mal zwei Bilder dran, die die typischen Landschaften zeigen.
 

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Tahini
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  • #34
Wir war das denn sprachlich so, bist du da immer gut zurechtgekommen?
Interessante Frage!
Also, mal Land fuer Land:

Kanada:
Ich kam mit meinem Schulenglisch da an, und war damit voellig aufgeschmissen, konnte mir nicht mal ein Fruehstueck bestellen. Dabei war das im Abi mein bestes Fach gewesen. Es half, dass die Kanadier ein sehr gepflegtes, klares Englisch sprechen, das frei ist von den vielen Fluechen und dem Slang, den z.B. die Amerikaner und die Australier verwenden. Und sie sind auch immer sehr darauf bedacht, gut verstanden zu werden - die Kanadier sind hervorragende Gespraechspartner und als Englischlehrer einfach Naturtalente. Mein Englisch war nach ca. drei Monaten dann umgestellt auf den eleganten, nordamerikanischen Sprachfluss dort, und nach ca. zwei Jahren war ich an dem Punkt, wo mich niemand mehr fragte, wo ich herkomme. Ich klang einfach wie ein typischer Prairie-Kanadier, und fuehlte mich auch wohl damit.

USA:

Als ich nach drei Jahren in Kanada ein Gastjahr in USA machte, hielten mich absolut alle fuer einen Kanadier, und ich musste mir staendig "bonjour", "monsieur," und "eh?" anhoeren von den Amis, die dachten, das sei total witzig, mich damit aufzuziehen. Im Vergleich empfand ich US-amerikanisches Englisch als ziemlich vulgaer, und auch einen Tuck zu gewollt. Als ob manche vor dem Spiegel ueben, so zu klingen, als haetten sie einen besonders zaehen Kaugummi im Mund. Nochmal was anderes war es an der Ostkueste; als ich zwei Jahre spaeter dort ein Praktikum machte, empfand ich das Ostkuesten-US-Amerikanisch als hart und schnell, mit einem italienischen Touch. Wie in "Carlito's Way". Habe ich mir nie angewoehnt, ich klang bis ich nach England kam wie ein Kanadier.

Frankreich:

Mein Franzoesisch ist schulfranzoesisch, und es diente mir sehr gut. Problematisch ist, dass meine Aussprache ein besseres Verstaendnis der Sprache vorgibt, als ich tatsaechlich besitze. Ich konnte mich also hervorragend verstaendlich machen, verstand aber nicht immer, was zurueckkam. Das war nicht so einfach. Aber da das im Elsass war, sprachen sowieso die Leute um mich meistens Elsaessisch, was ja eigentlich wie Pfaelzer Dialekt ist. Eigenartig war dort, dass man es niemandem recht machen konnte mit der Sprache. Sprach ich franzoesisch, waren sie beleidigt, sprach ich deutsch, waren sie auch beleidigt. Als ich dann spaeter fuer eine Universitaet in Westfrankreich arbeitete, ging das alles viel besser. Ich liebe franzoesisch, und koennte mir gut vorstellen, dort zu leben und das taeglich zu sprechen. Es macht auch was mit mir - ich werde irgendwie ein anderer, wenn ich franzoesisch spreche. Es macht mir irgendwie... "Haare auf der Brust," haha.

Indien:

Man sollte ja in Indien mit Englisch durchkommen, aber so ganz glatt ist es nicht. Vor allem funktioniert der weiche, plauderhafte Ton der Kanadier dort ueberhaupt nicht. Die hoeren einen gar nicht, wenn man so spricht. Ich gewoehnte mir also an, dort wie ein Inder zu sprechen, und noch heute rutscht mir das am Telefon manchmal raus, wenn ich einen Inder dran habe. Dann rrrolle ich meine Rrrrs, spreche ohne Punkt und Komma eine Oktave tiefer und monoton, und mache Schnalzlaute und wiederhole mich mit erhobener Stimme.
"Yessir-I-want-the-Daxi-kindly-call-me-on-the-mobile-once-outside!-at-eight-pm-eight-pm-eight-pm!"
Meine Kollegen kringeln sich auf der Matte, wenn das passiert.

England:

Als ich meinen ersten Job in England anfing, fuehlte ich mich wie in einem von diesen Traeumen, wo man nackt im Buero sitzt. Mein kanadischer Akzent war mir unangenehm, fuehlte sich vollkommen fehl am Platz an. Ich kam mir vor wie ein Faschingscowboy. Also baute ich alles ab, was man in Nordamerika beim Sprechen so macht, und versuchte, es britisch wieder aufzubauen. Das misslang mir leider, und ich klinge heutzutage etwas farblos. Jedenfalls weder britisch noch nordamerikanisch. Meine amerikanischen freunde finden, ich klinge britisch, und meine britischen Freunde finden, ich klinge wie ein Skandinavier, der zu lange in Kanada gewesen ist. Das passt ganz gut, also lasse ich's dabei. es hat den willkommenen Nebeneffekt, dass ich von asiatischen Studenten z.B. besser verstanden werde als meine Kollegen. Ich wuerde liebend gerne Queen's English sprechen, aber ich schaff's nicht. Ich habe zuviel Kanada abbekommen.

Neuseeland:

Bei meinem Jobinterview (telefonisch) verstand ich die neuseelaendischen Kollegen anfangs kaum. Gluecklicherweise wurde das Interview von einem Englaender geleitet, und es ging dann gut. Die Kiwis sprechen ein wenig wie die Suedafrikaner, mit extrem hellen Vokalen. Aus einer "desk lamp" (Schreibtischlampe) wird eine "disk lemp." Ein "leg" ist ein "lig", ein "bed" ein "bid". Und sie sprechen die "i"s wie "u"s: "Fish and Chips" werden "Fush end Chups". Und dann haben sie jede Menge Kiwi Slang, aus dem man nicht schlau wird: "hed tha spahkie et mah betch laast wiikind ta fux tha bomb." Was?? Nochmal, in normalem Englisch: "Had the sparkie at my batch last weekend to fix the bomb." (Hatte den Elektriker am Wochenendhaus um was an meinem alten Auto zu reparieren). Das konnte ich mir selbst nie angewoehnen, aber ich verstand's nach einer Weile ohne weiteres.

China:

Anfangs war ich noch Feuer und Flamme, das zu lernen, aber gab nach ein paar Monaten auf. Es ist wahnsinig schwierig. Das Problem ist, die Aussprache richtig hinzukriegen. Einmal sass ich im Taxi und dachte "pff, ich sag dem Fahrer jetzt einfach meine Adresse auf chinesisch". Also dann: "Liu Yuyao Lu, Jing'An!" Der Fahrer prustete den Schluck Tee, den er gerade genommen hatte, ueber die ganze Windschutzscheibe und lachte wie verrueckt fuer geschlagene drei Minuten, bevor er sich zu mir umdrehte, die Achseln zuckte und eine bedauernde Handbewegung machte. Weiss der Geier, was ich dem gesagt hatte, aber ich war froh, ihm dann ein Briefkuvert mit meiner chinesischen Adresse drauf zeigen zu koennen. Dann ging's. Man muss eben die Ausprache genau hinkriegen, und das schafft man als Nichtchinese kaum. Dasselbe Wort kann sechs verschiedene Dinge bedeuten, je nachdem, wie man es ausspricht.

Schweden:

Schwedisch ist ein wahres Sonderangebot von einer Fremdsprache, wenn man englisch und deutsch bereits kann, denn es besteht zu grossen Teilen aus beiden. Es hatte mich eigentlich nie interessiert, sondern ich wollte an der Uni italienisch nehmen. das klappte aber nie, und im letzten Studienjahr dann musste ich notgedrungen schwedisch nehmen. Ich tat's anfangs resigniert und ohne Leidenschaft, aber die Lehrerin, die aus Stockholm kam, brachte die schwedische Kultur so grandios zum Leben in ihren Klassen, dass ich mich hoffnungslos in Sprache und Land verknallte, und nach drei Monaten nach Stockholm flog, weil ich's einfach sehen wollte. Das war der Beginn einer ganz grossen Liebe zu Land, Leuten, Kultur, und Sprache, die bis heute anhaelt. Meine schwedischen Freunde sagen, mein Schwedisch sei perfektes Stockholmer Hochschwedisch, und ich spreche es irrsinnig gern. Wo es nur geht, stelle ich Zeug auf Schwedisch um, weil ich es so gerne mag. Mein Computer, meine Emails, mein Skype, meine Kameras, mein GPS... alles schreibt und quakt auf schwedisch um mich rum. Ich finde, es ist eine melodische, klangvolle, gemuetliche Sprache mit einem wuerdevollen Tonfall, die an Attraktivitaet ihresgleichen sucht, und es vielleicht mit gepflegtem Italienisch oder langsam gesprochenem, argentinischem Spanisch aufnehmen kann.

Paraguay/ Argentinien/ Mexiko:
Ich nahm an der Uni zwei Jahre Spanisch, und liebe es. Mein Spanisch hat einen chilenischen Akzent, weil mein Spanischlehrer aus Santiago de Chile kam, und es ist neben Schwedisch meine andere Wohlfuehlsprache. Es ist nicht besonders tiefgehend, denn ich habe es immer nur auf Urlaubsreisen verwendet, aber ich fuehle mich sehr wohl damit, und koennte mir gut vorstellen, mal wo zu leben, wo ich das tagtaeglich verwenden muss. Leider missfaellt mir das europaeische Spanisch etwas; ich finde es zu lispelnd. Aber ich geniesse meine mexikanischen und argentinischen Bands (z.B. Babasonicos und Cafe Tacuba).
[doublepost=1466872694,1466872432][/doublepost]
Was für Sprachen sprichst du? Wie schnell lernst du eine neue Sprache? Und auf welche Art lernst du sie?
Ich habe, hoffe ich, Deine Frage teilweise bereits obenstehend beantwortet, aber um das "wie" anzusprechen: Ich sehe mich als typischen Klassenzimmerschueler. Ich brauche eine gute, theoretische Grundlage in Grammatik, bevor ich mich daran wage, das mit Vokabular aufzufuellen. Es half mir enorm, sieben Jahre Latein gehabt zu haben. Damit konnte ich Spanisch quasi im Vorbeigehen mitnehmen, und ich wage zu behaupten, dass ich das mit Italienisch ebenfalls koennte. Nur bin ich durch meine Lateinerei ein wenig versnobbt, und mir sind sowohl italienisch als auch portugiesisch ein wenig zu schludrig, oder weitab vom lateinischen "Original" - Spanisch jedoch hat eine aehnliche Wuerde und Klarheit wie Latein, und das gefaellt mir sehr gut.
 
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ParkAvenue
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  • #35
Neuseeland:
Bei meinem Jobinterview (telefonisch) verstand ich die neuseelaendischen Kollegen anfangs kaum. Gluecklicherweise wurde das Interview von einem Englaender geleitet, und es ging dann gut. Die Kiwis sprechen ein wenig wie die Suedafrikaner, mit extrem hellen Vokalen. Aus einer "desk lamp" (Schreibtischlampe) wird eine "disk lemp." Ein "leg" ist ein "lig", ein "bed" ein "bid". Und sie sprechen die "i"s wie "u"s: "Fish and Chips" werden "Fush end Chups". Und dann haben sie jede Menge Kiwi Slang, aus dem man nicht schlau wird: "hed tha spahkie et mah betch laast wiikind ta fux tha bomb." Was?? Nochmal, in normalem Englisch: "Had the sparkie at my batch last weekend to fix the bomb." (Hatte den Elektriker am Wochenendhaus um was an meinem alten Auto zu reparieren). Das konnte ich mir selbst nie angewoehnen, aber ich verstand's nach einer Weile ohne weiteres.
:ROFLMAO::ROFLMAO: Vielen Dank! Ich liege am Boden vor lachen. Genau diese Erfahrung habe ich auch gemacht, in einem Hostel in Kanada, als ich einen Neuseeländer als Zimmergenossen hatte. Immer wieder wollte der gute Kerl mich etwas fragen oder mir etwas erzählen und ich habe absolut kein Wort verstanden. Und das obwohl ich keinerlei Probleme mit meinem Englisch hatte. Selbst ein Australier hatte extreme Probleme mit dem Neuseeländer. Das war wohl wie wenn ich versuche, mich mit einem Urbayern zu unterhalten.
 
Fine Frenzy
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  • #36
Sehr interessant! Gerade das mit der chinesischen Sprache hatte ich mir so in etwa vorgestellt; ich habe gerade ein Buch über China-Kultur gelesen (wollte einfach mal ein bisschen was über China erfahren), und was da stand über die verschiedenen Tonhöhen, hat sich irre schwierig angehört.
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #37
Sehr interessant! Gerade das mit der chinesischen Sprache hatte ich mir so in etwa vorgestellt; ich habe gerade ein Buch über China-Kultur gelesen (wollte einfach mal ein bisschen was über China erfahren), und was da stand über die verschiedenen Tonhöhen, hat sich irre schwierig angehört.
Ja, man muss sich da wirklich reinknien. Ich kannte ein paar Leute in China, die gut chinesisch sprachen. Sie kamen aus Frankreich, Italien, und der Schweiz, aber sie hatten alle ca. sieben Jahre lang chinesisch in China wie verrueckt gelernt. Und man muss es staendig ueben, denn die Faehigkeit, genau den richtigen Tonfall zu erwischen, kann man einbuessen, wenn man die Sprache eine Weile nicht verwendet. Sogar Madame Tahini wurde nach ihrer Rueckkehr nach Peking nach sechs Monaten bei mir hier in England erstmal oft missverstanden, weil sich die Zungenmuskeln ja umstellen bei einer anderen Sprache.
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #38
Die Erfahrung meiner bescheidenen Auslandsaufenthalte war stets, dass ich viel über andere, aber noch viel mehr über mich selbst gelernt habe.

Kannst Du drei Erkenntnisse über Dich selbst nennen, die Du in der "Fremde" gewonnen hast? Warum drei? Weil's meine Lieblingszahl ist :grin: . Aber vor allem, weil mich die Quintessenz interessiert. Daher die drei wichtigsten Erkenntnisse, die Du preisgeben magst.
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #39
Kannst Du drei Erkenntnisse über Dich selbst nennen, die Du in der "Fremde" gewonnen hast?

Sehr interessante Frage. Und ja, damit kann ich dienen. Ich habe ueber mich selbst folgendes gelernt:
  1. ich komme wirklich aus den 70er Jahren, und messe alles, was ich erlebe und sehe, an den damals geltenden Werten;
  2. meine vermeintlich kreativen Gedanken sind oft zum grossen Teil lediglich Kombinationen von Dingen, die ich mal wo gesehen habe;
  3. ich bin auf der Suche nach groesstmoeglicher Sicherheit und Bestaendigkeit irrsinnige Abenteuer und Risiken eingegangen, und wuerde das nie wieder tun, und auch niemandem empfehlen.
Zusaetzlich dazu habe ich noch ein paar andere Sachen gelernt:
  • alle Esoterik und Pseudowissenschaft kann man den Hasen geben
  • man sollte grundsaetzlich immer alles schriftlich haben
  • die besten Automodelle sind ueberall immer die, die dort als Taxi laufen
  • kochen zu koennen, ist eine der wichtigsten Faehigkeiten, die man haben kann
  • Planung und Vorbereitung sind alles
  • man begegnet sich im Leben immer zweimal
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #40
So; endlich wiedergefunden.
Tahini Tahini Du bist ja der Seelenfang meines Lebens als personifzierte Suche seiner selbst. Jedenfalls ist es das, was ich in Dich hinenprojiziere. Ein Vagabund, der vielleicht jetzt ja sesshaft geworden ist :grin:.

Jedenfalls flatterte gerade per Post meine neueste Notenanschaffung hinein, Yann Tiersen, von all jenen die belanglose atmosphärische Klavierklimperei veranstalten, einer der wenigen mit technischem Pfiff.

Egal, jedenfalls schrieb er im Vorwort zu "Eusa" von einer Fahrradreise durch einen Naturpark in den USA, dass er uns seine Verlobte von einem Berglöwen über stunden verfolgt wurden - und zwar als radelnder Mittagssnack.

Dieses Erlebnis führte ihn zu folgender Erkenntnis:

"It made me realise that where we are at any given place is integral to who we are. Our place in the world is what defines us more than anything. And it made me feel that I needed to know more deeply my own place, my own home, to discover who I am."

In diesem Album vertont Tiersen seine Heimat, "the island of Ushant, West Brittany".

Ich habe neulich darüber nachgedacht, was Heimat für mich ist. Es ist das Geräusch von Wind in den Bäumen. Der Duft von Tee. Die Farbe grau. Eher eine grau-grüne, karge Landschaft als Menschen

Was ist Heimat für Dich und kannst Du die Empfindungen von Yann Tiersen teilen?
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #41
Was ist Heimat für Dich und kannst Du die Empfindungen von Yann Tiersen teilen?

Ja, das klingt schon ein wenig nach dem, was mich antreibt.

Ich suche schon mein Leben lang nach dem Ort, an den ich gehoere - denn wo ich herkomme, hat mir nie das Gefuehl vermittelt, dass ich dort wirklich willkommen bin, oder dazupasse.

Von diesem "auf mich wartenden, passenden Ort" hatte ich schon immer ein mentales Bild: Da waren Kornfelder, ein grosser Himmel, Katen in Warmtoenen, und ein generell nordeuropaeisches Lebensgefuehl mit hochgradig zivilsierten, humanen, intelligenten Anklaengen. Mit der Zeit fasste ich dann auch den Raum Benelux/ Norddeutschland/ Grossbritannien/ Skandinavien zunehmend als den richtigen fuer mich auf, und als ich Schweden entdeckte, wusste ich, ich hatte den Volltreffer gelandet (hier unten ein Bild, das meinem mentalen Bild extrem gut entspricht; aufgenommen gestern in unserer Umgebung).

Ich fand auch schon zuvor ein paar Regionen, bei denen ich das Gefuehl hatte, mit denen koennte ich "eins werden"- aber das war nicht zu dem Ausmass wie Schweden (das waren, und sind immer noch, meine Ersatzheimaten, in denen ich auch immer wieder gerne zugange bin: Vancouver, Shanghai, London, Dunedin/ Neuseeland, Buenos Aires).

IMG_7023.JPG
 
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cocos
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  • #42
Tahini
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  • #43
Was genau ist an jedem der Orte das, was Dir ein Heimatgefühl vermittelt?
Das ist die 64.000-Dollar-Frage. Weshalb fuehle ich mich dort zu Hause? Vancouver, Shanghai, London, Dunedin, Buenos Aires... wenn ich mir diese Namen so auf der Zunge zergehen lasse, bekomme ich das Gefuehl, etwas an ihnen ist einfach wie ich. Und das unterscheidet sie von anderen Staedten. Ihr Charakter aehnelt dem meinen, und ich fuehle mich von ihnen widergespiegelt.

Mal sehen, ob wir das knacken koennen.

Das sind alles weltoffene Hafenstaedte, und sie haben was Vertraeumtes, Sehnsuchtsvolles. Sie sind alle sehr offen, und manche haben eine Verbindung mit Show Business, aber manche auch mit Wildnis; der "Gay/ Bohemian Factor" ist hoch in diesen Staedten, sie sind also kreativ und ziehen Kreative an; ich glaube, ich fuehle mich dort einfach verstanden.

Heimat ist, wo man sich nicht erklaeren muss. Und in diesen Staedten muss ich mich nicht erklaeren.

Eigentlich sollten auch Hong Kong und San Francisco da noch mit rein. Und Montevideo, Valparaiso, und Genua. Vielleicht auch Istanbul, Sydney, und Wellington. Und Haifa, und Tangier.
 
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einsamerEngel
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  • #44
Tahini, der Weltenbummler :thumbsup:
 
Tahini
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  • Themenstarter
  • #46
Nein. Tahini, der Seelenvagabund nomade. :grin:
Passt besser, denn gebummelt bin ich nie. Das war immer voller Einsatz, und oft angetrieben von reiner Verzweiflung. Nach China und Indien waere ich naemlich bestimmt nicht freiwillig "gebummelt".
:smile:
Eigentlich blicke ich zurueck auf 20 Jahre Wirtschaftsfluechtlingsdasein.
 
G
Benutzer Gast
  • #47
Hmm, du schreibst von Städten und Ländern, als ob es Persönlichkeiten wären.
Ich muss schon zugeben, mich hat es noch nie gereizt, in die Ferne zu ziehen, auch einen "Karriereplan" habe ich nicht, hatte ich noch nie. Was ist der Sinn dahinter? Eine Art Checkliste irgendwas erreicht zu haben bevor der Vorhang fällt? Ein bestimmtes Gehaltsziel / Verantwortung? Was ist mit Kindern / Familie?
Fühlst du dich dort nicht wohl, wo deine sozialen Strukturen sind, müssen es immer neue Strukturen sein? Ist das nicht ein wenig oberflächlich, gehen dadurch nicht gute Freundschaften verloren?
 
Tahini
Benutzer133456  (52) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #48
Hmm, du schreibst von Städten und Ländern, als ob es Persönlichkeiten wären.
Ich muss schon zugeben, mich hat es noch nie gereizt, in die Ferne zu ziehen, auch einen "Karriereplan" habe ich nicht, hatte ich noch nie. Was ist der Sinn dahinter? Eine Art Checkliste irgendwas erreicht zu haben bevor der Vorhang fällt? Ein bestimmtes Gehaltsziel / Verantwortung? Was ist mit Kindern / Familie?
Fühlst du dich dort nicht wohl, wo deine sozialen Strukturen sind, müssen es immer neue Strukturen sein? Ist das nicht ein wenig oberflächlich, gehen dadurch nicht gute Freundschaften verloren?
Viele interessante Fragen.
Ich wuerde sie so beantworten:
  • Staedte und Laender und ihre Persoenlichkeiten: Ja, da ist was dran. Das haben die. Charakter einfach nur, und der ergibt sich aus dem komplexen Mix aller ihrer Eigenschaften. Kein Ort ist wie der andere.
  • Sinn eines Karriereplans: Absicherung. Irgendwann mal ist man nicht mehr jung und gesund; an diesem Punkt ist es ratsam, geleistet zu haben, was man leisten wollte, und sich so abgesichert zu haben, dass dann nicht das Elend ueber einen hereinbricht. Und wie das aussieht, habe ich gesehen.
  • Kinder/ Familie: hat nicht geklappt.
  • Wohlfuehlen, wo meine sozialen Strukturen sind: Prima sind die. Irgendwie bin ich nicht sicher, ob ich verstehe, was Du meinst?
  • Freundschaften: Nicht verlieren tut man die, sondern man staehlt die alten und bekommt neue. Man kann ganz schoen viele Freunde haben. Und oberflaechlich ist es nicht, wenn man lernt, sich schnell und tiefgehend zu oeffnen.
 
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