• Es sind wieder ein paar schöne Fotobeiträge eingetrudelt. Schau sie dir doch einmal hier an und stimme für deinen Favoriten.

Depressionen (und andere psychische Krankheiten) nur eine Erfindung der Wohlstandsgesellschaft?!

Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #1
Liebe PLer,

angeregt durch einen Blogeintrag bei Blogger, der mir eben ins Auge stach, stelle ich mal folgendes Thema zur Diskussion: lässt sich guten Gewissens behaupten, dass Depressionen (und auch andere psychische Erkrankungen) eine bloße Erfindung unserer Wohlstandsgesellschaft sind? Geht es uns einfach nur zu gut?

Die Bloggerin behauptet in ihrem Blogpost, dass Depressionen durch unsere Wohlstandsgesellschaft ausgedacht wurden. Dass es sie nur gibt, weil wir uns in unserer modernen, bequemen Welt langweilen. Einem psychisch kranken Menschen müsse man nur mal sagen, er solle sich zusammen reißen und bedenken, dass es vielen Menschen noch viel schlechter ging und geht als ihm.
Im Prinzip sind Depressionen also nur eine Anstellerei...
Sie brachte den Erfahrungsbericht eines Holocaust- Überlebenden mit ein und stellte darauf die These auf, dass es uns heutzutage nicht zusteht, beispielsweise depressiv zu sein, weil es den Menschen damals ja viel schlechter ging.

Meine Meinung dazu: damit geht sie zu weit! Depressionen sind eine Krankheit, wie Krebs oder Diabetes auch. Mit dem Unterschied, dass man sie nicht sehen kann.
Ein depressiver Mensch ist ein seelisch kranker Mensch, der Hilfe braucht. Der vielleicht in seinem Leben so viel eingesteckt hat, dass er irgendwann nicht mehr damit fertig wurde und zerbrochen ist. So jemandem dann zu sagen, er solle sich bitte mal zusammen reißen, weil er sich sein Leid nur einbilde, am besten noch mit Verweis auf Menschen in der 3. Welt oder sonst etwas dergleichen, ist einfach nur anmaßend! Und zudem wahnsinnig kontraproduktiv.
Klar ist es durchaus so, dass Krankheiten wie Depressionen überdurchschnittlich oft in unserer Gesellschaft auftauchen. Und das, obwohl es uns doch eigentlich gut geht. Aber darf man deswegen sagen, es steht uns nicht zu, seelisch zu erkranken?

Bin mal auf eure Meinungen gespannt!
 
McCeline
Benutzer136609  (26) Beiträge füllen Bücher
  • #2
Also..ich muss sagen einige muss man echt mal rütteln..aber natürlich nicht alle.
Nur wollen einige einfach nur Aufmerksam mit ritzen und den ich bin Depressiv gehabe..ein echter Depressiver der sich wirklich aus Verzweiflung ritzt zeigt die narben nicht stolz herum.

Bei echten Depressiven sieht das anders aus...wenn man denen sagt die sollen sich zusammen reißen macht man wohl alles falsch was geht..
 
S
Benutzer Gast
  • #3
Depressionen nicht, Burn Out schon. Letzteres finde ich eine Modeerscheinung der Arbeitswelt.
 
McCeline
Benutzer136609  (26) Beiträge füllen Bücher
  • #4
Depressionen nicht, Burn Out schon. Letzteres finde ich eine Modeerscheinung der Arbeitswelt.

Seh ich nicht so
Meine Mutter hatte einen Burn Out (kein Wunder bei 11-12 Stunden am tag Arbeit) und sie ist kein typ der Aufmerksamkeit will..denke also nicht das es nur eine Modeerscheinung ist, manchmal sicher aber nicht immer
 
Xhexenia
Benutzer123649  Planet-Liebe ist Startseite
  • #5
Burnout und Depressionen sind sicherlich keine Erfindungen der modernen Wohlstandsgesellschaft, aber sie werden in unserer Zeit sicherlich öfter diagnostiziert, als einzelne Menschen wirklich darunter leiden.
Ein bisschen Traurigkeit ist gleich ne Depression, abends müde von der Arbeit nach Hause kommen ist Burnout. Letzteres ist ja heutzutage fast ein Beweis, dass man ein ganz fleißiges Bienchen ist, ein Aushängeschild.

Ich hatte übrigens Depressionen. Und mir war noch nie langweilig in meinem Leben. Zusammengerissen habe ich mich zwar, aber weggegangen sind sie davon auch nicht. Das sind Aussagen von Menschen, die glauben, sie hätten sich selbst unter Kontrolle. Seien über psychische Krankheiten erhaben, stark. Bis dann auch mal ein Lüftchen weht und sie umfallen...
 
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #6
Nur wollen einige einfach nur Aufmerksam mit ritzen und den ich bin Depressiv gehabe..ein echter Depressiver der sich wirklich aus Verzweiflung ritzt zeigt die narben nicht stolz herum.
Dem stimme ich zu. Das gilt aber generell...wer wirklich leidet und Probleme hat, der geht damit nicht hausieren. Der zieht sich zurück und wiegelt ab, um anderen nicht zur Last zu fallen. So hab ich es auch schon in meinem Umfeld erlebt.

Bei echten Depressiven sieht das anders aus...wenn man denen sagt die sollen sich zusammen reißen macht man wohl alles falsch was geht..
Genau das. Das führt nur zu Schuldgefühlen und Selbstzweifeln und richtet gar nichts aus. Es scheitert nämlich nicht daran, dass der Mensch nicht will, sondern dass er sich nicht zusammen reißen KANN. Wenn einem schlicht die Kraft fehlt, dann hilft ein derartiger Rat nicht weiter.

Burn Out schon. Letzteres finde ich eine Modeerscheinung der Arbeitswelt.
Die Grenze zwischen Burn Out und Depression ist oft fließend...und ich würde auch Burnout nicht als Modeerscheinung abtun. Es gibt wirklich Menschen, die bis zur völligen Erschöpfung und dem totalen Zusammenbruch alles geben. Und die irgendwann schlichtweg überfordert mit allem sind. Das muss im übrigen nicht nur beim hoch bezahlten Manager der Fall sein...das kann schon durch augenscheinlich weniger stressigen Lebenswandel ausgelöst werden, denn jeder Mensch ist anders belastbar.

Burnout und Depressionen sind sicherlich keine Erfindungen der modernen Wohlstandsgesellschaft, aber sie werden in unserer Zeit sicherlich öfter diagnostiziert, als einzelne Menschen wirklich darunter leiden.
Ein bisschen Traurigkeit ist gleich ne Depression, abends müde von der Arbeit nach Hause kommen ist Burnout. Letzteres ist ja heutzutage fast ein Beweis, dass man ein ganz fleißiges Bienchen ist, ein Aushängeschild.
Sicher wird beides oft diagnostiziert. Und da wundere ich mich manchmal auch, wie solche Diagnosen zustande kommen bzw welcher Arzt die stellt. Ich kenne beides- eine Person, die gerne raushängen lässt, dass sie die Diagnose Depression UND Burnout bekommen hat. Die deswegen mit 49 (!) in Rente gehen will und alles...die aber im Grunde quietschfidel ist und vermutlich auch einfach nur Aufmerksamkeit sucht. Und gerne mal herum erzählt, wie schwer sie es hatte und wie arm sie jetzt dran ist.
Und das Gegenbeispiel: einen Menschen der vermutlich schon seit Jahren an Depressionen leidet, sich aber nie zum Arzt getraut hat...und der auch nach ner Untersuchung bislang noch keine Diagnose hat, nur den Verdacht...obwohl eigentlich alles darauf hindeutet. Von Krankschreibung oder dergleichen wollen wir bei ihm mal gar nicht reden. Er spricht allerdings auch nie darüber, wenn es ihm schlecht geht.
 
Aquarium
Benutzer133315  (26) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #7
burzel
Benutzer107434  (32) Meistens hier zu finden
  • #8
Dazu passt das Zitat einer ehemaligen Dozentin von mir. Sie sagte wörtlich "Depression ist, wenn man Probleme macht, wo eigentlich keine sind".
Ich muss gestehen in gewisser Weise gebe ich ihr recht. Viele lösen ihre Depression durch zu viel nachdenken aus, indem sie Alltägliche Dinge künstlich kompliziert machen.
Natürlich trifft das nicht auf Menschen mit wirklich tragischen Leidensgeschichten zu, aber ich glaube Depression ist schon eher eine Wohlstandskrankheit.
 
V
Benutzer129018  (30) Sehr bekannt hier
  • #9
Ich glaube vieles ensteht durch den gesellschaftlichen und Arbeitstechnischen druck.
Den gab es früher nicht so.
Außerdem ist einfach das Leben ansich komplexer und jeder stellt höhere anforderungen an sich und die Menschen um sich.
 
S
Benutzer Gast
  • #10
Seh ich nicht so
Meine Mutter hatte einen Burn Out (kein Wunder bei 11-12 Stunden am tag Arbeit) und sie ist kein typ der Aufmerksamkeit will..denke also nicht das es nur eine Modeerscheinung ist, manchmal sicher aber nicht immer

Es ist deine Mutter, logisch das du da emotional gebunden bist. Würdest du meiner Behauptung Recht geben, würde das ja bedeutet, deine Mutter hätte nie etwas gehabt. Ich will mich jetzt nicht drüber auslassen, das 11-12 Std. am Tag ein Burn Out auslösen, es steht mir auch nicht frei das zu beurteilen.

Man mag das sehen wie man will. Wenn jemand sich überlastet und dafür eine Bezeichnung haben will oder brauch, dann soll er das tun.
 
Xhexenia
Benutzer123649  Planet-Liebe ist Startseite
  • #11
@ V Vertrider
Jede Generation erlebt ihre Schwierigkeiten. Zu sagen, dass heute das Arbeiten härter ist als damals, ist für mich völlig falsch. Stelle ich mir vor, dass damals der Mann Alleinverdiener war, ist das für mich eine höhere Drucklage, wenn zuhause die Frau und mindestens vier bis fünf Kinder jeden Tag satt werden möchten.
Dann stelle ich mir meine Ur-Oma vor, die in den Zeiten des Krieges ihre Kinder alleine mit alten, schimmeligen Lebensmittel durchfüttern musste, der Mann in russischer Gefangenschaft. Das hat die Hausfrau von heute auch nicht, dafür teilweise eine Doppelbelastung aus Arbeit und Kindern.
Ich bin der Meinung, dass Menschen sich anpassen können. Mit dem Druck wachsen bzw. diesen gar nicht verspüren, wenn sie ohnehin in ihn hineingeboren werden. Für mich ist das normal. So ist unsere Gesellschaft.
 
littleLotte
Benutzer102949  Beiträge füllen Bücher
  • #12
Es mag stimmen, dass viele Menschen mit dem Leistungsdruck nicht mehr zurechtkommen, sich überarbeiten und irgendwann mit allem überfordert sind. Aber dass soetwas gleich in die Depressions-Schublade gesteckt wird, ähnlich wie ein Stempel auf die Stirn, macht es nicht unbedingt glaubwürdig. Und den meisten genügen ein paar Antidepressiva, die häufig jahrelang bedenkenlos geschluckt werden - ob diese Symptome ausreichen für eine richtige Depression? Ich bezweifel das und ich glaube auch, dass viele Menschen wehleidiger sind, eher zum Arzt rennen und sich vollpumpen lassen als vielleicht noch vor 30 Jahren.
Dabei ist es etwas anderes, wenn man "bloß" überarbeitet ist und kurzweilig eine dunkle Phase durchlebt oder ob man tatsächlich langfristig seinen Lebensmut verloren hat und keine einzige Tätigkeit mehr wie Brötchen holen auf die Kette kriegt.

Die Menschen heute haben kaum noch Sicherheiten wie einen festen Job, ausreichend Freizeit und Geld zum Leben. Es wird immer mehr zur Regel seinen Arbeitsplatz alle paar Jahre zu wechseln und so flexibel ist nicht jeder, vor allem Familien nicht. Und vielleicht spielt das eine Rolle, weshalb Menschen in unserer Gesellschaft von der Arbeit immer häufiger krank werden.
 
Lotusknospe
Benutzer91095  Team-Alumni
  • #13
Ich sehe es eher andersrum.

Die Wohlstandsgesellschaft ist dafür verantwortlich, dass Probleme entstehen, wo eigentlich keine da sein müssen. Es gibt einfach viele (tw. sehr komplexe) Dinge, die erwartet werden und von denen man sich unter Druck gesetzt fühlt und die einen belasten. Man wird durch die Gesellschaft in eine Form gepresst, mit der man nicht notwendigerweise zurecht kommt, aber aus der man auch nicht so recht ausbüxen kann bzw. wenn man es will, dann weiß man nicht wie, denn man hat es nie gelernt.

Ich sehe es als Zivilisationskrankheit, also begünstigt dadurch, aber nicht notwendigerweise davon abhängig. Ich würde es nicht auf die leichte Schulter nehmen und wer mit depressiven Menschen zu tun hatte, der weiß auch, dass ein "Ach komm, reiß dich mal zusammen" echt nichts bringen wird. Ganz im Gegenteil.
 
Kuroi
Benutzer78196  Meistens hier zu finden
  • #14
Dazu passt das Zitat einer ehemaligen Dozentin von mir. Sie sagte wörtlich "Depression ist, wenn man Probleme macht, wo eigentlich keine sind".
Vielleicht ist das nicht der Auslöser, sondern ein Symptom.
 
Zuletzt bearbeitet:
burzel
Benutzer107434  (32) Meistens hier zu finden
  • #15
Aber da wären wir ja dann wieder bei "reiß dich zusammen und zieh es einfach durch"
 
Manche Beiträge sind ausgeblendet. Bitte logge Dich ein, um alle Beiträge in diesem Thema anzuzeigen.
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #25
Das liegt vermutlich an mir, aber ich kann mir schwer vorstellen wie ein Mensch z.b. Uni nicht auf die Reihe bekommt, schon 3 Studiengänge abgebrochen hat und schon den nächsten anfängt, aber dabei wirklich nur Uni hinterfragt, nicht seine Beziehung, nicht sich selbst sondern nur Uni.

Das ist son Ding...ich glaube auch, dass es Menschen gibt die einfach nicht wissen was sie wollen. Und die dementsprechend ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen und lange Zeit nicht wissen, was sie mit ihrer Zukunft anstellen. Klar ist dann nicht jeder von denen gleich depressiv.
ABER: woher willst du wissen, was sich im Leben dieser Menschen abspielte? Warum sie so sind, wie sie sind?
Ich habe da auch Beispiele im Kopf...wie eine gute Freundin von mir, die seit ihrer Kindheit mehrfach chronisch krank ist und infolge dessen keine Ausbildung bekam, längere Zeit arbeitslos war und dann an Depressionen erkrankte. Oder meinen Schwiegerpapa, der sein Leben lang immer nur gegeben hat. Er musste seit er 14 ist arbeiten und als Jugendlicher sein Gehalt an seinen Vater abtreten, er hat immer alles gegeben, hat meinen Freund alleine groß gezogen, weil seine Mama abgehauen ist und die beiden allein lies und noch einiges mehr an Tiefschlägen, die er einstecken musste und irgendwann einfach nicht mehr verkraftet hat. Und jetzt ist er depressiv und mit seinem Leben hoffnungslos überfordert. Ist sowas dann ein Wunder?
Und darf man über solche Menschen sagen, sie haben sich das alles bloß ausgedacht, weil ihnen langweilig war?
 
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #36
OK, lassen wir die "Totschläger" raus. Alle diese Personen hier einzubringen hatte auch lediglich den Sinn, zu unterstreichen, was diese Krankheit wirklich bedeutet und dass verallgemeinern nicht angemessen ist. Wobei das Beispiel Enke nun absolut das tragischste von allen war...

Und ich finde den Vergleich zwischen psychischen und körperlichen Krankheiten hier nicht passend.

Der kommt, zumindest meiner Meinung nach, aber berechtigt auf. Wenn jemand körperlich krank ist, dann sagt ihm niemand "stell dich nicht so an" oder "wenn du dich endlich mal zusammenreißt dann wird das schon wieder". Weil man es ja offensichtlich sieht, dass der Mensch krank ist und es ihm nicht gut geht.
Bei psychischen Erkrankungen-und das müssen ja jetzt nicht nur Depressionen sein- sieht man das aber oft erst nicht, dass es einem Menschen nicht gut geht. Und man ist dementsprechend schnell mit einem Urteil dabei, weil von außen gar nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass dieser Mensch krank ist. Und ist das dann mal bekannt, können sich viele Menschen einfach nicht vorstellen, was jetzt zB eine Depression bedeutet und wie sie sich auswirkt. Sie urteilen eben nur nach dem was sie sehen- und das ist meinetwegen ein Mensch, der morgens nicht mehr aus dem Bett kommt, nichts mehr schafft und so weiter. Und da heißt es dann schnell "lass dich mal nicht so hängen und reiß dich zusammen".
Bei einer körperlichen Krankheit dagegen ist keiner so schnell mit einem Urteil dabei. Von daher finde ich den Vergleich hier durchaus angemessen, zumindest um zu untermalen, wie unterschiedlich Krankheitsbilder wahrgenommen und beurteilt werden.

Die Bloggerin lebt halt in ihrer eigenen Welt und wer meint, dass man einfach den Arsch hoch bekommen sollte, weils ja anderen so viel schlechter gingt, oder geht, der hat etwas nicht kappiert, eben das nicht alle Menschen gleich stark sind und sein können.

Sehe ich auch so. Manche können mehr verkraften, andere weniger. Und wie schlimm sich eine belastende Lebenssituation oder ein Schicksalssschlag irgendeiner Art auf die Psyche auswirken, das ist bei jedem verschieden. Ebenso sind für jeden einzelnen die Dinge anders schlimm. Der eine bricht schon bei weniger zusammen, andere bei mehr. Daher finde ich es eben auch daneben zu sagen, man hat kein Recht darauf, dass es einem schlecht geht, weil es anderen noch schlechter geht. Das ist ein Totschlagargument, denn es lässt sich mit Sicherheit immer jemand finden, der objektiv noch schlimmer dran ist. Aber eben nur objektiv.

Diese Bloggerin geht neben Depressionen übrigens auch auf Essstörungen ein. Hierzu vertritt sie die Ansicht, dass ein magersüchtiger oder bulimischer Mensch kein Recht habe, Essen zu verschmähen oder zu verschwenden, denn früher haben ja schließlich Menschen gehungert. Genauso provokant oder?
Ein essgestörter Mensch hat eine Krankheit und missachtet oder verschwendet das Essen ja nicht aus purer Dekadenz und Verschwendungssucht...
 
Zuletzt bearbeitet:
Manche Beiträge sind ausgeblendet. Bitte logge Dich ein, um alle Beiträge in diesem Thema anzuzeigen.
Felicia80
Benutzer135804  (43) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #63
@Starla vielleicht sehe ich das eng,weil ich schon depressionen hatte,migränepatient bin und als kind oft grippe hatte (und generell chronisch krank war).aber ich meine migräne und nicht etwa andere kopfschmerz-arten,wenn ich sage,ich habe migräne.wenn ich deprimiert bin,sage ich das auch-und wenn ich nur traurig oder melancholisch bin,sage ich eben das.und eine erkältung ist nun mal was anderes als eine grippe.
und wenn man der deutschen sprache doch mächtig ist,warum dann nicht die passenden begrifflichkeiten dafür verwenden?mirgräne (vor allem schwere mit aura) ist nun mal nicht dasselbe wie zb cluster kopfschmerzen.ich mag sprachliche genauigkeit.
 
caotica
Benutzer68775  (39) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #64
Off-Topic:


Ach ja, ich würde das aber auch nicht überbewerten. In unserem Sprachgebrauch ist "depri sein" nunmal eine Umschreibung für Traurigkeit. Genauso wie "Migräne" eine Umschreibung für starke Kopfschmerzen ist und eine "Grippe" für eine Erkältung. Man muss nicht immer alles so bierernst nehmen :zwinker:

Off-Topic:
privat tu ich das auch nicht zwingend :zwinker: nur als Medizinerin fällts mir schon schwer medizinische Begriffe so generalisiert und unpassend verwendet zu akzeptieren :zwinker:
Außerdem nimmt das WIRKLICHEN Migräne/Grippe/ Depressionspatienten eben ein bisschen ihrer Glaubwürdigkeit, wenns nunmal "jeder" hat, und "eh nicht so ernst meint" ... wenn man schon eine klassifizierende Begrifflichkeit hat, ist es schlicht lästig, sie so ungenau verwendet serviert zu bekommen, und sich dann selbst aussuchen zu müssen, WAS der jetzt meint.
 
S
Benutzer Gast
  • #65
Off-Topic:
Off-Topic:
privat tu ich das auch nicht zwingend :zwinker: nur als Medizinerin fällts mir schon schwer medizinische Begriffe so generalisiert und unpassend verwendet zu akzeptieren :zwinker:
Außerdem nimmt das WIRKLICHEN Migräne/Grippe/ Depressionspatienten eben ein bisschen ihrer Glaubwürdigkeit, wenns nunmal "jeder" hat, und "eh nicht so ernst meint" ... wenn man schon eine klassifizierende Begrifflichkeit hat, ist es schlicht lästig, sie so ungenau verwendet serviert zu bekommen, und sich dann selbst aussuchen zu müssen, WAS der jetzt meint.

Also erstens liegt es ja an einem selbst, wie ernst man sein Gegenüber nimmt. Solange man sich im Hinterkopf behält, wie Begrifflichkeiten verwendet werden, kann ich das schon besser einordnen. Und im beruflichen Kontext differenziere ich natürlich nochmal ganz anders.

Mir geht es z.B. auf die Nerven, wie inflationär und vor allem falsch der Begriff "schizophren" von Laien benutzt wird. Aber wenn ich mir dann bewusst mache, dass dahinter einfach nur Unwissen steckt und ich selbst garantiert auch bestimmte Begriffe falsch verwende, kann ich mich entspannt zurück lehnen. So ist es eben :zwinker:
 
Felicia80
Benutzer135804  (43) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #66
wenn man schon eine klassifizierende Begrifflichkeit hat, ist es schlicht lästig, sie so ungenau verwendet serviert zu bekommen, und sich dann selbst aussuchen zu müssen, WAS der jetzt meint. [/ot]
eben![DOUBLEPOST=1386671941,1386671846][/DOUBLEPOST]
Off-Topic:


Also erstens liegt es ja an einem selbst, wie ernst man sein Gegenüber nimmt.
Off-Topic:


auch wieder wahr...

Off-Topic:
Aber wenn ich mir dann bewusst mache, dass dahinter einfach nur Unwissen steckt und ich selbst garantiert auch bestimmte Begriffe falsch verwende, kann ich mich entspannt zurück lehnen.
Off-Topic:

naja...mir ist das ja klar,aber erzähl das mal meiner fehlenden impulskontrolle xD
 
BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #67
Und wieso hat sich Robert Enke umgebracht? Richtig. Tragische Lebensgeschichte: Hat seine 2 jährige Tochter verloren.
Das war aber nicht der Auslöser. Seine Tochter war noch nicht mal geboren, als sich Enke 2003 zum ersten Mal in psychologische Behandlung begab. Auslöser war - höchstwahrscheinlich - ein sportlicher: Er hockte bei Barca damals - unter Louis van Gaal - auf der Bank, wurde an Fenerbahce ausgeliehen und nach der Niederlage in seinem ersten Spiel mit Gegenständen beworfen.

Wobei das Beispiel Enke nun absolut das tragischste von allen war...
Nicht das tragischste, sondern lediglich das bekannteste.

Daher finde ich es eben auch daneben zu sagen, man hat kein Recht darauf, dass es einem schlecht geht, weil es anderen noch schlechter geht. Das ist ein Totschlagargument, denn es lässt sich mit Sicherheit immer jemand finden, der objektiv noch schlimmer dran ist. Aber eben nur objektiv.
Äh, nein, höchst subjektiv. Wer will darüber urteilen, ob es einem anderen schlechter geht? Jeder beurteilt das aus seiner eigenen Sichtweise - und damit ist auch dieses Urteil höchst subjektiv. Geht es einem - provokativ ausgedrückt - "Busch-Neger"ohne Internet und Job, der sein Feld bewässern und seine Familie ernähren kann, tatsächlich schlechter als einem Weißen, der in der Stadt 10-12 Stunden in einem Büro sitzt und einen SUV fährt? Wer will das objektiv beurteilen (gleichwohl der Weiße Mann das seit Jahrhunderten tut)?

Ist doch das gleiche auch bei anderen Erkrankungen; wenn Bildung und medizinische Versorgung fehlt, kommt man halt schnell bei bösen Geistern, Gottes Wille und ähnlichem an. Ich denke nicht, dass das bei psychischen Erkrankungen groß anders ist.
Stichwort: Exorzismus - eine Ausbildung zum Exorzisten gibt es auch in der heutigen Zeit noch in der katholischen Kirche...
 
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #68
Wer will das objektiv beurteilen
OK dann habe ich das falsch ausgedrückt. Niemand kann das. Was ich meine ist, dass es dem ersten Anschein nach immer Menschen gibt, die schlimmer dran sind. Die offensichtlich schlimmer dran sind (oder dran sein müssten), weil man nach dem urteilt was man sieht.
Sorry,falsche Wortwahl meinerseits.

Nicht das tragischste, sondern lediglich das bekannteste.
Das tragischste von den hier aufgeführten Beispielen, da es im Freitod endete. Das heißt nicht, dass es Menschen wie meinem Schwiepa oder anderen hier genannten Schicksalen weniger schlecht geht als es Enke ging. Seine Geschichte hat nur den denkbar tragischsten Ausgang gefunden. So meinte ich das.[DOUBLEPOST=1386677029,1386676635][/DOUBLEPOST]
Die Bloggerin behauptet in ihrem Blogpost, dass Depressionen durch unsere Wohlstandsgesellschaft ausgedacht wurden. Dass es sie nur gibt, weil wir uns in unserer modernen, bequemen Welt langweilen. Einem psychisch kranken Menschen müsse man nur mal sagen, er solle sich zusammen reißen und bedenken, dass es vielen Menschen noch viel schlechter ging und geht als ihm.
Diese Behauptung ist so dermaßen peinlich, dumm und unreflektiert das mir glatt die Worte fehlen.

Auf welcher Grundlage wurde diese Aussage denn getroffen?
Hat Der Blogger mit depressiven Menschen viel zu tun? Arbeitet er in der Branche? Kennt er deren (ungeschönte!) Lebensgeschichten und ist in der Lage seine eigene Festung, gebaut aus Vorurteilen, Bil(d)ung und seinen eigenen Verletzungen, zu verlassen und sich in diesen Menschen einzufühlen?
Nein?

Dann würde ich mal ganz einfach behaupten: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten.

Sehe ich genau so. Diese Bloggerin ist ein ganz normaler Mensch, wie wir auch. Sie ist (zumindest den Angaben in ihrem Blog zufolge) etwa so alt wie ich und bloggt hobbymäßig in ihrer Freizeit. Also quasi zum Spaß. Mehr weiß ich auch nicht...
Ich denke aber, gerade jemand der viel mit depressiven Menschen zu tun hat, würde derartige Aussagen wohl kaum treffen, weil er es besser wissen MUSS.
 
Pure Honey
Benutzer42447  (38) Meistens hier zu finden
  • #69
Mein Freund und ich hatten vor kurzen auch diese Diskussion..wobei es nicht spezifisch um Depression ging. Wir haben uns gefragt wie es sein kann dass es in der westlichen Kultur immer wieder Amokläufer gibt, Menschen wie Josef Fritzl, Menschen die andere Jahrzehnte lang im Keller einsperren, Sozio,- und Psychopathen, etc wohingegen dies in anderen Kulturen (in unserem Fall afrikansch - Tanzania) nicht vorkommt. Ja, es werden Leute oft verstümmelt, dies hat jedoch meist einen bestimmten "Glaubenshintergrund", zb. dass Körperteile von Albinos heilend sind.


Dann muss man auch fragen, wie kann es sein, dass es in anderen Kulturen scheinbar ständig Menschen gibt, die sich selbst und andere in die Luft jagen, seit Jahrhunderten Mädchen unter unmenschlichen Bedingungen die Klitoris verstümmelt wird und es wird in bestimmten Kreisen/Völkern immer noch als"normal" angesehen, wieso leben einige Völker im ständigen Rausch, wieso haben einige überhaupt absolut abgefahrenen Rituale usw. Allein so wird schon deutlich, dass der gesellschaftliche Kontext natürlich eine Rolle spielt und somit gelten auch in jeder Kultur andere Dinge als "normal" oder eben "unnormal". Und wer sagt, dass es in anderen Kulturen nicht genauso viele psychische Probleme gibt? Möglicherweise äußern die sich dort einfach anders oder werden eben gar nicht erfasst. Hier ist einfach das Gesundheitssystem und das Wissen bzw. dann auch die Berichterstattung fortgeschrittener.
Sozio-/Psychopathen gibt es überall und wird es immer geben, da spielen einfach mehrere Faktoren eine Rolle. Generell sind die Ursachen, wie psychische Krankheiten entstehen, ja meist recht komplex und multifaktoriell bedingt. Je nach psychischer Krankheit tragen auch mal die Gene/biologischen Gegebenheiten stärker zur Entstehung bei, mal sind es die ungünstigen Umweltfaktoren. Wieder andere Personen scheinen trotz widrigster Umstände fast allem zu trotzen und entwickeln sich absolut normal, anderen scheint objektiv nichts wirklich schlimmes widerfahren zu sein und sie haben trotzdem psychische Probleme.
 
Ksatomueaksaschji
Benutzer135968  Sehr bekannt hier
  • #70
Dann gibt es natürlich noch die Null-Bock Menschen, jene die einfach mal einen Schlechten Tag, oder schlechte Tage haben. Die bei jeden bisschen meinen, sie haben Depressionen. Die einfach nicht arbeiten wollen und immer jammern. Jenen die im Selbstmitleid versinken und da auch schnell reinrutschen. Nur bei denen, kann man den Spruch nehmen. "Tritt dir mal selbst in den Arsch!" ... Und wegen diesen Menschen, gibt es wiederum Menschen wie die Bloggerin, die die Grenze zwischen Depression und Selbstmitleid nicht mehr wahr nehmen und alle über einen Kamm scheeren.

@Blueberry Die Bloggerin könnte glatt aus der Bild entsrpungen sein. Ja, das mit der Magersucht ist sehr provokant. Da kann sie auch gleich schreiben, Obdachlose haben allesamt kein Recht zu jammern. Genau. Niemand (denke ich mal) sucht sich psychische Krankheiten aus, die sie haben wollen... Oder halt Krankheiten die den Geist beeinflussen. Wobei die Bloggerin nicht mal darauf wirklich eingeht, das auch Tumore einen psychisch Krank machen können. Genau wie Gendefekte.

@Felicia80 Kenn dich ja eigentlich kaum, würde Es aber auch keine Sekunde ahnen/denken. Ja, das gibt es auch, wenn man den Geist über die körperlichen Bedürfnisse stellt. Das erinnert mich an die Figur von Sherlock Holmes, der in der Geschichte seinen Geist angeblich völlig vom Körper trennen konnte. Demnach natürlich auch manchmal einen Black-Out hatte. Ja, man kann auch durch Willenskraft, viel Schaden anrichten. Das zeigt einen aber leider, das immer noch der Körper das sagen hat...

@ Spiralnudel Spiralnudel Japp. Kommt immer darauf an, wer man ist und was man erlebt hat. Entweder man hat eine Depression oder nicht, sollte man natürlich auch nicht einfach so da stehen lassen. Zudem kommt jeder Mensch anders damit klar. Manche zerbrechen ja schon, an den kleineren (wie man es nimmt, auch diese können schwer enden) Depressionen. Und die, die davon nix merken, meckern dann über die, die jene kleinen Depression haben...

@ asante asante Die westliche Welt/Kultur... Die östliche ist und war niemals besser. Siehe was es in der östlichen Kultur so gibt, Verstümmelungen wie Beschneidung, ehe mit Kindern und dem was dabei was hinter den Gardinen passiert. Dazu noch sowas wie Steinigung, aktive Verfolgung von andersgläubigen. Mehrere Terrororganisationen. Usw. Wollt ich nur mal so anmerken. Weil ich denke, dass bei euch zu diesem Thema die "dekadenz" der westlichen Kultur wohl auch zur Aussprache kam.
 
Felicia80
Benutzer135804  (43) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #72
Starla oh wow das video triffts echt auf den punkt...großartig.ich hab jetzt pipi in den augen deswegen.
 
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #73
Sehr gutes Video!
 
SchokoLädchen
Benutzer127523  Verbringt hier viel Zeit
  • #74
ich denke dass diese krankheiten nicht ausgedacht sind, sondern dass unsere gesellschaft eher der grund dafür ist.
wenn man länger krank ist, wird man gefeuert - wer nimmt da rücksicht auf die eigene gesundheit?
 
T
Benutzer131691  (39) Benutzer gesperrt
  • #75
Meine kleinen bescheidenen Gedanken!

Es ist eine Frechheit zu behaupten das Depression eine Art von Aufmerksamkeitdefizit ist. Also bitte.
Depression ist eine Krankheit!
Es stimmt etwas im Körper nicht, und das der Mensch wieder sorgenfrei leben kann, muss er behandelt werden.

Mein Mann war auch schon Depressiv, es war schwer die Zeit aber er hat sich prof. Hilfe gesucht, das hat sehr geholfen!

Aber ich denke auch, dass Depression schon durch unsere Wohlstandsgesellschaft erschaffen wird.
Naja, was heißt Wohlstand.
Wir machen uns immer mehr Druck und setzen uns immer mehr Stress aus.
Allergien, Diabetis, Karien und Krebs, auch solche Beispiele, die Erkrankungen steigen proportional dazu an, wie viel Wohlstand ein Land hat.

Und ich denke so ist es auch mit Depression.
Da leben wird immer schneller, und man vergisst sich manchmal dabei, oder wird vergessen, und was es nicht alles für Ursachen gibt.

Aber diese menschen wollen keine Aufmerksamkeit, im Gegenteil, viele leiden im stillen vor sich hin!
 
Dreizehn
Benutzer20579  (39) Planet-Liebe ist Startseite
  • #76
Tja, nachdem ich nun jahrelang mit einem depressiven Menschen eine Beziehung geführt habe, kann ich definitiv sagen, dass es real und unendlich schwer zu ertragen ist - ebenso wie die Reaktionen im Umfeld, die schlauen Ratschläge, die fehlende Empathie für derartige Erkrankungen.

Wieviel auf: "Lässt sich hängen, hätte er mal schneller studiert, hätte er sich mal nicht so hängen lassen" reduziert wird - und wie sehr ich mich schuldig fühle, weil ich es nicht eher erkannt habe, nicht gemerkt habe. Es ist wie dieses Video mit dem Hund ich habe das Gefühl, von 7 Jahren Beziehungen haben wir den mindestens 3 Jahre gehabt, ohne dass wir es wussten. :frown:

Erstaunlich ist einfach, wie wenig das akzeptiert wird, wie wenig Leute raffen, dass sowas eben keine freie Entscheidung ist. Natürlich war ich so oft wütend, wollte rufen: "Und wenn man sich nicht so anstellt, dann geht es eben doch!" - aber genau das ist es, was die Trostlosigkeit bei den Betroffenen noch erhöht und eben nicht weiterhilft.

Bis heute muss ich sagen, dass ich nicht weiß, was ein sinnvoller Umgang gewesen wäre, wenn jeder Satz, jede Idee nicht hilft, denjenigen nicht aus seinem Loch holen kann und man einfach nur hilflos daneben steht. Und wenn das Einbildung wäre, dann wären aber viele Leute in einer bitteren Parallelwelt gefangen.

Sicherlich stellt sich die Frage, wieso es manche ereilt - vielleicht auch für vergleichsweise "geringe" Gründe, während andere lachend aus den Katastrophen herausklettern - ist das Einstellung, Biologie, Veranlagung - ich weiß es nicht, aber Fakt ist, es ist real und bedrohlich und von vielen Dingen, die ich mir denken kann, etwas, was für mich im Ranking relativ weit oben unter "schlimm" mitspielt.

Es ist bitter, dass derartige Erkrankungen nicht gleichgesetzt werden mit körperlichen, dass die Leute als schwach und selbstverschuldet belächelt werden, während jemand mit kaputtem Bein selbstverständlich das Recht hat, krank zu sein. Das Unverständnis der Leute ist mit Sicherheit auch ein Bestandteil der Krankheit, ich würde sogar behaupten, dass ein schlechtes Umfeld derartige Krankheiten noch verstärken kann und eine Genesung verhindern oder verzögern kann.

Für mich bleibt einfach der schale Geschmack dieser elenden Hilflosigkeit das übelste daran, da ich ja nur als Externer beurteilen kann und - auf Holz klopf - nicht von psyschischen Erkrankungen betroffen bin. Dass Leute mit halbwegs gesunder emotionaler Lage aber regelmäßig anmaßend beurteilen, wie es anderen zu gehen hat, finde ich wirklich ekelhaft.

Interessante Frage bleibt natürlich, wieviel man mit eigenem Willen beeinflussen kann und was einem ohne Lenkungsmöglichkeit übergestülpt wird. Ich habe da zum Beispiel eine Freundin im Kopf, die nur das Negative sieht, bei ihr das absolute Pech vermutet, allen anderen Glück unterstellt und von morgens bis abends jammert - und natürlich wird auch das irgendwo pathologisch sein, aber dennoch ist es irgendwo ätzend. Nicht nur für sie, auch für alle anderen - und das Mitleid hält sich je nach Verhalten solcher Menschen dann eben auch in Grenzen. Mir geht es gar nicht darum, einen Maßstab anzulegen, wem es wie gehen darf - und wenn einer wegen Mord und Vergewaltigung psychisch krank wird und einer schon wegen einer schlechten Uniprüfung - meinetwegen. Ich möchte nicht beurteilen, wer wie sensibel sein darf und jeder Mensch ist unterschiedlich belastbar. So oder so ist aber immer die Frage, was man tut, um sich aus dem Sumpf zu ziehen - sucht man sich Hilfe, erkennt man sein Problem - oder vergräbt man sich im Jammern und Selbstmitleid, ohne etwas zu unternehmen. Letzteres wird vermutlich auch bei vielen Leuten zur Unterstellung führen, bestimmte Erkrankungen seien Modeerscheinung - frei nach dem Motto "Wer noch Zeit zum Jammern hat, ist noch verhältnismäßig gut dran!" Dass das Hilfeschreie sein können, erkennt nicht jeder - vielmehr wird erwartet, dass man sich Hilfe sucht.

Ich persönlich bin der Meinung, dass man als Umfeld je nach Näheverhältnis helfen kann und sollte -und ansprechen wenn man findet, jemand verändere sich. Irgendwo beginnt aber dann auch die Verantwortung eines jedes für sich selber - und wer ein Problem hat, muss versuchen, es zu lösen, auch wenn es schwer ist. Wenn es nicht gelingt, kann das tragisch enden - aber ob das dann nicht drastisch formuliert "allgemeines Lebensrisiko" ist? Andere Menschen sterben an Krebs, genauso ist es eben möglich, an Depressionen zu sterben - dann eben beispielsweise durch Selbstmord. Nicht immer ist es nur die mediznische Versorgung und die Unterstützung anderer Menschen Schuld, häufig eben auch davon abhängig, wann man zum Arzt geht und wie man dann behandelt wird. Und da muss man eben auch selber auf sich horchen und Veränderungen - gleich ob seelisch oder körperlich - beobachten.
 
Blueberry
Benutzer109511  (30) Planet-Liebe Berühmtheit
  • Themenstarter
  • #77
Erstaunlich ist einfach, wie wenig das akzeptiert wird, wie wenig Leute raffen, dass sowas eben keine freie Entscheidung ist. Natürlich war ich so oft wütend, wollte rufen: "Und wenn man sich nicht so anstellt, dann geht es eben doch!" - aber genau das ist es, was die Trostlosigkeit bei den Betroffenen noch erhöht und eben nicht weiterhilft.
Genau so ist das. Wenn du einem depressiven Menschen sagst, er solle sich mal zusammen reißen und sich nicht so anstellen, dann fühlt er sich nur noch schlechter. Weil er einfach nicht anders kann.
Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen weder verstehen noch akzeptieren, was diese Krankheit bedeutet. Habe in meinem nahen Umfeld auch mit einem Betroffenen zu tun. Und viele haben schnell das Urteil gefällt "Ers selber Schuld, er soll sich mal nicht so hängen lassen" und ich frage mich, mit welchem Recht. Wie du schon sagst, jemand der das Bein kaputt hat, hat selbstverständlich das Recht, krank zu sein. Das würde ihm niemand abspenstig machen und ihm ein "reiß dich zusammen" an den Kopf werfen. Wieso wird dann bei psychischen Erkrankungen mit zweierlei Maß gemessen?

@ Dreizehn Dreizehn ich habe wirklich Respekt vor deinem Schicksal. 7 Jahre lang eine Beziehung mit einem depressiven Partner führen stelle ich mir wahnsinnig schwer vor und es wird dich mit Sicherheit auch geprägt haben.
Ich finde, dass du sehr vernünftige und gute Ansichten zu dem Thema hast und würde mich gern mehr als einmal für deinen Beitrag bedanken!
 
Es gibt 45 weitere Beiträge im Thema "Depressionen (und andere psychische Krankheiten) nur eine Erfindung der Wohlstandsgesellschaft?!", die aktuell nicht angezeigt werden. Bitte logge Dich ein, um diese ebenfalls anzuzeigen.
Oben
Heartbeat
Neue Beiträge
Anmelden
Registrieren