• Es sind wieder ein paar schöne Fotobeiträge eingetrudelt. Schau sie dir doch einmal hier an und stimme für deinen Favoriten.

Fremdheitsgefühl von Arbeiterkindern an der Uni

N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #1
Hallo zusammen,

ich las diese Woche einen sehr interessanten Artikel in der Zeit: Chancengleichheit: Es fühlt sich fremd an

Der Artikel beschreibt, dass die soziale Herkunft darüber entscheidet, ob man studiert oder nach der Schule (zunächst) eine Ausbildung macht.

Studierende aus Arbeiterfamilien entfremden sich teilweise von ihren Eltern, weil diese wenig mit der akademischen Welt anfangen können. Weiterhin tendieren Eltern ohne akademischen Hintergrund dazu, ihren Kindern den Spatz in der Hand schmackhaft zu machen und verstehen teilweise nicht, weshalb man die Taube auf dem Dach anstreben will. Eine erste solide Berufsausbildung reicht ja auch für ein gutes Leben. :zwinker:

Noch dazu wird von bürokratischen Hürden berichtet. Einige Studenten bitten den Dozenten, einen Prüfungstermin nach hinten zu schieben, damit Teilnehmer einen zusätzlichen Monat BAföG bekommen können. Der Dozent zeigt sich wenig kooperativ.

Kinder von Akademikern haben an dieser Stelle weniger Probleme, daher studiert auch eine größere Anzahl an Kindern aus Akademikerfamilien.

Mir geht's in diesem Thread gar nicht darum große politische Diskussionen loszutreten. Mich würden eure Erfahrungen aus eurer eigenen Sicht interessieren und wie ihr eure Kommilitonen erlebt habt. Könnt ihr die Sichtweisen aus dem Artikel nachvollziehen? Oder ist euch das gänzlich fremd?

Viele Grüße,
Noir
 
Zuletzt bearbeitet:
M
Benutzer18889  Beiträge füllen Bücher
  • #2
Ich kann es für die Mehrheit der deutschen Studenten schon glauben und nachvollziehen, aber mir persönlich ist das fremd. Vielleicht liegt's am Studienfach: Bei uns hatte bestimmt die Hälfte der Leute vor dem Studium noch eine Ausbildung gemacht und viele hatten das Abi auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, so auch ich. Das war also kein bisschen ungewöhnlich. Entsprechend lag die Altersspanne als Erstsemester zwischen 19 (ganz wenige) und Mitte 30 etwa. Mit meinen 23 Jahren war ich da im Mittelfeld. Zudem haben wir häufiger ältere Studierende, die erst Kinder bekommen oder schon 25 Jahre gearbeitet haben.

Dass es häufiger Probleme mit dem Bafög gibt, habe ich mitbekommen. Nach der Antragstellung dauerte es bei vielen 3, 4 Monate bis zur ersten Zahlung. Ich habe keins bekommen, sodass es für mich irrelevant war. Überhaupt empfand ich es als Vorteil, dass ich ausschließlich von Unterhaltszahlungen meiner Eltern sowie Nebenjobs gelebt habe und nicht auf Bafög angewiesen war, weil mich allein die Anträge genervt hätten. Dazu fand ich gut, dass ich immer so viel verdienen konnte, wie ich wollte und es niemanden groß interessiert hat. Auch eine längere Studiendauer oder ein Fachwechsel wären egal gewesen, weil ich nur meinen Eltern Rechenschaft schuldig war.

Meine Mutter hat mich stets dazu ermutigt, nach der Ausbildung noch das Abi zu machen. Mit 16 hatte ich dazu einfach keine Lust, war ein ungünstiges Alter. Mit 21, als ich das Abi anfing, war ich nahezu ein anderer Mensch. Für mich war's im Nachhinein betrachtet so herum besser. Mein Vater war zunächst skeptisch, aber als absehbar war, dass ich das Abi packen würde, fand er das schon auch toll. Selbst meine Oma sagte, ich solle das ruhig machen und hat sich gefreut, als sie das Ende vom BA noch mitbekommen hat. In meiner Familie hat niemand Abitur oder studiert, also ist das schon was, worauf alle stolz sind. Sollte ich die Promotion noch machen, wäre das auf jeden Fall das I-Tüpfelchen. :zwinker:

Spätestens an der Stelle, wo man nach dem Studium einen Job anfängt, sollte den meisten Eltern klar werden, wofür ihre Kinder das gemacht haben. Bei mir hat sich das sowohl finanziell als auch von den Arbeitsbedingungen her sehr gelohnt.
 
cr4nberry
Benutzer68557  (33) Sehr bekannt hier
Redakteur
  • #3
Bei uns an der Uni wurden die „Arbeiterkinder“ derart gehyped, dass man als Akademikerkind das Gefühl mit auf den Weg bekam, es sei einem ohnehin alles in den Schoß gefallen.
Tatsächlich entstand für meine Kommilitonen so das Bild, dass ich nicht arbeiten müsse und stets Zeit zum Lernen hatte. Gute Noten wurden grundsätzlich mit meiner vielen Zeit erklärt.
Mir war es egal. Wenn dann mal jemand mitbekam, dass ich ebenfalls einen Nebenjob habe(n musste), wurden die Augen groß :rolleyes:
Dass der Unterhalt eines Akademikerkindes viel geringer sein kann, als seitens der Behörden kalkuliert, könnte sich bei mir offenbar auch keiner vorstellen. Soll heißen, der Unterhalt, den meine Eltern mir gewähren konnten, als ich nicht zu hause wohnte, fiel viel knapper aus als der Bafög-Satz. So hatte ich monatlich viel weniger Unterhalt als ich mit Bafög zur Verfügung gehabt hätte, weil meine Eltern mehr einfach nicht stemmen konnten (insb mit einem zweiten Kind in der Ausbildung). Einer der Hauptgründe, weshalb ich einen großen Teil des Studiums bei meinen Eltern gewohnt habe.

Mir ging es bestimmt nicht schlecht, ganz und gar nicht. Außerdem habe ich den großen Vorteil, komplett schuldenfrei ins Berufsleben gestartet zu sein. Dennoch wollte ich mal aufreißen, dass das Thema meiner Erfahrung nach derart aufgebauscht wird, dass es auf die Gruppe „Akademikerkinder“ stigmatisierend wirkt. Auch andere angesprochene Aspekte stimmen. So hatten meine Eltern immer Verständnis für alle Entscheidungen, die ich im Rahmen meiner Ausbildung traf und treffe.
:thumbsup:
 
M
Benutzer18889  Beiträge füllen Bücher
  • #5
Wenn dann mal jemand mitbekam, dass ich ebenfalls einen Nebenjob habe(n musste), wurden die Augen groß :rolleyes:
Dass der Unterhalt eines Akademikerkindes viel geringer sein kann, als seitens der Behörden kalkuliert, könnte sich bei mir offenbar auch keiner vorstellen. Soll heißen, der Unterhalt, den meine Eltern mir gewähren konnten, als ich nicht zu hause wohnte, fiel viel knapper aus als der Bafög-Satz. So hatte ich monatlich viel weniger Unterhalt als ich mit Bafög zur Verfügung gehabt hätte, weil meine Eltern mehr einfach nicht stemmen konnten (insb mit einem zweiten Kind in der Ausbildung).

Ich finde die Vorstellung, dass ein Akademikerkind (wie das schon klingt :grin:) automatisch mehr Geld monatlich zur Verfügung haben soll als ein Arbeiterkind, schon ziemlich absurd. Ich bin z.B. Einzelkind, mein Vater verdient nicht schlecht und meine Mutter arbeitet auch fast in Vollzeit, sodass wir nie Geldsorgen hatten. Meine Eltern konnten mir das ganze Studium durch problemlos 500 Euro Unterhalt plus das Auto (Anschaffung, Versicherung, Steuern, Werkstattbesuche, Benzin) zahlen, dazu viele Extras, und es tat ihnen finanziell nicht weh. Einem Ärztepaar, das 3 studierende Kinder hat, wird das vielleicht nicht ohne weiteres möglich sein. :cautious: Insbesondere als Einzelkind kann man da schon gut leben, wenn die Eltern recht gut verdienen und zudem gut mit ihrem Geld haushalten. Eine Bekannte von mir hat 5 Kinder, ihr Mann verdient als Arzt bestimmt sehr gut und die nagen nicht am Hungertuch, aber das ist schon ein massiver Unterschied insgesamt.

Bei uns haben meines Wissens nahezu alle Leute neben dem Studium gearbeitet. Mir fällt eine Person ein, die wirklich gar nicht gearbeitet hat, sowohl während BA als auch MA, aber das war's dann. Ehrlich gesagt hätte ich mich gelangweilt ohne die Nebenjobs, weil das Studium zeitlich nicht so anspruchsvoll war. In den Prüfungsphasen war's mal stressig, aber sonst habe ich selten mehr als 15-20 Stunden pro Woche ins Studium investiert. Dazu kam, dass ich 5 Monate des Jahres komplett frei hatte - von popeligen Hausarbeiten abgesehen. :tongue: Wie man da nicht arbeiten kann, ist mir schon rätselhaft. Das ist doch öde. Sicher wäre das bei (Tier)-Medizin anders gewesen, da sind laut Erzählungen im Freundeskreis feste Tage mit 10 oder mehr Stunden normal, aber bei uns war's entspannt. Mir war da suspekt, wie die eine Bekannte gar nicht gearbeitet hat. Deren Eltern waren übrigens beide Lehrer, also Klischee einmal bestätigt. :tongue:
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #6
Die Eltern meines Mannes können bis heute nicht verstehen warum er unbedingt studieren musste. Er hätte was richtiges machen sollen. Er ist der allererste in der ganzen Familie, der an der Uni war. Man hat ihn nicht nur nicjt unterstützt, sondern aktiv Steine in den Weg gelegt (bafög sachen nicht ausfüllen, keinen Unterhalt zahlen). Immer mit der Begründung: wäre er nach der 10' klasse abgegangen, hätten sie mit 19 aus dem Portemonnaie gehabt. Die Beziehungen war vorher schlecht und ist seit der Uni grottig.

Mein Bruder und ich erleben es andersherum. Viele in unserer Familie sind Doktoren und Profs. Wir haben keinen Uniabschluss und werden ständig gepusht, was ich genauso unmöglich finde. Man vermittelt uns das Gefühl nicht zu genügen, obwohl wir beide mit unseren Berufen sehr glücklich sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
casanis
Benutzer77547  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #7
Ich bin selbst "Arbeiterkind". Aber ich kann das definitiv NICHT bestätigen. Wobei man dazu sagen muss, dass meine Eltern - obwohl sie nur einen Hauptschulabschluss hatten und noch nicht mal eine Lehre - definitiv "aufstiegsorientiert" waren. Mein Vater (noch Kriegsgeneration) hat es in der Nachkriegszeit bis zu den 80ern ohne höheren Schulabschluss und ohne Lehre bis in eine mittlere Führungsfunktion in einem mittelständischen Unternehmen gebracht, sich aber trotzdem noch als "Arbeiter" gefühlt. Meine ältere Schwester hat auch schon studiert. Wir waren die ersten im kompletten Familienclan, die eine Uni von Innen gesehen haben. Von meinen Eltern haben wir uns deswegen sicher nicht entfremdet, vom Rest unserer Familie (Onkels, Tanten, Cousins und Cousinen) hingegen schon etwas, weil wir da die einzigen "Studierten" waren. Die waren einfach nicht so aufstiegsorientiert wie meine Eltern. Es gab nur eine weitere Ausnahme. Deren Sohn hat nach Lehre, Abi-Nachmachen dann auch studiert (und scheffelt heute - im Gegensatz zu mir - Geld ohne Ende...der hat aber auch Maschinenbau studiert...und ich ne Sozialwissenschaft). Der Rest ist eigentlich auch heute noch ziemlich bildungsfern.

Im Studium selbst (90er Jahre) hat meine Herkunft absolut keine Rolle gespielt. Im Gymnasium hingegen schon etwas, weil ich auf einem humanistischen Gymnasium war, das als "Oberschichtsgymnasium" in meiner Stadt bekannt war. Ich glaube wir waren das nur 2 oder 3 Kinder in der Klasse, die nicht aus Akademikerhaushalten stammten. Meine Eltern haben mich bewusst dorthin geschickt. War aber auch nicht wirklich schlimm. Ich war da schon ziemlich akzeptiert (sogar öfters mal Klassensprecher etc., obwohl ich einer der wenigen "Linken" war).
 
Zuletzt bearbeitet:
DaMax
Benutzer130414  Meistens hier zu finden
  • #8
hmm. ich bin akademikerkind.
Bahh waren meine eltern enttäuscht, als sie erfuhren, das ich fast höchstsumme Bafög bekomme. die dachten immer, sie verdienen doch ganz ok :grin:

EDIT:
aber meine Ma und mein Adoptivvater sind die einzigen studierten der Familie gewesen. Also rein genetisch komm ich wohl auch aus einer Arbeiterfamilie. einer reichen, aber einer Arbeiterfamilie

Ok, zurück zum Thema.
Das einzige was ich mitbekommen hab war 1 "Arbeiterkind" das sich von früh bis spät beschwert hat, wie schlecht man es doch als "Arbeiterkind" hat. bei allen anderen weiß ich es schlicht nicht, welchen Stand die Eltern hatten.

Nur beim Freund meiner Schwester merk ich es jetzt. Die Eltern sind überzeugte Hartz 4 Empfänger (das ist jetzt nicht polemisch. das ist ihre aussage)
und sie reden allen ihren Kindern ein, das Gymnasium nix für sie ist. Viel zu versnobbt und zu teuer und zur Familie passen würde es ja auch nicht :kopfwand:
Fazit. Alle sind auf der Mittelschule. ich kenne nur 2 der Knder, aber beide sind sehr clever und hätten meines Erachtens die Chance auf ein gutes Abi. Aber was soll man tun.

Beides sind aber jetzt explizite Einzelfälle die mir nicht ermöglichen da auf eine Allgemeinheit zu schließen.

Eine Allgemeinere aussage kann ich nur über unsere etwas weiter Nachbarschaft machen (2 Blocks weiter fängt ein seeehr übles Plattenviertel an) Dort laufen viele Kinder rum, da reichen 5 Minuten und du bist dir sicher, das die keine Akademiker werden.
Ob das nun an den Schulen, der Erziehung oder den Genen liegt wage ich aber nicht zu entscheiden.

Das ist halt die Frage.
Wohnen die in dem Viertel, weil sie nicht in guten Schulen waren? Waren sie nie in guten Schulen, weil sie in diesem Viertel wohnen? Oder liegt es daran, das seit generationen untalentiert mit untalentiert korpuliert und Darwin zugeschlagen hat.
Schwierige Frage, die sich wohl kaum so leicht beantworten lässt
 
YaMo
Benutzer81418  (31) Benutzer gesperrt
  • #9
Bei uns an der Uni wurden die „Arbeiterkinder“ derart gehyped, dass man als Akademikerkind das Gefühl mit auf den Weg bekam, es sei einem ohnehin alles in den Schoß gefallen.
... dass es auf die Gruppe „Akademikerkinder“ stigmatisierend wirkt.
Die Gruppe Akademikerkinder als arme kleine Minderheit? So weit sind wir noch lange nicht! :grin:

Ich gebe zu, dass mir dank meinen Akademiker-Eltern manches leichter gefallen ist als den meisten Arbeiterkindern. Sie hätten mir jederzeit Nachhilfe bezahlen können, oder mich auf eine teure Privatschule schicken, hätte ich in der öffentlichen Schule versagt. Ich brauchte meine Eltern auch nicht davon zu überzeugen, dass ich statt Geld zu verdienen studieren möchte. Umgekehrt schon: Hätte ich zum Beispiel Konditorin oder igitt! gar Fleischerin werden wollen: meine Eltern hätten sich erst daran gewöhnen müssen, und in den sogenannten Akademikerkreisen wäre ich abgeschrieben gewesen.
Ich kann mir denken, dass es in manchen Arbeiterfamilien gerade umgekehrt, aber letztlich ähnlich läuft: Misstrauen und Abneigung gegen die Intellektuellen, und damit wenig Unterstützung von Kindern, die studieren möchten.

Wenn ich von meinem Status profitiert habe, heisst das noch lange nicht, dass ich alles so in Ordnung finde.
 
Tischtaenzerin
Benutzer114808  (37) Beiträge füllen Bücher
  • #10
Ich komme aus einer Unternehmerfamilie. Mein Vater hat studiert, führt einen Handwerksbetrieb und meine Mutter hat einen Hauptschulabschluss. Wo gehöre ich nun hin? Statt Bafög habe ich einen Studienkredit, sonderlich privilegiert fühle ich mich nicht. Mein Bruder hat "nur" einen Realschulabschluss und eine Ausbildung. Weder wurde mir das Studium ausgeredet noch ihm die Ausbildung.

Mein Studiengang (Steuerrecht) würde wohl niemand ohne Interesse an Wirtschaft etc. wählen und der Ausbildungsberuf fliegt einem auch nicht ganz zu. Keine Ahnung, ob wir reine Arbeiterkinder hatten. Die meisten hatten Steuerberater als Eltern.
 
ProximaCentauri
Benutzer32843  (36) Sehr bekannt hier
  • #11
Ich bin die erste meiner Familie, die an der Uni war. Meine Eltern fanden das toll, haben mich immer unterstützt und waren/sind sehr stolz auf mich. Für mich war es kein Nachteil, ein "Arbeiterkind" zu sein. Das liegt aber sicher auch daran, dass bei meinen Eltern Bildung an sich immer gross geschrieben wurde, unabhängig davon ob sie studiert hatten oder nicht.
 
Lollypoppy
Benutzer71335  (56) Planet-Liebe ist Startseite
  • #12
An der Hochschule spielte das gar keine Rolle mehr, zumindest wusste ich gar nicht woher die anderen stammten und welche Laufbahn sie zum Studium genommen haben.
Nebenher arbeiten, um unser Studium zu finanzieren mussten wir fast alle, hat man früher aber auch nicht so extrem mitbekommen da es völlig reichte, in den Semesterferien durch zu arbeiten und davon zu leben, man war damals als Student nicht unterbezahlt und bekam auch für Praktika eine angemessene Bezahlung.
Ich wohnte allerdings Zuhause und bekam da fast alles Bezahlt.

Am "elitären" Gymnasium, an dem ich die Oberstufe gemacht habe schon eher, da gäb es schon Aufspaltungen.
Witzigerweise existiert diese elitäre Aufspaltung am selben Gymnasium auch heute noch, wie ich an den Abiturfeiern meiner Söhne gemerkt habe, dass ist aber auch so gewollt.
Wobei meine Kinder ja nun "Akademikereltern" und ich nicht.:grin:

Allerdings habe ich es nur meinem Lehrer zu verdanken, der mich und meine Eltern in der 9. Und 10. massiv überredete, dass ich Abitur machen solle.:grin:
Mein Notenschnitt von 1,6 sprach klar dafür, aber obwohl ich damit deutlich besser war und leichter lernte als mein Bruder, sah man da gar keine Notwendigkeit.
Bei meiner besten Freundin war das so, dass ihre Eltern ihr das verweigert hatten, weil sie eben nicht aus ihrem "Stand" raus könne/solle, die hätte lässig gekonnt und auch gewollt, dürfte aber nicht.
 
Fine Frenzy
Benutzer118675  Meistens hier zu finden
  • #13
Aus meiner Familie waren nur mein Bruder und ich an der Uni, wobei er kurz vor dem Diplom aufhörte und nur ich einen Abschluss machte. An der Uni hat die Herkunft keine Rolle gespielt. Ich hab Geisteswissenschaften studiert, da ging's nicht elitär zu. Nebenbei gejobbt hat so ziemlich jeder, den ich kannte.
Meine Familie ist unterschiedlich mit meiner Laufbahn umgegangen: Die einen waren (und sind) sehr stolz und waren oft neugierig, wie's an der Uni so zugeht, was man da macht und lernt, wie wissenschaftliches Arbeiten abläuft usw. Andere Verwandte sahen das Studium eher kritisch, waren der Meinung, dass man lieber so schnell wie möglich direkt ins Berufsleben einsteigen sollte. Zumal ich eben "nur" Geisteswissenschaften studierte, und dann noch auf Magister, wo bei mir kein klarer Berufsweg vorgezeichnet war, sondern ziemlich viele Bereiche infrage kamen. Das erschien denen, die direkt nach der Schule gearbeitet odr eine Ausbildung gemacht haben, zu unkonkret und nicht so seriös.
 
G
Benutzer Gast
  • #14
Meine Freundin würde sich als Arbeiterkind bezeichnen. Ihre Mutter ist Putzfrau und ihr Vater Elektriker (jetzt in Rente). So wie ich das zumindest mitkriege, ist gibt´s da wenig Entfremdung wegen dem Unialltag (eher, dass ihr Freund aus der Kirche ausgetreten ist :confused:). Geldsorgen hat sie und mit dem Bafög gab´s auch extrem viel Stress. Sie hat letzten September Bafög beantragt und es kam im nächsten Mai (!) an. Das ging soweit, dass ich ihr die Rückmeldegebühren für das Semester bezahlen musste, weil ihre Eltern selbst Geldsorgen haben. Als jemand, der selbst aus einer Familie kommt, die quasi nie Geldprobleme hat, war das schon krass zu erfahren...
 
Mr. Poldi
Benutzer2610  Meistens hier zu finden
  • #15
Ich bin "Akademikerkind", habe aber im Gegensatz zu meiner Schwester, meinen Eltern und deren Geschwistern weder einen Hochschulabschluss noch eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Auch mein Großvater mütterlicherseits hat studiert, mein anderer Großvater war Verwaltungbeamter.

Meine Eltern habe mich weder dazu gedrängt eine akademische Laufbahn einzuschlagen noch haben Sie versucht mich davon abzuhalten, vielmehr haben Sie immer nach besten Kräften versucht mich in dem zu unterstützen was ich wollte.

Ob "Arbeiterkinder" benachteiligt waren oder nicht kann ich ehrlich gesagt gar nicht so genau sage, denn zum einen liegt meine Uni-Zeit nun auch schon deutlich über 10 Jahe zurück, zum anderen hatte ich nicht wirklich viel Kontakt zu meinen Kommilitionen.
Aus welchen Familienverhältnissen diese kamen ist mir nicht bekannt, nebenbei gearbeitet haben aber schon recht viele - allerdings nicht unbedingt typische Studentenjobs während der Ferien, Kellnern, etc. sondern tlw. ganz normal (Studiengang war Diplom-Informatik)
 
Manche Beiträge sind ausgeblendet. Bitte logge Dich ein, um alle Beiträge in diesem Thema anzuzeigen.
N
Benutzer53463  Meistens hier zu finden
  • #22
Ich finde schon dass da viel Wahres am Artikel dran ist. Gerade im Nachhinein gesehen gab es im Gymnasium eine Ungerechtigkeit zugunsten der Akademikerkinder. Meinen Eltern wurde zb in der Unterstufe von Lehrern eingeredet dass ich ja ohnehin nicht Abi machen und studieren würde obwohl ich einen 1-Komma Schnitt hatte. Viele Optionen zieht man dann gar nicht erst in Erwägung weil man es aus dem Umfeld einfach nicht kennt.
Und das finanzielle Risiko ist ein enormer Faktor. Dazu ist man dann bei der Studienplatzwahl nochmal mehr eingeschränkt. München oä wäre einfach nicht möglich gewesen. Ich hatte zum Glück keine Existenzprobleme bei der Finanzierung, aber man ist eben doch benachteiligt da Sachen wie Auslandssemestern oder Praktika nicht mal so gehen. Auch Freisemestern für Doktorarbeit oä waren damit nicht drin. Man ist in der Gestaltung eben doch deutlich eingeschränkter. Und ich wäre aus der Summe an Faktoren fast nicht in mein Wunschstudium gekommen welches ich dann aber unter den besten 10% abgeschlossen habe.
Meine Eltern hätten mich nach der Grundschule eher auf der Realschule gesehen haben mir bzgl Gymnasium aber keine Steine in den Weg gelegt. Das ich dann fürs Wunschstudium 500 km weggezogen bin haben sie am Anfang nicht verstanden. Nachdem Ihnen aber klar war dass ich nicht davon abzubringen bin haben sie mich soweit möglich unterstützt. Und auf das Endergebnis sind sie stolz.
In dem Studiengang den ich beendet habe sind die Studenten relativ inhomogen. Es gibt, abhängig vom Studienort, einen Anteil an ich nenne es mal Schickimicki-Studenten mit denen ich nichts anfangen kann. Der Anteil war in der Großstadt deutlich größer als in der kleineren Unistadt. Und im Ingenieur - Fh- Studiengang vorher gab's solche Leute gar nicht. Wäre der Anteil höher gewesen wäre das schon ziemlich abschreckend gewesen weil man dann extrem ausgegrenzt gewesen wäre.
 
Manche Beiträge sind ausgeblendet. Bitte logge Dich ein, um alle Beiträge in diesem Thema anzuzeigen.
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • Themenstarter
  • #24
edit
 
Zuletzt bearbeitet:
schuichi
Benutzer135918  Sehr bekannt hier
  • #25
Ich habe zwar nicht studiert, aber meine Eltern haben für mich einen Ausbildungsfond abgeschlossen. Als Kind von zwei Industriekaufleuten ist das schon etwas anderes. Sie sind wohl ehr enttäuscht dass mir durch meine Behinderung immer so viele Steine in den Weg gelegt wurden und ich trotz Willen und Potenzial nie Historie studieren kann.

Mein Ausbildungsfond hällt derzeit als Geldquelle für ein selbststudium der Sozialwissenschaften und der protestantischen Theologie her. Sprich er darf von mir für Fachbücher Reisen zu Fachvorträge usw geplündert werden. Das ist aber auch ne besondere Situation mit Asperger Syndrom. Meine Eltern unterstützen mich wo es geht.
 
DaMax
Benutzer130414  Meistens hier zu finden
  • #26
Das kann man so nicht sagen. Wenn man möglichst frühzeitig seinen Kram beisammen hat und um eine Abschlagszahlung bittet, kann es auch zeitlich gut mit der ersten Zahlung hinkommen.
oder man hat einfach 2 Vor und 2 Nachnahmen, der Computer spielt verrückt und man bekommt nach 9 Monaten eine gigantische Nachzahlung :kopfwand:
6 Monate hab ich nur Nudeln mit Ketchup gegessen weil ich mir nix anderes leisten konnte :realmad:
Zweitens stimmt es zwar, daß man hinterher zurückzahlen muß- Fälligkeit ist aber erst mehrere (bei mir waren es fünf) Jahre nach Ende des letzten geförderten Semesters.
stimmt. aber wenn du dein Studium abbrichst, und erstmal 3,5 Jahre in die ausbildung gehst, dann noch 6 Monate arbeitslos bist und dann erstmal kämpfst, die anderen Schulden die du in der Zeit gemacht hast abzubezahlen siehst du alt aus. und einmal im Quartal 315€ abdrücken tut weh, auch wenn man über der Einkommensgrenze liegt.

Der Uni ist und war das zu Recht egal. An irgendeinem Punkt muß man halt alle zusammen abholen, aber man kann dabei auch nicht beliebig weit zurückgehen.
Richtig.
Es tut mir ja für viele Kinder auch leid, das ihre eltern nix für die Bildung beitragen. Deshalb ist aber nicht der Staat in der Pflicht alle elterlichen Pflichten zu übernehmen. Der Staat soll und darf nicht Bildung und Erziehung zu 100% Übernehmen. wo kommen wir denn dann hin?
 
N
Benutzer24152  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #27
Ich weiss nicht, Unterschiede zwischen Akademikerkindern (=ich!!!) und Arbeiterkindern sind mir an der Uni nicht so wirklich aufgefallen.
Was eher auffiel war ob Leute bereit waren ueber den eigenen Tellerrand zu schauen oder nicht. Da hatte ich schon den Eindruck dass diese Bereitschaft durch das Elternhaus massgeblich beeinflusst wurde (unabhaengig vom Bildungshintergrund). Zu mindestens meine Universitaet war doch eher eine offene Umgebung wo es viele Moeglichkeiten gab ueber den eigenen Tellerrand zu linsen (um bei der Metapher zu bleiben).

Das ist vielleicht auf der Verwaltungshochschule anderst...
 
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • Themenstarter
  • #28
Zweitens stimmt es zwar, daß man hinterher zurückzahlen muß- Fälligkeit ist aber erst mehrere (bei mir waren es fünf) Jahre nach Ende des letzten geförderten Semesters.
Bei mir waren es 5 Jahre nach Bachelorabschluss und ich hatte wirklich Sorge, dass ich bis dahin keine Arbeit habe, mit der ich das abbezahlen kann. Kam dann doch anders. Mittlerweile habe ich nach meinen ersten Gehältern einfach auf einmal abbezahlt. :ninja: Wenn man erstmal Geld verdient, ist manches so einfach. :grin:
 
B
Benutzer167164  (34) Sorgt für Gesprächsstoff
  • #29
Der Artikel ist sehr interessant, danke fürs Teilen :winkwink:

Die These, dass (Arbeiter)kinder, welche Rückhalt und Zustimmung für ihr Studium aus den Familienkreisen erhalten, Akademiker werden, halte ich für sehr plausibel.
Umgekehrt denke ich auch, dass es viele (Akademiker)kinder gibt, welche ein Studium abbrechen, weil sie dazu überredet worden sind.

Zustimmung der Familie bedeutet zum Einen, dass man finanziell unterstützt wird. Zum anderen, dass man psychologische Rückversicherung erhält, das richtige getan zu haben. Für einen jungen Menschen, welcher womöglich noch in seinen Teens steckt, ist das enorm wichtig. Mit Ende 20 sind wohl die meisten so abgeklärt, dass sie auch gegen den Willen ihrer Eltern ein Studium beginnen würden (oder umgekehrt). Aber in dem Alter starten ja in der Regel die wenigsten nochmal an der Uni.

Das Finanzierungsproblem bei Arbeiterkindern kenne ich auch aus meiner eigenen Familie: zu "reich" für BaföG, zu "arm" um die Tochter und die Geschwister gleichermaßen zu fördern. Wäre meine ältere Schwester zur Uni gegangen, hätte ich nie und nimmer studieren können, da meine Eltern ihr Erspartes für Studium/Ausbildung schon für sie aufgebraucht hätten. Ich habe während des Studiums immer 20 Stunden pro Woche gearbeitet, um meine Eltern entlasten zu können. Dennoch hätte das Geld, das ich so einnehmen konnte, nicht gereicht, um einen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es geht meiner Meinung nach fast nicht ohne Eltern.
[doublepost=1508477713,1508477286][/doublepost]Ich möchte noch hinzufügen, dass ich im Studium allerdings in der Summe keine/nur wenige Unterschiede zu Mitstudenten verspürt habe, welche z.B. aus Akademikerkreisen kamen. Wenig Geld hatten wir alle :grin:

Ich kann mich an zwei Einzelfälle erinnern, wo man doch deutlich merkte, dass die finanzielle Lage der Eltern eine gewisse Sorglosigkeit vermittelte.

Ich möchte mal die Behauptung in den Raum schmeißen, dass man Akademikerkinder bzw. Arbeiterkinder jeweils vermehrt in gewissen Studienfächern auffindet. Ganz klischeehaft: der Sohn des Firmenchefs studiert BWL mit Gleichgesinnten.
 
G
Benutzer Gast
  • #30
x
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Felicia80
Benutzer135804  (43) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #31
ging mir gar nicht so,nein-und ich bin die erste in meiner familie,die studiert hat.ich hab wegen meiner herkunft nie an mir gezweifelt-sondern anfangs,weil meine hinter mir liegenden selbstzweifel wieder hoch kamen.und ich zu der zeit eine PTBS hatte...
mein privates umfeld inkl meiner familie hatte vollstes verständnis für alles,was mit dem studium zusammenhing.sowas hier:
Studierende aus Arbeiterfamilien entfremden sich teilweise von ihren Eltern, weil diese wenig mit der akademischen Welt anfangen können. Weiterhin tendieren Eltern ohne akademischen Hintergrund dazu, ihren Kindern den Spatz in der Hand schmackhaft zu machen und verstehen teilweise nicht, weshalb man die Taube auf dem Dach anstreben will. Eine erste solide Berufsausbildung reicht ja auch für ein gutes Leben. :zwinker:
habe ich nie erlebt.zumal alle wussten,dass ich seit frühester kindheit schon studieren wollte und mir diesen traum trotz aller widrigkeiten erfüllt habe.
auch mit dozenten hatte ich nie ein problem,im gegenteil-als die von meinen problemen erfuhren (gesundheitlich und finanziell),waren die allesamt sehr verständnisvoll und kulant.
ich kann daher nur sagen,dass die aussagen im artikel so gar nix mit mir zu tun haben.
nur von einer sache bin ich recht überzeugt:dass es studierenden aus akademikerfamilien tendenziell leichter fällt,beruflich zu netzwerken und kontakte zu knüpfen inkl smalltalk im "angemessenen" stil.(ich hoffe,man weiß,was ich meine?!) sowas kennen die halt von eltern und deren bekannten oftmals schon,ich hingegen hab bis heute nicht begriffen,was man da so redet etc.aber gut,kann auch damit zusammenhängen,dass sowas grundsätzlich nicht meine welt ist und ich nicht über belanglosigkeiten reden mag...
 
A
Benutzer160853  Sehr bekannt hier
  • #32
Ich hatte während des Studiums eher ein Problem damit, dass ich quasi der Star der Familie war. Es bestand fast schon zu reges Interesse und manches aufgezwungene Gespräch war bisweilen auch einfach nur unnötig.

Ich wurde mit meinem Verweis auf die Weiterführung elterlicher Betriebe falsch verstanden. Mir ging es eher darum, eine Lanze für die berufliche Bildung und Gewerke zu brechen. Der kreuzberger Interlektuelle wäre im Zweifel ohne Handwerksmeister und Bauer wesentlich mehr aufgeschmissen als ohne passende Theorie zum vermeintlichen Problem.

Ich finde, dass es sich am Ende sogar besser anfühlt, wenn man nicht vom elterlichen Netzwerk auf seinen Arbeitsplatz protegiert wird. Dieses Netzwerk gibt es übrigens quer durch
alle Berufe.
 
Moewmoew
Benutzer95651  (38) Beiträge füllen Bücher
  • #33
Ich habe davon nie etwas gespürt.
Bin in der ganzen Familie die Einzige, die Abitur gemacht und dann auch noch studiert hat.
Wohl in der Schule hätte ich gerne mehr Unterstützung meiner Eltern bekommen, aber die waren selber von dem überfordert, was dort "verlangt" wurde.

In meinem Studiengang habe ich da nie etwas mitbekommen, wer Akademikerkind ist und wer nicht. Nur eben im direkten Umfeld. Da war dann aber auch nur auffällig, dass die Akademikerkinder alles bezahlt bekommen haben und nicht nebenbei arbeiten mussten.
Oh, oder doch: die größten Schleimer waren alles Akademikerkinder.
Aber sonst hat mich das auch einfach nicht interessiert.

In der Familie waren/sind aber immer alle stolz auf mich gewesen. Nur von meinem Vater kam ab und zu mal der Spruch "Also ich musste ja mit 14 schon arbeiten gehen." Aber er ist da auch eine andere Geschichte. Stolz ist er trotzdem.
Dafür ist mein Einstiegsgehalt nach der Uni nun höher als das Einkommen meiner Eltern zusammen (bevor mein Vater arbeitslos wurde.) Das kennen sie aber noch gar nicht. Mal sehen, was dann kommt.
 
Sorceress Apprentice
Benutzer89539  Team-Alumni
  • #34
Persönliche Erfahrungen damit habe ich eher weniger.

Von meinem Vater weiß ich, dass es in seinem Elternhaus befremdlich gefunden wurde dass er studieren will, und er sich energisch gegen seinen Vater durchsetzen musste, der ihn zu einer bodenständigen Handwerksausbildung überreden wollte. Aber das war natürlich noch eine ganz andere Generation, und vor Willy Brandt war es für Kinder aus einfachem Elternhaus auch praktisch betrachtet gar nicht so einfach, eine akademische Laufbahn anzusteuern - Gymnasien gab es auf dem Lande halt kaum.

Ich denke allerdings, dass das Denken zum Teil bis heute anhält. Milieus unterscheiden sich, und ich habe schon Vorbehalte von beiden Seiten mitbekommen. Und selbst wenn man keine Vorbehalte hat, kann ich mir vorstellen dass es für viele schon einfach ein großer Schritt in eine "andere Welt" ist. Wenn man keine Vorbilder hat, niemanden der einem gut sagen kann was da für Schwierigkeiten und Herausforderungen auf einen zukommen, und vielleicht auch den Druck dass alle anderen schnell finanziell auf eigenen Beinen stehen und man es den Eltern nicht zumuten will, ihnen noch ein paar Jahre auf der Tasche zu liegen, während das für andere selbstverständlich ist, schafft das Hürden.
 
Pure Honey
Benutzer42447  (38) Meistens hier zu finden
  • #35
Ich persönlich bin am Anfang gar nicht auf die Idee gekommen, dass die Ausbildung der Eltern eine größere Rolle für mich spielen könnte. Habe auch ein Fach (bzw. 2) studiert, in dem das nicht wirklich aufgefallen ist.

Bewusst geworden ist mir das erst in einem Seminar zur Bildungsforschung, in welchem die Dozentin jedes Jahr am Anfang nachfragt, wie viele Studenten denn mindestens einen Elternteil haben, der ebenfalls studiert hat. Von 40 Leuten gingen alle Hände hoch, bis auf meine. Und ich war extrem überrascht :grin:

Dann folgten noch Zahlen und Statistiken darüber, dass der Anteil der "Arbeiterkinder" mit akademischer Laufbahn geringer ist, als der Anteil der "Akademikerkinder", die studieren. Meine engsten Freunde im Studium hatten ebenfalls Akademikereltern, ich habe aber nie einen großartigen (finanziellen) Unterschied spüren können. Ich bin sogar noch in den "Genuss" des Gegenteils gekommen: Eine Freundin war immer wirklich knapp bei Kasse, obwohl sie aus einer sehr wohlhabenden Familie kam. Ihre Eltern wollten jedoch nur das allernötigste finanzieren, so dass sie lernt, dass Geld nicht selbstverständlich ist. Im Gegensatz zur mir hatte sie auch kein Auto und war diejenige, die abends teilweise nicht mit zu Partys gekommen ist, weil sie keine Kohle hatte.

Kniffelig wurde es bei mir eher in Sachen emotionale Unterstützung und Verständnis für typische "Studienprobleme". Der Supergau kam, als ich unter Tränen verkündet habe, dass ich mein 1. Studium wechseln möchte bzw. das Studium abbreche, ich jedoch auch keine finanzielle Unterstützung erwarte oder ähnliches. Ich hatte mich schon lang damit rumgequält, mich aber nicht getraut eher aufzuhören, da "man Dinge durchzieht und nicht abbricht".
Ich kannte auch bis dahin niemanden, der ebenfalls sein Studium gewechselt oder abgebrochen hat (das kam erst später). Meine Mutter ist damals am Telefon halb durchgedreht und hat geheult, ich konnte nur mit meinem Vater normal darüber reden. Sie konnte dann ein paar Tage nicht mit mir sprechen, biss sie sich damit abgefunden hat und mir Verständnis entgegengebracht hat.

Ich habe dann erfolgreich abgebrochen :grin: , zu meinem Traumfach gewechselt und sogar noch finanzielle Unterstützung durch meine Eltern bekommen, obwohl mir das Bafög für den Bachelor gestrichen wurde (Wechsel im 4. Fachsemester). Mittlerweile haben meine Eltern durch Erzählungen von mir und meiner Schwester auch mehr Erfahrungen und finden es sogar"normal", dass man Ausbildung oder Studium wechselt, bzw. sich überhaupt im Leben nochmal umorientieren kann. Das war vorher etwas, was man eben nicht tut: Mittlerweile geben sie ihre Erfahrungen damit aber sogar als Ratschläge und mögliche Lebenswege an Bekannte und Freunde weiter.

Gemerkt habe ich auch, dass meine Eltern sich nicht so dafür interessierten, was ich da genau alles machen muss im Studium (Experimente, Vorträge, Hausarbeiten, Themen usw.). Sie haben mir aber immer vermittelt, dass sie stolz sind und es bewundernswert finden, dass ich (und später meine Schwester) so ein Durchhaltevermögen beweisen, was das Lernen angeht.

Einige Sachen konnten sie aber eben schwer nachvollziehen. Bsp.: Meine Bachelorarbeit habe ich aufgrund meiner bereits gekündigten WG im Elternhaus zu Ende schreiben müssen. Ich war gerade in der heißen Phase (noch 3 Tage), als meine Eltern exakt zu diesem Zeitpunkt den Flur vor meinem Zimmer kernsanieren wollten (sie hatten keinen Zeitdruck). Das hieß, es gab den ganzen Tag Baustellenlärm und ich habe einmal ganz vorsichtig gefragt, ob sie mal für 2 Stunden Pause machen könnten. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Antwort: Nur weil ich jetzt da diese Arbeit schreiben muss, können sie nicht ihr ganzes Leben umstellen. :grin: :grin: Nun ja.
Süß war auch mein Opa, der mich jahrelang fragte, wie es in der UNO war. Ich glaube er dachte jahrelang, ich arbeite für die Vereinten Nationen :grin:.
 
G
Benutzer Gast
  • #36
Für mich persönlich empfinde ich diese Unterteilung als künstlich und unnötig.
Finde die Unterteilung auch reichlich antiquiert. Gefühlt stammt diese Unterscheidung noch aus Zeiten, als der Herr Vater den Studienplatz im Kaminzimmer arrangiert hat.

Als ich aufs Gymnasium ging mussten sich meine Eltern von Akademikern anhören, dass ein Arbeiterkind nichts auf dem Gymnasium zu suchen hätte.

Mein Grundschullehrer hat meinen Eltern damals gesagt, dass ich zwar die Noten fürs Gymnasium hätte, aber ob sie sich sicher wären, ob dieser Bildungsweg für ein Kind aus einem Arbeiter-Hintergrund die richtige Entscheidung ist.

Im Studium selbst habe ich keine großen Unterschiede bemerkt. Das lag auch vllt daran, dass einerseits ich in der Hinsicht sehr selbstständig war und schon zu Schulzeiten wenig Unterstützung wollte und andererseits der Anteil der Arbeiterkindern in MINT-Fächern zumindest gefühlt deutlich über dem Schnitt liegt.
 
A
Benutzer160853  Sehr bekannt hier
  • #37
Mein Vater hat mir immer mit auf dem Weg gegeben, dass ich "meinen Weg gehen" soll. Er war eher durch familiäre Beziehungen im Handwerk gelandet und war damit nie sehr glücklich. Unklarheiten habe ich dadurch verhindert, in dem ich erklärt habe. Es war gerade für meinen Vater unvorstellbar, dass es wichtigere und unwichtigere Prüfungen und Leistungen gibt und auch im Bereich der Prüfungsmodalitäten haben wir uns ausgetauscht, weil ich einfach Teilhabe für meine Eltern schaffen wollte.

Mich ärgert immer mehr, dass es diese eigentümliche Diktion gibt: Akademiker kümmern sich um das Bildungswohl ihrer Kinder, Arbeiterhaushalte nicht, weil sie einfach kein Interesse haben.
Aus einer Familie kommend, die von unterschiedlichsten Gewerken geprägt ist, kann ich dies nicht in Ansätzen bestätigen. Es ist einfach unverschämt
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #38
Ich sehe das genau, wie A alpaslan :
Es kommt vor allem ganz individuell aufs Elternhaus an. Mal zwei Beispiele von Mitschülern ("Arbeiterkinder") aus meiner Grundschul-Klasse:
Ein Junge kaum aus einem ziemlich normalen, deutschen Mittelklasse-Haushalt und erreichte ähnlich gute schulische Leistungen, wie ich, mit denen er problemlos aufs Gymnasium hätte gehen können. Aber die Eltern wollten es nicht (weil sie dachten, das wäre nichts für ihn als "Arbeiterkind"), so dass er letztendlich nur auf der Realschule war und anschließend eine Ausbildung gemacht hat.
Ein anderer Mitschüler ist Kind türkischer Migranten, die kaum in den Genuss ernstzunehmender Bildung gekommen sind. Seine Mutter spricht quasi überhaupt kein Deutsch, sein Vater nur sehr rudimentär. Sie war Hausfrau, er Bandarbeiter in der Automobilindustrie. Und trotzdem haben sie ihren Sohn immer dazu angehalten, Schule und Bildung ernst zu nehmen, das Gymnasium zu besuchen, usw., um ein besseres Leben zu haben, als sie. Fachlich konnten sie ihn nicht unterstützen. Aber sie haben trotzdem im Rahmen ihrer Möglichkeiten veruscht, ihm zu unterstützen. Letztendlich hat er sich durchs Gymnasium gekämpft, Abi gemacht und anschließend ein Studium erfolgreich abgeschlossen.
 
Es gibt 7 weitere Beiträge im Thema "Fremdheitsgefühl von Arbeiterkindern an der Uni", die aktuell nicht angezeigt werden. Bitte logge Dich ein, um diese ebenfalls anzuzeigen.
Oben
Heartbeat
Neue Beiträge
Anmelden
Registrieren