• Es sind wieder ein paar schöne Fotobeiträge eingetrudelt. Schau sie dir doch einmal hier an und stimme für deinen Favoriten.

Ist eigentlich jeder reif für die Klapse?

Piratin
Benutzer29410  (46) Beiträge füllen Bücher
  • #1
Also ich weiss ja nicht. :ratlos:

Irgendwie scheint mir zur Zeit, dass jeder zweite irgendein psychisches Problem hat, das dringend der Behandlung bedarf.

Depressionen greifen um sich wie eine Epidemie, von diversen Traumata, Angststörungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, sonstwas-störungen mal ganz zu schweigen.

Jeder zweite muss in Therapie, jeder dritte kann gleich gar nicht mehr arbeiten, woran liegt das?

Selektive Wahrnehmung? Gesteigertes gesellschaftliches Bewusstsein? Oder ist die ganze Welt ein Irrenhaus? In Amerika ist ja der Gang zum Psychiater mittlerweile so üblich wie der Gang ins Shoppingcenter, da hat jeder seine Couch irgendwo. Aber trotzdem hab ich da nie erlebt, dass da Leute derart kollektiv die Arbeit niederlegen wie hier und sich erstmal gehörig austherapieren müssen. Hier trudeln jeden Tag irgendwelche Nachrichten aus dem Bekanntenkreis ein: die eine lässt sich wochenlang krankschreiben, der nächste bricht das 10. Praktikum nacheinander ab, dieser kann nicht mehr in die Berusschule gehen, die andere verschwindet monatelang in einer psychiatrischen Anstalt um da Bilder zu malen und Gruppentherapiestunden zu besuchen....what the fuck ist denn los? In diesem Forum ist jeder zweite Ratschlag, sich in Therapie zu begeben, sei es Eifersucht, Traurigkeit wegen ner Trennung oder die Leute haben gleich einen schwerdepressiven/manisch/angstgestörten Freund/Freundin....

Oder kommt das nur mir so vor? Was denkt ihr?
 
klatschmohn
Benutzer16100  (42) Meistens hier zu finden
  • #2
Ich bin mit Borderline und ner depressiven Störung auch reif :grin:

Und ich denke, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft gibt. Es ist nicht mehr nur so, dass die Menschen auf ihre körperliche Gesundheit achten sondern eben auch darauf schaun, wie es ihnen psychisch geht. Ich denke das ist ein wichtiger Aspekt wieso viele sich in Therapie begeben.
 
W
Benutzer79369  Benutzer gesperrt
  • #3
die frage stelle ich mir schon lange!

heute neigt ja mancher schon direkt zu depressionen, wenn er mal zwei tage nicht kacken kann. was aber sicher auch daran liegt, dass man mit dem psychokram an jeder ecke konfrontiert wird. "die psyche ist schuld, die psyche ist schuld".

ich hatte da die nette situation, da war ich wegen einer akuten blasenentzündung beim urologen, da ich vor nicht allzu langer zeit aber schon eine hatte, war die frage, ob die erste vielleicht nicht ausgeheilt war. wie auch immer, beim zweiten termin, fing er dann plötzlich an, ich hätte psychische probleme und davon käme die blasenentzündung. ich habe nur gedacht, der tickt nicht mehr ganz richtig...

manchmal macht sich auch der eindruck breit, es gehöre dazu, dass man irgendeine psycho-diagnose hat. ich meine, wenn jemand wirklich schlimme erlebnisse hatte, ist das eine sache... aber die meisten leute haben einfach ihre normalen alltagsprobleme. aber man kann sich natürlich auch wunderbar in solche krankheitsbilder reinsteigern...

wobei es mir bei diversen medienberichten schon immer kalt den rücken runterläuft, auf was für krankes zeug die menschen kommen. und bei irgendwelchen komischen sexuellen phantasien (die ja auch manchmal hier bei pl zur sprachen kommen), da frage ich mich auch immer, was ist da bloß alles falsch gelaufen? da bin ich fast schockiert darüber, wie normal ich bin :grin:
 
xoxo
Benutzer30217  Sophisticated Sexaholic
  • #4
I. Es werden zu hohe Anforderungen an den Menschen gestellt, er kann die Last nicht dauerhaft tragen, man versucht zu kompensieren, gerät mit den Jahren immer mehr unter Druck, psychische Krankheiten entwickeln sich bzw. körperliche, die von der Psyche beeinflusst wurden.

II. Es gibt mittlerweile viele Psychologen, Psychoanalytiker und Psychiater, die auf dem Gebiet forschen und neue Therapien entwickeln. Früher galten einige psychische Störungen als unheilbar, heute kann einer größeren Menschenmenge behandelt werden.

III. Verglichen mit früher, wird ein Mensch nicht mehr so sehr gesellschaftlich geächtet, wenn er therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt.

Es ist also ein Zusammenspiel von gehäuftem Auftreten von psychischer Erkrankung, mehr Therapeuten und weniger Angst, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
 
Fuchs
Benutzer10855  Team-Alumni
  • #5
Naja, jeder hat so seine Probleme. Menschen ohne Macken fände ich auch ziemlich schnöde. Ob man sich deswegen gleich auf die Couch legen muss, ist eine andere Frage. Letztlich sollten Menschen erlernen, sich selbst zu beobachte, festzustellen, wo ihre Probleme liegen und diese bekämpfen. Wenn sie dazu nicht fähig sind, ist der Besuch bei einem Therapeuten doch keine schlechte Idee? Letztlich ist der das richtige Werkzeug, um an sich die Dinge zu beheben, die einem in der Lebensqualität einschränken - arbeiten muss man noch immer selbst dran.

Und was das Gefühl anbelangt, alle hätten einen Schaden weg: nun, das ist subjektive Wahrnehmung. Hängt natürlich auch damit zusammen, in welchen Kreisen man sich bewegt, wie stark man die Augen verschließt, wieviel man über die Mennschen, mit denen man vielleicht täglich zu tun hat wirklich weiß, etc.

Ich kenne auch einige, die brauchen eine Therapie (oder machen eine). Aber ich würde nach meinem nichtssagenden subjektiven Empfinden urteilen, dass die noch immer in der Minderheit sind.
 
Luc
Benutzer72912  (37) Meistens hier zu finden
  • #6
Tja, wir leben in einer scheiss Gesellscahft. Eigentlich mag ich solche Aussagen wie ich sie jetzt mache nicht, aber hier stimmt es.
Vom Menschen wird viel zu viel erwartet. Er muss sich ständig kontrollieren, "gut" sein und für eigene Gefühle wird kein Raum gelassen.

Man sagt ja: Antidepressiva ist die Droge der Zukunft. :engel:
 
S
Benutzer8402  Verbringt hier viel Zeit
  • #7
Oder kommt das nur mir so vor? Was denkt ihr?

Mir kommt das auch so vor, aber genauso wie heute jeder Mensch bei einem Anflug von Schnupfen gleich tonnenweise Antibiotika frisst, gehen die Leut halt lieber gleich zum Psycho-Onkel und in Gruppentherapie wenn sie mal wieder verlassen werden oder halt mal stressbedingt in der Firma mehr zu tun ist.

Früher hat man bei einer Grippe Tee getrunken und wenns Probleme mit der Frau oder in der Arbeit gab hat man sich in der Kneipe auf ein Bier mit den Kumpels getroffen.

Aber heute heißt sowas "Stressymptom", "depressive Störung" und "Borderline". Was heute nicht plötzlich alles ein Problem darstellt...

Mir kommt manchmal so vor, als bilden sich die Leute auch noch was drauf ein, als sie das eine Art "Statussymbol". Wer kein Burnoutsyndrom hat, arbeitet nicht hart genug.
 
klatschmohn
Benutzer16100  (42) Meistens hier zu finden
  • #8
Aber heute heißt sowas "Stressymptom", "depressive Störung" und "Borderline". Was heute nicht plötzlich alles ein Problem darstellt...

Mir kommt manchmal so vor, als bilden sich die Leute auch noch was drauf ein, als sie das eine Art "Statussymbol". Wer kein Burnoutsyndrom hat, arbeitet nicht hart genug.

Ich fühle mich jetzt einfach mal nicht angesprochen- ich denke, es gibt sehr viele Menschen die schwerwiegende Dinge erlebt haben und diese bearbeiten müssen- fernab vom Statussymbol- ich arbeite seit mittlerweile 5 Jahren daran mein schönes Statussymbol wie du es so schön nennst wieder los zu werden...

Also mal bitte keine Verallgemeinerungen. Es ist mir sehr viel lieber Menschen sehen sich ein, dass es nicht geht als ein paar Jahre später dran zu zerbrechen oder ähnliches....
 
H
Benutzer5089  Verbringt hier viel Zeit
  • #9
Genau dieses Thema hatten wir gerade auf einem Seminar zur Arbeitssicherheit und haben folgende Ursachen ausgemacht:

- Übersteigerter Drang nach Selbstverwirklichung: Während es früher zumindest akzeptiert war, sein Berufsleben als "Hausfrau" (heute schon fast ein Schimpfwort) oder "Hilfsarbeiter" zu verbringen, muss es heute für jeden die Vorstandsetage sein. Dieser krankhafte Zwang zur Selbstüberhöhung übersieht, dass es überall einen farblosen, grauen Mittelbau geben muss, der die eigentliche Arbeit verrichtet.
Es kann nunmal nicht jeder Arbeitnehmer Chef sein, Anweisungen erteilen und einen nach außen repräsentativen, begehrenswerten Job erledigen. Beispielsweise ist die Begutachtung von Sicherheitsdatenblättern kein James-Bond-Job mit Glamourfaktor, aber trotzdem notwendig.
Außerdem haben Partnerschaften mittlerweile fast den Stellenwert einer Ersatzreligion eingenommen: Anstelle die Familie als Zweckkonstrukt für Zeugung und Aufzucht des Nachwuchses zu begreifen, muss heute immer alles stimmen und perfekt sein. Bloß nicht unter Wert verkaufen, immer geborgen sein, das perfekte Glück.
Die Kinder müssen natürlich die besten sein, universell begabt, keine Probleme in der Schule etc.
Es geht ja nicht an, dass die eigenen Kinder nur durchschnittliche Produkte durchschnittlicher Eltern sind, wo sie doch so umsorgt wurden.
Und der Moment der Erkenntnis, dass man eben keinen zweiten Einstein und auch keinen Newton, nicht mal einen Picasso oder auch nur Dieter Bohlen auf die Welt gebracht hat, stürzt viele Menschen in eine Sinnkrise. Sie müssten nur erkennen, dass sie vollkommen irrealen Zielen hinterherlaufen, zusammengefasst durch so dumme Sprüche wie "Shoot for the moon: Even if you miss you'll reach the stars" etc.
Diese "Tschaka"-Kultur mit dem Versprechen "Alles ist möglich" zerstört die gesunde Grundzufriedenheit und ersetzt sie durch ein saures, widerliches Streben nach vorgestanztem Glück auf Kosten Anderer.

- Allumfassende Unsicherheit bzgl. der Zukunft: Früher waren Arbeitsplätze bei Großkonzernen die Phillips, Degussa, Daimler etc. eine "sichere Bank" (oh the irony!). Die Menschen konnten sich sicher sein, in ihren Zukunftsplänen keine allzu unangenehmen Überraschungen erleben zu müssen.
Heute gibt es Leiharbeit, Globalisierung etc., welche langsam von unten nach oben durchfressen und mittlerweile die Arbeits- und Lebenswelt der Mittelschicht erreicht haben. Dies bedroht die wirtschaftliche Existenz dieser Menschen direkt und unmittelbar, welche vorher noch gerne auf die "Minderleister" oder das "Qualifikationsproletariat" herabgeschaut haben.
Unter diesen Bedingungen ist es kein Wunder, dass sich aufgrund dieser chronischen Grundlast an Unsicherheit psychische Erkrankungen entwickeln.

- Frust im Job: Ein weiterer Grund für psychische Langzeitschäden sind unlogische und schikanöse Arbeitsabläufe im Job. Hierzu zählen insbesondere widersinnige Berichtspflichten, lange Kommandoketten vom eigenen Vorgesetzten zur eigentlich zuständigen Fachabteilung und die rigorose Abgrenzung von Zuständigkeiten. Was früher auf dem kleinen Dienstweg funktionierte, muss heute nach ISO 9001ff. präzise dokumentiert und mit "audit trail" versehen werden. Die Arbeitswelt gerät zunehmend schematisch und die eigenen Einflussmöglichkeiten werden zunehmend geringer.
Leider ist der Job für die Mehrheit der Menschen Sinnstiftung und Lebensinhalt. Läuft es hier nicht, sind Probleme vorprogrammiert.

P.S.: Im Seminar haben wir für unsere Unternehmen ermittelt, dass psychische Probleme mittlerweile hinter dem Klassiker "Rücken" auf Platz zwei liegen, zumal vielen Rückenproblemen ebenfalls psychische Ursachen zu Grund liegen.
 
F
Benutzer81475  (35) Verbringt hier viel Zeit
  • #10
I. Es werden zu hohe Anforderungen an den Menschen gestellt, er kann die Last nicht dauerhaft tragen, man versucht zu kompensieren, gerät mit den Jahren immer mehr unter Druck, psychische Krankheiten entwickeln sich bzw. körperliche, die von der Psyche beeinflusst wurden.

Es werden nicht mehr Anforderungen gestellt, nur andere.

Gernerell finde ich aber das HbJ es ganz gut auf den Punkt gebracht hat...
 
S
Benutzer Gast
  • #11
Ich kenne auch einige, die brauchen eine Therapie (oder machen eine). Aber ich würde nach meinem nichtssagenden subjektiven Empfinden urteilen, dass die noch immer in der Minderheit sind.

Ich auch :smile: Kenne es ehrlich gesagt nur hier aus dem Forum, dass solche Fälle gehäuft auftreten. Für mich aber auch nicht verwunderlich, denn wenn man Sorgen/Probleme hat, wird man eher in einem Forum schreiben, als wenn alles in Ordnung ist. Für mich kein Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen.
 
Piratin
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  • Themenstarter
  • #12
Hm.

Ich hab den Eindruck, dass viele Leute mit Dingen wie Traurigkeit, Beanspruchung, Eifersucht, Neid, blöden Kindheitserinnerungen, Gewichtsproblemen etc. nicht recht klar kommen. Entweder man ist fröhlich und gut drauf - oder man ist psychisch krank, dazwischen gibt es gar nichts mehr. Und das ist doch eigentlich Blödsinn.

@Starla: ich kenn mittlerweile Leute die ihren gesamten Freundeskreis aus der Psychiatrie rekrutieren, dabei sind sie längst wieder draußen. Und das waren früher mal ganz normale Leute.
 
S
Benutzer Gast
  • #13
Hm.

Ich hab den Eindruck, dass viele Leute mit Dingen wie Traurigkeit, Beanspruchung, Eifersucht, Neid, blöden Kindheitserinnerungen, Gewichtsproblemen etc. nicht recht klar kommen. Entweder man ist fröhlich und gut drauf - oder man ist psychisch krank, dazwischen gibt es gar nichts mehr. Und das ist doch eigentlich Blödsinn.

Hmm ja, aber es liegt eben auch viel an den Eltern, ob sie ihre Kinder fit fürs Leben bekommen. Nicht jeder hat so ein Glück :smile:

@Starla: ich kenn mittlerweile Leute die ihren gesamten Freundeskreis aus der Psychiatrie rekrutieren, dabei sind sie längst wieder draußen. Und das waren früher mal ganz normale Leute.

Ist nicht abwegig, schließlich legt man während der Krankenhauszeit einen ziemlichen Seelenstriptease hin und sucht die Nähe zu Menschen, die einen verstehen. Daraus können sich gute Gesprächskreise entwickeln und der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe wird dann auch in der Zeit danach gesucht.
 
Piratin
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  • Themenstarter
  • #14
Ach was, alle Eltern machen Fehler, niemand hat eine Bilderbuchkindheit, irgendwas ist doch immer....

und selbst Anna Freud, Kinderpsychologin, hat gesagt: "Schöpferischen Naturen gelingt es immer, eine schlechte Erziehung zu kompensieren."

Wenn jemand schlimm missbvraucht wurde, ok. Aber mit Anfang 30 die armen Eltern für einen geistigen Totalausfall über mehrere Monate verantwortlich zu machen, weil sie einen zu streng, zu lax, wasweissich, erzogen haben, ist albern. Kinder sind keine Knete, die unweigerlich die Form annimmt, die die Eltern ihnen geben (und das heisst auch, dass man den Kneter nicht ständig dafür verantwortlich machen kann, was man selber nicht auf die Reihe kriegt) Außer dem Eltern gibt es ja noch viele andere Umweltreize und -einflüsse und Lernmöglichkeiten.
 
S
Benutzer Gast
  • #15
Außer dem Eltern gibt es ja noch viele andere Umweltreize und -einflüsse und Lernmöglichkeiten.

Richtig. Die frühkindliche Phase wird jedoch als die wichtigste angesehen, und da die meisten diese fast ausschließlich mit den Eltern verbringen (vor Kindergarten), würde ich dieser Bindung eine besondere Bedeutung zuschreiben.

Es war auch nur ein Erklärungsansatz, warum manche Menschen, die längst erwachsen sind, 'lebensunfähig' wirken: Dass man sich darauf natürlich nicht ausruhen sollte, ist auch klar.*

Heutzutage wird auch viel offener über solche Themen geredet (auch dem Internet sei dank), sodass sich die Menschen entweder eher Hilfe suchen oder aber gewillter sind, "zuzugeben", dass sie alleine nicht klar kommen.

Man muss auch keine schweren psychischen Schäden haben, um eine Therapie zu machen, manche brauchen einfach nur ein paar Denkanstöße.

Dass man aus einer Erkältung eine Grippe macht, aus einer schwierigen Lebensphase eine schwere Depression und aus einem stinknormalen Job eine riesige zeitliche Belastung, das ist natürlich auch fragwürdig (darum gings ja in Deinem Thread). Woran liegt es? Keine Ahnung, vielleicht könnten das diejenigen beantworten, die sowas auch wirklich tun :grin:

*Übrigens meinte ich nicht nur negative Dinge wie Misshandlung oder Missbrauch auch an sich positive Dinge können schädlich sein, wenn sie überdosiert werden, Verhätschelung führt auch dazu, dass man allein nicht so gut klarkommt :zwinker:
 
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Piratin
Benutzer29410  (46) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #27
Und da lässt sich sicherlich sagen, auch wenn wir das Thema hier nicht erschöpfend behandeln können, dass die westliche Gesellschaftsform nicht unbedingt förderlich für die psychische Gesundheit ist.

Um nur ein paar Dinge zu anzuführen spielen die Leistungsethik, das häufige Fehlen tragfähiger Bindungen in Familie und sozialem Umfeld, die generelle Unsicherheit der Lebenssituation und übersteigerte Vorstellungen vom Glück eine Rolle.

Das wäre mir aber neu, dass andere Gesellschaftsformen dieser Welt förderlicher für die geistige Gesundheit wären. Vielleicht meinst du die autokratisch geführte orientalische Großfamilie, in denen selbst erwachsene Mitglieder vollkommen abhängig vom Familienoberhaupt ist? Oder gewisse afrikanische Clans, in denen das einzelne Mitglied so wichtig und bedeutsam ist wie eine Fliege an der Wand?:tongue:

Das gab mal da so nen interessanten Spiegelartikel: Das starke Ich, in denen aufgeführt wurde, warum es etlichen Menschen trotz übelstem Start ins Leben gelingt, sich selbst zu vertrauen und Strategien zum Lebenmeistern zu entwickeln, und manchen nicht. Bill Clinton, Grundig, Henkel, Gerhard Schröder sind ja nur ein paar Namen, dahinter stehen etliche mehr. Über die böse, lieblose Gesellschaft zu klagen wie ein griechischer Tragöde hat meiner Meinuing nach genausoviel Sinn, wie über die bösen Medien zu klagen, die an allem schuld sein sollen.
 
Piratin
Benutzer29410  (46) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #56
Wobei, wenn ich mir die Statistiken anschau, ist das Teppich ausklopfen für einen orientalischen Pascha sicher besser, als Lehrerin zu sein.

Stimmt, Lehrer machen einen Großteil der Klapsenbewohner und Suchtkranken aus. :cry: :grin: In jedem großen Lehrerkollegium gibt es ca. 4 Alkoholiker. Aber da fragt man sich, wieso manche es halt werden und andere nicht, und da setzt der Spiegelartikel an.

Es ist nämlich nicht vom Großen Manitou vorbestimmt: du bist übersensibel, du nicht, du und du, ihr kommt später mal mit Konfliktsituationen gut klar, du da nicht --> ihr und ihr, ihr müsst später mal in die Klapse, du und du dafür nicht, sondern der einzelne Mensch selbst hat einen großen Anteil daran.
Grade die Generation der Babyboomer nach dem 2. WK wuchs mehrheitlich mit ungeheuer traumatischen Kindheitserinnerungen im Gepäck und ohne Vater oder gar als Waise auf und hat eine völlig neue demokratische wirtschaftlich erfolgreiche Gesellschaft aus der Wiege gehoben.

Wir machen uns - laut Artikel - viel zu viele Gedanken darüber, wie man Kranke heilen kann, statt darüber wie man Kindern beibringt glücklich zu werden (auch ohne das seltene Glück, perfekte Eltern, die es sowieso nicht gibt, zu haben) bzw. es sich als erwachsener Mensch selber beibringt.

Wie gesagt, Vulnerabilität + ungünstige Familienkonstellation begünstigt den Ausbruch.

Aha, das mag ja alles sein, aber ich finde es besteht die Gefahr, dass eine weite Verbreitung solcher Thesen(?), Forschungsergebnisse (?) das Krückenverhalten in der Gesellschaft begünstigt. Seht her, ich habe das, es geht ja gar nicht anders, es war vorherbestimmt und diese Krücke des genetischen "Erbes" macht den Kranken in seiner eigenen Vorstellung zum Behinderten.
Wenn ein Kind mit Down Syndrom weiss, dass es behindert ist und sich nicht so gut anziehen kann wie andere Kinder, dann lässt es es gleich sein und kann es tatsächlich nicht. Wenn es das nicht weiss, dann kann es das genauso gut wie ein gesundes Kind.

Bei der Gesellschaft nehme ich mich logischerweise selbst nicht aus und zum anderen kommt es sehr drauf an was der Einzelne aus seiner Situation macht und wie er drauf reagiert.

Und außerdem genießen wir das in der Geschichte der Menschheit seltene Glück, selbstbestimmt und in Frieden und ohne Angst vor dem Verschmachten leben zu dürfen, in einem demokratischen politischen System, mit zahlreichen Auffangsstationen für die Strauchelnden. Das findet man sonst nirgends.
 
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S
Benutzer Gast
  • #80
ich finde die "vererbungslehre" ebenso weit hergeholt, wie alles andere auch. wir wissen von den genen bisher nur einen bruchteil, des gesamten inhalts.

zu dem hat sie zwei gravierende nachteile:

1. damit werden menschen stigmatisiert und krankheiten als unheilbar tituliert.
es wird suggeriert: ach, du brauchst nicht in dich hineinzuhören, schluck einfach pille xy, das wird schon ein bisschen besser werden. (geheilt wird in der psychiatrie nämlich niemand, es werden lediglich symptome unterdrückt, und neue symptome hervorgerufen, stichwort nebenwirkungen).

aussage: unheibarkeit und vertrauen in eine apparate und chiemie- medizin.

Ich fühle mich hier richtig unverstanden (zum wiederholten Male), ich glaube, ich drücke mich einfach nicht gut genug aus :zwinker:

Ich sagte nicht, dass die Krankheit vererbt wird, sondern eine gewisse "Labilität" gegenüber Reizen, das heißt, die Wahrnehmungsschwelle ist niedriger als bei anderen Menschen.

Diese Vulnerabilität KANN (muss aber nicht!) in ZUSAMMENHANG mit anderen Faktoren EVTL den Ausbruch dieser Krankheit begünstigen.

Diese Vulnerabilität KANN auch in ZUSAMMENHANG mit anderen Faktoren zu anderen Krankheiten (wie z.B. Ängsten) führen.

Diese Vulnerabilität KANN genauso gut überhaupt nichts bewirken.

Das ist eben das Gute an einem Psychologiestudium, man lernt erstmal jahrelang Grundlagen, bevor man irgendwelche Theorien strickt. Ich hoffe, diese Grundlagen wirst Du in Deiner Therapeuten Ausbildung auch lernen, ansonsten fände ich es ehrlich gesagt erschreckend, dass man auch mit anderen Studiengängen diese Ausbildung machen kann (nicht bös gemeint).

so: und nun erklärt mir bitte noch einer:

warum habe ich mein ganzes leben, auch schon als kleines kind, in regelmäßigen abständen davon geträumt, dass ein mädchen vor meinen augen missbraucht wird, während man ihm eine waffe an den kopf hält? ich bin regelmäßig schreiend und weinend aufgewacht.

Das kann man auch Zufall nennen. Viele Menschen träumen gewisse Dinge, ohne dass es einen Bezug zur Realität hat. Wenn von 100 Träumen 3 Träume einen tatsächlichen Bezug zur Realität haben, kannst Du Dir die Signifikanz ja denken.

Wenn jemand wegen einer kleinen Erkältung oder sonstigen Kleinigkeiten andauernd zu Arzt geht, wage ich z.B. auch als Laie zu behaupten, dass hier ein Arztbesuch absolut unnötig ist. - Und ich fühle mich auch ausreichend qualifiziert, um diese Aussage zu machen, da ich aus eigener Erfahrung und von vielen anderen Leuten weiß, dass man eine solche Kleinigkeit auch ohne ärztliche Hilfe sehr gut überstehen kann.
Ein Arzt würde das aber kaum so sagen, da er ja auch mit diesem Patienten Geld verdient... sogar ohne großen Aufwand.

Ein Verkäufer wird einem Kunden, der etwas Bestimmtes von ihm kaufen möchte, ja auch nicht unbedingt sagen, dass das Verlangte Ding Schrott ist und er lieber überhaupt nichts kaufen sollte...

Richtig, wenn Dir ein Ei runterfällt, dann wird das wohl so trivial sein, dass man keinen psychologischen Beistand braucht.

Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung und/oder Tod, Unfälle (und DIESE Themen wurden explizit angesprochen) pauschal als harmlos abzuurteilen, finde ich nicht gerechtfertigt.
 
R
Benutzer12784  (42) Sehr bekannt hier
  • #81
Das ist eben das Gute an einem Psychologiestudium, man lernt erstmal jahrelang Grundlagen, bevor man irgendwelche Theorien strickt. Ich hoffe, diese Grundlagen wirst Du in Deiner Therapeuten Ausbildung auch lernen, ansonsten fände ich es ehrlich gesagt erschreckend, dass man auch mit anderen Studiengängen diese Ausbildung machen kann (nicht bös gemeint).

Zumindest in Österreich ist ein Teil der Therapeutenausbildung Theorie, und erst danach kann man sich im Fachspezifikum auf eine Therapierichtung spezialisieren. Der Vorteil beim Psychologie Studium ist, das man sich einen Großteil des Propädeutikum schon aus dem Studium anrechnen kann.
Allerdings ist der Quellberuf sowieso eine Frotzelei, den mich interessiert zB die Wissenschaftliche Statistische Psychologie gar nicht. Ich machs weil ich es machen muss, und weils mir leicht fällt, allerdings würd ich mich mehr über eine Universitätsfachrichtung Psychotherapie freuen.

Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung und/oder Tod, Unfälle (und DIESE Themen wurden explizit angesprochen) pauschal als harmlos abzuurteilen, finde ich nicht gerechtfertigt.

Die Meisten Menschen beurteilen andere nach ihrem eigenen Erfahrungshorizont, und bedenken dabei nicht, das vielleicht andere nie Strategien entwickeln konnten, um mit gewissen Ereignissen klarzukommen. Anders ausgedrückt, für jemanden, der Vergewaltigt wurde ist eine Trennung eine Lapalie, für jemanden dessen Eltern vor seinen Augen Erschossen wurde, eventuell eine Vergewaltigung. Man muss ja auch lernen die Probleme als Probleme wahrzunehmen, die man selbst einfach lösen könnte und dabei akzeptieren, das andere das vielleicht nicht können.
 
Fluxo
Benutzer87151  Ibiza
  • #82
´n Abend! :smile:

Also dann will ich auch mal - ich werd aber nur auf die eigentliche Frage eingehen, nicht auf die ganzen Posts (sind teils gute dabei!).

Mir würd da zuerst mal ´ne Gegenfrage in den Sinn kommen - und zwar warum juckt dich das denn? Wegen dem Artikel? Oder gehen dir Menschen mit ´nem psychischen Knacks auf die Nerven (mir selbst geht ´ne gute Freundin von mir öfters auf die Nerven..)?

Für mich dreht es sich bei dem ganzen Thema um die eine Frage "Was ist normal?" und das zu definieren ist fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Mag sein, dass es einige Menschen gibt, die Übervorsichtig sind & sich einiges einbilden - aber es einer Zeitschrift oder einem Laien zu überlassen darüber zu urteilen, ob derjenige noch normal ist oder nicht halte ich für gefährlich (Man beachte auch die Gauß-Verteilung :zwinker: ).

Von dem her find ich es auch gut, dass hier im Forum einigen Leuten geraten wird professionele Hilfe aufzusuchen!

Man muss auch beachten, dass der Gang zum Psychologen oder gar Psychiater keiner ist, der so einfach ist wie der Gang zum Arzt um die Ecke. Es warten einige Hürden auf einen bevor man einen Platz auf der Couch bekommt...

Des Weiteren bin ich der Meinung, dass Psychologen/ Psychiater schon immer gut besucht wurden, einfach aus dem Grund, weil der Mensch mit anderen Menschen reagiert und sich daraus der eine oder andere Konflikt bilden kann. Manche kann der Mensch verarbeiten - manche nicht. Auch hier gilt für mich wieder o.g. Aussage wegen den Experten.

In meinem Umfeld haben die wenigsten Probleme mit ihrer Psyche - die meisten kommen recht gut damit klar. Das selbst diese offensichtlich "normalen" Menschen Neurosen und was weiß ich noch alles haben, fällt den meisten gar nicht auf :grin:

Ein kleiner Gedankengang, den man mir hoffentlich nicht verübelt wäre der hier: Ein Mensch hat ´nen gebrochenen Arm... er läuft durch die Fußgänger-Zone und ihm fallen mehr Menschen als sonst mit gebrochenem Arm auf... (geht auch mit ´ner schwangeren Frau) - warum? Weil er vorher nicht so darauf geachtet hat? Ist es vielleicht bei diesem Thema genauso?

Was das geächtet angeht... ist das ein zweischneidiges Messer... auf der einen Seite ist es gut, wenn der Mensch offen mit seinen Macken umgeht - nicht selten wird er aber trotzdem (oder gerade deswegen) von der Gesellschaft "besonders" behandelt. Sei es nun durch die Rohes-Ei-Methode, Ablehnung oder was auch immer...

Mit den Amis würd ich uns nicht vergleichen wollen, da ich der Meinung bin, dass es von Kultur zu Kultur unterschiedliche Arten gibt mit dieser Problematik umzugehen (bzw. das auch von der jeweiligen Mentalität abhängt).
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #83
Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung und/oder Tod, Unfälle (und DIESE Themen wurden explizit angesprochen) pauschal als harmlos abzuurteilen, finde ich nicht gerechtfertigt.
Solche Dinge würde ich auch niemals als harmlos bezeichnen...
Dass so etwas evtl. zu psychischen Problemen führen kann, ist mir klar. Insbesondere wenn man sowieso schon eher "psychisch labil" ist.
 
T
Benutzer15848  Meistens hier zu finden
  • #84
(Dass in unserer Gesellschaft ein paar Eigenschaften, wie zum Beispiel Mitgefühl oder Einfühlungsvermögen, nicht besonders weit verbreitet und beliebt sind, zeigt eh schon der Thread. Ich glaube nicht, dass das für die psychische Gesundheit im Allgemeinen sehr förderlich ist.)

Ich verstehe nicht, wie sich jemand das Recht herausnehmen kann, über andere und ihre Krankheiten zu urteilen. Klar kann man aus psychischen Krisen, sofern sie nicht hormonell oder physisch bedingt sind, wieder alleine raus. Anders gehts überhaupt nicht. Das kann niemand für einen erledigen. Aber für die Entscheidung, für die Methode, fürs Bewusstsein des Problems und so weiter gibt es Hilfe. Und das ist gut so.
Es stimmt vielleicht je nach Blickwinkel, dass manche sich gern ein wenig auf ihren "Krankheiten" ausruhen möchten. Manches grad modern ist. Manches gewollt. Manches Hineinsteigern. Fehlendes Selbstbewusstsein. Fehlender Wille. Aber das ist genauso ein Problem, oder nicht?
 
S
Benutzer79932  Verbringt hier viel Zeit
  • #85
Ich glaube, Du hast das nicht so richtig verstanden :smile: Schizophrenie ist nichts, was sich "spielen" lässt, das ist eine (teils) schwere, chronische Erkrankung, die nichts damit zu tun hat, ob manche Leute meinen, sie seien schwer depressiv. :ratlos:

Bei allem Respekt, aber solche Menschen haben schlimme Leidensgeschichten hinter sich (oder fändest Du es witzig, wenn Du Gegenstände als lebendige Wesen wahrnimmst, die Dich umbringen wollen etc.? :ratlos: ). Und wenn ich sage, was den Ausbruch dieser Krankheit begünstigt (nicht determiniert), dann ist das eine retrospektive Beurteilung.

Und NEIN, diese Menschen können NICHTS für den Ausbruch ihrer Krankheit, (wie aber eigentlich bei jeder psychischen Erkrankung), sind keine Simulanten und steigern sich in nichts rein.

Mir liegen diese Menschen sehr am Herzen und evtl möchte ich mich später darauf spezialisieren, dass die Früherkennung verbessert wird, damit diese Jugendlichen nicht diese schlimmen Leidenswege vor sich haben.



An dem Punkt klinke ich mich aus. Es ist nunmal ein Laienforum, mit sehr subjektiven Einschätzungen von Menschen, die nur spekulativ etwas zum Thema beitragen können. Vielleicht wäre es da besser, zur Ausgangsfrage zurückzukehren und das andere den Spezialisten zu überlassen (damit meine ich nicht mich).

Es klingt teilweise echt verachtend und wie blanker Hohn, sorry.

Edit: Ich weiß nicht warum, aber beim Thema Psychologie meint jeder Laie, die große Ahnung zu haben; Diagnosen erstellen zu können und passende Therapievorschläge zu haben. Warum ist das bei Medizin anders? Werd ich nie verstehen...

Starla, danke für diesen Post!

Ich finde es unfassbar anmassend, wie man ernsthaft den Eindruck haben kann, psychische Krankheiten, die auch tatsächlich als solche vorhanden und diagnostiziert sind, seien eine Frage des "sich Zusammenreissens" und Aussagen in die Richtung von "ach mein Gott, heul doch nicht rum, weil du ne schwere Kindheit hattest", finde ich jenseits von Gut und Böse und respektloser und ignoranter gehts kaum mehr.

Aber!! Nichtsdestotrotz bin ich in anderer Hinsicht mit gewissen Aussagen einverstanden - dahingehend, dass ich es auch lächerlich finde, dass heute jeder, dem es zwei Tage scheisse geht, gleich schwer depressiv ist, jede freche, schlecht erzogene Rotzgöre gleich ADS hat, dass jeder sich munter im Internet zusammengoogelt, woran er denn ganz schlimm leiden könnte, dabei leidet er an genau gar nichts, ausser an Hypochondrie und einem unersättlichen Geltungsdrang.

Aber gerade von diesen auf die zu schliessen, die tatsächlich krank sind und alle in einen Topf zu werfen und abzuwerten, das finde ich unsensibel und unfassbar überheblich. Wie kann man sich anmassen, darüber zu urteilen, ob gewisse persönliche Schicksalsschläge, egal welcher Natur die sein mögen, nun jemanden dazu berechtigen, krank zu sein oder nicht, gehts eigentlich noch? Das hat absolut gar nichts mit persönlicher Stärke oder Schwäche, Optimismus oder Pessimismus, Energie, Durchhaltewillen oder "sich Zusammenreissen" zu tun. Dass - um das "am weitesten verbreitete" Krankheitsbild aufzugreifen - auch Depressionen eine körperliche Ursache haben, aber durch viele Sachen getriggert werden können, wurde ja schon gesagt. Genau gar keiner hat zu beurteilen, ob es nun angebracht ist, dass die schlimme Scheidung, die plötzliche Arbeitslosigkeit oder der Tod eines nahestehenden Menschen Grund genug ist, um einen Depressionsschub auszulösen. Sagt ihr einem mit - um mal was Harmloses zu nennen - schweren Migräneanfällen auch, er solle sich verdammt nochmal zusammenreissen und das bisschen Kopfweh sei ja wohl nicht so schlimm? Wohl kaum, oder?

Dass ich einen kranken Partner mit einer 25-jährigen Leidensgeschichte habe, ist ja einigen bekannt hier. Er ist kein Häufchen Elend, das nix auf die Reihe kriegt und 24/7 heulend im Dunkeln hockt - manche hier haben dermassen verquere Vorstellungen, das gibt es gar nicht. Trotzdem ist er krank und es beeinträchtigt ihn, ja. Das merken aber die wenigsten. Jemand, der wirklich krank ist, der geht damit nicht hausieren. Ich denke da an einen guten Freund, einer der fröhlichsten Menschen, die ich kannte, intelligent, gutaussehend, toller Job in seinem Traumberuf, sehr beliebt, gerade frisch verheiratet - und der mit seinen damals 32 Jahren völlig unvorbereitet und ohne offensichtlichen Auslöser zum ersten Mal in seinem Leben von einer Depression geschüttelt wurde, einer Depression, die so schwer war, dass er sich nach wenigen Wochen nach dem Joggen im Wald erschossen hat. Hätte der sich auch einfach mal zusammenreissen sollen? War wohl noch selber schuld? Gab ja gar keinen Grund, war doch alles super, alle sonnig, ein knallpinkes Marshmallow. Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erklären - die menschliche Psyche gehört imho dazu. Was nicht heisst, dass man es nicht versuchen soll, nicht heisst, dass man nicht versuchen soll, Heilung oder Milderung für Krankheiten zu finden - aber die Psyche ist derart komplex, die können nicht einmal Professionelle erklären, Laien schon gar nicht (da nehme ich mich in keinster Weise aus) und darüber nicht nur zu urteilen, sondern entsprechend Erkrankte zu VERurteilen, das ist pure Arroganz.

Auch wenn ich - neben meinem Partner und dem erwähnten Freund - weitere Fälle schwerer psychischer Krankheiten im nahen Umfeld habe, glaube ich nicht, dass diese "Fälle" gehäufter auftreten. Nur eben wird munter vermischt zwischen denen, die wirklich krank sind, die aber in der Regel vor sich hin leiden und die, die sich mit einer falschen, selbst gestellten Diagnose wichtig machen wollen und jede normale Stimmungsschwankung überinterpretieren.

Denn diese Seite kenne ich auch , die Sorte, die auf Knopfdruck losheult, sich mittels Internet-Test eine schwere Psychose diagnostiziert und die jedes Mal mit Selbstmord droht, wenn sie nicht das kriegt, was sie kriegen will, aber nicht kriegen kann. Ja, so was nehme ich auch nicht ernst und da habe ich auch nicht mehr als ein müdes Lächeln und einen spöttischen Kommentar übrig. Primär aber GERADE deshalb, weil ich die andere Seite kenne, die, die wirklich krank sind, die, die wirklich leiden, die, die kämpfen und für die Vorurteile und Verurteilungen, wie sie hier munter aufgezählt werden, einfach nur ein Schlag in die Fresse sind.
 
BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #87
Ich finde es unfassbar anmassend, wie man ernsthaft den Eindruck haben kann, psychische Krankheiten, die auch tatsächlich als solche vorhanden und diagnostiziert sind, seien eine Frage des "sich Zusammenreissens" und Aussagen in die Richtung von "ach mein Gott, heul doch nicht rum, weil du ne schwere Kindheit hattest", finde ich jenseits von Gut und Böse und respektloser und ignoranter gehts kaum mehr.

Allerdings muss man da auch wieder differenzieren. Vor allem bei der Diagnose. Denn Mediziner unterliegen der chronischen Krankheit, selbst oft zu schnell mit Diagnosen zu sein. Das hat jetzt erst meine Freundin erlebt, die seit Weihnachten die halbe Zeit wegen Bauchschmerzen krankgeschrieben war (dadurch wird sie zu 99% ihren Job verlieren), ABs noch und nöcher schlucken sollte, dadurch auch die guten Bakterien in ihrem Körper abgetötet hat (mit den entsprechenden Nebenwirkungen wie z.B. Unverträglichkeit gegen Weizenmehlprodukte und sämtliche Zuckersorten) und zweimal ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Beim ersten Mal vor drei Wochen wurde eine Appendix-OP abgesagt, statt dessen trotz negativen Befunds bei drei Stuhlproben Spulwürmer diagnostiziert (mit an den Haaren herbeigezogener Begründung, wie das abgelaufen sein soll), eine Darmspiegelung und eine MRT gemacht. Vier Tage später kam sie in ein anderes Krankenhaus, und dort wurde bei der Blinddarm-Wurmfortsatzentfernung eine heftige Vereiterung festgestellt...

Von daher gehe ich schon davon aus, dass Ärzte falsche Diagnosen stellen, auch Psychiater und Psychologen. Wobei das noch nicht mal an Inkompetenz liegen muss, sondern auch an einer falschen Informationslage. Wie sagt Dr. House so schön? "Patienten lügen" - oder sie lassen, wie hier einige in ihren hilfesuchenden Threads auch, wesentliche Informationen weg, weil sie sie für unwichtig erachten.
Ich bin mir sicher, dass ein Psychologe bei meiner Freundin vor zwei Jahren etwas wie Depersonalisation, Scheuklappensyndrom oder Depressionen diagnostiziert und sie entsprechend therapiert hätte - wo die Lösung schlicht im Jobwechsel lag.

dahingehend, dass ich es auch lächerlich finde, dass heute jeder, dem es zwei Tage scheisse geht, gleich schwer depressiv ist, jede freche, schlecht erzogene Rotzgöre gleich ADS hat, dass jeder sich munter im Internet zusammengoogelt, woran er denn ganz schlimm leiden könnte, dabei leidet er an genau gar nichts, ausser an Hypochondrie und einem unersättlichen Geltungsdrang.

Und da geb ich Dir recht.
 
Piratin
Benutzer29410  (46) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #88
Aber gerade von diesen auf die zu schliessen, die tatsächlich krank sind und alle in einen Topf zu werfen und abzuwerten, das finde ich unsensibel und unfassbar überheblich. Wie kann man sich anmassen, darüber zu urteilen, ob gewisse persönliche Schicksalsschläge, egal welcher Natur die sein mögen, nun jemanden dazu berechtigen, krank zu sein oder nicht, gehts eigentlich noch? Das hat absolut gar nichts mit persönlicher Stärke oder Schwäche, Optimismus oder Pessimismus, Energie, Durchhaltewillen oder "sich Zusammenreissen" zu tun. Dass - um das "am weitesten verbreitete" Krankheitsbild aufzugreifen - auch Depressionen eine körperliche Ursache haben, aber durch viele Sachen getriggert werden können, wurde ja schon gesagt. Genau gar keiner hat zu beurteilen, ob es nun angebracht ist, dass die schlimme Scheidung, die plötzliche Arbeitslosigkeit oder der Tod eines nahestehenden Menschen Grund genug ist, um einen Depressionsschub auszulösen. Sagt ihr einem mit - um mal was Harmloses zu nennen - schweren Migräneanfällen auch, er solle sich verdammt nochmal zusammenreissen und das bisschen Kopfweh sei ja wohl nicht so schlimm? Wohl kaum, oder?


@Samaire: jetzt pluster dich mal nicht so auf. Hier urteilt keiner über deinen Freund, hier notieren Leute einfach nur ihre privaten Erfahrungen, Überlegungen und sonst was.

Deine Aneinanderreihung von bösartigen Adjektiven bezüglich der Leute, die hier ein paar gewagte Thesen aufstellen oder sich einfach Luft machen ist wirklich übertrieben.

Außerdem wird man ja wohl noch Gedankenanstöße und Ideen, die sogar von der Presse als Diskussionsanstoß geliefert werden (siehe Spiegelartikel) anbringen dürfen, oder findest du die Redakteure da auch "bodenlos frech"" und "bösartig ignorant"? Dann schreib denen mal schnell nen gesalzenen Leserbrief und schimpf sie in Grund und Boden! :grin:

Außerdem schreibe ich immer noch, was ich will und wie ich es will, und lasse mir das von dir nicht verbieten, nur weil du einen depressiven Freund im Gepäck hast.

Von daher gehe ich schon davon aus, dass Ärzte falsche Diagnosen stellen, auch Psychiater und Psychologen.

Ne Freundin von mir war knapp 1,5 Jahre stationär wegen Depressionen in Behandlung bis man herausfand, dass sie eine Persönlichkeitsstörung und keine Depressionen hat.
 
~Raven~
Benutzer29290  Meistens hier zu finden
  • #89
Ich frage mich gerade, ob das ein deutsches/oesterreichisches/schweizerisches Phaenomen ist. Ich habe in 5 Jahren in Grossbritannien nicht einen einzigen getroffen, der wegen psychischen Problemen in Behandlung ist. Ok, vielleicht liegt's daran, dass man hier sowieso keine Arzttermine bekommt, bevor man halb tot ist, aber ich kenne auch keinen, der den Wunsch nach Behandlung aeussert, obwohl die Leute hier auch schweren Trennungen, Arbeitslosigkeit, Todesfaellen, Zukunftsaengsten, etc. ausgesetzt sind. Ich will damit nicht sagen, dass psychische Probleme nicht ernst genommen werden sollen. Ich wundere mich nur, warum es hier kein grosses Thema zu sein scheint.
 
S
Benutzer79932  Verbringt hier viel Zeit
  • #90
@Samaire: jetzt pluster dich mal nicht so auf. Hier urteilt keiner über deinen Freund, hier notieren Leute einfach nur ihre privaten Erfahrungen, Überlegungen und sonst was.

Deine Aneinanderreihung von bösartigen Adjektiven bezüglich der Leute, die hier ein paar gewagte Thesen aufstellen oder sich einfach Luft machen ist wirklich übertrieben.

Außerdem wird man ja wohl noch Gedankenanstöße und Ideen, die sogar von der Presse als Diskussionsanstoß geliefert werden (siehe Spiegelartikel) anbringen dürfen, oder findest du die Redakteure da auch "bodenlos frech"" und "bösartig ignorant"? Dann schreib denen mal schnell nen gesalzenen Leserbrief und schimpf sie in Grund und Boden! :grin:

Außerdem schreibe ich immer noch, was ich will und wie ich es will, und lasse mir das von dir nicht verbieten, nur weil du einen depressiven Freund im Gepäck hast.

Schön, dass du dich als einzige so direkt angesprochen fühlst und wenn du mir jetzt noch erzählst, wo genau ich dir irgendwas verboten habe und dich direkt angegriffen habe, dann bin ich zufrieden.

Aber damit du tatsächlich noch explizit angesprochen wirst: Du hast deine Meinung und deine Erfahrung, ich meine. Von mir aus kannst du das, wie du das ja sowieso bei allen möglichen Themen so gerne tust, ins Lächerliche ziehen, dich spöttisch-herablassend äussern und überall deine lustigen Smilies hinsetzen, wie du willst - wenn du selbst nicht merkst, wie grenzenlos unsensibel und respektlos das ist, dann ist das schlussendlich und langfristig nicht mein, sondern dein Problem. Von mir aus kannst du in deiner knallpinken Welt leben, wie du willst. Hoffen wir mal, dass du und v.a. dein nahes Umfeld für immer und ewig von allen Problemen dieser Art verschont bleiben. Aber da das ja eh nur eine Frage der Einstellung ist und psychische Krankheiten eigentlich gar nicht existieren, passt das ja dann schon.
 
T
Benutzer89886  (47) Verbringt hier viel Zeit
  • #91
Ich frage mich gerade, ob das ein deutsches/oesterreichisches/schweizerisches Phaenomen ist.

Eine Sprachgemeinschaft welche einen Sigmund Freud hervorgebracht hat, die hat natürlich einen Ruf zu verteidigen :zwinker:
 
Piratin
Benutzer29410  (46) Beiträge füllen Bücher
  • Themenstarter
  • #92
Du hast deine Meinung und deine Erfahrung, ich meine. Von mir aus kannst du das, wie du das ja sowieso bei allen möglichen Themen so gerne tust, ins Lächerliche ziehen, dich spöttisch-herablassend äussern und überall deine lustigen Smilies hinsetzen, wie du willst - wenn du selbst nicht merkst, wie grenzenlos unsensibel und respektlos das ist, dann ist das schlussendlich und langfristig nicht mein, sondern dein Problem. Von mir aus kannst du in deiner knallpinken Welt leben, wie du willst. Hoffen wir mal, dass du und v.a. dein nahes Umfeld für immer und ewig von allen Problemen dieser Art verschont bleiben. Aber da das ja eh nur eine Frage der Einstellung ist und psychische Krankheiten eigentlich gar nicht existieren, passt das ja dann schon.

ätz,ätz,ätz :cool1: Ich bin von deiner Säure schon ganz zerfressen - große Löcher überall. (witziges Smiley nach Wahl einsetzen, ich empfehle :tongue: )

Jetzt reicht`s aber langsam. Trink nen Beruhigungstee, ein Gläschen Gin oder was sonst noch beruhigt. Du weisst doch eigentlich ganz genau, dass deine wütenden Beschuldigungen Blödsinn sind und dass meine Welt alles andere als knallpink ist und ich auch kein unsensibles, respektloses und was weissichnochalleswennduinfahrtbistbistdujanichtmehrzustoppen Arschloch bin.
 
M
Benutzer39497  Sehr bekannt hier
  • #93
Ich finde es unfassbar anmassend, wie man ernsthaft den Eindruck haben kann, psychische Krankheiten, die auch tatsächlich als solche vorhanden und diagnostiziert sind, seien eine Frage des "sich Zusammenreissens" und Aussagen in die Richtung von "ach mein Gott, heul doch nicht rum, weil du ne schwere Kindheit hattest", finde ich jenseits von Gut und Böse und respektloser und ignoranter gehts kaum mehr.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach deinem Beitrag eher lachen oder weinen soll, denn das ist einfach nur der Hohn schlechthin, dass ausgerechnet du hier im ersten Absatz auf einfühlsam machst, nur um anschliessend deine üblichen, durch schwarz-weiss Malerei geprägten Vorurteile in den folgenden Absätzen zu rechtfertigen. Ausgerechnet du, die in zahlreichen Beiträgen gänzlich undiplomatisch, frei nach Schnauze ihre Meinung kundtut, dass die Leute „nur rumflennen“ und sich doch „mal zusammenreissen“ sollen, masst dir an über Leute zu urteilen, die dasselbe tun. Einmal mehr tut sich mir der Verdacht auf, dass du einfach einen Grund suchst, um zu trollen und zu meckern, egal in welche Richtung es abzielt. Hier schiesst jemand mit Kanonen um sich, wenn er im Glashaus sitzt.

[ironie]Oder warte mal: ach ja, alle Leute deren Probleme dir nicht in den Kram passen und die sich von den Problemen deines Freundes und deinen Angehörigen unterscheiden, sind natürlich geltungssüchtige Selbstdarsteller und Hypochonder, die sich das Internet als Plattform suchen, um sich darin aufzuspielen, indem sie sich als Problemfall oder als krank darstellen, denn jemand der wirklich krank ist geht damit (auch online) nicht hausieren und man merkt es ihm für gewöhnlich auch nicht an. Echt praktisch, wenn man sich an seinem vorgefertigten Bild orientieren kann, denn dann braucht man ja nicht einmal mehr einen virtuellen Röntgenblick, um Ferndiagnosen erstellen zu können, damit man richtig einschätzen kann, wer nur jammert und sich aufspielt und wer wirkliche Probleme hat.[/ironie]

Aber!! Nichtsdestotrotz bin ich in anderer Hinsicht mit gewissen Aussagen einverstanden - dahingehend, dass ich es auch lächerlich finde, dass heute jeder, dem es zwei Tage scheisse geht, gleich schwer depressiv ist, jede freche, schlecht erzogene Rotzgöre gleich ADS hat, dass jeder sich munter im Internet zusammengoogelt, woran er denn ganz schlimm leiden könnte, dabei leidet er an genau gar nichts, ausser an Hypochondrie und einem unersättlichen Geltungsdrang.

Hier übertreibst du mal wieder ganz gewaltig. Wenn es jemandem zwei Tage lang schlecht geht und er sich dann gleich als schwer depressiv bezeichnet, weil er sich irgendwelche Symptome zusammengoogelt, die zu seiner momentanen Stimmung passen, dann kann man vielleicht daraus schliessen, dass die Person die meiste Zeit wohl auf der Sonnenseite des Lebens gelebt hat, von derartigen Problemen wenig Ahnung hat und sich jetzt von der Schattenseite des Lebens derart überrollt fühlt, dass diesem Verhalten vielleicht auch der Versuch die Aufmerksamkeit zu erregen zugrunde liegt. Aber wenn du ein bisschen informiert wärst, dann wäre dir klar, dass dies mit der richtigen Hypochondrie, die du nichtwissend als „NICHTS“ bezeichnest, absolut nichts zu tun hat. Dann wäre dir auch klar, dass die Hypochondrie in gewissen Fällen selbst als psychische Störung eingestuft wird und dass es für richtig Betroffene wohl alles andere als leicht ist, sich ständig um den eigenen Körper und die eigene Gesundheit Gedanken zu machen und sich diesbezüglich in Ängste hineinzusteigern.

Aber gerade von diesen auf die zu schliessen, die tatsächlich krank sind und alle in einen Topf zu werfen und abzuwerten, das finde ich unsensibel und unfassbar überheblich. Wie kann man sich anmassen, darüber zu urteilen, ob gewisse persönliche Schicksalsschläge, egal welcher Natur die sein mögen, nun jemanden dazu berechtigen, krank zu sein oder nicht, gehts eigentlich noch? Das hat absolut gar nichts mit persönlicher Stärke oder Schwäche, Optimismus oder Pessimismus, Energie, Durchhaltewillen oder "sich Zusammenreissen" zu tun. Dass - um das "am weitesten verbreitete" Krankheitsbild aufzugreifen - auch Depressionen eine körperliche Ursache haben, aber durch viele Sachen getriggert werden können, wurde ja schon gesagt. Genau gar keiner hat zu beurteilen, ob es nun angebracht ist, dass die schlimme Scheidung, die plötzliche Arbeitslosigkeit oder der Tod eines nahestehenden Menschen Grund genug ist, um einen Depressionsschub auszulösen. Sagt ihr einem mit - um mal was Harmloses zu nennen - schweren Migräneanfällen auch, er solle sich verdammt nochmal zusammenreissen und das bisschen Kopfweh sei ja wohl nicht so schlimm? Wohl kaum, oder?

Das ist wirklich der Hohn. Du selbst bist hier im Forum das Paradebeispiel dafür, andere Menschen leichtfertig in eine Schublade zu stecken, ohne zu wissen, was derjenige für einen Hintergrund und Biographie hat. Wenn ein 23-Jähriger Selbstmordgedanken äussert und in Nachfolge-Threads bekannt gibt, dass er den „oberflächlichen Frauen“ die Schuld gibt, weil er noch nie eine Freundin hatte, dann gehe ich erst einmal davon aus, dass derjenige ein Problem hat und würde jedenfalls mit Fingerspitzengefühl vorgehen, gerade weil ich seine Hintergründe eben nicht kennen kann. Selbst wenn derjenige jetzt tatsächlich ein Fake, ein Selbstdarsteller oder ein nach deiner Definition „Hypochonder“ sein sollte, dann kann ich das übers Netz mit Sicherheit nicht feststellen oder ausschliessen und gehe dennoch von der Echtheit seiner Geschichte und seiner geäusserten Meinung aus. Und wenn tatsächlich Geltungssucht der Grund für solche Threads wäre, dann hätte derjenige womöglich ein anderes Problem, das zu seinem Verhalten führt. Du hingegen kanzelst solche Leute für gewöhnlich gleich mit deiner giftigen und despektierlichen Art ab, womöglich frei nach dem Motto, dass wenn er wirklich ein Problem hätte, er damit ja nicht hausieren gehen würde.

Dass ich einen kranken Partner mit einer 25-jährigen Leidensgeschichte habe, ist ja einigen bekannt hier. Er ist kein Häufchen Elend, das nix auf die Reihe kriegt und 24/7 heulend im Dunkeln hockt - manche hier haben dermassen verquere Vorstellungen, das gibt es gar nicht. Trotzdem ist er krank und es beeinträchtigt ihn, ja. Das merken aber die wenigsten. Jemand, der wirklich krank ist, der geht damit nicht hausieren. Ich denke da an einen guten Freund, einer der fröhlichsten Menschen, die ich kannte, intelligent, gutaussehend, toller Job in seinem Traumberuf, sehr beliebt, gerade frisch verheiratet - und der mit seinen damals 32 Jahren völlig unvorbereitet und ohne offensichtlichen Auslöser zum ersten Mal in seinem Leben von einer Depression geschüttelt wurde, einer Depression, die so schwer war, dass er sich nach wenigen Wochen nach dem Joggen im Wald erschossen hat. Hätte der sich auch einfach mal zusammenreissen sollen? War wohl noch selber schuld? Gab ja gar keinen Grund, war doch alles super, alle sonnig, ein knallpinkes Marshmallow.

Ich gehe jetzt davon aus, dass du tatsächlich einen Partner mit 25-Jähriger Leidensgeschichte hast, obwohl das angesichts deines Auftretens im Internet etwas befremdlich wirkt. Dann ist er wohl auch kein Häufchen Elend, der nichts auf die Reihe kriegt und 24/7 im Dunkeln hockt. Er wird aber vermutlich auf seine Weise eingeschränkt sein, so wie ein anderer auf seine eigene Weise eingeschränkt ist. Da gibt es durchaus einige wenige traurige Problemfälle, die sitzen tatsächlich weitgehend im Dunkeln, kriegen kaum was auf die Reihe und sind dadurch massiv eingeschränkt. Dann gibt es welche die leben ihr Leben auch ausserhalb der vier Wände, kriegen verhältnismässig wenig auf die Reihe und meiden die Gesellschaft. Dann gibt es beeinträchtigte Menschen, die dennoch lang anhaltend oder zumindest phasenweise sogar sehr aktiv sind und ein überaus soziales Leben pflegen können. Manchen sieht man ihre Behinderung oder Krankheit kaum an, andere nimmt man tatsächlich als etwas seltsam und verschroben wahr und einige wiederum können durch ihr Auftreten kaum verbergen, dass sie schwer davon gezeichnet sind. Die einen sind (zum Teil sogar erfolgreich) erwerbsfähig, die anderen nur teilzeit erwerbsfähig und andere hingegen erwerbsunfähig. Manche Kranken gehen sehr offen damit um, andere versuchen es zu verbergen und ein Teil davon ist so verschlossen, dass sie nicht einmal in einer Therapie wirklich vollkommen offen über sich und ihre Gefühle reden können, während ein Teil von denen wiederum den Weg über das gesichtslose Internet suchen und somit zumindest eine Möglichkeit finden, um ihre Probleme, die sie tagtäglich in sich hineinfressen, von der Seele zu schreiben oder zu reden. Somit können besagte Threads eben auch aus dem Grund entstehen, weil der Betroffene ein Ventil und vielleicht auch die Kontroverse auf diesem Wege sucht. Und was will ich damit sagen? Menschen sind verschieden und genauso ihre Probleme und ihr Umgang damit. Ehrlich gesagt finde ich auch deine einseitige Betrachtungsweise verquer, da du kaum differenzierst und alles so auslegst, dass du wieder einmal mehr einen Grund zum Meckern findest.

Da man dem 32-Jährigen in deinem Beispiel seine Probleme nicht anmerkte, hätte wohl zu Lebzeiten auch niemand gesagt, dass er sich „zusammenreissen“ und nicht jammern soll. Und da posthum solche Vorwürfe keinen Sinn mehr ergeben, werden die Vorwürfe vermutlich auf den Angehörigen sitzen bleiben, die sie sich selbst oder andere ihnen, ob nun gerechtfertigt oder ungerechtfertigt, machen werden.

Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erklären - die menschliche Psyche gehört imho dazu. Was nicht heisst, dass man es nicht versuchen soll, nicht heisst, dass man nicht versuchen soll, Heilung oder Milderung für Krankheiten zu finden - aber die Psyche ist derart komplex, die können nicht einmal Professionelle erklären, Laien schon gar nicht (da nehme ich mich in keinster Weise aus) und darüber nicht nur zu urteilen, sondern entsprechend Erkrankte zu VERurteilen, das ist pure Arroganz.

Das ist wirklich der sinnvollste Abschnitt in deinem Beitrag. Vor allem den letzten Satz und das in Klammern gesetzte würde ich mir an deiner Stelle ganz besonders zu Gemüte führen. Statt irgendwelche Vorurteile hervorzuholen und Laien-Diagnosen zu erstellen, ist es viel wichtiger und sinnvoller, wenn man Fingerspitzengefühl im Umgang mit Betroffenen aufweist, sofern man gedenkt mit ihnen in Kontakt zu treten. Für viele Betroffene ist es wichtig, dass sie reden und sich aussprechen können, wichtiger vielleicht noch als vermeintlich gutgemeinte Ratschläge und Hilfestellung zu geben. Ebenfalls wichtig kann es überdies sein, wenn der Betroffene in seinem Gegenüber einen möglichst wertneutralen Zuhörer findet.

Nun kannst du gerne auf mich schimpfen. Ich habe die Samthandschuhe absichtlich ausgezogen, weil mich dein Beitrag erschrocken hat, weil er teilweise deiner eigenen Verhaltensweise hier im Forum massiv widerspricht, weil du deine einseitige Sichtweise kundgibst und dich aufspielst als hättest du Ahnung vom Themenbereich und als ob du dich noch dazu stets als einfühlsamer Mensch ausgeben würdest. Keine Ahnung wie du in RL bist und wie du dich gibst, aber angesichts zahlreicher Beiträge und der wie so oft rüden Wortwahl von dir erweckst du mitnichten den Anschein, dass du über das notwendige Fingerspitzengefühl verfügst, um dich mit der Thematik rund um die Psychische Erkrankung vorurteilsfrei auseinandersetzen zu können.
 
K
Benutzer88899  Meistens hier zu finden
  • #94
Also: Ich mag es nicht, wenn Kleinigkeiten aufgebauscht werden, weder im physischen noch im psychischen Bereich. Egal ob jemand, der mal kurz schlecht drauf ist was von Depressionen redet oder jemand wegen eines Pickels zum Arzt rennt, das nervt mich, vor allem weil es ein schlechtes Licht auf die wirklichen Probleme wirft. Ich z.B: hab seit meiner Kindheit unter Migräneanfällen zu leiden (zum Glück deutlich inzwischen seltener als damals) und mag es gar nicht, wenn mir jemand wegwerfend sagt, er habe auch schon mal Kopfschmerzen nach ner durchzechten Nacht, da helfe gute Luft und Bewegung, während ich bei einem heftigen Abfall bei jeder Bewegung ans Kotzen denke. In Depressionen kann ich mich aus eigener Erfahrung auch gut reinversetzen, finds aber natürlich nicht toll, wenn jemand einfach faul ist und das als Ausrede nimmt.

Wenn man leidet, soll man aber zum Arzt/Therapeuten gehen, dafür sind die ja da und da mach ich auch keinen blöden Spruch. Ich denke, jeder hat irgendein Problem oder Macken, dass jeder "reif für die Klappse" ist, denk ich nicht, normalerweise gehören ja auch Tiefs zum Leben, die man selbst meistern kann.

Ich habe aber eine Freundin, die seit längerem eine Therapie macht. Ich finds das gut in ihrem Fall, mich stört aber sehr, dass sie jedesmal von einer Sitzung mit stolzgeschwellter Brust zurückkommt und mir erklärt, wie toll die Therapeutin sie findet, wie klug sie sei, wie gutaussehend, dass jeder Mann begeistert von ihr sein müsste und dass die Therapeutin überhaupt immer wieder sage, jeder Mensch habe eine Therapie nötig. Klar hat jeder Baustellen, aber meine Freundin ist seit der Therapie auf dem Trip, dass sie bei jedem immer einen Therapiegrund sucht und mir auch öfter sagt, ich solle mir einen Therapeuten suchen (hatte ich vor Jahren schon mal kurz - es war nicht mein Ding) und jeder sei "bekloppt", sie sei nur eine der wenigen, die dazu stehen, während alle, die keine Therapie machen sich sozusagen was vorlügen. Das find ich schon manchmal unverschämt.
 
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