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Wieso passiert soetwas?

S
Benutzer80747  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Hallo, ich habe mich hier angemeldet weil man hier doch recht nützliche Tipps bekommen soll...

Naja, fange dann einfach mal an.

Das "Problem" betrifft mich indirekt.

Bin seit ich klein bin bei der Freiw. Feuerwehr in meinem Ort, ebenso wie mein bester Kumpel.

Heute morgen gegen halb 9 kam ein Alarm "Unfall auf Landstraße XY.
2 Personen eingeklemmt".

Mein Kumpel und ich waren heute morgen zusammen, weil wir beide frei haben, und waren mit die ersten die ans Gerätehaus kamen. Naja, an für sich ist ein Verkehrsunfall nichts ungewöhnliches für uns. Wir sind es ja "gewohnt".

Haben uns dann ins Auto gehockt und sind mit kompletten Zug ausgerückt.

An der Einsatzstelle selbst...Freund und ich waren Angriffstrupp, heißt wir sind die ersten die vorgehen zum Auto, Lage checken, Verletzte Personen betreuen, befreien etc.

Als wir ankamen war Polizei schon vor Ort, Rotes Kreuz war alarmiert.

Als wir ausstiegen und ich das Unfall-Auto sah ist es mir schon kalt den Rücken runtergelaufen.
Im Feld lag ein schwarzer Golf. Überschlagen auf der Seite. So ein Auto fährt die Freundin von meinem Kumpel.
Und so wie er geschaut hat ist es ihm natürlich auch aufgefallen :kopfschue

Ich glaube wir haben in dem Moment dasselbe gedacht: "Bitte nicht!"

Also sind wir mit zwei anderen Kameraden vor zum Auto gerannt und scheiße ja: es war die Freundin von meinem Kumpel in dem Auto.
Mir wurde einfach nur kotzschlecht in dem Moment :wuerg:
Sie und eine Freundin waren in dem Auto, sind aus einer Kurve geflogen, überschlagen und im Feld gelandet.

Seine Freundin war bewusstlos, die andere bei Bewusstsein. Sie waren voller Blut und hingen in den Sicherheitsgurten...und jetzt sollten wir die da rausschneiden.

Meine Freund war total hilflos, ich habe ihn noch nie so erlebt. Er hatte nen Heulkrampf, hat den Namen seiner Freundin gerufen, hat am ganzen Körper gezittert...

Die anderen Kameraden kennen seine Freundin natürlich auch...wir wurden dann "ausgetauscht", heißt ein anderer Trupp übernahm unsere Aufgabe. Das kann man ja niemanden zumuten, seine eigene Freundin aus dem Auto zu retten...

Notarzt und Krankenwagen waren inzwischen auch eingetroffen. Ich saß mit meinem Freund im Einsatzleitwagen, der hat geheult, war total fertig, hat sich an mich geklammert und ich hatte ihn im Arm wie ein kleines Kind.
War auch kurz davor zu weinen...
Ein Sanitäter hat ihn sich dann angeschaut und naja..sie haben ihn dann mitgenommen ins Krankenhaus, ich bin mitgefahren weil er nicht alleine wollte.

Seine Freundin liegt jetzt schwerverletzt im Krankenhaus, die Beifahrerin leicht verletzt. Mein Freund selbst hat einen schweren Schock, muss auch im Krankenahaus bleiben.

Mir geht das auch sehr nahe, allen in der Feuerwehr geht das nahe. Schließlich war seine Freundin ja auch oft auf Festen mit dabei. Jeder kennt sie und jetzt muss man so jemanden retten.

Nur weiß ich nicht wie ich meinem Freund helfen könnte.
Ich fahre später wieder zu ihm ins Krankenhaus. Als ich vorhin gegangen bin war er einfach nur im Bett gelegen hat ins Leere gestarrt. War einfach komplett abwesend...

Weihnachten ist versaut...komplett. Ich glaube ja eigentlich nicht an Gott oder so...aber wieso passiert soetwas? Ausgerechnet zu Weihnachten.

Einerseits bin ich tief betroffen über das was passoert ist, aber irgendwie auch wütend, obwohl da ja niemand was dafür kann.

Weiß nicht mehr weiter...
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • #2
das dein freund ... und auch du selbst ... erstmal einen schock hast, wenn man einen "normalen" einsatz fährt und es sich dann um menschen handelt die man kennt und die einem nahe stehen, ist ja mehr als normal.

ich weiß, das man sich selber in solchen situationen hilflos fühlt und nicht weiß wie man am besten helfen kann.
aber das man dem betreffenden einfach alleine durch die tatsache hilft, das man für ihn da ist und derjenige einen ansprechpartner hat, ist schon sehr viel hilfe.

es genügt vollkommen, das er jemandem zum reden hat, oder auch das du einfach nur da bist, WENN er reden will.
das ganze eben irgendwie gemeinsam durchstehen und verarbeiten.
dafür sind freunde da.

immer einen schuldigen suchen zu wollen, weil etwas schreckliches passiert ist, bringt nichts.
nenn es schicksal oder sonstwie.
tatsache ist, das es passiert ist. da sollte man sich jetzt nicht fragen, was wäre wenn ...

ich wünsche der freundin deines kumpels, das sie hoffentlich bald wieder gesund wird und sich das alles als weniger schlimm entwickelt, als es eh schon ist.
 
S
Benutzer80747  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #3
Es gib ja auch extra Leute die für sowas "zuständig" sind. Leuten zuzuhören und Ratschläge zu geben.

Alle anderen Kameraden meinten aber auch, das ich das übernehmen sollte weil ich ihn am besten kenne und wir die dicksten Kumpel sind. Das bringt ihm vorerst mehr als irgendein Psychologe.

Sehe ich ja auch ein, ich will ja für ihn da sein und bin es auch. Nur hab ich Schiss das er mich Dinge fragt (Wieso, Weshalb, Warum) und ich ihm keine vernünftige Antowort drauf geben kann.

Hab Angst das mich das ganze überfordert (weil es mich ja auch mitgenommen hat) und ich ihn irgendwie "enttäusche".
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • #4
ja, ich weiß und kenne dieses gefühl der angst.
du musst aber keine angst haben.
er erwartet keine antwort von dir und weiß selber das du ihm keine geben kannst, wenn er fragt: "wieso?"

sei einfach für ihn da.
das ist das wofür ein freund da sein sollte.
eben anwesend, mitfühlend und somit auch tröstend.

wie gesagt, ist es hilfe genug ihm einfach zu zeigen, das du für ihn da bist, jetzt wo er einen freund braucht.
halt jemanden der ihn kennt und dem er seine sorgen einfach erzählen kann, ohne das du ihm erklärungen liefern kannst und musst.
 
G
Benutzer10833  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #5
Hab Angst das mich das ganze überfordert (weil es mich ja auch mitgenommen hat) und ich ihn irgendwie "enttäusche".

Natürlich fühlst du dich jetzt auch sehr mitgenommen und hast Angst vor Überforderung, aber enttäuschen wirst du ihn sicher nicht, ich denke mal, auch wenn er dich so Dinge fragt, weiß er auch trotz der Situation, dass es dafür keine Antwort im Sinne einer richtigen Antwort gibt, es geht hierbei nur ums Reden an sich.
 
hummelchen0209
Benutzer38770  Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Oh man..... :ratlos:

Genau vor so einer Situatin hatte ich immer Panik als ich noch Rettungsdienst gefahren bin.

Ich kann mich da haarefan nur anschließen, es bringt nichts sich nach dem "warum" zu fragen, denn auf diese Frage gibt es einfach keine Antwort....und das weiß auch Dein Kumpel irgendwo.

Sei einfach da für Deinen Kumpel. Er braucht Dich, ob er nun reden will, oder einfach nur das Gefühl, daß jemand da ist. Und wenn Du auf eine Frage keine Antwort weißt, dann sag ihm das einfach so, er wird das verstehen und wahrscheinlich hilft ihm das mehr wenn er merkt das auch andere keine Patentlösung haben, als wenn man sich irgendwas zusammen"spinnt".

Sicher werden sich seine Eltern auch um ihn kümmern, aber das ist eine andere Ebene, die waren nicht dabei, die können sich nicht vorstellen wie so etwas ist (auch wenn sie es meinen). Und genau das ist aber wichtig für ihn, daß jemand da ist, dem er nicht erst groß erklären muß wie sich soetwas anfühlt, sondern der es einfach weiß.

Ich hoffe so daß seine Freundin das gut übersteht.
Super wäre es natürlich, wenn Du (oder sonst jemand) ihm die gute Nachricht mitteilen könnte das es seiner Freundin besser geht und das das schon wieder wird (das muß dann natürlich auch stimmen). Das würde ihm helfen aus seiner Lethargie rauszukommen.
Hast Du denn in dieser Richtung schonmal was gehört?

Es könnte sein, muß nicht aber es könnte, das ihn dieses Erlebnis ziemlich verändert und er vielleicht sogar mit der Arbeit mit der Feuerwehr aufhören will, denn so ein einschneidendes Erlebnis macht verdammt nachdenklich. Wichtig für ihn wäre dann, daß es einfach Menschen gibt die ihn dann verstehen und auch weiter zu ihm halten.

Dieses Gefühl von Trauer, Betroffenheit, Entsetzen, Hilflosigkeit und Wut ist völlig normal. Setz Dich damit auseinander, aber laß nicht zu das es Dich beherrscht.

Und so blöd das jetzt vielleicht klingen mag, red Du mal mit Eurem Psychologen darüber, denn es sollte ja seit längerem so sein, daß Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst einen Psychologen für solche Fälle zur Seite gestellt bekommen....und das nicht umsonst.
Das ist meistens jemand der selbst Erfahrung mit Eurer Arbeit hat und der Dir sicher noch viel bessere und weitergehende Tips und Hilfestellungen geben kann wie Du Dich am besten verhalten kannst Deinem Freund gegenüber und auch besser selber damit zurecht kommst. Und nicht zögern "nur" weil jetzt Weihnachten ist und Du ihm seine gemütlichen Feiertage gönnen magst, dafür ist der Mann ja schließlich da, ok?

Ich drück Dir / Euch ganz feste die Daumen und wünsche Euch, daß sich alles zum bestmöglichen entwickelt.
Von Herzen alles Liebe, ich denk an Euch
Hummelchen
 
S
Benutzer80747  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #7
Danke euch allen für eure Antworten.

Wie es seiner Freundin geht weiß ich noch nicht. Außer eben schwerverletzt.
War ja selbst nicht dabei als sie sie befreit haben, demzufolge weiß ich die Diagnose des Notarztes nicht. War ja bei meinem Freund im ELW.

Aber was genau sie hat, keine Ahnung. Werde ich aber auch noch in Erfahrung bringen. Das will er ja bestimmt wissen wie es ihr geht.

Rufe auch noch unsern Wehrleiter an und frage ihn nach der Nummer von diesem Seelsorger, brauch echt ein paar Ratschläge.

Die Dinge erledige ich jetzt noch und dann fahre ich wieder ins Krankenhaus. Ein paar Kameraden wollne auch noch kommen. Habe sei aber gebeten damit bis heute Abend zu warten. Ich glaube das ist nicht so gut wenn da jetzt noch 20 Leute kommen, auch wenn sie es nur gut meinen.

Ich hoffe einfach nur das alles gut wird. :geknickt:
 
S
Benutzer80747  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #8
Heute morgen bekam ich einen Anruf von den Eltern meines Freundes.

Sie hat es nicht geschafft.
Sie ist heute Nacht gestorben.

An inneren Blutungen. Innerlich verblutet.

20 Jahre war sie jung...

Verdammte Scheiße...2 Tage vor Weihnachten. "Das Fest der Liebe".
Das ein Mensch jetzt nicht mehr erlebt und ein zweiter nicht erleben will, weil er einen Zusammenbruch hatte als seine Eltern ihm die schlechte Nachricht gesagt haben.

Ich habe zum ersten Mal seit Jahren wieder geheult. Um eine gute Freundin und auch um meinen Freund...was er jetzt durchmachen muss ist einfach unvorstellbar. Ich bin mit den Nerven am Ende.

Jetzt fahre ich nachher wieder ins Krankenhaus zu ihm.
Ich glaube er braucht jetzt Unterstützung.

:kopfschue :cry:

Scheiß Welt...
 
Y
Benutzer80052  Verbringt hier viel Zeit
  • #9
:frown: Das tut mir unendlich Leid. :knuddel:
Ich könnte mir vorstellen, dass dein Freund sehr unter Schuldgefühlen zu leiden hat, weil er ihr nicht helfen konnte in seinem Zustand, versuch ihm klarzumachen dass keiner von einem verlangen kann, dass man seinen Job ruhig macht wenn es sich beim Opfer um die eigene Freundin handelt. Er hatte einen Schock und seine Kollegen haben sich um sie gekümmert, dass sie gestorben ist hat weder mit seinem eigenen Versagen noch mit dem der Kollegen zu tun...
Es ist einfach passiert und wie bereits gesagt, die Frage nach dem warum kann nur er da oben beantworten, wenn er denn existiert.
 
einsamerEngel
Benutzer35148  Beiträge füllen Bücher
  • #10
*seufz*
Tut mir Leid, das zu lesen :ratlos: :geknickt:

Pass bitte auch auf Dich auf, denn das scheint Dich mehr mitzunehmen, als Du vielleicht verkraften kannst.

Rede mit Deinem Freund, oder sei einfach nur für ihn da...

Weiss man schon, wie es zu dem Unfall gekommen ist?
Glatteis vielleicht? :schuechte

:engel_alt:
 
D
Benutzer50561  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • #11
Sehe ich ja auch ein, ich will ja für ihn da sein und bin es auch. Nur hab ich Schiss das er mich Dinge fragt (Wieso, Weshalb, Warum) und ich ihm keine vernünftige Antowort drauf geben kann.

Hab Angst das mich das ganze überfordert (weil es mich ja auch mitgenommen hat) und ich ihn irgendwie "enttäusche".
Auf die Fragen gibt es keine Antwort (die er oder du akzeptieren könnten).

Wenn du nicht "einfach verschwindest" und wegbleibst, kannst du ihnin keiner Weise enttäuschen!
 
Emilia16
Benutzer15917  (36) Verbringt hier viel Zeit
  • #12
Es ist sehr traurig, dass so etwas passiert ist und es immer wieder passiert.

Du warst so tapfer und hast die ganze Zeit deinem Freund beigestanden und das obwohl du selbst auch betroffen bist. Du bist ein guter Freund, aber bitte übernimm dich nicht. Such dir selbst auch professionelle Hilfe, sprich mit einem Seelsorger, damit du daran nicht kaputt gehst.
 
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