I
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Gast
- #1
Hallo zusammen!
Da ich einfach nicht mehr weiter weiß und Angst habe, in eine ernste psychische Störung oder Depression abzurutschen, muss ich mir mal alles von der Seele schreiben und hoffe, dass ich dadurch vielleicht durch Euch den einen oder anderen neuen Denkanstoß finde.
Vor ziemlich genau 2 Jahren fiel mir mein niedlicher Nachbar auf, der mir gegenüber wohnt (von meiner Küche und meinem Balkon aus kann ich in seine Küche sehen). Nach einigen zufälligen Begegnungen unten auf der Straße wurden wir ein Paar. Obwohl mir gleich zu Anfang merkwürdige Verhaltensweisen an ihm auffielen, hab ich das ignoriert oder es mir schöngeredet. Beispiele: Mit 34 bringt er seine Wäsche zu seiner Mutter und bekommt sie dann gewaschen, gebügelt und gefaltet zurück. Als ich gleich nachdem wir zusammenkamen ins Krankenhaus musste, hat er sich die ganze Zeit nicht ein einziges Mal gemeldet, weil Anrufe auf dem Handy ihm zu teuer waren. Ja, Ihr schlagt schon die Hände über´m Kopf zusammen. Hab ich auch getan und bin dann doch bei ihm geblieben, weil ich vorher so lange allein und regelrecht ausgehungert war. Ich war über beide Ohren in ihn verknallt und es war etwas ganz besonderes, dass er direkt gegenüber wohnte. Wir haben oft stundenlang unten in der Grünanlage unserer Häuser gesessen oder er kam abends zu mir und es waren einfach unbeschreiblich schöne und romantische Abende. Alles war aufregend, alles war neu, alles war magisch. Man kennt das ja. Im Laufe der Beziehung merkte ich aber, dass der Typ echt nicht alle Latten am Zaun hat. Mit 34 seit 10 Jahren arbeitslos, keinen Führerschein/kein Auto, hält sich für einen angesagten Künstler (Street Art, Graffiti, Videokunst usw.) und wartet darauf, dass eine renommierte Hochschule ihm den roten Teppich ausrollt (mit Hauptschulabschluss und Legansthenie!), schläft jeden Tag bis mittags und geht dann stundenlang in die Stadt zum Chillen. Weiß alles und kann alles, nervt alle Freunde und Familienmitglieder mit seinem dummen Geschwätz, dass es einem schon peinlich wird. Richtig gekracht hatte es dann zwischen uns, als ich einmal ein ernstes Gespräch mit ihm darüber führen wollte, was passiert, wenn „die Pille“ mal versagt. Soll ja nur zu 0,03 irgendwas Prozent vorkommen, aber kann ja mal sein. Ich dachte, über sowas können zwei Menschen Mitte 30 mal reden. Seine Antwort: „Wenn Du das nicht abtreibst, bin ich weg. Auf sowas hab ich keinen Bock.“ Dann ging es weiter bergab… er wechselte seine Klamotten nicht. Seine Hose trug er locker 4-5 Wochen, T-Shirts und Sweatshirts mindestens 2 Wochen. Nur ein einziges Paar Schuhe. Er fand sich todchic. Als ich ihm sagte, dass mir das im wahrsten Sinne stinkt und zusätzlich den immer gleichen Anblick sehr unattraktiv finde, kam der nächste Krach und ich war die oberflächliche Kuh, die nur auf´s Äußere achtet. Ich dagegen sollte immer was chices, neues, sexy, aufregendes tragen.
Wenn wir wegen irgendwas Streit hatten, war es immer so: ICH war Schuld. Pauschal. Weil ich für seinen hohen Intellekt zu dumm war und ihn nicht verstanden hab. Alles klar. Dann verhängte er mir eine Kontaktsperre. Ich durfte nicht anrufen, mailen, smsen, nichts… bis ich mich „abgeregt“ hatte (ich hasse dieses Wort) und wieder lieb war. Ich durfte bei dem nächsten Kontakt aber keinesfalls mehr ein Wort darüber verlieren, sondern alles musste in Butter und easy sein. Ok, ich könnte jetzt noch 1000 Beispiele bringen. Aber erstens sprengt das hier den Rahmen und zweitens könnt Ihr Euch schon ein deutliches Bild von ihm machen. Warum ich so lange geblieben bin? Ich habe eine ziemlich schwere Krankheit, die ich mit vielen Fachärzten kaum in den Griff kriege und daher schon lange arbeitslos bin. Ich habe durch die Krankheit und einige andere Umstände (teils eigenes Verschulden, teils nicht) meine Freunde nach und nach verloren. Vor anderthalb jahren starb auch noch mein Vater, an dem ich sehr gehangen hab und ich musste mich fast im Alleingang um die Zukunft meiner Mutter kümmern (alte Wohnung ausräumen, neue Wohnung finden und Umzug planen, Mama trösten usw.) Ich hab monatelang nur funktioniert, obwohl ich selber auf´m Zahnfleisch gekrochen bin. Übrigens erinnerte mich mein Freund exakt eine Woche nach dem Tod meines Vaters an meine „Verpflichtungen als Freundin“ und ich solle doch gefälligst jetzt wieder regelmäßig mit ihm schlafen und mit der Heulerei aufhören. Das nur am Rande. Ich war sozial isoliert, hatte nur ihn und meine Mutter und ich dachte, lieber den falschen als gar keinen. Sehr blöd, ich weiß. Aber in den letzten Wochen wurde es mit uns so schlimm, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe. Ich war nur noch unglücklich, traurig, wütend, verletzt. Er war oft sehr gemein zu mir und ich dachte mir, dass ich mich mit ihm einsamer fühle als wenn ich wirklich ohne ihn wäre. Dann kam unser letzter großer Streit an einem Freitag Abend.
Ich hab dann bis Sonntag Abend nichts von ihm gehört und rief ihn an. Er war sehr kurz angebunden und hat mich wieder nur angemault und irgendwann aufgelegt. Vor dem Schlafengehen schickte ich ihm eine SMS, auch darauf kam nur „Möchte keine SMS schreiben“. Daraufhin ist mir der Kragen geplatzt und ich schrieb ihm, dass es mir jetzt reicht und dass er sein selbstgerechtes, affiges Theater ohne mich weiterspielen kann, ich wäre jetzt raus. Keine Reaktion von ihm. Tagelang. Nach 5 Tagen lag meine Partnerkarte von Payback im Briefkasten, kommentarlos. Nach 2 Wochen war ich mir zwar weiter sicher, dass die Trennung richtig war, aber ich wollte doch wenigstens ein vernünftiges Abschiedsgespräch führen und nicht einfach nur „Trennung durch Schweigen“. Ich schrieb ihm also eine SMS und erklärte ihm, was ich wollte. Er antwortete einige Stunden später total locker-flockig und begrüßte mich mit „Hey Du“ und dann ging es weiter damit, dass seine Liebe zu mir vergangen sei und dass er nicht mehr mit mir zusammen sein kann. Dass ich ihn wohl jetzt hassen würde, aber er hätte mich wirklich geliebt. Das klang, als wollte ich ihn zurück und er würde mich abwimmeln. Ich fühlte mich total missverstanden und wollte auch nicht den Eindruck erwecken, dass ich ihm nachlaufen würde, sondern einfach nur einen sauberen Strich ziehen wollte. Daraus entwickelte sich ein Hin und Her per SMS, das immer mehr außer Kontrolle geriet und er wurde wieder gemein. Dann rieb er mir noch unter die Nase, dass er eine Neue hätte (nach 2 Wochen!!!!), die „eine total entspannte Lady ist, die mich nimmt, wie ich bin“ (seine Worte). Ich hab ihm geantwortet, dass ich den SMS-Verkehr jetzt beenden müsste, weil ich vor lauter Lachen das Handy nicht mehr halten könnte. Dann hab ich die ganze Nacht geweint.
Einige Tage später kam er mir in der Stadt entgegen. Zum Glück sah ich nicht so aus, wie ich mich fühlte. Ich war hübsch zurechtgemacht, trug Klamotten, die er an mir immer liebte und hab fröhlich vor mich hingegrinst und ihn nicht direkt angesehen. Er hat mich ziemlich fassungslos angestarrt. Mein Höhenflug, dass ich ihm gezeigt hatte, was für eine tolle Frau er verloren hatte, wurde am Sonntag vernichtet: Morgens um zehn sehe ich vom Fenster aus, wie in seiner Küche eine Tussi in Unterwäsche Kaffee kocht! Ich hab sofort hysterisch angefangen zu heulen und keine Luft mehr gekriegt und musste mich am Stuhl festhalten. Plötzlich kam er in Boxershorts in die Küche, schob die kleine Schlampe demonstrativ näher ans Fenster, guckte zu mir rüber und knutschte sie dann ab. Er konnte mich nicht sehen, aber er hat das extra gemacht, das weiß ich. Ich dachte, ich verliere den Verstand und ich hab ungelogen den ganzen Tag nur geweint und sogar jetzt, wenn ich es aufschreibe, steigen mir wieder die Tränen in die Augen. Tausend Gefühle durchströmten mich: Er hat mich sofort ersetzt. Wie lange kannte er die schon? Kannte er die schon vor der Trennung? War sie der Grund, warum er die letzten Wochen immer schon früh abends von mir wegging und sein Handy den ganzen Abend piepste, wenn er bei mir war? Wie kann er jemals von Liebe sprechen, wenn er mich so mit Füßen tritt und mir absichtlich so weh tun will? Ich war dann noch bei meiner Mutter, weil ja Muttertag war. Hier kommt der nächste Hammer: Nach dem Tod meines Vaters wurde genau die Wohnung unter meinem Ex frei und wir haben sie schnell für meine Mutter klargemacht. Jetzt wohnt sie also genau unter ihm. Ich saß heulend in ihrem Wohnzimmer und hab die zwei Missgeburten über mir im Schlafzimmer vögeln gehört. Entschuldigt die Wortwahl. Mir kocht gerade wieder alles hoch. Besonders nett fand ich auch, dass er für mich nie seine Kaffeemaschine gereinigt und betriebsfertig gemacht hat. Sie stand immer dreckig und vergammelt auf dem Schrank und er meinte, wenn mir das nicht passt, sollte ich mir halt einen Kaffee beim Bäcker holen. Für die Neue hat er aber alles bereitgestellt. Als ich aus dem Haus raus ging, sah ich dann auch noch, dass er sich schöne neue Jalousien ans Schlafzimmerfenster montiert hatte. Als wir noch zusammen waren, hatte er ein übergroßes hässliches Poster ans Fenster geklebt und auf meine Frage, ob er denn nicht mal ein paar Vorhänge dranmachen könnte, bekam ich eine typische Antwort. Jetzt allerdings hat er teure Jalousien am Fenster. Ich merke, dass er all diese Sachen extra macht, weil er weiß, dass ich das irgendwann mitkriege und dass es mir weh tut. Ich könnte das alles noch irgendwie nachvollziehen, wenn er mich noch lieben würde und mich zurückhaben wollte. Dann wären das verzweifelte Aufmerksamkeits-Versuche oder was auch immer. Aber im Grunde hat er ja so getan, als hätte er mit mir Schluss gemacht (in seiner SMS schrieb er nämlich „dass ich mich die ganze Zeit nicht gemeldet hab, war nicht böse gemeint, sondern sollte ein klares Zeichen meinerseits sein, dass ich das, was wir eine Beziehung nennen, nicht mehr führen möchte“). BÄM! Damit hat er das Ruder in der Hand gehabt und er stand da, als wäre ER der Schlussmacher gewesen. Er liebt mich nicht mehr, er hat sich getrennt (durch nicht-melden) und er würgt mir jetzt permanent einen rein??? Ich verstehe die Welt nicht mehr! Zu meiner Mutter ist er immer noch scheissfreundlich, wenn er sie auf der Straße oder am Haus trifft. Einmal wollte er sie sogar umarmen, so wie früher, aber sie ist gleich einen Schritt zurückgewichen und ist weggegangen. Auf sein „Hallo Elisabeth, wie geht´s?“ hat sie nur mit einem „Danke, gut“ reagiert und ist weg.
Weil mir das alles sehr an die Nieren ging, hab ich eine Therapie angefangen. Meine Therapeutin hat mich gelobt, dass ich das Schwein verlassen habe und bezeichnete ihn als Narzisten, der tief in sich drin eine ungeheure Wut auf sich selbst hat, auf sein Leben, auf sein Versagen… und das lässt er an Frauen aus. Mir leuchtete das alles ein und trotzdem wollten die Bauchschmerzen nicht verschwinden. Wenn ich aus dem Fenster gucke, habe ich Angst, wieder etwas sehen zu müssen, was mir weh tut. Wenn ich draussen bin, hab ich Angst, ihm zu begegnen. Ich kann mich hier aber auch nicht total isolieren, wie z.B. die Fenster verhängen oder so. Was ist das denn für ein Leben? Ich will ja aus dem Fenster gucken und ich will auch gern auf meinem Balkon sein. Meine Therapeutin rät mir, auszuziehen. Aber das ist leicht gesagt. Jeder, der mal umgezogen ist, weiß was das für ein Stress ist. Bei mir kommt die Krankheit hinzu, ich habe keine Kraft für einen Umzug. Finanziell ginge es auch nicht, weil das Arbeitsamt bei einem „Umzug wegen Liebeskummer“ nicht mitspielt, ist ja klar. Außerdem ist mir die Nähe zu meiner Mutter wichtig, wir sind ein gutes Team und besuchen uns oft. Das ist mir wichtig und ich will nirgendwo anders hin, zumal ich lange auf der Warteliste für diese Traumwohnung stand (7. Etage Dachgeschoss, Südbalkon mit Fernblick bis Köln und Siebengebirge), sie ist einfach perfekt und gleichzeitig günstig. Trotzdem halte ich es zur Zeit hier nicht aus. Unten vorm Haus steht die Bank, auf der wir saßen. In meiner Wohnung erinnert mich jede Ecke an ihn, da ich ihn direkt kennenlernte, als ich ganz neu eingezogen war. Ich weiß, welches meiner Kissen sein liebstes war, wie mein Bett nach ihm geduftet hat, wie er mich umarmt und berührt hat, mir gesagt hat, dass er noch nie eine Frau gekannt hat, die so schöne weiche Haut hat wie ich. Dass ich den allerschönsten Liebesbrief meines Lebens von ihm bekommen hab. Als ich nach einem Wochenende auswärts nach Hause kam, hatte er Helium-Luftballons in meine Wohnung gebracht, meine Plüschtiere dazu gesetzt (Frauen und Plüschtiere sind ja bekanntlich eine besondere Sache) und einen Zettel dazu gelegt „Wir haben Dich vermisst“. Ich kann nur an die schönen Sachen denken und dass er alles kaputt gemacht hat. Dass ich an allem zweifle, was er je gesagt oder getan hat. Ich vermute, dass er diese Tussi schon vor unserer Trennung kannte und daher richtig froh darüber war, dass ich Schluss gemacht hab, die feige Sau. Herrje, ich hab viel länger geschrieben, als ich es mir vorgenommen hatte. Es tut mir leid, dass ich ein ganzes Buch verfasst habe. Aber ich finde einfach keine kompakten Worte, die diesen Horror wiedergeben könnten. Jeden Morgen wache ich auf und heule sofort los. Es überrollt mich wie eine große dunkle Welle und wenn ich ganz wach geworden bin und merke, dass es kein Traum war, bin ich so verzweifelt, dass ich gar nicht richtig atmen kann. Ich weiß einfach nicht, wie ich diese Geschichte verarbeiten soll. Ich hab mich die letzten 2 Jahre so abhängig von dem Scheisskerl gemacht, dass ich überhaupt nicht klarkomme. Ich liebe ihn nicht mehr und ich will diesen Psychopathen auf keinen Fall zurück. Aber trotzdem macht mir sein Verhalten so sehr zu schaffen und ich hatte mir einfach nur einen Abschied gewünscht, der für zwei Menschen, die sich mal was bedeutet haben, mit etwas Respekt und Würde vonstatten geht. Ich bin 1,73 m groß und wiege derzeit nur 50 kg. Ich kriege keinen Bissen runter und zwinge mir jeden Tag das nötigste rein, damit ich nicht umkippe. Abends ist es am schlimmsten. Da kann ich prima in seine erleuchtete Bude reinlinsen und mir die wildesten Sachen ausmalen, die er gerade mit seiner Neuen anstellt. Ich bin am Ende. Ich will vorankommen, ich will alles vernünftig verarbeiten und eines Tages in Frieden damit abschließen. Aber irgendwas hindert mich daran und ich bin ratlos und hilflos. Bitte schimpft nicht mit mir, dass ich es so lange bei dem Kerl ausgehalten hab. Ja, ich bin selber Schuld, dass es so schlimm geworden ist. Wäre ich früher gegangen, wäre alles nicht so brutal abgelaufen. Aber wie gesagt, ich hatte meine Gründe, die mir zu der Zeit logisch erschienen und die in der Zeit auch für mich richtig waren, da die Alternativen noch schlimmer gewesen wären, zumindest in der Anfangszeit. Ich war nicht bereit dazu. Ich brauchte erst den großen Knall und die große Erleuchtung, damit ich aus ganzer Überzeugung gehen konnte. Dass das bei mir länger gebraucht hat als bei anderen Menschen, das weiß ich, aber ich kann nichts dagegen tun. Danke für Eure Aufmerksamkeit und dass Ihr Euch mein Problem durchgelesen habt.
Da ich einfach nicht mehr weiter weiß und Angst habe, in eine ernste psychische Störung oder Depression abzurutschen, muss ich mir mal alles von der Seele schreiben und hoffe, dass ich dadurch vielleicht durch Euch den einen oder anderen neuen Denkanstoß finde.
Vor ziemlich genau 2 Jahren fiel mir mein niedlicher Nachbar auf, der mir gegenüber wohnt (von meiner Küche und meinem Balkon aus kann ich in seine Küche sehen). Nach einigen zufälligen Begegnungen unten auf der Straße wurden wir ein Paar. Obwohl mir gleich zu Anfang merkwürdige Verhaltensweisen an ihm auffielen, hab ich das ignoriert oder es mir schöngeredet. Beispiele: Mit 34 bringt er seine Wäsche zu seiner Mutter und bekommt sie dann gewaschen, gebügelt und gefaltet zurück. Als ich gleich nachdem wir zusammenkamen ins Krankenhaus musste, hat er sich die ganze Zeit nicht ein einziges Mal gemeldet, weil Anrufe auf dem Handy ihm zu teuer waren. Ja, Ihr schlagt schon die Hände über´m Kopf zusammen. Hab ich auch getan und bin dann doch bei ihm geblieben, weil ich vorher so lange allein und regelrecht ausgehungert war. Ich war über beide Ohren in ihn verknallt und es war etwas ganz besonderes, dass er direkt gegenüber wohnte. Wir haben oft stundenlang unten in der Grünanlage unserer Häuser gesessen oder er kam abends zu mir und es waren einfach unbeschreiblich schöne und romantische Abende. Alles war aufregend, alles war neu, alles war magisch. Man kennt das ja. Im Laufe der Beziehung merkte ich aber, dass der Typ echt nicht alle Latten am Zaun hat. Mit 34 seit 10 Jahren arbeitslos, keinen Führerschein/kein Auto, hält sich für einen angesagten Künstler (Street Art, Graffiti, Videokunst usw.) und wartet darauf, dass eine renommierte Hochschule ihm den roten Teppich ausrollt (mit Hauptschulabschluss und Legansthenie!), schläft jeden Tag bis mittags und geht dann stundenlang in die Stadt zum Chillen. Weiß alles und kann alles, nervt alle Freunde und Familienmitglieder mit seinem dummen Geschwätz, dass es einem schon peinlich wird. Richtig gekracht hatte es dann zwischen uns, als ich einmal ein ernstes Gespräch mit ihm darüber führen wollte, was passiert, wenn „die Pille“ mal versagt. Soll ja nur zu 0,03 irgendwas Prozent vorkommen, aber kann ja mal sein. Ich dachte, über sowas können zwei Menschen Mitte 30 mal reden. Seine Antwort: „Wenn Du das nicht abtreibst, bin ich weg. Auf sowas hab ich keinen Bock.“ Dann ging es weiter bergab… er wechselte seine Klamotten nicht. Seine Hose trug er locker 4-5 Wochen, T-Shirts und Sweatshirts mindestens 2 Wochen. Nur ein einziges Paar Schuhe. Er fand sich todchic. Als ich ihm sagte, dass mir das im wahrsten Sinne stinkt und zusätzlich den immer gleichen Anblick sehr unattraktiv finde, kam der nächste Krach und ich war die oberflächliche Kuh, die nur auf´s Äußere achtet. Ich dagegen sollte immer was chices, neues, sexy, aufregendes tragen.
Wenn wir wegen irgendwas Streit hatten, war es immer so: ICH war Schuld. Pauschal. Weil ich für seinen hohen Intellekt zu dumm war und ihn nicht verstanden hab. Alles klar. Dann verhängte er mir eine Kontaktsperre. Ich durfte nicht anrufen, mailen, smsen, nichts… bis ich mich „abgeregt“ hatte (ich hasse dieses Wort) und wieder lieb war. Ich durfte bei dem nächsten Kontakt aber keinesfalls mehr ein Wort darüber verlieren, sondern alles musste in Butter und easy sein. Ok, ich könnte jetzt noch 1000 Beispiele bringen. Aber erstens sprengt das hier den Rahmen und zweitens könnt Ihr Euch schon ein deutliches Bild von ihm machen. Warum ich so lange geblieben bin? Ich habe eine ziemlich schwere Krankheit, die ich mit vielen Fachärzten kaum in den Griff kriege und daher schon lange arbeitslos bin. Ich habe durch die Krankheit und einige andere Umstände (teils eigenes Verschulden, teils nicht) meine Freunde nach und nach verloren. Vor anderthalb jahren starb auch noch mein Vater, an dem ich sehr gehangen hab und ich musste mich fast im Alleingang um die Zukunft meiner Mutter kümmern (alte Wohnung ausräumen, neue Wohnung finden und Umzug planen, Mama trösten usw.) Ich hab monatelang nur funktioniert, obwohl ich selber auf´m Zahnfleisch gekrochen bin. Übrigens erinnerte mich mein Freund exakt eine Woche nach dem Tod meines Vaters an meine „Verpflichtungen als Freundin“ und ich solle doch gefälligst jetzt wieder regelmäßig mit ihm schlafen und mit der Heulerei aufhören. Das nur am Rande. Ich war sozial isoliert, hatte nur ihn und meine Mutter und ich dachte, lieber den falschen als gar keinen. Sehr blöd, ich weiß. Aber in den letzten Wochen wurde es mit uns so schlimm, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe. Ich war nur noch unglücklich, traurig, wütend, verletzt. Er war oft sehr gemein zu mir und ich dachte mir, dass ich mich mit ihm einsamer fühle als wenn ich wirklich ohne ihn wäre. Dann kam unser letzter großer Streit an einem Freitag Abend.
Ich hab dann bis Sonntag Abend nichts von ihm gehört und rief ihn an. Er war sehr kurz angebunden und hat mich wieder nur angemault und irgendwann aufgelegt. Vor dem Schlafengehen schickte ich ihm eine SMS, auch darauf kam nur „Möchte keine SMS schreiben“. Daraufhin ist mir der Kragen geplatzt und ich schrieb ihm, dass es mir jetzt reicht und dass er sein selbstgerechtes, affiges Theater ohne mich weiterspielen kann, ich wäre jetzt raus. Keine Reaktion von ihm. Tagelang. Nach 5 Tagen lag meine Partnerkarte von Payback im Briefkasten, kommentarlos. Nach 2 Wochen war ich mir zwar weiter sicher, dass die Trennung richtig war, aber ich wollte doch wenigstens ein vernünftiges Abschiedsgespräch führen und nicht einfach nur „Trennung durch Schweigen“. Ich schrieb ihm also eine SMS und erklärte ihm, was ich wollte. Er antwortete einige Stunden später total locker-flockig und begrüßte mich mit „Hey Du“ und dann ging es weiter damit, dass seine Liebe zu mir vergangen sei und dass er nicht mehr mit mir zusammen sein kann. Dass ich ihn wohl jetzt hassen würde, aber er hätte mich wirklich geliebt. Das klang, als wollte ich ihn zurück und er würde mich abwimmeln. Ich fühlte mich total missverstanden und wollte auch nicht den Eindruck erwecken, dass ich ihm nachlaufen würde, sondern einfach nur einen sauberen Strich ziehen wollte. Daraus entwickelte sich ein Hin und Her per SMS, das immer mehr außer Kontrolle geriet und er wurde wieder gemein. Dann rieb er mir noch unter die Nase, dass er eine Neue hätte (nach 2 Wochen!!!!), die „eine total entspannte Lady ist, die mich nimmt, wie ich bin“ (seine Worte). Ich hab ihm geantwortet, dass ich den SMS-Verkehr jetzt beenden müsste, weil ich vor lauter Lachen das Handy nicht mehr halten könnte. Dann hab ich die ganze Nacht geweint.
Einige Tage später kam er mir in der Stadt entgegen. Zum Glück sah ich nicht so aus, wie ich mich fühlte. Ich war hübsch zurechtgemacht, trug Klamotten, die er an mir immer liebte und hab fröhlich vor mich hingegrinst und ihn nicht direkt angesehen. Er hat mich ziemlich fassungslos angestarrt. Mein Höhenflug, dass ich ihm gezeigt hatte, was für eine tolle Frau er verloren hatte, wurde am Sonntag vernichtet: Morgens um zehn sehe ich vom Fenster aus, wie in seiner Küche eine Tussi in Unterwäsche Kaffee kocht! Ich hab sofort hysterisch angefangen zu heulen und keine Luft mehr gekriegt und musste mich am Stuhl festhalten. Plötzlich kam er in Boxershorts in die Küche, schob die kleine Schlampe demonstrativ näher ans Fenster, guckte zu mir rüber und knutschte sie dann ab. Er konnte mich nicht sehen, aber er hat das extra gemacht, das weiß ich. Ich dachte, ich verliere den Verstand und ich hab ungelogen den ganzen Tag nur geweint und sogar jetzt, wenn ich es aufschreibe, steigen mir wieder die Tränen in die Augen. Tausend Gefühle durchströmten mich: Er hat mich sofort ersetzt. Wie lange kannte er die schon? Kannte er die schon vor der Trennung? War sie der Grund, warum er die letzten Wochen immer schon früh abends von mir wegging und sein Handy den ganzen Abend piepste, wenn er bei mir war? Wie kann er jemals von Liebe sprechen, wenn er mich so mit Füßen tritt und mir absichtlich so weh tun will? Ich war dann noch bei meiner Mutter, weil ja Muttertag war. Hier kommt der nächste Hammer: Nach dem Tod meines Vaters wurde genau die Wohnung unter meinem Ex frei und wir haben sie schnell für meine Mutter klargemacht. Jetzt wohnt sie also genau unter ihm. Ich saß heulend in ihrem Wohnzimmer und hab die zwei Missgeburten über mir im Schlafzimmer vögeln gehört. Entschuldigt die Wortwahl. Mir kocht gerade wieder alles hoch. Besonders nett fand ich auch, dass er für mich nie seine Kaffeemaschine gereinigt und betriebsfertig gemacht hat. Sie stand immer dreckig und vergammelt auf dem Schrank und er meinte, wenn mir das nicht passt, sollte ich mir halt einen Kaffee beim Bäcker holen. Für die Neue hat er aber alles bereitgestellt. Als ich aus dem Haus raus ging, sah ich dann auch noch, dass er sich schöne neue Jalousien ans Schlafzimmerfenster montiert hatte. Als wir noch zusammen waren, hatte er ein übergroßes hässliches Poster ans Fenster geklebt und auf meine Frage, ob er denn nicht mal ein paar Vorhänge dranmachen könnte, bekam ich eine typische Antwort. Jetzt allerdings hat er teure Jalousien am Fenster. Ich merke, dass er all diese Sachen extra macht, weil er weiß, dass ich das irgendwann mitkriege und dass es mir weh tut. Ich könnte das alles noch irgendwie nachvollziehen, wenn er mich noch lieben würde und mich zurückhaben wollte. Dann wären das verzweifelte Aufmerksamkeits-Versuche oder was auch immer. Aber im Grunde hat er ja so getan, als hätte er mit mir Schluss gemacht (in seiner SMS schrieb er nämlich „dass ich mich die ganze Zeit nicht gemeldet hab, war nicht böse gemeint, sondern sollte ein klares Zeichen meinerseits sein, dass ich das, was wir eine Beziehung nennen, nicht mehr führen möchte“). BÄM! Damit hat er das Ruder in der Hand gehabt und er stand da, als wäre ER der Schlussmacher gewesen. Er liebt mich nicht mehr, er hat sich getrennt (durch nicht-melden) und er würgt mir jetzt permanent einen rein??? Ich verstehe die Welt nicht mehr! Zu meiner Mutter ist er immer noch scheissfreundlich, wenn er sie auf der Straße oder am Haus trifft. Einmal wollte er sie sogar umarmen, so wie früher, aber sie ist gleich einen Schritt zurückgewichen und ist weggegangen. Auf sein „Hallo Elisabeth, wie geht´s?“ hat sie nur mit einem „Danke, gut“ reagiert und ist weg.
Weil mir das alles sehr an die Nieren ging, hab ich eine Therapie angefangen. Meine Therapeutin hat mich gelobt, dass ich das Schwein verlassen habe und bezeichnete ihn als Narzisten, der tief in sich drin eine ungeheure Wut auf sich selbst hat, auf sein Leben, auf sein Versagen… und das lässt er an Frauen aus. Mir leuchtete das alles ein und trotzdem wollten die Bauchschmerzen nicht verschwinden. Wenn ich aus dem Fenster gucke, habe ich Angst, wieder etwas sehen zu müssen, was mir weh tut. Wenn ich draussen bin, hab ich Angst, ihm zu begegnen. Ich kann mich hier aber auch nicht total isolieren, wie z.B. die Fenster verhängen oder so. Was ist das denn für ein Leben? Ich will ja aus dem Fenster gucken und ich will auch gern auf meinem Balkon sein. Meine Therapeutin rät mir, auszuziehen. Aber das ist leicht gesagt. Jeder, der mal umgezogen ist, weiß was das für ein Stress ist. Bei mir kommt die Krankheit hinzu, ich habe keine Kraft für einen Umzug. Finanziell ginge es auch nicht, weil das Arbeitsamt bei einem „Umzug wegen Liebeskummer“ nicht mitspielt, ist ja klar. Außerdem ist mir die Nähe zu meiner Mutter wichtig, wir sind ein gutes Team und besuchen uns oft. Das ist mir wichtig und ich will nirgendwo anders hin, zumal ich lange auf der Warteliste für diese Traumwohnung stand (7. Etage Dachgeschoss, Südbalkon mit Fernblick bis Köln und Siebengebirge), sie ist einfach perfekt und gleichzeitig günstig. Trotzdem halte ich es zur Zeit hier nicht aus. Unten vorm Haus steht die Bank, auf der wir saßen. In meiner Wohnung erinnert mich jede Ecke an ihn, da ich ihn direkt kennenlernte, als ich ganz neu eingezogen war. Ich weiß, welches meiner Kissen sein liebstes war, wie mein Bett nach ihm geduftet hat, wie er mich umarmt und berührt hat, mir gesagt hat, dass er noch nie eine Frau gekannt hat, die so schöne weiche Haut hat wie ich. Dass ich den allerschönsten Liebesbrief meines Lebens von ihm bekommen hab. Als ich nach einem Wochenende auswärts nach Hause kam, hatte er Helium-Luftballons in meine Wohnung gebracht, meine Plüschtiere dazu gesetzt (Frauen und Plüschtiere sind ja bekanntlich eine besondere Sache) und einen Zettel dazu gelegt „Wir haben Dich vermisst“. Ich kann nur an die schönen Sachen denken und dass er alles kaputt gemacht hat. Dass ich an allem zweifle, was er je gesagt oder getan hat. Ich vermute, dass er diese Tussi schon vor unserer Trennung kannte und daher richtig froh darüber war, dass ich Schluss gemacht hab, die feige Sau. Herrje, ich hab viel länger geschrieben, als ich es mir vorgenommen hatte. Es tut mir leid, dass ich ein ganzes Buch verfasst habe. Aber ich finde einfach keine kompakten Worte, die diesen Horror wiedergeben könnten. Jeden Morgen wache ich auf und heule sofort los. Es überrollt mich wie eine große dunkle Welle und wenn ich ganz wach geworden bin und merke, dass es kein Traum war, bin ich so verzweifelt, dass ich gar nicht richtig atmen kann. Ich weiß einfach nicht, wie ich diese Geschichte verarbeiten soll. Ich hab mich die letzten 2 Jahre so abhängig von dem Scheisskerl gemacht, dass ich überhaupt nicht klarkomme. Ich liebe ihn nicht mehr und ich will diesen Psychopathen auf keinen Fall zurück. Aber trotzdem macht mir sein Verhalten so sehr zu schaffen und ich hatte mir einfach nur einen Abschied gewünscht, der für zwei Menschen, die sich mal was bedeutet haben, mit etwas Respekt und Würde vonstatten geht. Ich bin 1,73 m groß und wiege derzeit nur 50 kg. Ich kriege keinen Bissen runter und zwinge mir jeden Tag das nötigste rein, damit ich nicht umkippe. Abends ist es am schlimmsten. Da kann ich prima in seine erleuchtete Bude reinlinsen und mir die wildesten Sachen ausmalen, die er gerade mit seiner Neuen anstellt. Ich bin am Ende. Ich will vorankommen, ich will alles vernünftig verarbeiten und eines Tages in Frieden damit abschließen. Aber irgendwas hindert mich daran und ich bin ratlos und hilflos. Bitte schimpft nicht mit mir, dass ich es so lange bei dem Kerl ausgehalten hab. Ja, ich bin selber Schuld, dass es so schlimm geworden ist. Wäre ich früher gegangen, wäre alles nicht so brutal abgelaufen. Aber wie gesagt, ich hatte meine Gründe, die mir zu der Zeit logisch erschienen und die in der Zeit auch für mich richtig waren, da die Alternativen noch schlimmer gewesen wären, zumindest in der Anfangszeit. Ich war nicht bereit dazu. Ich brauchte erst den großen Knall und die große Erleuchtung, damit ich aus ganzer Überzeugung gehen konnte. Dass das bei mir länger gebraucht hat als bei anderen Menschen, das weiß ich, aber ich kann nichts dagegen tun. Danke für Eure Aufmerksamkeit und dass Ihr Euch mein Problem durchgelesen habt.