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Findet ihr gut, dass nur der SSW keiner 5%-Klausel unterliegt?

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Theresamaus
Benutzer56624  (35) Benutzer gesperrt
  • #1
Gestern war nicht nur Bundestagswahl, sondern auch zwei Landtagswahlen. In Brandenburg war die Situation eindeutig, weniger so in Schleswig-Holstein, wo sie CDU auf Überhangmandate angewiesen ist.
Nun gibt es in Schleswig-Holstein eine Partei, die sich Südschleswigscher Wählerverband (SSW) nennt und für die die übliche 5%-Klausel nicht gilt :tongue:
Sie können auch mit einem Abgeordneten in den Landtag einziehen sofern die Stimmenzahl überhaupt für einen Sitz ausreicht. Also auch mit, sagen wir mal, 2 %. Findet ihr diese Sonderregelung gut die dänische Minderheit oder schlecht für die Demokratie, weil sie nur die Dänen begünstigt, nicht jedoch die Deutschen?

Also ich finde es in Ordnung. Sonst kämen sie nie in den Landtag.
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #2
Entweder die 5%-Klausel gilt für alle Parteien oder sie gilt für keine Partei. - Alles andere empfinde ich als ungerecht.
Auch für eine Minderheit dürfen keine Sonderrechte gelten, sondern sie muss genau die gleichen Rechte und Pflichten haben wie alle Anderen auch.

(Ebenso finde ich das VW-Gesetz auch völlig inakzeptabel, da hier ein Gesetz nur für oder gegen ein bestimmtes Unternehmen geschaffen wurde)

Allerdings bin ich generell ein Gegner der 5%-Hürde und bin der Meinung, dass eine Hürde in Höhe von 1-2% mehr als ausreichend wäre.
 
BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #3
Auch für eine Minderheit dürfen keine Sonderrechte gelten, sondern sie muss genau die gleichen Rechte und Pflichten haben wie alle Anderen auch.

Das ist von da unten immer leicht gesprochen, wenn man die Verhältnisse nicht kennt. Es gibt in Schleswig-Holstein, vor allem im nördlichen Landesteil, eine größere dänische Minderheit und folglich auch starken dänischen Einfluss, was nicht zuletzt auch an den Ortsnamen erkennbar wird, wie z.B. Harrislee (dän. Harreslev), Osterby, Oxlund, Haithabu, Sollerup, Schuby, Schleswig, Sörup, Sterup oder Dänischenhagen. Ursprünglich galt sogar der heutige Hamburger Stadtteil Altona als zweitgrößte Stadt im Königreich Dänemark, das bis runter an die Elbe reichte.

Übrigens: Es gibt in Dänemark die Schleswigsche Partei, die Interessenvertretung der Deutschen im südlichen Dänemark, für die "ähnliche" Regularien gelten wie für den SSW in Schleswig-Holstein.
Hätte das jemand von Euch gewusst?
 
Theresamaus
Benutzer56624  (35) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #4
Dass es in Dänemark eine deutsche Minderheit gibt war mir schon bekannt. :tongue:
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #5
Das ist von da unten immer leicht gesprochen, wenn man die Verhältnisse nicht kennt. Es gibt in Schleswig-Holstein, vor allem im nördlichen Landesteil, eine größere dänische Minderheit und folglich auch starken dänischen Einfluss, was nicht zuletzt auch an den Ortsnamen erkennbar wird, wie z.B. Harrislee (dän. Harreslev), Osterby, Oxlund, Haithabu, Sollerup, Schuby, Schleswig, Sörup, Sterup oder Dänischenhagen. Ursprünglich galt sogar der heutige Hamburger Stadtteil Altona als zweitgrößte Stadt im Königreich Dänemark, das bis runter an die Elbe reichte.

Übrigens: Es gibt in Dänemark die Schleswigsche Partei, die Interessenvertretung der Deutschen im südlichen Dänemark, für die "ähnliche" Regularien gelten wie für den SSW in Schleswig-Holstein.
Hätte das jemand von Euch gewusst?
Auch wenn ich das nicht wusste, halte ich eventuelle Sonderrechte für eine schleswigsche Partei in Dänemark für genau so sinnlos und ungerechtfertigt, da ich einfach generell der Meinung bin, dass es weder für eine Minderheit, noch für eine Mehrheit irgendwelche Sonderrechte oder besondere Pflichten geben sollte.
 
Schweinebacke
Benutzer78484  Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #6
Hier im Ruhrpott gibts auch keine Türkenpartei mit Sonderrechten, als nein, finde ich nicht gut und latent rassistisch.
 
Koyote
Benutzer18846  (45) Verbringt hier viel Zeit
  • #7
Als Problematisch sehe ich an, dass sich der SSW seine Sonderrolle zu Nutze macht um Druck auszuüben!

Der SSW, der ja nur aufgrund seines Sonderstatus im Landtag ist, versuchte jetzt bereits zum zweiten Mal einer Minderheit aus Rot-Grün an die Macht zu verhelfen.
Und das halte ich für induskutabel!

Es ist schon eine Veralberung der Demokratie wenn sich die wenigsten gewählten Parteien zusammenschließen wollen und eine Regierung bilden wollen, obwohl sie nicht mal einen ansatzweisen Auftrag vom Wähler dafür erhalten haben.
Aber die SPD war sich ja für solche Spiele noch nie zu Schade...und dann wundert man sich dort dass man irgendwann die Quittung dafür bekommt, wenn mna die Demokratie so mit Füßen tritt.

Grundsätzlich ist der Sonderstatus für den SSW völlig gerechtfertigt, aber sich aus dieser Rolle heraus als Minderheit über das Wählervotum der Mehrheit stellen zu wollen halte ich für bedenklich.

Gruß
 
BABY_TARZAN_90
Benutzer9517  (33) Benutzer gesperrt
  • #8
Ich bin grundsätzlich gegen Prozentklauseln im Verhältniswahlrecht.

Die neue deutsche Regierung kommt auch nur zustande, weil man 6 bis 7 % der Wählerstimmen entsorgt hat.

Die Dänen in Schleswig-Holstein leben (wenn ich meinem Atlas glauben darf) mehr oder weniger geschlossen im Norden an der Landesgrenze und sind wohl durch irgendwelche längst vergangene Friedensverträge zu Deutschland gekommen. Darum finde ich es korrekt, dass die 5-%-Hürde für sie nicht gilt. Die Wählerstimmen einer kleinen Minderheit a priori entsorgen - das geht nicht! Eine Privilegierung wäre es erst, wenn sie für ihren Sitz weniger Stimmen brauchen, und das ist nicht der Fall.

P.S. Wenn die kleine dänische Minderheit regelmässig derselben Regierung zur Mehrheit verhilft, muss ich davon ausgehen, dass das ihren Wählern so passt. Vielleicht ist die Partei einfach Rot-grün auf Dänisch.

Das ist ja gerade das Problem der Minderheiten, das wir in der Schweiz zum Glück so nicht kennen: Dänen sind in erster Linie Dänen - an den grossen Themen ihres Bundeslandes sollen sie sich nicht vergreifen...
 
Theresamaus
Benutzer56624  (35) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #9
Wie wär es mit einer Verschiebung der deutsch-dänischen Grenze nach Süden? Dann würde Flensburg zu Dänemark gehören und die Verkehrssünderdatei wird gelöscht :grin:
 
S
Benutzer89041  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #10
Ich finde - im Gegensatz zu einigen Vorrednern - die Fünf-Prozent-Hürde im Wahlrecht absolut sinnvoll, um zu vermeiden, dass sich lauter Splittergruppen im Parlament tummeln und eine Mehrheitsbildung unmöglich machen.

Dass der SSW davon befreit ist, finde ich absolut ungerecht! Natürlich gibt es eine starke dänische Minderheit im Norden Schleswig-Holsteins, und wenn die Abgeordneten des SSW einfach nur deren Interessen vertreten würden, wäre auch alles ok. Aber der SSW hat immer wieder gezeigt, dass er sich für die Verantwortung, die daraus entsteht, dass er seine Sitze einfach geschenkt bekommt, nicht interessiert, sondern einfach Machtpolitik betreibt.

Z.B. Hatte der SSW nach der Wahl 2005 versucht, die Rot-Grüne Regierung, die keine Mehrheit im Parlament hatte, mit seinen Stimmen wieder zu wählen. Das ist wirklich unfair - eine Minderheit schreibt über 2 Mio. Wahlberechtigten vor, wer sie regieren soll, obwohl die Mehrheit anders entschieden hat! Und voller Freude quackelt Anke Sporendonk, die Vorsitzende, in alle Mikrophone, dass man ja jetzt in Schleswig-Holstein mit der neu gewonnenen Macht das "ssöne denisse Ssulsüstem" einführen kann. Na, herzlichen Dank! Dass dieser Plan nicht geklappt hat, lag nicht am SSW, der hätte alles mit abgestimmt, was die SPD damals gewollt hat.
- Zu Barschel-Zeiten hatte der SSW es noch abgelehnt, der abgewählten CDU-Regierung wieder zur Macht zu verhelfen. Das fand ich absolut richtig.

Und den Vergleich zum Minderheitenschutz in Dänemark finde ich nicht überzeugend - niemals hat der deutsche Abgeordnete in Kopenhagen versucht, die Regierungsbildung in Dänemark zu bestimmen!

Aber in Schleswig-Holstein ist es nunmal so: Die SPD bekommt bei jeder Wahl immer ein paar Prozente geschenkt, weil man die SSW-Stimmen getrost zur SPD hinzurechnen kann und der SSW wegen seiner ungerechtfertigten Befreiung von der 5-Prozent-Klausuel auch bei noch so wenigen Stimmen Abgeordnete stellen darf... Da finde ich es im Gegenzug auch ok, dass dieses Mal CDU und FDP nur wegen Überhangmandaten eine Mehrheit haben...

Aber SSW? - Kotz ab!
 
BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #11
Dass der SSW davon befreit ist, finde ich absolut ungerecht! Natürlich gibt es eine starke dänische Minderheit im Norden Schleswig-Holsteins, und wenn die Abgeordneten des SSW einfach nur deren Interessen vertreten würden, wäre auch alles ok.

...

Z.B. Hatte der SSW nach der Wahl 2005 versucht, die Rot-Grüne Regierung, die keine Mehrheit im Parlament hatte, mit seinen Stimmen wieder zu wählen.

Und was bringt Dich zu der kühnen Ansicht, eine Rot-Grüne Landesregierung in Kiel sei nicht im Interesse der dänischen Minderheit gewesen? Das möchte ich doch gern mal faktisch mit einer Gegenüberstellung der Politik von Rot-Grün, Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb in Bezug auf die Auswirkungen der jeweiligen möglichen Koalitionspolitik auf die dänische Minderheit in den vergangenen drei Jahren aufgedröselt haben. Leg los - oder schweig.

Das ist wirklich unfair - eine Minderheit schreibt über 2 Mio. Wahlberechtigten vor, wer sie regieren soll, obwohl die Mehrheit anders entschieden hat!

Was hat denn die Mehrheit entschieden? Dass es keine klaren Mehrheiten gab außer für Schwarz-Rot.

dass man ja jetzt in Schleswig-Holstein mit der neu gewonnenen Macht das "ssöne denisse Ssulsüstem" einführen kann. Na, herzlichen Dank! Dass dieser Plan nicht geklappt hat, lag nicht am SSW, der hätte alles mit abgestimmt, was die SPD damals gewollt hat.

Erklär mir die Nachteile des dänischen Schulsystems gegenüber dem deutschen Schulsystem am Beispiel Hamburg mit 12-Jahres-Abitur und 8- bis 10-Stunden-Schultagen unter Berücksichtigung der Arbeitslosenquoten (Deutschland: ~8 %, Dänemark ~3,5 % ).

Und den Vergleich zum Minderheitenschutz in Dänemark finde ich nicht überzeugend - niemals hat der deutsche Abgeordnete in Kopenhagen versucht, die Regierungsbildung in Dänemark zu bestimmen!

Nur eine Annahme: Nie kam es auf die Stimmen deutscher Abgeordneter an, oder? Zumal die Schleswigsche Partei seit 1971 nicht mehr an der Folketing-Wahl teilnimmt (seitdem gibt es den Kontaktausschuss), sondern nur noch regional mitmacht, zum Teil nur als beigeordnet, wenn zu geringe Stimmanteile auf sie entfallen - das allerdings ist beim SSW nicht anders, nur hat der mehr Wähler.
 
S
Benutzer89041  (41) Verbringt hier viel Zeit
  • #12
Leg los - oder schweig?

Hallo BigDigger,

oh ha, du scheinst dich ja ordentlich über meinen Beitrag geärgert zu haben! Ich gebe zu: Er war auch ziemlich emotional. Und bestimmt kann man bei den einzelnen Dingen, die du zitiert hast, auch völlig anderer Meinung sein, klar. Vor allem deine Argumentation zur Vertretung der deutschen Minderheit (letztes Zitat) ist eindeutig sachkundiger als meine.

Aber... deine einzelnen Anmerkungen haben gar nichts mit der Frage des Threadstellers zu tun, sie gehen am eigentlichen Thema völlig vorbei!
Insofern finde ich dein "Leg los - oder schweig" und andere Argumentations-Aufgaben, die du mir stellen möchtest, abwegig und ein bisschen albern...

Natürlich ließe sich das dänische Schulsystem mit dem Hamburgs vergleichen. (Warum übrigens ausgerechnet Hamburg? Es geht doch, wenn überhaupt, um Schleswig-Holstein.) Aber ob es nun aus Frau Sporendonks, deiner oder meiner Sicht wirklich besser ist oder nicht, ist völlig unerheblich.
Dass eine rot-grüne Landesregierung nicht im Interesse des SSW sei (erstes Zitat), habe ich gar nicht behauptet. Das möge der SSW bitte selbst entscheiden, auch diese Frage hat nichts mit dem Thema zu tun.

Es geht doch um etwas ganz anderes, worauf du überhaupt nicht eingehst:
Soll eine Partei, die ihre Abgeordneten-Mandate aufgrund eines Minderheiten-Schutzes, den auch ich grundsätzlich befürworte, erhalten hat, sich genauso an Regierungsbildungen und Entscheidungen beteiligen wie jede andere Partei? Und eben hier finde ich den SSW wenig sensibel. Ich hätte erwartet, dass er den Minderheitenschutz nicht für seine eigenen Machtinteressen missbraucht.
Du hast recht: Bei der Wahl 2005 gab es (außer Schwarz-Rot) keine klaren Mehrheiten im Parlament (Zitat 2). Aber dann, finde ich, ist es nicht Aufgabe der Partei der dänischen Minderheit, über die Regierungsbildung zu entscheiden und einer Regierung, hier eben zufällig einer rot-grünen, zu einer Stimmenmehrheit zu verhelfen, obwohl diese die Mehrheit im Parlament gerade verloren hat! Absolut nichts habe ich dagegen einzuwenden, dass dem SSW in der damaligen Situation eine rot-grüne Regierung besser gefällt. Wenn er sich aber mit seinen nicht der 5-Prozent-Hürde unterliegenden Stimmen zum Mehrheitsbeschaffer für irgendeine Regierung macht, dann setzt er sich über die Wahlentscheidung der Mehrheit hinweg, und das finde ich schlichtweg undemokratisch.
Ebenso in Bezug auf die Schulen: Ich gönne dem SSW von Herzen, sich für dänische Schulen im Landesteil Schleswig einzusetzen und ich will mit Frau Sporendonk und dir auch nicht darüber streiten, welches Schulsystem das erfolgreichere sei. Bloß - wenn der SSW im Rahmen einer Koalition (so war es ja 2005 geplant) mit seinen auf besondere Weise errungenen Mandaten alle Schulen dem dänischem Modell unterwerfen will, finde ich das, unabhängig von der inhaltlichen Auseinandersetzung, als Vorgang(!) nicht legitim!

Ich habe noch zwei absolut subjektive Dinge, die bisher noch nicht diskutiert wurden:

Ich kann nicht finden, dass der SSW "die" Partei der dänischen Minderheit sei. Ich wohne in einem Wahlkreis im Süden Schleswig-Holsteins vor den Toren Hamburgs. In meinem Wahlkreis gibt es keinen einzigen SSW-Ortverband, auch einen Direktkandidaten hat die Partei nicht aufbieten können. Das ist auch nicht besonders verwunderlich oder schlimm, denn es gibt hier vielleicht eine türkische, albanische oder italienische Minderheit, aber eben ganz bestimmt keine dänische. Der SSW hat sich aber auch in meinem Wahlkreis mit seiner Landesliste um die Zweitstimmen beworben... und 1,8% erhalten! - Nun mein Argument: Diese Wähler haben, so unterstelle ich, den SSW gewählt, weil sie seine Politik inhaltlich unterstützen wollten, und nicht, weil sie der dänischen Minderheit angehören würden, ihn also als "normale" Partei gewählt, nicht aus ethnischen Gründen. - Ist es aber dann nicht absolut unfair, dass diese Stimmen einfach mit den anderen Stimmen für den SSW im Land in Abgeodnetenmandate umgesetzt werden, aber zum Beispiel die Stimmen für die "Piraten", die, glaube ich, deutlich mehr Stimmen in meinem Wahlkreis erhalten haben, einfach so unter den Tisch fallen?

Das Zweite: Mir selbst wird bei vielem, was ich über die deutsche Minderheit im Süden Dänemarks sehe und höre, leicht mulmig, und zwar deshalb, weil ich den subjektiven Eindruck habe, dass man dort sehr auf sein "Deutschsein" pocht, von neu Hinzugezogenen erwartet, dass sie sich für die deutsche Minderheit engagieren usw. So sind und bleiben die Deutschen im südlichen Dänemark, denke ich, immer eine von den anderen abgesonderte Gruppe. - Was die dänische Minderheit hier angeht: Ist es wirklich noch nötig, dass man mit einer eigenen, geschützten Partei für die Rechte und die Kultur von Dänen kämpft? Droht die dänische Kultur in Flensburg und Angeln sonst wirklich unterzugehen? Das können und sollen natürlich nur die Angehörigen dieser Minderheit entscheiden! Mir als Außenstehendem kommt es aber manchmal ein bisschen übertrieben vor, könnten Deutsche und Dänen nicht auch ohne dieses ganze Minderheiten-Gedöns einfach friedlich in beiden Ländern leben?

Ich hoffe, es fühlt sich niemand auf den Schlips getreten! Ich wollte jedenfalls niemanden, schon gar nicht BigDigger, beleidigen, ärgern oder sonstwas... Ich hatte einfach nur vor, meine Position zum SSW zu erklären.

Liebe Grüße!
 
BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #13
(Warum übrigens ausgerechnet Hamburg? Es geht doch, wenn überhaupt, um Schleswig-Holstein.)

Hamburg kenn ich einigermaßen :rolleyes:, und da ich oft beim Mädchenfußball dabei bin, bekomme ich natürlich über die Gespräche mit den Eltern mit, was die so für Probleme haben, vor allem mit der Vereinbarkeit zwischen Schule und Training. Kannst auch gern Schleswig-Holstein nehmen, da lese ich mich ein.

Dass eine rot-grüne Landesregierung nicht im Interesse des SSW sei (erstes Zitat), habe ich gar nicht behauptet.

Du hast es impliziert, indem Du einen Widerspruch konstruiert hast. Du bist der Meinung, der SSW sei für die Interessenvertretung der dänischen Minderheit da, wollte aber Rot-Grün allein aus Machtdenken an der Regierung halten. Damit hast Du negiert, dass die Motivation des SSW für die Entscheidung zur Unterstützung von Rot-Grün allein darin lag, die Interessen der eigenen Wählerschaft bestmöglich zu vertreten - und wiederholst das. Und für diese Ansicht habe ich um Belege gebeten.

Soll eine Partei, die ihre Abgeordneten-Mandate aufgrund eines Minderheiten-Schutzes, den auch ich grundsätzlich befürworte, erhalten hat, sich genauso an Regierungsbildungen und Entscheidungen beteiligen wie jede andere Partei?

Es gibt in Schleswig-Holstein ein Wahlgesetz. Dieses besagt, dass der SSW unter den Voraussetzungen des Wegfalls der 5-Prozent-Hürde eine reguläre, den anderen Parteien völlig gleichgestellte Landtagsfraktion bildet, mit sämtlichen Rechten und sämtlichen Pflichten. Das hat nichts mit Sensibilität zu tun. Es ist nach Parteien- und Grundgesetz ihre Pflicht, die Interessen ihrer Wähler bestmöglich und unter Ausnutzung aller ihr zur Verfügung stehenden demokratischen Möglichkeiten zu vertreten. Dazu gehört die Bildung von Koalitionen, die Tolerierung einer bestimmten Regierungskoalition und das Schließen von Absprachen und Verträgen. Dabei ist es völlig egal, ob sie selbst Regierungsverantwortung übernehmen oder lediglich aus einer Nicht-Oppositionsposition heraus ihre Interessen wahrnehmen. Wenn sie Gründe dafür haben, gibt es nichts in Zweifel zu ziehen. Niemand zieht auch den Lagerwahlkampf von CDU/CSU und FDP in Zweifel.

Und eben hier finde ich den SSW wenig sensibel. Ich hätte erwartet, dass er den Minderheitenschutz nicht für seine eigenen Machtinteressen missbraucht.

Man braucht Macht, um Dinge in eigenem Sinne zu verändern. Wer keine Macht hat, kann nichts erwirken. Und gerade das genannte Beispiel dänisches Schulsystem zeigt eigentlich, dass der SSW über die eigene Klientel hinaus denkt, ansonsten wäre es nämlich ein Leichtes gewesen, für die Ihrigen eine schulische Autonomie einzufordern und damit die Abkapselung. Genau das kann aber nicht im Sinne des Erfinders sein.

Aber dann, finde ich, ist es nicht Aufgabe der Partei der dänischen Minderheit, über die Regierungsbildung zu entscheiden und einer Regierung, hier eben zufällig einer rot-grünen, zu einer Stimmenmehrheit zu verhelfen, obwohl diese die Mehrheit im Parlament gerade verloren hat!

Der Wähler hat nicht entschieden, Rot-Grün abzuwählen. Der Wähler hat auch nicht entschieden, Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot zu wollen. Und der Wähler hat nicht entschieden, dass dem SSW zur Entscheidung überlassen wird, wer Ministerpräsident wird. Den Gedanken solltest Du Dir abgewöhnen. Der Wähler denkt primär an seine eigenen Interessen oder lässt sich allenfalls von seiner Prägung beim Ankreuzen leiten. Was am Ende herauskommt, hat herzlich wenig mit dem Willen des Wählers zu tun, sonst könnten wir aktuell auch behaupten, der Wille des Bundestagswählers sei Jamaika oder die Ampel. Es hat ein Ergebnis gegeben ohne klare Mehrheiten mit Ausnahme von einer, und es obliegt den Fraktionen allein die Regierungsbildung. Diejenige mit einer Stimmenmehrheit, bei der sich die Beteiligten einig sind, kommt zustande. Und da sind, wie bereits ausgeführt, alle Fraktionen mit gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet, CDU, SPD, Grüne, FDP - und SSW.

Wenn er sich aber mit seinen nicht der 5-Prozent-Hürde unterliegenden Stimmen zum Mehrheitsbeschaffer für irgendeine Regierung macht, dann setzt er sich über die Wahlentscheidung der Mehrheit hinweg, und das finde ich schlichtweg undemokratisch.

Das Wahlgesetz sieht eine Gleichstellung des SSW vor, daher ist die Wahrnehmung sämtlicher Rechte und Pflichten der Fraktion sogar sehr demokratisch.

Bloß - wenn der SSW im Rahmen einer Koalition (so war es ja 2005 geplant)

Nein, geplant war eine Tolerierung von Rot-Grün durch den SSW.

mit seinen auf besondere Weise errungenen Mandaten alle Schulen dem dänischem Modell unterwerfen will, finde ich das, unabhängig von der inhaltlichen Auseinandersetzung, als Vorgang(!) nicht legitim!

Um das durchsetzen zu können, braucht es eine Regierung, die das auf die Agenda setzt. Offensichtlich gab es in SPD und Grünen nicht ausreichend Vorbehalte - vielleicht aber auch gab es dort die Überzeugung, das dänische Schulsystem habe die Einführung in Schleswig-Holstein verdient? Immerhin gibt es dafür auch gute Argumente, wie zum Beispiel den geschlossenen Klassenverband bis einschließlich 9. Klasse, einem gewissen Spezialisierungsgrad von da an in Richtung Technik, nicht-naturwissenschaftlicher Kompetenzen oder in wirtschaftlicher Richtung (was einen interessanten Kontrast dahingehend bildet, dass man z.B. in Hamburg zumindest zu meiner Zeit noch problemlos Deutsch, Biologie, Mathematik und Ethik als Abi-Prüfungsfächer haben konnte, was zwar schön breit gefächert ist, aber auch gewisse Defizite mit sich bringt, wenn man sich für eine Richtung entschieden hat).

Ich kann nicht finden, dass der SSW "die" Partei der dänischen Minderheit sei. Ich wohne in einem Wahlkreis im Süden Schleswig-Holsteins vor den Toren Hamburgs.

Segeberg, nehm ich an.

Nun mein Argument: Diese Wähler haben, so unterstelle ich, den SSW gewählt, weil sie seine Politik inhaltlich unterstützen wollten, und nicht, weil sie der dänischen Minderheit angehören würden, ihn also als "normale" Partei gewählt, nicht aus ethnischen Gründen.

Wie gesagt: Das Wahlgesetz gilt für alle, und wenn die Ausnahmeregelung bei der 5%-Hürde für den SSW besteht, ist das demokratisch. Und wenn das Wahlgesetz regelt, dass eine Partei auch ohne Ortsverband in einem Wahlkreis antreten darf, dann ist es das Recht dieser Partei, dies auch zu tun. Gilt für die Piraten wie für den SSW. Über eine Abschaffung der 5%-Hürde kann man diskutieren. Aber vor allem in der Region Schleswig-Flensburg und Friesland ist und bleibt der SSW primär Vertreter der dänischen Minderheit. Insofern finde ich das nicht unfair, zumal keine der Landtagsparteien diese Ausnahme der 5%-Hürde in Frage stellt.

Ist es wirklich noch nötig, dass man mit einer eigenen, geschützten Partei für die Rechte und die Kultur von Dänen kämpft? Droht die dänische Kultur in Flensburg und Angeln sonst wirklich unterzugehen?

Das ist eine interessante Frage. Ich will es so formulieren: Gerade in diesem grenznahen Gebiet halte ich es aus der Ferne fast für unscharf zu entscheiden, wer Däne ist und wer Deutscher. Es gibt eine Grenze, aber ich habe beinahe den Eindruck, aus den Schleswigschen könnte man auch "Dänsche" oder "Deuten" machen. Dass die Angehörigen der Minderheiten von neu zugezogenen Landsleuten erwarten, dass sie sich engagieren, ist völlig logisch. Aber es geht eben darum, eigene Werte zu behalten, ohne sich dabei völlig abzukapseln. Ich pauschaliere jetzt mal: Es gibt - das wird ja immer wieder behauptet - viele zugezogene Türken, die ihre eigene Kultur hier weiterleben, mit ihren nicht-türkischen Mitmenschen aber wenig zu schaffen haben. Das aber ist ein Parallelleben, das hat nichts damit zu tun, eine Gemeinschaft zu bilden, ohne eigene Werte zu verleugnen. Integration bedeutet nicht, nicht zu den vorgegebenen Zeiten zu beten oder Schweinebraten zu essen, sondern auf seine Mitmenschen zuzugehen (von beiden Seiten), einander zu respektieren, sich in der Gesellschaft einzubringen und auch, mit seinen eigenen Werten die neuen Nachbarn zu bereichern und sich selbst durch des Nachbarn Werte bereichern zu lassen. Dem SSW gelingt das durchaus. Auch parlamentarisch wäre es ihnen gelungen, denn wenn das dänische Schulsystem sich in SH bewährt hätte... und wenn nicht, wäre es von einer Koalition ohne SSW wieder beseitigt worden.
 
M
Benutzer12391  (43) Verbringt hier viel Zeit
  • #14
Auch wenn ich mir damit wohl unter meinen Nachbarn keine Freunde mache, aber: Entweder gelten Regeln für alle und jede Partei oder wir lassen es gleich sein. Ich finde es persönlich nicht gut, denn Minderheiten gibt es viele in unserem Land, warum muss dort eine Ausnahme gemacht werden.
 
Theresamaus
Benutzer56624  (35) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #15
Mich würde mal interessieren, ob Herr Westerwelle auch zu den Dänischstämmigen in Schleswig sagen würden:
HIER IST DEUTSCHLAND
 
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BigDigger
Benutzer76250  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #16
Entweder gelten Regeln für alle und jede Partei oder wir lassen es gleich sein. Ich finde es persönlich nicht gut, denn Minderheiten gibt es viele in unserem Land, warum muss dort eine Ausnahme gemacht werden.

Mit nur einem Unterschied: Deutschland war nie türkisches oder polnisches oder sonstwas für ein Hoheitsgebiet, Schleswig-Holstein aber dänisches.
 
banane0815
Benutzer44981  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #17
Mit nur einem Unterschied: Deutschland war nie türkisches oder polnisches oder sonstwas für ein Hoheitsgebiet, Schleswig-Holstein aber dänisches.
Am Rhein haben diverse Gebiete auch öfters mal ihre Staatszugehörigkeit zwischen Deutschland und Frankreich gewechselt und ich wüsste nicht, dass es dort irgendwelche Privilegien für Minderheiten gibt...
 
Theresamaus
Benutzer56624  (35) Benutzer gesperrt
  • Themenstarter
  • #18
In Belgien gibt es ein deutschsprachiges Gebiet um Eupen und St. Vith. Dort sprechen fast alle Deutsch als Muttersprache und ist sogar Amtssprache. Sie haben deutlich mehr Priveligien als die ethnischen Dänen (deutsche Staatsbürger) in Schleswig.
 
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