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AMA ich bin pflegender angehöriger ...

haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • #1
hallo zusammen.

ich habe meine frau gefragt, ob ich diesen thread so erstellen darf und grünes licht bekommen.
man darf also alles fragen. ich werde mich bemühen alles zu beantworten, auch wenn ich manchmal ein paar tage nicht im forum anwesend bin, weil ich mir vielleicht grad 7 bier bei meinem kumpel trinke. :zwinker:

.... ach ... und das gedicht kennt meine frau gar nicht. ich habe es ihr nie gezeigt. weder das erste noch das zweite.
zur zeit des ersten sah es sehr schlecht um sie aus und die prognosen waren alles andere als hoffnungsvoll. beim zweiten gings eigentlich schon bergauf, obwohl das bei ihrer krankheit gar nicht geht. :grin:

ich war grad mal am gedichte stöbern und da fiel mir ein, das ich dort ja auch mal was hinterlassen hatte.
wer mag, kann ja erst mein gedichtchen lesen wenn du nicht mehr da bist und dann wieder hier weiterlesen. :smile:

eigentlich wollte ich zunächst dort im thread erklären, was in den letzten jahren so alles passiert ist, aber dann habe ich mich doch dazu entschlossen einen AMA zu eröffnen, um das breite thema "pflegender angehöriger" und was es bedeutet seinen partner zu pflegen, aufzugreifen.

wer also den obigen thread mit dem gedicht gelesen hat ... meine frau hat KEINE neue lunge bekommen.

.... aber fangen wir mal von vorne an. :zwinker:

meine frau und ich haben uns ende 1996 im sogenannten btx+ kennengelernt und sind seit 1997 fest zusammen.
anfang 2010 sind wir in unser eigenes haus eingezogen und alles lief eigentlich soweit ganz gut.
sie war der hauptverdiener und in der transplantationsmedizin als mta tätig, ich hatte einen kleinen hilfsjob, nachdem ich 2004 privatinsolvenz angemeldet hatte. ... also genau genommen hat natürlich meine frau den bau gekauft, denn ich hatte nix und hätte ich was gehabt, wäre es gepfändet worden.
seit 2011 bin ich (ganz ohne peter zwegat aber mit einer anwältin) raus aus den schulden. :smile:

wie das dann so ist, zieht man also in sein eigenheim ein und ist sich darüber im klaren, das es die nächsten 5 jahre keinen urlaub gibt, bzw. das man den urlaub damit verbringt seinen garten anzulegen usw.

wir waren schon immer überzeugte raucher.
ich habe so um die 25-30 zigaretten am tag und am wochenende auch mal etwas mehr geraucht, meine frau etwas weniger und um geld zu sparen war sie umgestiegen auf zigaretten mit tabakblatt.

ende 2010 hatte sie nachts immer öfter stark gehustet ... offenbar eine erkältung, wie man sie eben so hat, die aber anscheinend nicht besser wird.
letztlich habe ich ja morgens auch immer gut gehustet, was ja halbwegs normal ist als raucher.

meine frau kam auch immer öfter schnell aus der puste. ok, sie war schon immer etwas mehr von gewicht, hatte etwas zugenommen und von daher konnte man das ganz klar darauf schieben.
mitte 2011 wurde es aber mit dem nächtlichen husten bei ihr schlimmer und auch generell war sie konditionsmäßig ziemlich schlecht drauf.
natürlich hatte ich zu diesem zeitpunkt schon seit monaten auf sie eingeredet das sie gefälligst zum arzt gehen soll, denn das alles ist nicht mehr normal ... aber wie nicht nur männer so drauf sein können und auch frauen oft so denken, war meine frau der meinung das das schon irgendwie wieder weggehen würde, bzw. das sie grad überhaupt keine zeit für sowas hat und erst noch die dinge in ihrem job regeln muss und überhaupt ... mal sehen, wann man zum arzt gehen kann ... irgendwann ...

im august 2011 war es dann soweit.
sie kam zum ersten mal die 14 stufen zum schlafzimmer nicht mehr in eins hoch, musste mittendrin eine pause machen, sich auf einer stufe setzen und ausruhen ... und das im alter von 40 jahren.
da habe ich ihr gesagt: "entweder du gehst jetzt morgen SOFORT zum arzt oder ich rufe jetzt den notarzt an!"
sie versprach mir am anderen tag zum arzt zu gehen ...

im november 2011 stand die diagnose fest. eine durch rauchen verursachte lungenfibrose.
bei einer lungenfibrose greift das eigene immunsystem (im falle meiner frau die durch russpartikel behafteten) lungenbläschen an. das lungengewebe vernarbt.
also die gesamte lungenfunktion nimmt immer weiter ab.

sie war anfangs 3 wochen auf intensivstation ... ich war natürlich jeden tag die 150 km zu ihr gefahren. eine selbstverständlichkeit, wie heute für uns beide eine intensivstation nichts besonderes mehr darstellt und man schon blöd angeschaut wird wenn ich meine frau im krankenhaus besuchen möchte, eine schwester zu mir kommt und mir schonend beibringen möchte, das meine frau auf die intensivstation verlegt wurde und ich dann ganz nüchtern und sachlich frage ob sie dort auch getränke und unterwäsche hat und wo denn die intensivstation bei denen im krankenhaus wäre.

ab dieser diagnose bekommt meine frau zusätzlich sauerstoff. wir haben im haus tanks mit flüssigsauerstoff.
man darf sich das so vorstellen, das meine frau hier im haus an einem 10 meter langen kleinen schlauch mit einer so genannten nasenbrille hängt durch den 100%iger sauerstoff zu ihrer nase geleitet wird und das quasi ihr aktionsradius im haus ist.
möchte man raus, werden die mobilteile mit flüssigsauerstoff befüllt. wir haben auch noch den "luxus" einen kleinen 20liter sauerstofftank für das auto zu haben.
meine frau hatte zeitweise einen so hohen zusätzlichen bedarf an sauerstoff, das so ein mobilteil grad mal für etwas mehr als über eine stunde gereicht hat. von daher kann man sich vorstellen, das ein arztbesuch schon nicht möglich war ohne zwischenzeitlich die mobilteile mit sauerstoff neu aufzutanken.

aufgrund ihres krankheitsbildes und aufgrund der medikation in verbindung mit ihrem übergewicht (bei hochdosis-kortisontherapie ist es normal das man stark zunimmt), wurde eine transplantation abgelehnt. sie wurde nicht einmal diesbezüglich von der transplantationsklinik angesehen.
es stehen nunmal einfach zu wenig lungen zur verfügung und von daher macht es ja sinn nur denjenigen eine neue lunge zu geben, die die meisten überlebenschancen haben.
also war meine frau ende 2012 austherapiert, wie man so schön sagt. ... was soviel bedeutet wie: "wir haben alles probiert und können nichts mehr machen."

rein statistisch und gemäß ihrem damaligen krankheitsverlauf gesehen wäre sie bereits seit 2 jahren tot.
mein mädchen ist aber eine kämpfernatur!
aufgrund ihrer erkrankung kamen einige nebenerkrankungen hinzu. herzschwäche und nierenschwäche, um nur einige zu nennen.
anfang 2015 bekam sie einen herzschrittmacher eingesetzt, der auch einen defibrillator beinhaltet, was dann mein zweites Gedicht - 17 schritte erklärt.
leider konnte der schrittmacher nicht so eingesetzt werden wie man es sich gewünscht hat und somit ist nach einiger zeit nur noch der defibrillator aktiv geschaltet.

sie wollte im oktober 2015 zur demo nach berlin ... also war das meine erste demo, denn ... ja, ohne mich läuft nichts mehr! :grin:
mit e-rolli gings mit der bahn nach berlin und zur demo. anschließend noch 2 tage sightseeing ... unser erster urlaub mit sauerstoff ... mit etwas behinderung.

wir leben unser leben .... anders als andere.
manche sehen nur das was nicht mehr geht ... wir sehen das was noch geht.
bei vielem wird man erfinderisch, manches kostet viel geld. wenn es sich lohnt wird das geld ausgegeben auch wenn man sehr sparsam leben muss um alles so behalten zu können was man sich aufgebaut hat.

meine frau hat pflegegrad 3 und ist seit 2013 frührentnerin. kurzzeitig bezogen wir auch hartz4 bis ihre rente anerkannt wurde.
ich habe meinen job 2012 aufgegeben, weil pflege meiner frau und job einfach zuviel für mich war und ist.

na dann fragt mal los. :smile:
 
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G
Benutzer Gast
  • #2
Hut ab vor Deiner Leistung ! Da ich selbst 6 Jahre lang die Eltern gepflegt habe, weiß ich was Pflege heißt .... Ich habe keine Fragen :smile:
Off-Topic:
Demenz/Schlaganfall/Inkontinenz auf beiden Ebenen ....
 
caotica
Benutzer68775  (39) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #3
Von mir einfach nur meinen höchsten Respekt.
Ich denke, ich würde mir das nicht zutrauen, so eine intensive Pflege von einem anderen Menschen.
Deine Frau ist ein Glückspilz, in allem was nicht so läuft, wie sie es sich wohl mal vorgestellt hat, dass sie dich hat.
Einfach nur eine ...berührende Leistung, auch ganz ohne Fragen.
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • Themenstarter
  • #4
ich leiste nichts, sondern viel mehr meine frau. :zwinker:

sie jammert nicht und beißt sich weiter durchs leben.

unser wahlspruch: "es gibt immer noch menschen, denen gehts beschissener als einem selbst ... also stell dich nich so an!"

als die ärzte damals gesagt haben sie könnten nichs mehr machen, sind wir schweigend nach hause gefahren.
auf halber strecke haut sie mit der hand aufs armaturenbrett und sagt: "na wenn die das nicht hinkriegen ... denen werd ichs schon zeigen!"

wir haben beispielsweise auch noch immer keinen treppenlift, weil sie das ding einfach nicht haben will.
jeden abend gehts halt die treppe hoch. anfangs hat das dann auch mal ne halbe stunde gedauert ... jetzt gehts relativ schnell. :smile:

unterm strich hat sie selbst die medikation übernommen ... und siehe da ... die krankheit wurde gestoppt und sogar etwas besser, was eigentlich bei einer lungenfibrose gar nicht geht, aber das ct lügt nicht.
 
G
Benutzer Gast
  • #5
Dann nehme ich mir das "anything" in ama mal zu Herzen. Man hört ja immer mal wieder, dass es für den pflegenden Angehörigen sehr, sehr schwierig sein kann, sich mehr oder weniger Vollzeit um den Partner zu kümmern. Ich habe sogar letztens gelesen, dass ein pflegender Angehöriger gewissermaßen aus Druck und im Affekt dann seinen Partner umgebracht hat, weil er schlicht und ergreifend nicht mehr konnte und einfach nur ein Ende dieses Zustandes für beide Parteien wollte. Was hält´s du von solchen Vorkommnisse? Verspürst du einen Druck? Denkst du, dass du das noch Jahre aushalten könntest?
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • Themenstarter
  • #6
Hut ab vor Deiner Leistung ! Da ich selbst 6 Jahre lang die Eltern gepflegt habe, weiß ich was Pflege heißt .... Ich habe keine Fragen :smile:
Off-Topic:
Demenz/Schlaganfall/Inkontinenz auf beiden Ebenen ....

demenz stelle ich mir besonders schlimm vor ... für alle beteiligten.
von daher bin ich froh, das meine frau bei klarem verstand ist und so gesehen nur die körperlichen beeinträchtigungen da sind.
ich habe ihr damals auch gesagt, das mir das so gesehen egal ist ob sie im rollstuhl sitzt, solange ich mich noch mit ihr unterhalten und diskutieren kann.

was ich persönlich immer wieder höre:
ich weiß wie das ist, ich habe oma gepflegt (ist nicht auf dich gemünzt preateritum) ... aber das kann man gar nicht miteinander vergleichen, denn derjenige hatte mit oma niemals sex und hat niemals geglaubt, das oma und derjenige noch einige jahrzehnte miteinander zusammen leben werden, zusammen urlaub machen, zusammen gemeinsam im gleichen bett schlafen ...

es ist eben meiner meinung nach etwas anderes, wenn der ehemalige sexualpartner, den man auf eine ganz andere art liebt wie oma, die eltern oder einen anderen menschen ... wenn dieser LEBENSpartner derart krank wird, das er auf die hilfe angewiesen ist und zwangsläufig mit der erkrankung auch nicht nur das leben des kranken sich ändert, sondern eben auch das leben des lebenspartners komplett auf den kopf gestellt wird.

aber in vielen dingen wächst man hinein mit den aufgaben die einem das leben stellt. :zwinker:
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Was hält´s du von solchen Vorkommnisse? Verspürst du einen Druck? Denkst du, dass du das noch Jahre aushalten könntest?
wenn du einen pflegekurs besuchst, wird man dir eines sagen und das kann ich jedem menschen nur wärmstens empfehlen es zu beachten:
ACHTEN SIE AUF DIE SELBSTPFLEGE!!!!
also wenn einem etwas über den kopf gewachsen ist, MUSS man sich hilfe holen!
man kann nur dann einem menschen wirklich helfen, wenn man selbst halbwegs im lot ist. :zwinker:

nein, diesen druck habe ich nie gespürt, wobei mir meine frau damals ein versprechen abnehmen wollte. ich sollte sie nicht ersticken lassen und dafür sorgen, das sie keinen qualvollen tod erleiden muss ... aber ich habe ihr gesagt, das ich sie niemals aktiv töten könnte, auch nicht dann, wenn sie mich darum bitten würde.
aber ich würde sie begleiten, wenn sie ihr leben beenden wollen würde, ja.

es gab mal eine zeit, gerade die ersten 2-3 jahre, wo es immer nur in eine richtung ging mit der erkrankung ... eben richtung tod.
momentan läuft es eigentlich recht gut und so gesehen habe ich die 7,5 jahre der pflege eigentlich ganz gut verdaut.
ich nehme mir auszeiten ... auch wenn diese oftmals nur darin bestehen, das ich mal abends eben 200 meter zu meinem kumpel gehe und mir mit ihm ein paar biere trinke.

aber selbstverständlich gibt es auch momente, wo einem einfach alles auf den sack geht oder auch man miteinander streitet.
das gehört alles mit dazu.

man darf jetzt nicht glauben, meine frau wäre nur noch auf meine hilfe angewiesen.
im haus kann sie sich selbst bewegen, kann (wieder) selbst den toilettengang erledigen ... sie hat zwar ein H im schwerbehindertenausweis, aber ist nicht vollkommen hilflos. :zwinker:
 
G
Benutzer Gast
  • #7
demenz stelle ich mir besonders schlimm vor ... für alle beteiligten.
von daher bin ich froh, das meine frau bei klarem verstand ist und so gesehen nur die körperlichen beeinträchtigungen da sind.
ich habe ihr damals auch gesagt, das mir das so gesehen egal ist ob sie im rollstuhl sitzt, solange ich mich noch mit ihr unterhalten und diskutieren kann.

was ich persönlich immer wieder höre:
ich weiß wie das ist, ich habe oma gepflegt (ist nicht auf dich gemünzt preateritum) ... aber das kann man gar nicht miteinander vergleichen, denn derjenige hatte mit oma niemals sex und hat niemals geglaubt, das oma und derjenige noch einige jahrzehnte miteinander zusammen leben werden, zusammen urlaub machen, zusammen gemeinsam im gleichen bett schlafen ...

es ist eben meiner meinung nach etwas anderes, wenn der ehemalige sexualpartner, ......

verstehe Dich schon, das ist eben was anderes, den eigenen Lebenspartner zu pflegen :thumbsup:
 
Michi04
Benutzer101233  (42) Planet-Liebe Berühmtheit
  • #8
Erstmal wünsche ich euch Beiden weiterhin viel Kraft.
Eine Frage interessiert mich aber am meisten.
Rauchst du eigentlich normal weiter?
Ich war damals regelrecht schockiert, als ich meinen Vater im Krankenhaus besucht habe, er hatte Lungenkrebs und ist daran gestorben, als er mir erzählte, dass sich dort die Patienten zusammen mit den Krankenschwestern im Raucherzimmer trafen und gemütlich rauchten.
 
cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #9
Meine erste Frage geht in die Richtung von Michi04 Michi04 : War das Rauchen Auslöser? Und ist es etwas, das Ihr für Euch verarbeiten könnt, oder ärgert man sich täglich darüber, den Zustand evtl. sogar selbst herbeigeführt zu haben?

Und das zweite: Vor nur wenigen Jahren konnte Deine Frau alles. Heute braucht sie Deine Rundum-Pflege. Dazwischen liegen nur wenige Jahre. Kommt das "Gehirn" da mit?
 
Caelyn
Benutzer87573  (36) Sehr bekannt hier
  • #10
Meinen Respekt habt ihr beide. Ich stelle mir das sehr schwer vor, den eigenen Partner zu pflegen und finde es toll, dass ihr das schon seit so langer Zeit so gut hinbekommt.

Hattest du jemals negative Gedanken gegenüber deiner Frau? Hatte deine Frau negative Gedanken dir gegenüber? Also in der Richtung dass sie dich sozusagen in deinem Leben behindert bzw. dass sie deshalb Schuldgefühle hat? Oder auch dass sie dich darum beneidet, dass du noch gesund bist?
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • Themenstarter
  • #11
hallo Michi04 Michi04 . :smile:
meine frau raucht ab der biopsie im november 2011 nicht mehr.
ich hatte mit 25 schon einmal ein halbes jahr nicht geraucht und wollte eigentlich auch immer irgendwie aufhören.
als meine frau das rauchen sein lassen musste, habe ich ihr versprochen das ich auch aufhöre ... es aber bis zu 2 jahre dauern wird.
ich rauche seit mai 2013 nicht mehr und interessanterweise stört es mich nicht, wenn andere in meiner gegenwart rauchen. es tangiert mich null. also weder das ich gelüste bekäme noch das ich ekel empfinde.

aber das phänomen von deiner beschreibung kenne ich aus der lungenklinik in der meiner frau erst sehr lange war, natürlich immer wieder dort ist und ich anfangs natürlich auch in den raucherecken in gegenwart von anderen rauchenden patienten geraucht und mich mit ihnen unterhalten habe.
viele rauchen weiter. viele krebspatienten rauchen auch weiter, weil sie keinen sinn (mehr) darin sehen noch aufhören zu sollen.

bei cocos cocos frage muss ich etwas schmunzeln, auch wenn man das nicht nachvollziehen mag.
ja. auslöser war das rauchen. :jaa: die genaue diagnose nennt sich "smoking related interstitial lung fibrosis", kurz srif genannt.
hier werden eben die mit rußpartikeln besetzten lungenbläschen vom eigenen immunsystem als feind erkannt und irrtümlich bekämpft.
nein, wir ärgern uns nicht täglich darüber. eigentlich nehmen wir es als gegeben hin. warum soll man wütend werden? das wäre ja verschwendete lebensenergie!
meine frau hat relativ nüchtern für sich das fazit gezogen, das sie sehenden auges ins verderben gelaufen ist.
es ist allgemein bekannt, das rauchen gefährlich ist und sie sagt selbst: "nicht jeder der raucht wird krank, aber irgendwer muss ja die statistik erfüllen. ist halt scheiße das ich das bin." sie sagt aber auch: "wenn die mir sagen würden das ich wieder rauchen dürfte, würde ich sofort wieder anfangen!"
sie hat aber niemals gesagt: "warum gerade ich?!"
... ich würde nicht wieder anfangen, weil mir das geld einfach zu schade wäre. :zwinker:

Und das zweite: Vor nur wenigen Jahren konnte Deine Frau alles. Heute braucht sie Deine Rundum-Pflege. Dazwischen liegen nur wenige Jahre. Kommt das "Gehirn" da mit?
ich verstehe deine frage nicht so ganz was du meinst mit "kommt das gehirn da mit?"

meine frau und ich waren bereits 14 jahre zusammen, als sie krank wurde.
ja, das kam relativ heftig und relativ schnell, aber trotzdem war es ein prozess den man gemeinsam und auch jeder für sich durchlebt und über sich ergehen lassen muss(te). man muss es verarbeiten.
am anfang denkt man ja noch das sich alles irgendwie medikamentös regeln lässt und die ärzte das schon irgendwie in den griff kriegen ... irgendwann merkt man, das die krankheit nur in eine richtung geht ... dann denkt man dran wie man die beerdigung bezahlen kann. ... ja, all das sind gedankengängen die man durchleben muss.
man muss manchmal sehr nüchtern denken. total rational und gewissermaßen gefühlslos. manchmal sogar egoistisch.

kann man sich vorstellen, seiner großen liebe zu empfehlen doch eine sterbegeldversicherung abzuschließen, um bei dessen tod dann 15000 euro zu bekommen?
wir haben halt ein haus gekauft ... wie soll das weiter finanziert werden, wenn sie nicht mehr da ist? wie soll die beerdigung bezahlt werden? wie kann der andere, der bleibt halbwegs (finanziell) überleben?

es ist keineswegs einfach und mit vielen (auch stillen und einsamen) tränen verbunden. man möchte dem anderen eine stütze sein und will stärke zeigen!
ich habe meine tränen oft unterdrückt, genauso wie meine frau oft nicht in meiner gegenwart geweint hat.

das leben ist eben nunmal so wie es ist.
ich kenne es nur so, das man sich freuen soll wenns einem gut geht und man sich gewiss sein darf, das dieser zustand nicht lange andauert.
das leben ist ein ständiger kampf und oftmals scheiße. da macht es sinn auch mal den schmetterling oder eine kleine hummel oder biene zu beobachten, wie die ihr leben leben und sich daran erfreuen ... manches wird dann für einen selbst auch leichter. :zwinker:

Hattest du jemals negative Gedanken gegenüber deiner Frau? Hatte deine Frau negative Gedanken dir gegenüber? Also in der Richtung dass sie dich sozusagen in deinem Leben behindert bzw. dass sie deshalb Schuldgefühle hat? Oder auch dass sie dich darum beneidet, dass du noch gesund bist?
gute fragen. :jaa:
meine frau und ich sind ja seit über 20 jahren zusammen und selbst wenn sie nicht krank geworden wäre, könnte ich die ersten drei fragen eindeutigst mit JA! beantworten. :grin:
du meinst das in bezug auf die krankheit und meinen status als pflegender?
ja, auch da gibts immer mal momente wo ich die augen innerlich im kopf verdrehe und dann das sein lasse was ich grad gern machen möchte, um ihr zu helfen.
es wäre ja wohl auch irgendwie unnormal, wenn man ständig fröhlich um den anderen herumschlawenzelt und sich fragt, was man demjenigen wohl gutes tun kann. :zwinker:

antwort meiner frau auf deine fragen:
"negative gedanken das ich meinen mann im leben behindere, oftmals störe und behindere ... aber das empfinde auch als normal.
schuldgefühle habe ich eigentlich nicht und beneiden tue ich meinen mann auch nicht, das er noch gesund ist. ich möchte mit meinem mann nicht tauschen." (in dem sinne, das sie meine rolle übernehmen müsste und ich ihre.)
 
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cocos
Benutzer102673  (41) Beiträge füllen Bücher
  • #12
Danke haarefan haarefan , Deine Antworten waren sehr interessant und haben zumindest meine Fragen auch beantwortet.

Ich habe noch eine Frage zu dem Finanziellen; wie organisiert man sich? Auch mit dem AG? Kann man erst irgendwie ein Jahr ausscheiden oder so, und wenn absehbar ist, dass es längert dauert...was passiert dann? Vor allem zu Beginn der neuen Situation: Hat man das Recht, spontan z.B. auch Stunden zu reduzieren, wenn der Zustand zu Hause nachweislich prekär ist? Oder lässt man sich dann, wie bei Kinderkrank, vom Arzt krankschreiben?
Wie kommt man über die Runden, gerade wenn etwas abzubezahlen ist? Das habe ich noch nicht so ganz verstanden.
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • Themenstarter
  • #13
tja, liebe cocos cocos ... da hat sich im zuge der pflegereformen einiges geändert und verbessert.
grundsätzlich ist es heute so, das man sich bei seiner krankenkasse, die ja auch die pflegeversicherung beinhaltet, informieren kann und dort auf seine fragen antworten bekommt.
siehe auch: Pflegezeit und Familienpflegezeit Freistellung v. Beruf für die Pflege

in unserem fall war das ja noch nicht möglich sich speziell für die pflege vom beruf eine auszeit nehmen zu können und von daher habe ich mich schlichtweg kündigen lassen, um erstmal arbeitslosengeld zu bekommen. allerdings bekam ich in meinem fall ohnehin nur 6 monate arbeitslosengeld.
gleichzeitig nervt einen das arbeitsamt dann aber mit ständigen aufforderung bei denen anzutanzen.
ich hab dann beim zweiten besuch mal meine frau in den rollstuhl gesetzt und sie mitgenommen mit der begründung, ich könnte sie nicht alleine lassen und man möge mir bitte erklären wie ich noch arbeiten soll.
das hat dann gezogen und man hat mich in ruhe gelassen. :zwinker:

nachdem sie kein krankengeld mehr bezogen hat (ausgesteuert) hat sie zunächst dann arbeitslosengeld bezogen, was ihr 1 jahr lang zustand.
auch das war ein kleiner kampf, denn sie war ja krank und stand somit nicht dem arbeitsmarkt zur verfügung ... paragraphenreiterei ... der chef vom arbeitsamt war stinksauer, als ich ihm immer wieder aufgezeigt habe, das die doch weiter zahlen müssen. :tongue:

nachdem das jahr um war und kein arbeitslosengeld mehr kam und bis ihre rente dann durch war, haben wir kurzzeitig h4 bezogen.
eine sehr interessante erfahrung ... angefangen von der antragstellung, bishin dazu, das man dem beamten die paragraphen erklären muss und ihm beweisen muss, was einem alles zusteht. das alleine ist schon fast wie ein nebenjob anzusehen sich im paragraphendschungel durchzukämpfen.
abgesehen davon war ja bei uns auch noch klar, das das geld zurückgezahlt werden muss, sobald die rente (rückwirkend) durch ist. :grin:

leider waren wir bei unserer immobilienfinanzierung am falschen ende sparsam und hatten eine entsprechende restschuldversicherung abgelehnt. wir wollten uns das geld sparen, denn was sollte schon groß passieren? meine frau war im öffentlichen dienst und hätte so gut wie nicht gekündigt werden können und wenn sie einen unfall gehabt hätte, würde unsere unfallversicherung genügend euros zahlen .... man wird doch nicht so krank mit anfang 40 als das man nicht mehr arbeiten gehen könnte! :nope:
hätten wir diese versicherung abgeschlossen, würden wir finanziell natürlich super da stehen, denn sie hätte quasi unsere gesamte finanzierung übernommen.

finanziell kriegen wir das noch so gerade eben gebacken, aber wir sind auch relativ sparsam und gehen beispielsweise vielleicht nur 2 mal im jahr essen, kaufen nur die nötigsten klamotten und drehen den euro siebenmal rum, bevor wir ihn ausgeben, denn man will ja auch die jährlichen sondertilgungen noch stemmen. :zwinker:
aber man könnt sich schon auch mal was aus dem pommesbunker oder vom pizzamann.
gleichzeitig hat man natürlich auch geld gespart, indem man nicht mehr raucht.
kannst dir ja selbst mal ausrechnen: ich habe pro woche 10 schachteln mit 25 zigaretten geraucht. das alleine sind mehr als 200 € im monat.
ganz so arm sind wir nicht. wir haben uns letztes jahr einen fernseher für 1400 € gekauft und einen festplattenreceiver für 500 €. ... wir geben unser geld mit bedacht aus und versuchen auch noch geld an die seite zu legen, falls am haus was gemacht werden muss. :zwinker:

wir sind in der glücklichen lage das sie nicht nur die gesetztliche erwerbsminderungsrente bezieht, sondern da sie im öffentlichen dienst gearbeitet hatte, wurde in die betriebliche altersvorsorge, der vbl, eingezahlt. auch dort bekommt sie eine kleine rente.
da sie eine private rentenversicherung hat, die eine berufsunfähigkeitsversicherung beinhaltet, bekommt sie auch dort knapp 370 €, allerdings nur so lange bis der vertrag in 5 jahren ausgelaufen ist. dann fällt diese rente weg, allerdings bekommt sie dann eine höhere summe ausgezahlt, aus der wir uns dann monatlich in etwa 350 € nehmen werden.
bei pflegegrad 3 erhält man noch monatlich 545 €, wenn man zuhause gepflegt wird.
sobald sie länger im krankenhaus ist, wird das geld nicht gezahlt.

alles in allem kann man als fazit ziehen, das wir nur mit der gesetztlichen rente und dem pflegegeld nicht wirklich auskommen würden und sich gerade die private rentenversicherung mit der berufsunfähigkeitsversicherung sehr positiv auswirkt.
nur die gesetzliche rente mit dem pflegegeld wären wir noch oberhalb der armutsgrenze, könnten aber vermutlich das haus nicht mehr halten. mit der vbl und der privaten bu liegen wir statistisch gesehen im normalbereich eines 2-personenhaushaltes.
gleichzeitig muss man wissen, das wir hier mit die niedrigsten immobilien- und mietpreise von ganz nrw haben und monatlich derzeit 650 € für die hypotheken zahlen. :zwinker:

ich kann nur jedem raten sich entsprechend privat abzusichern.
ja, es ist schmerzlich jeden monat 5-10 % von seinem nettolohn beiseite zu legen ... macht sich aber, wie in unserem fall klar wird, bezahlt. :zwinker:
 
SchafForPeace
Benutzer12529  Echt Schaf
  • #14
(Wie)Hat sich die Krankheit bzw die Pflege auf euer Liebesleben ausgewirkt?
Zb körperlich oder/und gefühlsmäßig?
 
haarefan
Benutzer38494  Sehr bekannt hier
  • Themenstarter
  • #15
naja, also ich habe mich ja nicht umsonst bereits 2005 mal hier angemeldet. :grin:
eben aus dem grund, da meine frau zu der zeit quasi ihre sexualität so gut wie eingestellt hatte und es eigentlich keinen sex mehr gab.
bereits eine umarmung von hinten, wenn sie am herd gekocht hat, hat beispielsweise schon einen heulkrampf bei ihr ausgelöst, weil sie angst hatte ich könnte sex wollen.
das war schon eine sehr anstrengende zeit für uns beide. für sie, weil sie sich selbst nicht mehr verstanden hat und für mich, weil die kleinste kleinigkeit gleich zu einem drama aufgebauscht wurde und ich meine frau ebenfalls nicht mehr verstanden habe.
ich war und bin der meinung, das sie da in die wechseljahre kam.
nach einer weile hatte man dann laaaaaaaangsam mal alle paar monate wieder irgendwas sexuelles miteinander.

klar, als sie krank wurde, war natürlich relativ schnell schluss mit sex in jeglicher form.
die krankeit meiner frau muss man sich so vorstellen, als würde man sich in 7000 meter höhe ohne sauerstoffgerät befinden. jede noch so kleine bewegung kostet besonders viel kraft und man fängt ausserst schnell an aus der puste zu kommen.
wenn da bereits nach 10 metern zu fuss schluss ist und man sich ausruhen muss ... da braucht es wenig fantasie sich vorzustellen, was ein orgasmus hervorruft. :zwinker:
sehr selten wird aber noch gefummelt und sie kommt auch zu ihrem orgasmus.
meistens suche ich die körperliche nähe und sie unterstützt mich dann bei meiner sb, ansonsten betreibe ich ausgiebigst sb alleine oder auch c6 mit der einen oder anderen internetfreundin.

c6 hat mir auch in der zeit vor ihrer erkrankung, während der totalen sexuellen unlust meiner frau geholfen.
meine frau weiß davon und wusste auch damals vom c6. sie empfand das für sich als entlastung, da ich dann sexuell ausgeglichener war.
 
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