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Wann ist ein Mensch (poly-) beziehungsfähig?

Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • #1
Sicher, das ist eine umfassende Frage und wahrscheinlich zu unkonkret gestellt, daher der Hintergrund:

Seit meinem 19. Lebensjahr bin ich immer wieder in Therapien verschiedenster Art, die Diagnosen waren vielfältig (Soziophobie, Depression, Zwangsstörung, Neurosen, etc.) und allesamt unzutreffend. Seit letztem Jahr weiß ich, dass es zu großen Teilen dem Asperger Syndrom zuzuschreiben ist, dass Umgang mit Menschen schwierig für mich ist und mir Angst macht.

Das ändert nichts daran, dass ich Gefühle habe - auch wenn es oft länger dauert, diese zu verstehen. Ich liebe meinen Partner und schlafe gern mit ihm. Meistens. Und dann sind da Tage, an denen ich nicht angefasst werden will. Und dann die Tage, an denen wir aus diversen Gründen am Konzept "offene Beziehung" feilen. Weil er insgesamt gern mehr Sex möchte und ich der Meinung bin, dass Sex halt auch eine Art Hobby sein kann, dass man mit mehr als nur einer Person teilen kann (wenn man gerade Lust hat eben). Wie ich mit meinen polyamoren Gefühlen umgehen möchte , erforsche ich noch. Das Problem: Kommunizieren ist bei offen/poly extrem wichtig - und genau das fällt mir schwer. Bin ich also quasi per Geburt nicht für dieses Konzept "geeignet"?

Alles nicht die besten Bedingungen, zumal Autisten nunmal vieles anders angehen (müssen), als neurotypische Menschen. Und da liegt das Problem: das Bewusstsein über meine "Mängel" löst in mir eine defensive Haltung aus. Und mehr und mehr habe ich das Gefühl, dass mein Partner und Freunde und Familie seit der Diagnose eine gewisse "Selbstsicherheit" mir gegenüber haben, dass sie eben im Recht sind, wenn es um zwischenmenschliche Dinge und Gefühle geht. Nach allem was ich lese, eher kontraproduktiv, wenn man andere als monogame Konzepte ausprobiert.

Dem entgegen steht eben meine eigene, offenkundig ganz andersartige Idee von all diesen Beziehungen, ob nun romantisch oder freundschaftlich. Und wenn nun die "Normalen" Recht haben - heißt das, ich mache es falsch und muss jetzt umlernen? Erstaunlicherweise haben sich einige Freundschaften nämlich gar nicht verändert, aber in anderen nehme ich dieses "Gefälle" wahr. Und die Frage drängt sich auf: Wenn ich das alles so anders sehe und das aber als für mich richtig empfinde: Was ist die Konsequenz? Bin ich "beziehungsunfähig"? Oder einfach unkompatibel? Oder darf ich von meinem Umfeld verlangen, sich an meine Andersartigkeit anzupassen? Das Gespräch zu diesem Thema mit meinen Eltern verlief gelinde gesagt beschissen. Nicht zuletzt, weil das Kommunizieren von Gefühlen schwierig ist. Und in einem Punkt haben sie unbestritten Recht (auch, wenn sie es uncharmant ausdrückten): "Du bist die Kranke hier!" Und jetzt?

Auf eine Therapie warte ich z. Zt. - mir geht es um Strategien, die mir den Übergang erleichtern. Vor allem mit dem Ziel, bis zur Therapie eine "Krücke" zu finden, wenn ich denke, dass jemand mir seine Meinung aufzwingt, weil er die meine abtut als die "falschen Ideen eines geistig Behinderten". Aber auch geistig behinderte Menschen fühlen - nur eben anders. Was mache ich konkret aus dieser Erkenntnis? Vor allem, wenn ich mit meinem Partner über unsere Ideen zu offen/poly spreche und es sich anfühlt, als habe er immer den "das siehst du eben falsch"-Joker in der Hinterhand? (Und ihn gelegentlich auch nutzt - manchmal auch schon, wenn es nichtmal um poly o.ä. geht.)

Vielen Dank an alle, die sich bis hierher durchgekämpft haben und ihre Ideen mit mir teilen :smile:
 
ugga
Benutzer172492  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #2
Ich kann gerade nicht wirklich zu deiner Frage der Polybeziehungseignung sagen, da ich bei diesem Thema für mich auch noch überlege.

Aber ich möchte mal deine Prämisse in Frage stellen, dass du angeblich die Kranke seist.
Was ich bisher an Eigenaussagen von emanzipierten (Asperger-)Autisten gelesen habe, brachte das Konzept der Neurotypischen und Neuroatypischen Menschen auf, das für mich viel logischer und mehr an der Menschenwürde orientiert ist. Du bist ja auch nicht krank. Selbst wenn wir es als Behinderung definieren wollen (und Behinderung ist nicht krank), denn im Alltag bist du vermutlich öfter dadurch behindert, sind deine Meinung und deine Gefühle dadurch nicht weniger wert und schon gar nicht falsch.
Deine Gefühle und Bedürfnisse sind immer ausschließlich deine und können daher nicht falsch sein. Niemand kann dir sagen was du zu fühlen, können, wollen oder fordern hast. Sie können sagen, was sie (nicht) wollen, fühlen und wo ihre Grenzen sind. Und klar, wenn du größtenteils mit neurotypischen Menschen wie mir umgeben bist, kann es hilfreich sein, sich Strategien anzueignen, um besser mit ihnen klarzukommen (Strategie kann zB auch zeitweiliger Rückzug sein, wenn reden gerade nicht geht). Weil dadurch dein Leben etwas einfacher wird.

Aber in den engen zwischenmenschlichen Beziehungen, von denen du sprichst, da sollte niemals nur eine Person in der Bringschuld sein, sich auf den anderen Menschen einzustellen.
Klar wirst du deine Einschränkungen haben, aber die hab ich doch auch. Dann halt woanders. Aber ist das besser/richtiger, nur weil es neurotypischer ist? Denke ich nicht.
Ich nehme dich hier übrigens als sehr reflektiert und intelligent wahr, also schon als jemanden, mit dem man prinzipiell reden kann. Vielleicht ja nicht immer sofort und in meiner bevorzugten Form, aber hej, wann machen schonmal alle nur was ich will? :zwinker:

"Du bist die Kranke hier!"
Und mehr und mehr habe ich das Gefühl, dass mein Partner und Freunde und Familie seit der Diagnose eine gewisse "Selbstsicherheit" mir gegenüber haben

Gerade die Aussage deiner Eltern macht mich sauer und entsetzt mich zugleich, denn das ist einfach nur verletzend und respektlos. Keine Situation im Streit rechtfertigt diese Reaktion; und wenn sollte da hinterher eine äußerst reuige Entschuldigung kommen. Selbst angenommen du wärest krank: Nimmt man nicht auf Kranke Rücksicht, statt es umgekehrt zu fordern?
Und sollte dein Freund deine Diagnose tatsächlich als Manipulationsmittel nutzen (ich kenne ja seine genauen Worte und Taten nicht), ist das eine richtig unfeine Nummer von ihm. So sollte man nicht mit einem Menschen umgehen, den man wertschätzt und liebt.
Wenn sich manche Beziehungen gar nicht verändert haben - was ist da anders? Darauf würde ich mal gucken.
Respektieren dich diese Menschen vielleicht einfach nur weiterhin als vollwertige Person?

Thema Kommunikation: Es gibt ja wirklich viele neurotypische Menschen, die richtig mies kommunizieren :zwinker: Man kann dazulernen. Man kann sich mit aufmerksamen Menschen umgeben, die regelmäßig fragen "Wie geht es dir?". Man kann Alternativen finden wie schreiben statt reden, etc pp.
Ich hoffe, deine Therapeutin kann dir da helfen, gute Strategien für dich zu finden und entwickeln. Letztlich können viele Menschen auch einfach nicht gut mit Menschen umgehen, die Besonderheiten zeigen. Da kann die Diagnose und Therapie jetzt helfen, die Menschen für dich zu identifizieren, die guter Umgang für dich sind und dir guttun. :knuddel:
Alles Gute auf diesem Weg.
 
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Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #3
Vielen Dank für deinen Beitrag ugga ugga ! Ich hoffe natürlich, dass hinter den unveränderten Freundschaften Akzeptanz und nicht nur Ratlosigkeit oder so etwas steckt. Leider gelingt es mir nicht, den Finger darauf zu legen, WARUM es da glatt läuft und wie ich diesen Zustand woanders auch herstelle. Da hilft wohl nur Geduld und irgendwann Therapie... :smile:

Ich würde die Handlungen meines Freundes nicht in die Ecke Manipulation stecken wollen. Ein Beispiel kann es besser erklären als ein Begriff: Es fällt mir schwer, ihn um Hilfe zu bitten oder mich zu bedanken. Auch Entschuldigungen sind oft ein Problem. Es kam irgendwann dazu, dass er sowas sagte wie: "Ja, irgendwie hast du dich ja entschuldigt, aber du hast es halt nicht wörtlich, sondern auf deine ganz eigene, indirekte Art getan. Aber kannst du es nicht einfach sagen? Das bräuchte ich schon irgendwie."
Ich hatte mich zuvor im Tonfall vergriffen - und wenn ich dann ausdrücke, dass das unabsichtlich geschah, ist es für mich damit gut. Er insistiert aber darauf, dass ich das eine Wort sage, das in mir soviele Schuldgefühle auslöst, dass es mich tagelang runterzieht: Entschuldigung. Und oft sagt er dann: "Ich mache das doch auch. Ich bin dir doch da ein gutes Vorbild." Aber es geht eben nicht. Und ich könnte wohl auch nur, wie er so schön sagt "auf meine ganz eigene, indirekte Art" über Eifersucht, Bedürfnisse etc. sprechen. Ich würde nie sagen "fahr heute bitte nicht zu deiner F+, ich brauche dich hier". Ich würde schlichtweg sagen: "Mir wäre es heute lieber, wenn wir was zusamnen machen." Kein "bitte", kein Verbot. Das widerstrebt mir. Und das weiß er ja! Er versteht es ganz genau, dafür kennen wir uns lang genug. Und dennoch insistiert er darauf, dass ich eben "normal" kommuniziere, weil er das braucht. "Wenn du bitte sagst, mach ich es gern." Und wenn nicht? Es fällt mir halt schwer. Wenn es so grundsätzliche Kommunikationshürden gibt, kann ich dann hoffen, dass wir das schwierige Thema offene Beziehung geregelt kriegen? Besonders, seit er (er sagt das nie konkret, aber die Ganzheit der Gespräche mit ihm bringt mich zu dem Schluss) der Meinung ist, er sei mit seinen Bedürfnissen und seiner Art zu kommunizieren "im Recht" und ich mit meinen anscheinend nicht, (weil sie atypisch sind?)
 
wild_rose
Benutzer164330  Beiträge füllen Bücher
  • #4
Agent_of_Asgard Agent_of_Asgard puh, ehrlich gesagt klingt das so, als würde dein Freund dich erziehen wollen. Er weiß ganz genau was du meinst, er weiß ganz genau, dass du Probleme mit dem Wort "Entschuldigung" hast, und trotzdem zwingt er dich dazu, es auszusprechen. Genauso wie manche ein Kleinkind dazu zwingen würden, die doofe Tante zu küssen, obwohl es schon tschüss gesagt hat.
Ehrlich gesagt fällt es mir schwer zu glauben, dass er das nicht bewusst macht. "Weil er es ja jetzt machen kann", "Weil du ja 'krank' bist", du lässt dich ja anscheinend sehr schnell einschüchtern und gibst ihm recht, weil du Angst (?) hast.
Das was du da machst, das fällt für mich unter normale Kommunikation. Du sagst genau das was du sagen möchtest, und drückst deine Gefühle damit recht gut aus, er versteht ja offensichtlich auch, was du willst.

Derjenige der da ein Kommunikationsproblem hat ist dein Freund, der mit einem veränderten Satzbau nicht klarkommt.

Es klingt ja so, als hättet ihr euch vor der Diagnose schon gekannt, das was du da als Probleme empfindest wird vermutlich schon damals gewesen sein. Hat er da genauso reagiert?
 
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Mark11
Benutzer106548  Team-Alumni
  • #5
Ich habe keine wirkliche Ahnung von Asperger, aber meine Herangehensweise ist ohnehin anders. Ich versuche immer, pragmatisch zu sein.

Ich würde Deine Krankheit nicht als Makel oder als Ursache für irgendein Denken oder irgendeine Verhaltensweise nehmen, sondern maximal als Erklärung.
Du bist ein Mensch mit gleichwertigen Gedanken, Wünschen, Ängsten, Träumen, Lebensvorstellungen,.... wie ein Mensch ohne Asperger. Ob diese von der Krankheit geprägt bzw. so gestaltet sind, spielt dabei m.E. absolut keine Rolle. Sie sind da, sie sind in der Summe Du. Bzw., Du bist die Summe aller Deiner Gedanken, Wünschen, Ängsten, Träumen, Lebensvorstellungen,...
Und jetzt hast Du die 2 "Probleme", die alle Menschen haben:
  • Bin ich glücklich, so wie ich bin?
  • Finde ich Menschen, die zu mir kompatibel sind und wer sind diese?

Was ich damit sagen möchte: wenn Menschen Dich und das, was Du sagst und denkst auf eine Krankheit reduzieren und Dich nicht mehr als den Menschen wahrnehmen (wollen oder können), der Du bist, dann solltest Du Dir überlegen, ob diese Menschen überhaupt zu Dir passen.

Menschen, die nicht im Mainstream mitschwimmen, haben es immer schwieriger, wirklich zu sich passende Menschen zu finden. Aber sie haben auch den Vorteil, sich i.a.R. mehr mit sich selber auseinander setzen und daher bewusster leben.

Dir rate ich, immer wieder in Dich zu gehen, immer wieder Dich selber fragen, was Du möchtest, was Du nicht willst und ob Du soweit glücklich bist. Und ob die Menschen um Dich herum wirklich Dich akzeptieren oder Dir einen Stempel aufzudrücken versuchen.
 
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • #6
Mein Sohn hat auch ganz leichte Tendenzen zum Autismus. Wir haben da bislang nichts unternommen, weil er - auch im sozialen Bereich - sehr gut zurechtkommt, vor allem, wenn die Kinder unter sich sind.

Er kann sich, ebenso wie Du auch entschuldigen wenn er so weit ist. Das ist dann eben nicht das Wort "Entschuldigung" sondern die Frage "Mama, ist die Spülmaschine sauber? Ich könnte die ja ausräumen". Manchmal dauert das auch ein paar Stunden.

Ich nehme das einfach so an. Und Kinder/Mitschüler genauso.

Das "Ziel" einer Entschuldigung ist ja, ein "Missverständnis/Verhalten" auszuräumen/wieder gut zu machen.

Die Frage nach der Spülmaschine erfüllt für mich die Erwartung. Er merkt das war blöd und möchte es ausbügeln/mir eine Freude machen, damit wir wieder quitt sind.

Manchmal entschuldigt er sich auch wortwörtlich. Stunden, Tage, Wochen, oder in einer ähnlichen Situation später oder -wenn es ihn sehr beschäftigt - auch per "Brief".

An Deiner Stelle würde ich mir überlegen, ob es mir das wert ist, mich "über alle Maßen" anpassen zu sollen, damit es recht ist oder ob ich mir nur die Sozialkontakte rauspicke, die mich so nehmen wie ich bin.

Beim Partner würde ich das sehr daran festmachen, inwiefern er auch Verständnis für mich zeigt und nicht nur seine Bedürfnisse einfordert.
 
Sun am See
Benutzer138543  (28) Sehr bekannt hier
  • #7
Zu den ggf. nötigen Voraussetzungen für polymore Beziehungen habe ich dir ja in dem anderen Thread schon was geschrieben:
Zeitmanagement ist auf jeden Fall ein Punkt, man sollte schon irgendwo organisiert sein.

Ob man besser kommunizieren können muss als in einer monogamen Beziehung, mhm weiß nicht, ich denke man muss es einfach nur noch wesentlich häufiger tun und es gibt mehr Situationen, die eine offene und ehrliche Kommunikation erfordern.

Zudem sollte man seine eigenen Gefühle sehr gut reflektieren können. Beispiel Eifersucht: In einer polyamoren Beziehung gucke ich eher woher diese kommt und wie ich daran arbeiten kann. Wenn ich in einer monogamen Beziehung beispielsweise eifersüchtig bin, weil mein Freund bei einer anderen übernachten will, dann ist es unproblematischer zu sagen, dass man das einfach nicht möchte. Vorausgesetzt der Partner lässt sich darauf ein, aber grundsätzlich muss ich da weniger reflektieren. Da sagt man halt "wir leben monogam, deshalb machen wir sowas nicht". (War jetzt auch nur das erste Beispiel was mir eingefallen ist, Übernachtungen finden sicher einige monogame Personen auch völlig ok.)

Rücksichtnahme/wenig Egoismus wäre auch noch so ein Punkt, den ich in einer polyamoren Beziehung noch wichtiger finde. Ich muss nicht nur auf die Bedürfnisse und Grenzen meines Partners Rücksicht nehmen, sondern auch auf die seiner weiteren Partner. Und dann muss ich auch noch mich selbst im Blick haben und nicht vergessen, was ich eigentlich will und brauche. Das kann ich nicht so gut :ashamed:

Aber jetzt zu diesem Thread :smile:
Und in einem Punkt haben sie unbestritten Recht (auch, wenn sie es uncharmant ausdrückten): "Du bist die Kranke hier!" Und jetzt?
Nein!!
Ich habe das früher auch gemacht, als ich zum ersten mal eine Diagnose (Depressionen) bekommen habe, habe ich mich nur noch über die Krankheit definiert. Aber das ist nicht gut :schuettel: Zuallererst bist du du und nicht die Krankheit oder Behinderung! Und du bist genauso toll wie alle anderen (zu denen man scheinbar nicht richtig dazu gehört, ja ich kenne das Gefühl).

Oder darf ich von meinem Umfeld verlangen, sich an meine Andersartigkeit anzupassen?
Ich finde das muss auf Gegenseitigkeit beruhen.
Ich arbeite zum Beispiel mit einem Autisten (Erziehungsbeistandschaft) und ich erwarte, dass er sich so weit wie möglich den Strukturen anpasst, damit wir gut zusammen arbeiten können, genauso erkenne ich aber auch seine "abweichende" Wahrnehmung an und reagiere angepasst darauf, um es ihm so leicht wie möglich zu machen.

Eine "Arbeitsbeziehung" ist keine partnerschaftliche Beziehung, aber ich finde in dem Punkt vergleichbar: Beide Parteien müssen sich aneinander anpassen.
Ich finde es extrem schwierig, dass dein Partner sagt, du bist die mit der "falschen" Wahrnehmung. Das ist fürmich nicht mehr wertschätzend und keine Beziehung auf Augenhöhe.

Durch Depressionen, eine komplexe PTBS, Soziale Phobie, Anpassungsstörung und Zwangsstörung habe ich häufig auch eine andere Wahrnehmung als andere Menschen. Ich erwarte aber von meinem Partner, dass er das akzeptiert und vor allem respektiert, wenn ich die Hintergründe erkläre. Für die aktuelle Situation ist es häufig nicht angemessen, kennt man die Ursachen ist es das jedoch schon.
Gleichzeitig habe ich den Anspruch an mich selbst, meinen Partner so wenig wie möglich zu belasten und an "unangemessenen" Reaktionen zu arbeiten.
Gegenseitigkeit eben :zwinker:
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #8
Mal ganz anderer Punkt: Asperger ist keine Krankheit und in meinem Verständnis keine Behinderung, es ist eine Besonderheit und zwar in der Form, dass du neurologisch atypisch bist. In dem Moment, wo du das selbst anderen gegenüber Krankheit oder Behinderung nennst, machst du dich vor denen schon klein. Einfach weil die meisten Menschen schon im Begriff etwas sehen, das dich zu einem Makel macht. Asperger an sich ist aber kein Makel, er führt nur dazu, dass du mitunter Probleme hast, die andere nicht haben und die wiederum haben dafür andere Probleme, die du nicht hast. Du hast einfach nur diverse Dinge, die sich unter Asperger zusammenfassen lassen. Aber auch bei Asperger Autisten gilt: Kennst du einen Asperger Autisten kennst du einen Asperger Autisten.

Für deine generelle Bearbeitung rate ich dir, deine Themen hier mal zu sortieren. Diese ganze Polysache würde ich als gesonderten Bereich sehen. Erstmal würde ich mich an deiner Stelle damit beschäftigen, was ich nun mit dieser Diagnose mache und wie ich damit umgehe. Und so wie das gerade mit deinem Freund läuft, würde ich keine zusätzliche Baustelle in der Beziehung aufmachen. Mir scheint ihr solltet da erstmal eure grundsätzliche Kommunikation wertschätzender und wohlwollender betreiben. Sonst fliegt euch das mit Poly nur noch mehr um die Ohren.

Ich bin kein abschließend diagnostizierter Asperger Autist, aber dass ich innerhalb dieses Spektrums liege ist sehr sehr sehr wahrscheinlich, wie sich gerade im Umgang und Austausch mit anderen Aspergern immer wieder sehr deutlich zeigt. Bis heute hatte ich diverse Probleme im Sozialen und im Kommunikativen und erfülle da auch einige Klischees. Was ich aber für mich gelernt habe ist, dass ich auch nur 50% ausmache. Wenn mein Gegenüber also selbst nach diversen Erläuterungen mir noch immer Dinge auf gewisse Art auslegen will, dann kann ich da nichts machen.

Beispiel: ich bin sehr geradeheraus, pragmatisch und feststellend. Manche Menschen wollen mir dabei immer unbedingt eine böswillige, verletzende Absicht unterstellen, die es aber einfach nicht gibt. Das liegt daran, dass sie sich mit Metaebenen befassen, die an mir total vorbeigehen. Wenn ich also feststelle, dass jemand aber heute etwas krank und mitgenommen aussieht, dann würde ich das mitunter so formulieren. Dann gibts Menschen, die verstehen, dass sie in meinen Augen heute etwas krank und mitgenommen aussehen. Da ist alles okay. Dann gibts aber Leute, die unbedingt davon überzeugt sein wollen, ich hätte sie beleidigt und würde sie hässlich finden. Da biste chancenlos. Da kannst du einmal versuchen, zu erläutern, dass du exakt das gemeint hast, was du gesagt hast und nicht mehr, aber mehr eben nicht. Dazu scheint mir dein Freund zu gehören. Der weiß, was du meinst, wie du es meinst, der legts dir aber trotzdem negativ oder unzureichend aus. Was du hier verstehen solltest ist, dass das sein Problem ist und nicht deines. Nur weil du Asperger bist, heißt das nicht automatisch, dass die anderen alle sauber ticken. Die haben oftmals auch ihren Kram zu schaukeln. Anderen Kram, aber Kram.

Mein Freund und ich hatten anfangs auch so unsere Baustellen, gerade in Sachen soziale Interaktionen, wie du hier in meinen Threads nachlesen kannst. Wir haben das aber alles gut im Griff, weil wir es in den Griff kriegen wollen. Da gehts nicht ums gewinnen, nicht darum, wer Recht hat oder wer sich biegen soll. Wir erklären einander solange, bis wir einander verstanden haben. Da werden aber keine dressierten Phrasen abgerufen. Das ist eine Machtdemonstration und ein Kleinhalten, wo du ne Grenze ziehen solltest. Genau so wenig wie psychische Probleme ein Freifahrtsschein sind, ein Arsch zu sein, ist Asperger nicht das schwarze Loch, in das man allen Mist aka Verantwortung und Schuld werfen kann.

Angepasstes Verhalten vereinfacht gerade mit Fremden vieles. Ich habe mir da auch einiges angeeignet, was für mich nicht viel Wert hat, was man aber halt so macht. Mir erspart das Stress und das ist es mir dann eben Wert. Aber innerhalb seiner Partnerschaft sollte man der sein dürfen, der man ist und da würde ich eben an dich appellieren, bei dir selbst zu bleiben. Sei zugänglich für andere, lass sie dich verstehen, aber lass sie dich nicht kleinmachen.

Schau auch, wo deine Grenzen sind, wo du dich anpassen möchtest und wo du es nicht willst. Haushalte mit deiner Energie und versuche nicht, in den Augen von anderen richtig zu sein, sondern messe dich an dir und deinen eigenen Maßstäben. Du kannst es nie allen rechtmachen, aber du kannst es dir und deinem eigenen Kompass rechtmachen. Ich glaube, anders kann man keine wirkliche, innere Balance finden, weil eben auch die Außenwelt nicht homogen ist.
 
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Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #9
Vielen Dank für die vielen, wertschätzenden Antworten :smile:

Auf so vieles möchte ich eingehen, hab jetzt erstmal ein paar Sachen gefiltert:

du lässt dich ja anscheinend sehr schnell einschüchtern und gibst ihm recht, weil du Angst (?) hast.
So ist es - und zwar die Angst, ihm doch irgendwie Unrecht zu tun, weil er es ja "besser wissen" müsste. Wohlbemerkt "müsste", Zweifel daran habe ich auch. Ich umgehe also oft den Konflikt. Auftauchen tut er nur an den Stellen, wo ich ganz fest gesetzte Ideen habe bzw. gefühlt ganz klar zuviel von mir verlangt wird. Im Grunde is das auch ok so, also bis zu meiner Grenze hin zu gehen. Aber drüber hinaus möcht ich halt nicht. Das ist schwierig zu vermitteln an einige Menschen. Und ein bisschen treibt mich die Sorge um, dass ich mich jetzt hinter dem Autismus verstecke und immer sage "Ich kann das halt nicht" - das wäre ja auch unfair. Also eigentlich die Angst, nicht die angemessene Balance zu finden. Das trifft es am besten.

Es klingt ja so, als hättet ihr euch vor der Diagnose schon gekannt, das was du da als Probleme empfindest wird vermutlich schon damals gewesen sein. Hat er da genauso reagiert?
Richtig, wir kennen uns fast 4 Jahre. Es ist schwer zu sagen... es hat ihn wohl auch damals schon gestört. Er scheint aber erst jetzt das vermehrt zu äußern. Unter anderem vermute ich, weil wir durch beides, die Diagnose und die Idee, die Beziehung zu öffnen, auch mehr konfliktreiche Gespräche haben.

Beide Parteien müssen sich aneinander anpassen.
Ich finde es extrem schwierig, dass dein Partner sagt, du bist die mit der "falschen" Wahrnehmung. Das ist fürmich nicht mehr wertschätzend und keine Beziehung auf Augenhöhe.
So empfinde ich es ja auch - dennoch nagt der Gedanke an mir, dass ich da der Geisterfahrer bin. Natürlich ist "weil alle das so machen" kein Grund. Aber Konformität erleichtert das Miteinander doch ungemein. Vllt. muss ich noch richtig verinnerlichen, dass mir das eben nicht gegeben ist.

In dem Moment, wo du das selbst anderen gegenüber Krankheit oder Behinderung nennst, machst du dich vor denen schon klein.
Das habe ich auch nicht getan, anfangs zumindest nich. Und dann kam der Crash mit den Eltern, das hat mir n gutes Stück Sicherheit wieder genommen. Ursprünglich war ich mit der Diagnose total glücklich, weil ich ja ohnehin immer war, wer ich war. Aber nun gab es eine Erklärung! Das war gut für mich. Und dann ging es los mit Dingen, die zu tun waren, Therapie beantragen, Behinderungsgrad anerkennen lassen (30%), und all das hat mich tatsächlich in ein negativeres Mindset gesetzt, wenn ich so darüber nachdenke. Das sollte ich aber wieder hinbekommen. Die positive Welle an Erkenntnissen durch die Diagnose war nämlich echt riesig :smile:

Und so wie das gerade mit deinem Freund läuft, würde ich keine zusätzliche Baustelle in der Beziehung aufmachen. Mir scheint ihr solltet da erstmal eure grundsätzliche Kommunikation wertschätzender und wohlwollender betreiben. Sonst fliegt euch das mit Poly nur noch mehr um die Ohren.
Du beschreibst genau meine Befürchtung, die mit Grund für diesen Thread ist. Danke :smile: Die Öffnung der Beziehung stand allerdings zeitlich vor der Diagnose schon im Raum. "Rückzieher" sind nichts, womit ich mich wohlfühle. Aber ich denke, du hast Recht.

  • Bin ich glücklich, so wie ich bin?
  • Finde ich Menschen, die zu mir kompatibel sind und wer sind diese?
Beides zentrale Fragen, die ich zugegeben vor mir herschieben wollte, bis Therapiestart. Ich merke aber gerade, dass das nicht geht. Also lieber humpelnd vorwärts, als gar nicht. Auch wenn der Zugang zu meinen Gefühlen schwierig ist und oft alles nur ein einziger Brei an unsortierten, unreflektierten Empfindungen und Impulsen - glücklich bin ich nicht wirklich, zumindest nicht mit allem.

Soweit erstmal für jetzt und vielen Dank für eure Ideen und aufbauenden Worte :smile:
 
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C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #10
So empfinde ich es ja auch - dennoch nagt der Gedanke an mir, dass ich da der Geisterfahrer bin. Natürlich ist "weil alle das so machen" kein Grund. Aber Konformität erleichtert das Miteinander doch ungemein. Vllt. muss ich noch richtig verinnerlichen, dass mir das eben nicht gegeben ist.

Ich weiß, was du meinst. Aber soo konform sind die anderen auch nicht. In dem Moment, wo du dir das immer wieder sagst, grenzt du dich selbst noch mehr ab. Dabei gibt es genug, die wohl zu einem gleichen Ergebnis kämen wie du, nur über andere Wege. Ich habe mittlerweile auch einige Überschneidungen gefunden, die mir vorher fehlten. Klar habe ich die meisten und deutlichsten wie eindeutigen Überschneidungen mit anderen Asperger Autisten, aber auch mit Normalneurologischen gibt es da je nach Charaktertyp einige. Versuch nicht so sehr in dem Muster zu denken, dass du anders seist als die anderen, versuch eher zu denken, dass du anders bist als viele. Was wir denken bestimmt unser Handeln. Du bist kein Geisterfahrer, du fährst nur nach Hamburg statt nach München, aber links und rechts von dir fahren auch etliche nach Hamburg, die sitzen nur nicht alle in einem roten Polo wie du :smile:

Das habe ich auch nicht geran, anfangs zumindest nich. Und dann kam der Crash mit den Eltern, das hat mir n gutes Stück Sicherheit wieder genommen. Ursprünglich war ich mit der Diagnose total glücklich, weil ja ohnehin immer war, wer ich war. Aber nun gab es eine Erklärung! Das war gut für mich. Und dann ging es los mit Dingen, die zu tun waren, Therapie beantragen, Behinderungsgrad anerkennen lassen (30%), und all das hat mich tatsächlich in ein negativeres Mindset gesetzt, wenn ich so darüber nachdenke. Das sollte ich aber wieder hinbekommen. Die positive Welle an Erkenntnissen durch die Diagnose war nämlich echt riesig :smile:

Das ist gut. Balancier dich da wieder ein. Vielen hilft die Diagnose ja wirklich und wenn es bei dir genau den Effekt hat, ist das toll. Da würde ich dann raten, klar und kräftig nach außen zu kommunizieren, dass die Diagnose eben Dinge beantwortet, aber keine neuen Probleme schafft. Du bist jetzt keine Andere, du hast jetzt nur ein Label. Da würde ich sehr klar gegenhalten und mich dagegen wehren, dass die Leute mich plötzlich anders behandeln oder mein Verhalten plötzlich anders werten. Du bist dieselbe, du hast nur ein Etikett mehr. Ruhig gebetsmühlenartig wiederholen :smile: In meinem Umfeld führte das Labeln eher zu einem “Ach so nennt man das. Okay. Noch Kaffee?”, wohl etwas, dass dir mehr entgegenkäme. Aber für viele fängt mit dem Benennen das Problem erst an. Ist halt Unsinn, weil du ja noch dieselbe bist. Halte da einfach kräftig gegen. Ich könnte nun etliche Dinge aufzählen, die ich an “meinem” Asperger super finde. Wenn du also mal bisschen ins Schwanken kommst, probier ruhig mal, ob das für dich funktioniert :smile:
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #11
Der Beitrag von R Ratsuchende hat mich ganz besonders ans Nachdenken gebracht. Es gibt tatsächlich ganz viele Dinge, die mein Partner einfach so hinnimmt, quasi immer schon fraglos akzeptiert hat. Und es tut mir gerade deshalb auch irgendwie besonders leid, dass ich ihm eine Bitte oder eine Entschuldigung nur so "hintenherum" antragen kann - er fordert es auch nich knallhart ein, er sagt, dass er das braucht. Ein Dilemma bleibt es dadurch trotzdem, weil ich es schlichtweg seit 30 Jahren nicht zuwege bringe. Ich werde mal in mich gehen und abwägen, welche Schritte er bereits alle auf mich zugemacht hat, die ich vllt. vergesse oder übersehe. Und dann nochmal das Gespräch mit ihm suchen, wie wir auch bezügl. Entschuldigungen übereinkommen können. Es ist schön zu wissen, dass es Menschen gibt, denen es genug ist, dass etwas ausgeräumt wurde, egal wie und wann die Worte fallen bzw. der kleinlaute Zettel nach ner Woche aufm Nachttisch liegt :smile:
 
ugga
Benutzer172492  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #12
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #13
Off-Topic:
Off-Topic:

Wozu ist das bei Behinderungsgraden unter 50% eigentlich gut? Berufliche Vorteile etc hat man ja erstmal nicht?
Völlig off topic, Verzeihung :ashamed:

Die Vorteile kann ich dir auch nicht nennen. Interessiert mich aber auch. Die Nachteile sind z.B., dass man als Asperger gewisse Berufe gar nicht machen darf. Soweit ich weiß, darfst du als Asperger z.B. nicht Pilot sein.
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #14
Off-Topic:
Wozu ist das bei Behinderungsgraden unter 50% eigentlich gut? Berufliche Vorteile etc hat man ja erstmal nicht?
Völlig off topic, Verzeihung :ashamed:
Da gibt's nix zu verzeihen, ich hab die Frage auch gleich gestellt und tatsächlich differierende Antworten erhalten. In einem waren sich die meisten einig: Es schadet nicht und es macht ggf. den Antrag auf Mittel zurberuflichen Teilhabe bei der Rentenkasse (zwecks Umschulung) einfacher. Das war mir Grund genug. Und es liegt im Bereich des Möglichen, dass ich ne höhere Einstufung durchkriege.

[doublepost=1582269130,1582269012][/doublepost]
Off-Topic:
Soweit ich weiß, darfst du als Asperger z.B. nicht Pilot sein.
Das war mir neu - wieder was gelernt :smile:
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #15
Off-Topic:
Off-Topic:

Da gibt's nix zu verzeihen, ich hab die Frage auch gleich gestellt und tatsächlich differierende Antworten erhalten. In einem waren sich die meisten einig: Es schadet nicht und es macht ggf. den Antrag auf Mittel zurberuflichen Teilhabe bei der Rentenkasse (zwecks Umschulung) einfacher. Das war mir Grund genug. Und es liegt im Bereich des Möglichen, dass ich ne höhere Einstufung durchkriege.

[doublepost=1582269130,1582269012][/doublepost]
Off-Topic:

Das war mir neu - wieder was gelernt :smile:

Wusste ich auch nicht. Ich will zwar kein Pilot werden, aber das war einer der Gründe, warum ich mich nicht diagnostizieren lassen wollte. Da ich einen festen Beruf und eine Anstellung habe, hatte ich Angst, dass sich das für mich nachteilig auswirkt. Ich habe eine gute Bekannte mit Asperger, die es innerhalb ihres Jobs auch nicht anspricht - aus dem gleichen Grund. Wir sitzen beide in einer Branche, bei dem man uns dann recht leicht einen Strick aus dem Autismus drehen könnte. Aber das ist superindividuell und wenn es dir weiterhilft und in die Karten spielt, dann mach das auf jeden Fall. Ich habe mal eine Aspergerin auf Youtube verfolgt, die mit ihrer Diagnose auch im Job offen umgeht, was ihr wohl Vorteile als auch Nachteile gebracht hat. Daher wollte ich das bislang nicht ansprechen, weil das eine totale Einzelfallsache zu sein scheint :smile: Darüber hinaus gibts auch Asperger, die nicht für Vollzeitstellen gemacht sind und wo der Autismus dabei durchaus die entscheidene Rolle spielt. Bei denen ist es z.B. sehr wichtig, dass sie die Einstufung haben, weil das eben beim Amt eine Rolle spielt. Denen werden dann z.B. bestimmte Stellen nicht aufgedrängt usw.
 
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Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #17
Off-Topic:
Da ich einen festen Beruf und eine Anstellung habe, hatte ich Angst, dass sich das für mich nachteilig auswirkt.
Ich bin zurzeit nicht berufstätig und werde meine alte Tätigkeit unter keinen Umständen wieder aufnehmen - hatte viel zuviel mit Menschen und Empathie etc. zu tun. Und es gibt wohl in einigen Branchen super Modelle, die extra für Autisten gemacht sind. Also eine Art Alltagsbegleitung im Job, die z.B. bei zwischenmenschlichen Konflikten immer dazugeholt wird. Leider sind es wenige Branchen, aber der IT-Bereich zählt wohl dazu. Ich hoffe, dass mir das liegt, denn dahin kann ich mir ne berufliche Reise vorstellen.

[doublepost=1582271683,1582271270][/doublepost]Danke für deinen Beitrag Yurriko Yurriko :smile:
Es ist immer wieder wohltuend zu hören, dass viele Menschen gar keine großen Schwierigkeiten im Umgang mit Autisten haben.
Ich möchte damit sagen, auch ich hätte mit sowas wahnsinnige Probleme obwohl ich kein Asperger habe.
Hier habe ich mich vielleicht etwas unklar ausgedrückt: Mein Partner und ich sind uns einig, dass wir die Beziehung öffnen möchten und ich bin diejenige, die vermutet, sogar polyamor veranlagt zu sein. Meine Angst davor bezieht sich vielmehr auf die Umsetzung. Kriegen wir das ohne Missverständnisse hin? Oder legt uns mein Autismus da Steine in den Weg?
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #18
Kriegen wir das ohne Missverständnisse hin? Oder legt uns mein Autismus da Steine in den Weg?

Ich würde das nicht so auf den Autismus beziehen. Da können etliche Steine liegen, die mit deinem Autismus nichts zu tun haben müssen. Die Art, wie dein Freund von dir gewisse Phrasen abrufen will, sehe ich auch als großes Konfliktpotenzial an. Versuch nicht so defensiv mit deiner Diagnose umzugehen, das klingt in meinen Ohren immer mal so an :smile:
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #28
Ich versuche gerade, das mal umzudrehen. Wenn mein Partner sich nicht entschuldigen könnte, mir aber glaubhaft vermittelt, dass der Satz "Das war nicht böse gemeint"/"Ich wollte dich nicht verletzen" dem quasi gleichkommt - könnte ich das akzeptieren? Ja, ich könnte. Das ist mein Segen und mein Fluch, dass ich solche Absprachen immer und jederzeit ernst nehme und dann quasi den Baustein einfach austausche - weil ich ja eh keinen intuitiven Umgang damit habe. Setzt also jemand "A=1" ja: dann ist das so. Wenn er nen Tag später sagt "Mist, klappt nich, wir müssen A=2 nehmen" dann stelle ich das nicht oder wenn überhaupt nur kurz in Frage. Erscheint es mir logisch (und ein "Ich KANN oder WILL das ums Verrecken nicht" ist ein valider Grund!), dann nehme ich das so hin. Ist das so wenig neurotypisch? :what:

Keine Ahnung. Ich bin da aber genau so. Deshalb habe ich mit inkongruenten Menschen extreme Schwierigkeiten. Gibt sich also jemand total tough, ist aber superempfindlich und reagiert dann sehr stark auf eigentliche Kleinigkeiten, dann komme ich damit null zurecht, weil ich nicht weiß, ob ich nun darauf eingehen soll, dass derjenige gern tough wäre oder darauf, dass er gar nicht tough ist. Ich habe mit schwierigen Persönlichkeiten generell keine Probleme, solange die für mich kongruent sind. Ich kann mich auf diverse Menschen einstellen, solange die nach außen halbwegs kongruent zu ihrem Innenleben sind. Ist das nicht der Fall, ist das für mich unheimlich schwer. Aus dem gleichen Grund hadere ich deutlich extremer als neurotypische Menschen mit Lügen, Halbwahrheiten, Doppelmoral, Heuchelei etc und meine Grenzen sind da deutlich enger gesteckt als bei anderen. Gerade, dass Menschen dazu neigen, beim Verhalten anderer zu einem sehr großen Faktor einzubeziehen, wie sehr sie den mögen oder wie groß dessen geselschaftliche Stellung ist, treibt mich regelmäßig in die Verzweiflung. Ich bewerte Verhalten immer gleich, egal ob ich die Person mag oder nicht. Wenn jemand einen Kaugummi klaut, bewerten viele Menschen das unterschiedlich. Sie beziehen mit ein, dass sie selbst Kaugummis klauen/geklaut haben und finden es deshalb nicht schlimm. Oder der Kaugummidieb ist attraktiv und deshalb isses nicht so schlimm. Ist der Dieb aber unattraktiv, dann isses nicht okay. Ich würde jeden Kaugummidiebstahl gleich bewerten, egal ob ich schon mal einen Kaugummi geklaut habe, der Dieb meine beste Freundin oder Brad Pitt ist. Genau würde ich mit einbeziehen, welche Hintergründe das hat. Aber auch das würde ich wohl immer gleich bewerten. Und gerade da sind neurotypische Menschen oft wahnsinnig subjektiv und für mich unlogisch, unpragmatisch, emotional und nicht nachzuvollziehen.

Heißt also, ich käme auch gut damit klar, wenn bei jemandem “Sorry” gleichbedeutend ist mit “draußen regnets”. Aber dann muss das auch immer so sein und eine Änderung bedarf einer richtigen Ankündigung. Ich würde dann nicht drauf pochen, dass der sagen muss ”draußen regnets”, weil für mich einmal geklärt wurde, was “sorry” bei dem heißt. Deshalb bin ich z.B. auch nie nachtragend. Ist etwas geklärt, dann ist es geklärt.
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Hm, weiter oben steht's glaube ich noch, es sind generell alle wie du sagst "aufgeladenen" Phrasen, die mir Schwierigkeiten bereiten. Also auch ein "Bitte" oder ein "du fehlst mir" und dergleichen. Und wenn es nicht am Asperger liegt, dass mir das schwerfällt - was denkst du, woran es liegen könnte? Bin da ratlos.

Ich sehe da schon das Asperger... Zumindest, wenn du diese angesprochene Konnotierung nicht fühlst und dafür keine Intuition hast. Das ist eben ein Problem mit neurotypischen Menschen. Die wissen sowas einfach, wir müssen uns das anlernen. Die wissen manche Dinge einfach so, die sich oft noch nicht mal wirklich rational erklären lassen. Uns fehlt das oftmals, weil wir diese emotionale Beziehung nicht haben.

Mich macht es immer wahnsinnig, wenn man mir Emotionales mit “Das ist halt so” erklären will, weil ich das einfach nicht fühle, nicht verstehe, nicht nachempfinden kann. Dann nehme ich an, dass das eben für exakt die Situation für andere so gilt. Aber dann müsste ich mir millionen exakte Situationen merken, da ich da intuitiv nicht funktioniere. Und das ist eben fehleranfällig. Mir kann man zwar sagen, dass “Es tut mir leid” nicht dasselbe ist wie ”Ich bitte um Verzeihung”, aber ich fühle das nicht, ich vestehe es maximal faktisch, weil es nicht dieselben Worte sind. Aber die unterschiedliche emotionale Bedeutung kann ich nicht emotional erfassen, nur gedanklich. Ich fühle es einfach nicht.
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #30
C calessa raus aus meinem Kopf, das ist ja gruselig :ROFLMAO:

Nee, das sind einfach nur häufige Gemeinsamkeiten zwischen Aspergerautisten. Ich habe mich noch nie so verstanden gefühlt und noch nie jemanden so simpel, vollumfänglich und selbstverständlich begreifen, fühlen und verstehen könne wie meine liebe Bekannte mit Asperger. Es gibt Dinge, die bespreche ich nur mit ihr, weil ich auch mal das Gefühl brauche, das mich jemand wirklich innig versteht. So sind neurotypische Menschen auch, nur ist deren Becken größer als unseres :smile:

Auch wenn ich mit anderen Aspergern rede gibt es einfach Dinge, bei denen man endlich mal ein “Genau das!”-Gefühl hat. Und jenachdem worum es geht, findet sich diese Verbundenheit mit neurotypischen Menschen nicht. Ich kann meinem Freund gewisse Dinge noch so gut erklären, er kann es nicht erfassen. Bei meiner Bekannten sage ich grob worum es geht und die fühlt das einfach. Neurotypischen Menschen haben auch Gemeinsames, das sie eben einfach fühlen. Wir fühlen da halt nicht mit, fühlen woanders. Vll versuchst du mal Kontakt mit anderen Aspergern zu knüpfen. Mir hat der Austausch mit meiner Bekannten so so viel gegeben :smile:
[doublepost=1582279062,1582278866][/doublepost]
C calessa raus aus meinem Kopf, das ist ja gruselig :ROFLMAO:
[doublepost=1582278679,1582278351][/doublepost]Aber wie genau dieses "nicht erfassen/nicht fühlen können" damit zusammenhängt, dass ich emotionale Worte/Phrasen nicht aussprechen mag - das wäre noch spannend herauszufinden.

Ich würde vermuten, dass du da eine Konnotierung hast, die dazu führt dass “Entschuldigung” für dich in dem Moment nicht richtig ist. Vll verbindest du das mit enormer Schuld, die du in dem Moment aber nicht empfindest und deshalb kannst dus nicht sagen. Ich kann z.B. auch nur Dinge frei sagen, die ich wirklich meine. Sobald etwas nicht meine Worte sind fühle ich mich sehr unwohl. Sind es dann noch Worte, die in meinem Verständnis einfach nicht wahr sind, wird das Aussprechen fast unmöglich, weil es sich wie Lügen anfühlt und meine innerlichen Barrieren in Sachen Lügen immens hoch sind. Ich vermute also, dass dieses Wort dir nicht über die Lippen kommt, weil es irgendwie für dich nicht wahr ist. Ist aber nur eine Vermutung :smile:
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #34
Ich musste mich früher bei meinen Eltern für jeden Scheiß entschuldigen, so weit, so schlimm. Aber ich vermute, bei mir ist einprogrammiert, dass, wer sich entschuldigt, kleiner wird, an Wert verliert und generell danach weniger zu sagen hat. Und ja, das empfinde ich mittlerweile als falsch. Besonders,wenn ich von meinem Gegenüber vermute, dass er mich durch die Entschuldigung in der Defensive hält.

Was die anderen emotionalen Phrasen angeht - vllt stört mich, dass ich mir über die Interpretation oft so unsicher bin, mir das alles zu ungenau erscheint.

Klingt für mich unheimlich logisch und absolut nachvollziehbar. Das mit der Interpretation geht mir ähnlich. Habe da auch ähnliche Schwierigkeiten. Ich weiß oft nicht, wann und wie man bestimmte Phrasen benutzt.

Was deine Erfahrung mit dem Entschuldigen betrifft... Auch das ist logisch und stimmt oftmals ja auch. Viele Menschen sind nachtragend. Man entschuldigt sich zwar, es ändert aber nicht viel, aka funktioniert nicht. Ich kann auch ganz schlecht aushalten, wenn nach meiner Entschuldigung der andere noch immer sauer ist. Dass das normal ist, weiß ich, aber machts für mich nicht besser. Und wenn du das Gefühl hast, dass deine Entschuldigung eigentlich einem anderen Zweck dient (also nicht dem, dass sich deine Schuld ENTledigt), dann ist auch klar, dass du da solche Hemmungen hast. Jedenfalls mir ist das klar. Ob dein Gefühl sich dann in der Realität wiederfindet ist wieder so eine Sache. Aber ich kann die Verbindung ganz klar verstehen und für mich wäre es damit auch gut und ich würde das auf die Art nicht von dir einfordern. Aber da wären wir eben wieder...
 
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R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • #43
Ich bin ja durchaus wortgewandt (wenn ich will/wenn es sein muss, um im beruflichen Kontext etwas zu Zeitpunkt X zu erreichen).

Zudem bin ich auch noch relativ "festgefahren", was eigene Werte betrifft. Sodass mein Mann gerne die "Du betreibst Wortklauberei"-Keule rausholt.

Trotzdem kann ich mich recht gut auf ganz unterschiedliche Persönlichkeiten einstellen. Ich habe egal von wem, auch oft genug eine "Entschuldigung" erwartet. Das Wort "Entschuldigung" allein, bringt mir aber so rein gar nichts. Reden kann jeder viel, wenn der Tag lang ist. Für mich ist tatsächlich entscheidend, welches Gefühl ich dabei habe. Und wenn Person A sagt "Entschuldigung, das tut mit leid", dann ist es für mich - wenn das Gefühl rüber kommt, dass es ehrlich und von Herzen kommt - ziemlich wurscht wie das ausgedrückt wird. Ob es nun "Entschuldigung", "tut mit leid", "ich wollte nicht streiten" oder "kann ich schon mal die Spülmaschine ausräumen" ist.

Das Gefühl lässt sich mit ganz vielen unterschiedlichen Ausdrucksweisen transportieren. Ich bin dazu auch jemand, der kein "ich liebe Dich" hören muss, wenn es einfach "fühlbar" ist.

Ich bin der Meinung, dass man das auch ohne jeden "Verlust" anerkennen kann, dass jemand anderes als ich einfach auch eine andere Ausdrucksweise hat.
 
Yurriko
Benutzer174969  (31) Sehr bekannt hier
  • #44
Manchmal krieg ich nichmal diese Alternative zustande. Eher so ein "Ich seh, dass ich dich verletzt habe und das wollte ich nicht." Zu mehr reichts nich... leider.
Reicht doch völlig aus. Was will man mehr?

Hm, weiter oben steht's glaube ich noch, es sind generell alle wie du sagst "aufgeladenen" Phrasen, die mir Schwierigkeiten bereiten. Also auch ein "Bitte" oder ein "du fehlst mir" und dergleichen. Und wenn es nicht am Asperger liegt, dass mir das schwerfällt - was denkst du, woran es liegen könnte? Bin da ratlos.
Ich kenne viele, die weder bitte noch danke oder degleichen sagen. Im Gegenzug sage ich quasi immer "bitte", "danke" und "entschuldigung" aus Höflichkeit bei Personen, die mir fremd sind.
Ein "Du fehlst mir" oder "Ich liebe dich" oder solche Floskeln hört mein Partner auch eher weniger, mittlerweile bissel mehr, aber von Natura würde ich das so gut wie gar nicht sagen. Nicht weil ich ihn nicht liebe sondern weil's meine Art ist.

Du solltest dir Gedanken machen, wie du sein möchtest und weniger, wie dein Partner oder wer auch immer dich haben will. Ich finde nämlich, irgendwo sollte jeder Grenzen ziehen, an der derjeniger einfach sagt "Stopp, das gehört zu mir, so bin ich, das muss du akzeptieren".
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #52
Weil ichs gerade lese: Das mit der Empathie... Mir wird und wurde auch sehr oft vorgeworfen, ich sei nicht empathisch. Das ist Quatsch, denn ich bin sehr empathisch, nur kann ich Menschen oft nicht gut lesen. Wenn ichs dann aber gecheckt habe, bin ich äußerst empathisch und mitfühlend. Ich brauche nur manchmal extralange um etwas zu verstehen. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass du, Agent_of_Asgard Agent_of_Asgard (Grüße an ASP) nicht gerade empathisch bist. Sollte man dir das also auch immer einreden, dann nimm dir das nicht an. Mich regt das auf, weil ich das echt sehr oft höre und es immer sehr negativ gemeint ist. Auch Autisten sind Empathen, sie haben nur manchmal ne längere Leitung, aber das ist nicht dasselbe.

Dein Freund regt mich auch auf und ich finde es gut, dass du mal gegengehalten hast. Da würde ich nochmal ein persönliches Gespräch suchen und das auch nicht beenden, bevor da nicht irgendwas erarbeitet wurde. Weiterhin rate ich dir, bei solchen Sachen weiterhin gegenzuhalten und für dich einzustehen. Das ist nämlich auch für dich wichtig.

Dass er eure Diskussion entgegen eurer eigentlichen Absprache verlässt, wäre für mich auch massiv schwierig. Ich kann damit überhaupt nicht umgehen, finde dann keinen Schlaf, bin sehr aufgewühlt und kann mich kaum auf etwas Konzentrieren. Mein Partner weiß das und geht entsprechend damit um. Da ihr diese Absprache an sich auch habt, würde ich auch das nochmal auf den Tisch bringen.

Das er sich mit der Frau trifft ist blöd und da jetzt nachträglich noch etwas zu sagen, hätte sicher den Beigeschmack, dass du Dinge aus Wut heraus nun hochstapelst... Schwierig... Wüsste auch nicht, ob ich da nun was sagen würde oder nicht. Aber da arbeite künftig dran :smile:

Generell finde ichs aber super, dass du für dich eingestanden bist, bleib dabei. Was du von deinem Freund erzählst, regt der mich viel mehr auf als alles andere in diesem Thread. Mir kommt der in Diskussionen recht unreif und unreflektiert vor. Dass er dir immer wieder vorwirft deine Gefühlen wären falsch, ist so verdammt übergriffig und auf so vielen Ebenen falsch, dass ich gar keine Worte finde. Das dann gerade SO jemand auf bestimmte Phrasen setzt, ist für mich eben da nur Machtdemonstration und Kleinhalten. Und das hat auch mit deinem Autismus nix zu tun. Auch normalneurologische Menschen fühlen nicht alle gleich, im Leben nicht. Die würden das gleiche Spiel vll auch auch langweilig finden. Schau, dass du da noch etwas besser trennst. Sein Verhalten, das du hier beschrieben hast, hat mit deinem Autismus für mich nix zu tun, das wäre auch für andere Menschen sehr wahrscheinlich nicht in Ordnung und da ebenso wenig angebracht.
 
Yurriko
Benutzer174969  (31) Sehr bekannt hier
  • #53
Muss im Leben alles zu 100% geklärt sein?
Das muss jeder für sich entscheiden, was akzeptabel ist und was nicht. Bei mir ist auch nicht immer alles zu 100% geklärt, das sind aber dann Nebendinger, die mich nicht so interessieren bzw. wo eine Diskussion es einfach nicht wert ist. Das muss jeder für sich definieren. Wenn es dich aber nicht stört, wieso denkst du dann so darüber nach? Das würde ich schon als Indiz nehmen, dass es für dich wohl doch wichtig wäre da eine Lösung zu finden.

Ich nehm mal ein Beispiel, wo mir die Diskussion zu mühseelig geworden wäre. Mein Partner hat von seinem Vater eine Sammelleidenschaft geerbt. Er sammelt Krempel, weil "daraus kann man ja noch etwas basteln". Da kann ich diskutieren, wie ich will, diese Eigenschaft wird bleiben. Anstatt es also 100% zu lösen, sind wir auf einen Kompromiss gekommen, der zumindest das ganze im Rahmen hält. Seitdem denke ich net mal wirklich darüber nach bzw. wenns mir auffällt, muss er es eben beseitigen. Der wesentliche Punkt bei dieser Geschichte ist, ich hab es nicht zu 100% lösen können, aber soweit das es mich nicht mehr beschäftigt und somit die Beziehung nicht mehr belastet.

Und hier tickt jeder anders und jeder muss für sich entscheiden, was akzeptabel ist und was nicht.

Von deinen Erzählungen her wäre dein Freund z.B. für mich nicht akzeptabel, allen voran weil mir das Akzeptieren meines Wesens wichtig ist. Auch Sachen wie
Im ersten Moment stimmte er mir auch zu - um mir danach zu erklären, dass ich aber trotzdem einen Fehler mache, weil ich das nur langweilig finde, weil ich es nicht richtig verstehe/bewerte.
wären für mich ein Streitpunkt bzw. es würde darauf hinauslaufen, dass ich aus protest ihm das Spielkonzept madig rede :rolleyes: Aber das ist eben meine Ansicht und meine Vorstellungen von einer Beziehung. Muss aber wie gesagt jeder für sich selber entscheiden, was er möchte, was er aushält und wo er einfach nachgibt.
 
Sun am See
Benutzer138543  (28) Sehr bekannt hier
  • #66
Puh, das wird hart... gerade nur das Thema kurz angerissen und schon hat's fast wieder gekracht.
Was sagt er? Mir erscheint eure Beziehung nach wie vor nicht auf Augenhöhe.
[doublepost=1582621326,1582621110][/doublepost]
Also ja, eigentlich so wie ich's mir gewünscht habe. Bloß nich so richtig.
Ich kenne das. Meist läuft es dann doch anders als man dachte :knuddel: Aber da müsst ihr halt echt lernen vernünftig miteinander zu kommunizieren bzw. muss er vor allem deine Gefühle respektieren und ernst nehmen. Ansonsten sehe ich die Beziehung spätestens beim Öffnen zum Scheitern verurteilt :/
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #71
Oh, ihr seid alle so super :smile:

Es is grad zeitlich nich drin, auf alles wirklich einzugehen. Ich werd's mir alles nochmal in Ruhe anschauen, bevor wir nochmal reden heute Nachmittag.
Im Grunde sind wir jetzt bei "ok, deine Gefühle mögen sein, wie sie sind, aber erstens kommunizierst du schlecht (ach echt?) und zweitens interpretierst du falsch, was ich sage. Wenn da dann Gefühle draus resultieren, liegen die ja in deiner Fehlinterpretation begründet. Und deine Art zu kommunizieren is für mich verletzend - aber in dem Fall kann es keine Fehlinterpretation sein."

Also ich sage Dinge, die er quasi nur falsch interpretieren kann und versteh ihn immer falsch. Dass es dann umgekehrt genauso gelten müsste, sieht er nicht. Wie mach ich ihm das begreiflich?

Ich bin da mittlerweile unerbittlich und wirklich gnadenlos. Was für mich gilt, gilt auch andersherum und das wiederhole ich gebetsmühlenartig und weise immer wieder darauf hin. Wenn er dir vorwirft, dass du schlecht kommunizieren würdest, dann frag, was er genau meint, wie er dasselbe stattdessen ausdrücken und formulieren würde. Bleib da ruhig dran. Wenn du angeblich falsch interpretierst, dann hake nach, wie er das denn nun genau meint, was er dir sagen wollte und zwar solange, bis es dir klar ist.

Bitte andersherum ebenfalls darum, dir nicht alles direkt negativ auszulegen, sondern eben auch bei dir nachzuhaken. Zeige ihm seine Inkonsequenz auf und das mit Beispielen. Lass dich da auch nicht beirren. Wenn du mangelnde Logik und Inkonsequenzen feststellst (und als Autist bist du darin wahrscheinlich ziemlich gut und auch fair), dann kommuniziere diese und lass dich nicht beirren. Stell klar, dass das, was für dich gilt auch für ihn gelten muss. Frage nach, wie er sich die Formulierung stattdessen gewünscht hätte, mache ihn aber auch drauf aufmerksam, wenn er sich selbst nicht daran hält. Menschen sind natürlich massiv fehlbar, ja. Aber du musst dich auf gewisse Grundsätze verlassen können. Wenn er permanent springt, wie es ihm passt, dann hast du einfach keine Chance, dich auf ihn einzustellen. Das muss ihm klarwerden. Zumal es auch einfach sehr unfair ist, an sich selbst andere Maßstäbe anzulegen als an den Gegenüber. Da sind Autisten oft etwas genauer und kleinlicher und ja, das nervt und du musst es auch nicht auf die Spitze treiben. Aber nur so zeigst du ihm auf, wo er bei dir eben ungerecht ist.
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #72
Da sind Autisten oft etwas genauer und kleinlicher und ja, das nervt und du musst es auch nicht auf die Spitze treiben.

Davon hab ich mich zu sehr bremsen lassen.Das seh ich jetzt
 
Flöchen99
Benutzer124657  (24) Meistens hier zu finden
  • #73
Und Agent_of_Asgard Agent_of_Asgard ihr seid mir total sympathisch :knuddel:Bei mir liegts an der Sozialphobie. Ich konnte früher auch nirgendwo anrufen, auch Arzttermine ect hat meine Mutter noch lange für mich gemacht oder ich bin lieber direkt vorbei gegangen..
Kenne ich auch ein bisschen. Ich hab das auch ganz lange für komisch gehalten, bis ich einer Person begegnet bin, die dasselbe Problem hatte :seenoevil:.
Mittlerweile geht es ganz gut. Aber vor nicht langer Zeit bin ich auch lieber noch persönlich irgendwo vorbei gegangen als kurz anzurufen.
Eines Tages musste ich dann ein paar Telefonate nach Frankreich führen und mein Französisch reicht in etwa so weit, dass ich ohne nachzuschlagen fragen kann, ob man denn Englisch spricht. Und leider sprechen viele Franzosen nicht so gut Englisch. Also hab ich meine Angst überwunden und da eins nach dem anderen angerufen. Teils ging niemand ran, ich war gefühlte Ewigkeiten in der Warteschlange, dann sollte ich jemanden zurückrufen, teils wurde nicht verstanden was ich wollte, sodass ich noch mein mageres Französisch zuhilfe nehmen musste. Beim allerletzten Anruf wurde ich dann in so eine Auswahlschleife weitergeleitet, auf Französisch und nach 2 Durchläufen wurde automatisch aufgelegt. Da hab ich dann aufgegeben. Und dieser Tag war wohl das Schlimmste was mir am Telefon passieren konnte, daher bin ich mittlerweile echt gelassen, solange ein Telefonat nicht gerade total wichtig ist oder nach Frankreich geht ^^.

Ich bin dir total dankbar für den Zuspruch - den brauch ich immer, wenn es um meine Bedürfnisse geht. Und das hat mir eins gezeigt: Ich reagiere besonders empfindlich darauf, dass jemand auch nur leichte Zweifel an meinen Empfindungen äußert, weil ich ihnen selbst nicht traue! Perverserweise, weil ich mich soviel mit den Meinungen anderer auseinandersetze (auch, weil sie mir so unverständlich sind und ich ewig brauche, um alles aufzuschlüsseln). Manchmal weiß ich nichmal mehr genau, obbich zu etwas überhaupt eine eigene Meinung/Emotion habe, oder das ein Wirrwarr aus dem ist, was andere von mir erwarten.
Das kenne ich, teilweise zumindest. Ich bin früher bei Kritik an mir immer gleich eingeknickt, weil mir als Kind so oft eingeredet wurde, ich sei „falsch“. Aber das ist keiner von uns! Jede*r hat eigene Gefühle und Bedürfnisse, und darf dafür einstehen!
Und wer dir das anspricht oder deine Gefühle und Bedürfnisse kleinredet, nimmt dich als Person nicht ernst, respektiert dich nicht.
Es gibt leider Menschen, die da Probleme mit haben. Wenn es nur Bekannte oder Fremde sind, ignoriert man sie am besten, stehen sie einem nahe, sollte man das ansprechen. Und das tust du ja auch schon, das finde ich super! Lass dich da nicht unterkriegen.

Das ist die eine Stimme auf meiner Schulter. Die andere sagt: "Deine Ansprüche sind zu hoch. Es heißt Kompromiss, wenn beide mal einen Schritt auf den anderen zu machen." Und die vielen Schritte auf mich zu macht er ja, nur eben in anderen Bereichen. Und für die bin ich ja auch dankbar.
Lass dich da nicht klein machen! Kompromisse sind gut und wichtig. Aber wenn einer ständig auf den anderen einhaut, ist nachzugeben nicht, einen Kompromiss zu finden.
Ich kenne das von meinen Eltern bzw. von meinem Vater. Er hackt sehr gerne auf anderen herum, ist was eigene Fehler eingeht aber total uneinsichtig. Er versucht da aktiv, andere klein zu halten, ob bewusst oder unbewusst.
Und das hat lange funktioniert, ich hab mich zurückgehalten, um den „Familienfrieden“ zu wahren, das hat mir selbst aber überhaupt nicht gut getan. Im Rückblick weiß ich, nur mein Aufbegehren und Dagegenhalten konnte dafür sorgen, dass wir uns wieder auf Augenhöhe begegnen. Und ich bin heute sehr glücklich mit meinem Leben, aber nur weil ich meine Bedürfnisse durchgesetzt habe - und mich nicht weiter habe kleinreden lassen.

Objektiv und argumentativ kann ich mir sowas auch aufschlüsseln, aber es wühlt mich eben emotional so auf, dass ich gar nicht runterkomme. Ich finds aber gut, dass du dich da so auf ihn einlassen kannst. Ich würde das bei meinem Freund auch gern mehr machen, es fällt mir aber echt schwer. Ich
Mir setzen ungelöste Konflikte auch total zu. Ich rede lieber die halbe Nacht durch als mit einem ungelösten Konflikt schlafen zu gehen. Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch und es gibt kaum etwas, was mich mehr stresst. Außerdem verunsichert mich das total, weil ich dann nicht weiß, wie ich mich verhalten soll.
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #74
Davon hab ich mich zu sehr bremsen lassen.Das seh ich jetzt

Kenne ich und halte da auch ganz schwer Maß. Mir fallen andauernd Ungereimtheiten auf oder Dinge, wo Menschen mit zweierlei Maß messen, ungerecht sind, unlogisch sind. Ich muss mir da echt auf die Zunge beißen, meine Mitmenschen nicht auf jede Kleinigkeit hinzuweisen. Da zu filtern, was nun wesentlich ist, ist nicht immer einfach. Versuche da Prioritäten zu setzen (japp.. Königsdisziplin für einen Autisten... ALLES ist wichtig...). Nimm vll Bezug dazu, was beziehungsrelevant ist, was dich verletzt und sich wiederholt und ernsthafte Konsequenzen hat.
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #75
YourLifeYourChoice
Benutzer173306  (34) Benutzer gesperrt
  • #76
1. entschuldigen sich Menschen für Versehen und Unfälle. Also nicht intentionale Dinge. Da kann ich mich bemühen, das zu verhindern, aber das muss nich gelingen (etwas vergessen z.B.)
Das stimmt,in diesen Fällen ist es tatsächlich nicht möglich es in der Zukunft zu verhindern. Dann wird hier mit einer Entschuldigung nur Anerkennung für die negative Gefühle des Anderen + Verantwortungsübernahme dafür kommuniziert
2. sagt meine Erfahrung, dass sich Menschen auch bei mir mehrfach für das gleiche Verhalten entschuldigt haben.
Na ja,sich etwas vornehmen und es tatsächlich durchzuziehen sind zwei verschiedene Sachen :grin: Da funkt tatsächlich menschliche Schwäche dazwischen. Man braucht oft mehrere Anläufe bis eine Sache gelingt/man es wirklich lernt.

Wäre da dann aber vllt. der Satz "Ich werde mich bemühen XY in Zukunft zu vermeiden" hilfreich?
Wenn du dazu noch so was wie "ich erkenne deine negative Gefühle an" sagst, dann wäre es für mich ausreichend. Muss aber nicht hieißen, dass es für deinen Freund ebenso gilt :zwinker:
Manchmal weiß ich nichmal mehr genau, obbich zu etwas überhaupt eine eigene Meinung/Emotion habe, oder das ein Wirrwarr aus dem ist, was andere von mir erwarten.
Geht vielen neurotypischen Menschen auch so.
Es heißt Kompromiss, wenn beide mal einen Schritt auf den anderen zu machen."
Ich finde einen Kompromiss auch nicht immer die beste Lösung. Ich bevorzuge auch lieber einen Konsens wo beide 100% statt 50:50 bekommen.
Wenn ich das so beim Namen nenne,also "Sprich mir doch bitte mein Gefühl nicht ab." sagt er manchmal "Tu ich doch gar nich/Das verstehst du falsch/überinterpretierst das/legst meine Worte auf die Goldwaage".
Ich glaube du könntest hier positiv statt negativ kommunizieren. Also statt "mach das nicht" , "mach das". Von mir aus mit einem Bitte:grin: Also "bitte nimm meine Gefühle ernst" oder "es ist mir wichtig dass du meine Gefühle ernst nimmst". Weil die negative Formulierung oft als Vorwurf rüberkommt und zu einer Rechtfertigung statt Einsicht führt.

Das bringt mich dann aus dem Konzept. Und dann denk ich, vllt. hat er Recht und breche ab.Und es ist ja möglich, dass ich da übertreibe.
Ich glaube dein Freund hat's einfach verstanden, wie er dich aus dem Konzept bringt. Er kann dir im Prinzip bei jedem Konflikt sagen, dass du seine Aussagen falsch interpretierst, und du kannst es nicht einschätzen ob es so ist. Das weiß er, deswegen sagt er das auch, wissend dass du nicht widersprechen wirst. Also er nutzt ganz schön seinen Machtvorteil dir gegenüber aus.

Ich würde grundsätzlich davon ausgehen, dass deine Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse und Interpretationen richtig sind. Ich finde so wie du hier rüberkommst, interpretierst du schon sehr gut. Also du kannst mMn deinen Fähigkeiten schon trauen. Deswegen würde ich mich da nicht klein reden lassen. Das was dein Freund macht nennt sich Gaslighting. Also Verdrehung der Realität. Um daraus für sich einen Nutzen zu ziehen. Ganz schön fies von ihm.

Besonders in der Situation mit deiner Arbeitskollegin konnte ich es ganz gut sehen. Du sagst dass du nicht möchtest, dass er sie jedes Mal nach Hause fährt. Und er antwortet "mir egal, mache ich trotzdem, weil.." Das würde ich unter Ignoranz und fehlendem Respekt verbuchen. So ist Eifersucht auf deiner Seite vorprogrammiert.

Und auch die Lüge "ich koche für jeden unserer Freunde", obwohl du siehst, dass es nicht stimmt. Ich würde ihm dann auch so sagen, dass er lügt. Diese Lüge ist dazu da um dich zu verwirren, so dass du deiner Wahrnehmung nicht mehr traust, weil dann kann er alles machen was er will und du denkst, du bist eben falsch. Höchst toxisch. Ich finde Menschen die lügen, können auch betrügen, sind also nicht vertrauenswürdig. Pass also auf dich auf und lass dich nicht unterkriegen.

Bedenke auch, dass dein Freund nur dann einen Machtvorteil hat, wenn du es ihm erlaubst, diese Macht zu haben. Also wenn du es ihm erlaubst zu entscheiden was richtig und was falsch ist. Er kann dir also nur dann einreden, dass deine Wahrnehmung falsch ist, wenn du tatsächlich daran zweifelst. Sobald du sicher wirst, dass deine Wahrnehmung richtig ist (schließlich hast du in deinem Leben schon viel über Emotionen gelernt und deinen Autismus so gut wie kompensiert), kann er nichts machen. Er kann dir so oft sagen, dass du falsch bist wie er will. Wenn du weißt, du bist richtig, und darauf bestehst, bleibt er machtlos.
 
Zuletzt bearbeitet:
R
Benutzer167777  (37) Verbringt hier viel Zeit
  • #77
Mit meinem Mann hatte ich die ersten Jahre in Konfliktsituationen ähnliche Probleme.

Er war auch ganz schnell damit, dass ich alles "falsch" sehe, mich "anstelle" oder "das" einfach falsch "ist".

Ich habe ihm das mit fortschreitender Zeit immer übler genommen (auch wenn ich wusste, woher es kommt. In seiner gesamten Familie werden grundsätzlich keine Meinungen sondern Absolutismen geäußert. Also "das ist falsch!/dumm!/lächerlich!/Nicht richtig!").

Aber: es ist mir herzlich egal, wie seine Familie das handhabt. Wenn die grundsätzlich wenig wertschätzend miteinander reden und jeder so tun will, als habe er allein die Weisheit mit Löffeln gefressen, dann sollen sie das unter einander so halten wie sie wollen. Wer sich aber meiner Familie zugehörig sehen will, der benimmt und äußert sich den anderen Familienmitgliedern gegenüber zugewandt und wertschätzend. Punkt.

Wir hatten ganz oft die Situation, dass ich o.g. bemängelt hatte und er dann "Wortklauberei" attestierte und andersherum dann genauso, wenn ich ihn wörtlich genommen hatte, meinte, ich verstünde ja alles falsch. Da werde ich allerdings echt wütend. Und auch irgendwann echt laut (normalerweise bin ich eher oft zu leise). Pipi-Langstrumpf-Manier in Konflikt-Situationen geht gar nicht.

Ich würde da auch nicht mehr drum herumtanzen. Bei uns hat es einen zurückgegebenen Verlobungsring gekostet, bis er auf die Idee kam, dass er es doch mal so ernst nehmen sollte, wie ich mir schon den Mund fusselig geredet hatte, dass es mir ernst ist.

Er hat es nie mit böser Absicht getan, aber eben mit einer Sorglosigkeit, die ich ziemlich unangebracht fand, im Bezug auf unsere gemeinsamen Pläne.
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #78
Ich gehe später im Detail auf all die lieben, hilfreichen Beiträge ein.

Das erste Zwischenwrgebnis ist leider nich so gut. Als ich meinte, ob ein "Ich sehe, dass du wegen meines Verhaltens verletzt bist. Das war nicht meine Absicht und ich arbeite daran, dass das nicht wieder passiert" nicht reicht. Er sagt, wenn er emotional beteiligt ist, dann versteht er erst später, was ich gemeint habe. Blöd.

Abgesehen davon komme ihm das oft so vor, als käme hinter meiner Entschuldigung ein "aber". Alsnich sagte "Das gibt es nicht, ich sage das schließlich nicht" half das auch nicht. Er sieht das, dann ist das da. Punkt.
Wenn ich bei ihm sowas "interpretiere" muss ich es aber hinnehmen, wenn er sagt, da is nix. Auf dieses Ungleichgewicht angesprochen, hatte er keine Antwort.
Im Kern sind wir darüber hinaus an den Punkt gelangt, dass er ja momentan soviel Stress hat, vor allem weil es ihn auch belastet, wenn's mir schlecht geht. So schlimm isses nur aus meiner Warte nicht. Er spricht oft davon, ich würde ihm "aufbürden, damit klarzukommen, dass ich mich nicht entschuldigen kann". Und zeitgleich macht er mich für sein Glück viel zu sehr verantwortlich. Hab ihm gesagt, dass er da dran arbeiten muss, weil ich nicht zu 100% für sein Glück verantwortlich kann/sein will. Er will sich ne Therapie suchen. Das ist ja,,trotz einiger ungeklärter Dinge, schonmal ein Ansatz.
 
C
Benutzer157234  (36) Meistens hier zu finden
  • #79
Das erste Zwischenwrgebnis ist leider nich so gut. Als ich meinte, ob ein "Ich sehe, dass du wegen meines Verhaltens verletzt bist. Das war nicht meine Absicht und ich arbeite daran, dass das nicht wieder passiert" nicht reicht. Er sagt, wenn er emotional beteiligt ist, dann versteht er erst später, was ich gemeint habe. Blöd.

Naja... Wenn das klar ist, dann beendet doch die Situation und lass ihn Abstand gewinnen. Dann entschuldigst du dich auf deine Art, die er mit Abstand offenbar doch versteht und dann lass ihn runterkommen. Du musst dann halt aushalten, dass deine Entschuldigung erstmal nicht reicht. Aber vll ist das nen Versucht wert, wenn es mit Abstand dann eben doch okay ist für ihn. Oder verstehe ich dich gerade falsch?

Abgesehen davon komme ihm das oft so vor, als käme hinter meiner Entschuldigung ein "aber". Alsnich sagte "Das gibt es nicht, ich sage das schließlich nicht" half das auch nicht. Er sieht das, dann ist das da. Punkt.

Metaebenen... Mein Todfeind... Ich will immer brechen, wenn sich Leute über Dinge aufregen, die ich nicht gesagt habe, von denen sie meinen, ich hätte sie gedacht. Ich sage, was ich sage und ich sage, was ich denke. Wenn ich kein “aber” sage, dann ist auch keines. Ich bin viel zu schlecht in der Lage, meine Gedanken zu filtern, wenn ich emotional bin, als das ich ein Aber denken könnte, ohne es dann auch auszusprechen. Das ist soooo normal für neurologisch normale Menschen und es macht mich rasend. Die unterstellen einem Dinge, die sie denken und nicht die man gesagt hat. Ich hasse das sooo sooo sehr. Da muss er einfach einsehen, dass du so nicht tickst, dass er nehmen soll, was du sagst. Was sollst du auch machen? Sagen, dass du etwas nicht sagst, weil du es nicht meinst? Was ein Irrsinn. Ich erkläre auch dabei immer und immer wieder, dass man mir gerade etwas vorwirft, was nur in dem eigenen Kopf aber nicht in meinem war. Dabei bin ich dann auch sehr konsequent und betone gerne mal, dass ich besser weiß, was in meinem Kopf ist und wie anmaßend der andere gerade ist, wenn er mir das abspricht. Da hilft nur gegenhalten und immer wieder erklären. Das ist einer der nervigsten Dinge, die mir im Umgang mit normalneurologischen Menschen am meisten auf den Sack gehen, weil ich es als absolut ungerecht und übergriffig finde, mir sagen zu wollen, was ich gedacht habe und damit auch noch falsch zu liegen. Das Ding ist, dass normalneurologische Menschen untereinander da sicherlich öfter richtigliegen. Aber bei uns eben nicht. Muss man ihnen sagen... Geht nicht anders :smile:

Wenn ich bei ihm sowas "interpretiere" muss ich es aber hinnehmen, wenn er sagt, da is nix. Auf dieses Ungleichgewicht angesprochen, hatte er keine Antwort.

Super reagiert! Das würde ich mir als Strategie merken. Weise ihn darauf ruhig regelmäßig hin. Vll fällt der Groschen irgendwann :smile:

Er spricht oft davon, ich würde ihm "aufbürden, damit klarzukommen, dass ich mich nicht entschuldigen kann". Und zeitgleich macht er mich für sein Glück viel zu sehr verantwortlich. Hab ihm gesagt, dass er da dran arbeiten muss, weil ich nicht zu 100% für sein Glück verantwortlich kann/sein will. Er will sich ne Therapie suchen. Das ist ja,,trotz einiger ungeklärter Dinge, schonmal ein Ansatz.

Denke auch hier hast du wieder gut aufgeschlüsselt und prima reagiert, agiert und kommuniziert. Und was das nicht entschuldigen können betrifft, verweise ich gern auf meinen ersten Absatz und ergänze, dass du dich entschuldigen kannst, aber nicht mit seinen vorgekauten und dressierten Wortphrasen. Auch darauf würde ich mal bestehen. Zumal deine Worte mit Abstand bei ihm ja fruchten.
 
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Ԝіnter
Benutzer176976 Sorgt für Gesprächsstoff
  • #80
Off-Topic:

Das erste Zwischenwrgebnis ist leider nich so gut. Als ich meinte, ob ein "Ich sehe, dass du wegen meines Verhaltens verletzt bist. Das war nicht meine Absicht und ich arbeite daran, dass das nicht wieder passiert" nicht reicht. Er sagt, wenn er emotional beteiligt ist, dann versteht er erst später, was ich gemeint habe. Blöd.

Den ganzen Thread über denke ich schon, wie irre merkwürdig ich das finde.
Und dann überlege ich, wann bei mir zuletzt in einer Entschuldigung das Wort "Entschuldigung" gefallen ist.
Ich weiß es nicht, weil mir das Wort als solches ziemlich herzlich egal ist.

Leute sagen: "Also, entschuldigen Sie mal" als Einleitung zu einer Beschwerde.
Leute sagen: "Entschuldigen Sie bitte" um auf sich aufmerksam zu machen.
Leute sagen: "Entschuldigung" als leere Floskel, um irgendwas vom Tisch zu wischen, ohne sich genauere Gedanken darüber zu machen.

Leute sagen auch Entschuldigung, wenn ihnen etwas leid tut und sie tatsächlich nachvollziehen können, dass etwas nicht in Ordnung war.

Aber dafür braucht es dieses eine Wort nicht.

Und wenn es um mehr geht als um eine Kleinigkeit ("Du hast mich nicht ausreden lassen!" "Entschuldigung, red weiter") dann finde ich, ist eine Entschuldigung (im Sinne von: "Ich sehe, dass ich dich verletzt habe und das war nicht meine Absicht") wenig wert, wenn dahinter kein "in Zukunft möchte ich das gerne anders lösen" kommt.

Und in meinem Kopf ist das irgendwie verknüpft. Also, dass Leute die einfach nur "Tschulli, wollt ich nicht" sagen, tendenziell genau die sind, die noch 100x "tschulli, das wollt ich nicht" sagen.

Im Gegensatz zu denen, die sagen:
"Ich sehe, dass mein Verhalten dich verletzt hast. Das war ganz sicher nie meine Absicht und ich arbeite daran, dass das nicht wieder passiert"
 
Zuletzt bearbeitet:
Flöchen99
Benutzer124657  (24) Meistens hier zu finden
  • #81
Off-Topic:
Den ganzen Thread über denke ich schon, wie irre merkwürdig ich das finde.
Und dann überlege ich, wann bei mir zuletzt in einer Entschuldigung das Wort "Entschuldigung" gefallen ist.
Ich weiß es nicht, weil mir das Wort als solches ziemlich herzlich egal ist.
Dem kann ich mich anschließen. Ich sage dann eben „es tut mir leid“ oder so. Und entsprechend der Situation gehe ich da ggf. noch näher darauf ein. „Entschuldigung“ ist, wenn mir etwas wirklich leid tut, für mich nur eine leere Floskel. Das, was ich als trotziges Kind meinen Eltern gesagt habe, wenn es halt sein musste, ohne es so ganz ernst zu meinen. Wie gesagt, tut mir etwas leid, sage ich das auch so - und ich wüsste nicht, wozu „entschuldigung“ sonst gut sein sollte, außer als Floskel.
 
Der Groschen beginnt zu fallen
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #82
So, ihr wunderschönen Menschen :smile:

Nach 2 unfassbar ekeligen Wortgefechten vorgestern Abend und gestern morgen, konnte und wollte ich nich aufgeben. Habe mir dann gestern Abend ein Gespräch erbeten, bei dem der Tonfall angemessen bleibt. Das hat super gut geklappt, auch, weil wir mal mit Struktur rangegangen sind.

Hab meinen Partner zuerst mal aufzählen lassen, was er sich wünscht - und um Ich-Botschaften gebeten. Zack - ohne Unterstellungen a la "du hast aber/machst aber nie" blabla, war es echt gesittet. Richtig angenehm,wie wir lange nicht mehr geredet haben.

Ich hab dann mitgeschrieben, um mir merken zu können, wo ich was zu sagen wollte. Dann das ganze umgekehrt. Hab klar gesagt,was ich kann und was nicht, und was ich mir wünsche. Und irgendwie war dann auf beiden Seiten die Geduld da, genau die Aussage zu suchen, die den Kern trifft. Und wir hatten beide einen ganzen Haufen Aha-Erlebnisse.
Dabei haben mir die Anregungen, Ideen, konkreten Tipps und Erkenntnisse hier aus dem Forum sehr geholfen. Dafür kann ich mich bei allen Teilnehmern hier gar nicht genug bedanken! :anbeten:

Es gab im Konsens auf beiden Seiten gute (nicht faule!) Kompromisse und hauptsächlich viele Dinge, bei denen wir uns am Ende einig waren. Am Ende hat er sich entschuldigt (übrigens indirekt, aber ich hab's geschnallt :grin: ), dass er nich gesehen hat, was er da bei mir anrichtet, weil er fast immer gewinnen muss, und versprochen, SEIN (!) Problem in einer Therapie anzugehen. Das tat gut. Ich hab ihm versprochen, das nie wieder so lange köcheln zu lassen und in Zukunft sofort klärende Worte zu finden, er versucht, darauf respektvoll zu reagieren.

Wir haben uns einen festen, regelmäßigen Termin gesetzt, an dem wir über den Fortgang und die Umsetzung unserer Vorsätze sprechen wollen. Mit Ich-Botschaften. In einem netten Restaurant. Ohne Geschrei.

Und ich werde ab sofort wieder bekocht - und solange er das tut, ist es mir tatsächlich recht, wenn er das, ganz egal wie oft, für eine F+ auch macht.

Es war total hart, die 2 ekeligen Streitgespräche durchzumachen, aber das Ergebnis war es glaub ich wert. Und auch, wenn es jetzt "dranbleiben" heißt - es weht ein neuer Wind. :knuddel:

Eine meiner interessantesten Erkenntnisse möchte ich noch mit euch teilen: Die Annahme, meine Kommunikationsstrategien wären schlecht, haben nicht nur Unsicherheit in mir ausgelöst, sondern die irrige Sch**ßhausidee, dass mein Partner diesbezüglich aus den Puschen kommen müsse,weil er ja kompetenter sei. 1.- falsch gedacht, mein Studium der Kommunikationswissenschaft hatte wohl doch seinen Wert. 2. "Weil man es (besser) kann" ist KEIN legitimer Grund, auch in die alleinige Pflicht genommen zu werden. Ich habe dahingehend schlicht wirklich zuviel verlangt und hatte, ganz wieder Erwarten, den Schlüssel die ganze Zeit selbst in der Hand. :smile:
[doublepost=1582690861,1582690395][/doublepost]
Aber vll ist das nen Versucht wert, wenn es mit Abstand dann eben doch okay ist für ihn. Oder verstehe ich dich gerade falsch?

Exakt richtig verstanden. Wir versuchen uns jetzt am "Stop! - wir haben gerade beide keinen kühlen Kopf" um dann später weiter zu reden. Wenn er nicht mehr nur aus Verletzung handelt und aus versteckter Aggression, weil er gerade nicht "gewinnt" und ich den Schalter von Emotion wieder auf Kognition geswitcht bekomme.
[doublepost=1582691031][/doublepost]
Dafür kann ich mich bei allen Teilnehmern hier gar nicht genug bedanken!

Ich musste es einfach zum Abschluss nochmal sagen - mein Partner dankt übrigens ebenso und lässt grüßen :winkwink:
 
Zuletzt bearbeitet:
ugga
Benutzer172492  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #83
Voll schön zu lesen, danke für deinen Zwischenbericht! :smile: :herz: Freut mich sehr für dich und euch!

Witzig fand ich deine Selbsterkenntnis, dass du nicht automatisch die Kommunikationsunbegabte bist, nur weil du neuroatypisch gestrickt bist. Mein Ex dachte gern, dass Frauen auf magische Weise besser kommunizieren können und das keine Sache sei, die man lernen könne :zwinker: So kann es gehen.

Wünsche euch da auf jeden Fall weiterhin noch gute Gespräche mit Ich-Botschaften und viel Liebe :love:
 
G
Benutzer Gast
  • #84
Die Darstellung eurer Gesprächskultur erinnert mich sehr stark an das Zwiegespräch nach Lukas Möller (Buchtip „Die Wahrheit beginnt zu zweit‘). Da wirst Du sehr viel von dem wiederfinden, was Du bereits beschrieben hast. Kleines Buch, grosse Wirkung. Hat bei meiner Frau und mir zu sehr ähnlichen Effekten und Erkenntnissen geführt, es war quasi das Grundsubstrat, auf dem wir unsere neue Beziehung nach einer existenziellen Krise neu aufgebaut haben. Der Effekt lebt aber von Kontinuität der Gespräche, also dranbleiben.
 
Agent_of_Asgard
Benutzer165991  (38) Verbringt hier viel Zeit
  • Themenstarter
  • #85
Der Effekt lebt aber von Kontinuität der Gespräche, also dranbleiben.

Und auch, wenn es jetzt "dranbleiben" heißt - es weht ein neuer Wind.

Wir haben uns einen festen, regelmäßigen Termin gesetzt, an dem wir über den Fortgang und die Umsetzung unserer Vorsätze sprechen

Und vor dem ersten dieser Termine werfe ich definitiv noch einen Blick in das von dir empfohlene Buch. Danke für den Tipp :smile:

edit: habs gerade auf ner Tauschbörse erstanden und freu mich auf die Lektüre
 
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