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Eltern Meine Mutter und ihre mysteriöse Krankheit oder "Was ist mit Mama los?"

Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • #1
Liebe Forumsgemeinde,

ich muss mich einfach mal ausheulen und brauche irgendwo Raum dazu. Anlass ist meine Mutter und ihre seltsame Krankheit – und akut ein sehr verstörendes Telefonat vom heutigen Tage, nachdem ich mich gefragt habe, wo meine Mutter hin ist und erstmal geheult habe.

Das Ganze geht eigentlich schon Jahre zurück, es startete mit Gangunsicherheiten. Meine Mutter ist klein und pummelig, wir haben uns also erst nichts dabei gedacht, wenn sie irgendwo beim Wandern eine Hand brauchte, bei höheren Stufen mit meinem Vater gemeinsam ging. Sie hatte schon immer ein eigenwilliges Gangbild mit kleinen Schritten und festen Armen, als würde sie marschieren.

Über die Jahre wurde es schlimmer. Sie strauchelte eines Winters so sehr auf dem Weihnachtsmarkt, schob es auf die schlechten Sichtverhältnisse. Sie besorgte sich eine Brille, die half aber nicht. Rückblickend haben es einige Leute schon länger beobachtet - eine Freundin, die im Altenheim arbeitet, diverse Krankenschwestern aus dem Umfeld... die kleinen Schritte, der unsichere Gang, das Festhalten beim Treppensteigen.

Ein Jahr später offenbarte sie uns unter Tränen, dass sie kaum noch gehen könne, dass ihr immer schwindelig sei. Wir konnten damals nicht vom Museum zum Restaurant spazieren, wir mussten das Auto holen. Das war Ende 2019, kurz danach kam Corona.

Die Behandlung war nun entsprechend schleppend. Es startete beim Neurologen und beim HNO, die Standards wurden abgeklopft - HNO-technisch alles okay, Nervenbahnen okay. Blutbilder und MRTs folgten. Sie war bei diversen Unikliniken in verschiedenen Spezialabteilungen. Die Schwindelambulanz fand nichts. Dann gab es den Verdacht auf MS. Es wurden weiße Flecken im Hirn gefunden, viele davon. Man gab ihr Cortison und Medikamente gegen MS - nichts half. Die Klinik meinte, wäre es MS, hätte irgendwas zumindest eine Veränderung zeigen müssen, das tat es aber nicht. Sie wurde stets nach zig Tests, MRTs, Lumbalpunktionen, Wissenstests, Augen-Ohren und sonstigen Tests entlassen. Die Wartezeiten zwischen den Terminen waren endlos.

Der Neurologe verordnete Physiotherapie, da geht sie bis heute hin und es hilft ihr. (Immerhin!)

Sie war bei der Humangenetikerin, die eine Mutation auf dem X-Chromosom fand. Der Verdacht fiel auf Fragile X Ataxie-und Tremor-Syndrom (Fragiles-X-assoziiertes Tremor-/Ataxie-Syndrom – Wikipedia) Das Syndrom ist recht neu und unbekannt – vor allen Dingen bei Frauen gibt es wenige Informationen. Laut Humangenetikerin kann es die isolierten Gangunsicherheiten aber eigentlich nicht erklären.

Lange Zeit hieß es dann eben: Multiple Sklerose. Liegt in der Familie, wird manchmal auch zusammen mit Fragile X diagnostiziert. Darauf konnten wir uns einstellen, okay.

Zeitgleich wurde meine Mutter aber auch „wunderlicher". Sie ist fahrig in Gesprächen, wechselt zusammenhanglos das Thema, geht auf nichts ein, was ich sage oder sagt auf einmal „Ach ja." Sie ruft nicht mehr an, sie reagiert im Familienchat auf fast nichts mehr. Die Kinder animieren sie bei Besuchen, sie macht zwar mit, aber es wirkt oft so teilnahmslos.

Es gab trotzdem gute Phasen – letztes Jahr im Urlaub sind wir stundenlang durch einen Nationalpark gewandert, wir haben ihr geholfen, mein Vater stützt sie – aber wir haben es gemacht. Da hatte ich Hoffnung, dass es eben alles „halb so wild" ist, dass wir damit leben können. Die Geburtstagsfeiern dieses Jahr waren fast wie immer, sie wirkte ausgeglichen, plauderte mit den Schwiegereltern und ich dachte: "Falscher Alarm, umsonst bekloppt gemacht".

Aber die Telefonate mit ihr wurden „komischer". Erst dachte ich, sie ist vielleicht auch schwerhörig, es fällt ihr schwer, sich auf Gespräche zu konzentrieren. Der Fernseher zu Hause läuft dauernd in unendlicher Lautstärke. Sie schaut viel Schrott, das war früher auch nicht so.

Die Besuche sind teilweise komisch geworden. Sie redet zusammenhanglos dazwischen, wirkt unkonzentriert, weiß nie, worum es geht. Irgendeiner erzählt was, sie kommt dazu, sagt: "Hm??" Wenn man ihr erklärt, worum es geht, schweift sie schon wieder ab. Das Problem ist in der Familie nicht selten, es ist ein Haufen durcheinander quatschender, lauter Frauen, die alle nicht verstehen, wovon der andere redet. :zwinker: Deswegen ist es schwer, zu merken, ob sich was verändert. Wenn 10 Tischgespräche parallel laufen, kann man schwer sagen, welcher Teilnehmer nun wunderlich ist.

Trotzdem kam mir immer häufiger der Gedanke, ob diese fahrige, tüddelige Frau noch meine intelligente Mutter ist, die ich bis vor 10 Jahren noch hatte. Wir haben nächtelang gequatscht und geredet, ich konnte sie bei jeder Sorge anrufen. Sie war schon immer sprunghaft und teils völlig jenseits des Kontexts – schon vor 15 Jahren antwortete sie auf meine Aussage, dass ich mich einer schweren OP unterziehen muss, damit, dass die Daily Soap, die sie schaut, ja auch immer bekloppter wird. Als ich mich von meinem schwer depressiven Ex trennte, weil er mich terrorisierte, war ihre erste Antwort, wer jetzt mit ihr den Schimmelkäse essen würde, den sonst keiner mag und mit ihr über Planeten redet, was hier sonst keinen interessiert. Und als ich die Fehlgeburt hatte, meinte sie: "Wieso seid ihr denn traurig?" Man merkt: Wunderlich war sie schon immer. Aber es erreicht eine neue Qualität, die mir Angst macht. Keine Frage: Es gab immer seltsame Situationen. Aber ich bekam sie aufgelöst und hatte trotzdem in 95% der Fälle eine empathische, emotionale Mama. Wir waren immer wie beste Freundinnen, waren sooo dicke. Ich konnte ihr alles anvertrauen. Mittlerweile geht das nicht mehr, weil ich das Gefühl habe, es kommt nicht an.

Auslöser meines heutigen Postings ist ein Telefonat, was ich heute mit ihr führte. Erstmal vorweg: Wir haben Covid. Sie weiß es seit vorgestern. Meine Eltern haben uns nicht angerufen, was ich schonmal seltsam finde – man könnte sich doch mal erkundigen? Ich habe also angerufen und wollte erzählen.

Gespräch lief in etwa so:
„Hallo Mama, wie geht's euch?"

„Mir schlecht, deinem Papa wie immer."

"Gibts bei dir denn was Neues, dass es dir schlecht geht oder wegen deiner Krankheit?"

"Nee, wegen der Krankheit, heute ist nicht gut."

"Das tut mir sehr leid. Bei uns ist es auch nicht so gut, wir haben ja Corona und es geht uns nicht so gut."

„Ja, ich weiß."

„Ja, ist gar nicht schön, ich hatte Fieber und Schüttelfrost."

„Ach du Arme. Achja." – Stille in der Leitung.

Ich fragte, was los ist? „Ja ich weiß auch nicht, wo ich anfangen soll. Dein Vater ist bei seiner Rentenfeier, da bin ich mal gespannt, was er bekommt."

„Als Rente?"

„Nein, als Geschenk. Er kriegt doch heute ein Geschenk zum Abschied."

„Achso."

„Ja und ich habe 1000 Dinge im Kopf, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich muss noch Böden wischen und der Bofrostmann kommt auch noch. Es ist alles zuviel. Wenn dein Vater weg ist, muss ich richtig was schaffen. Aber mir ist so schwindelig den ganzen Tag." (Diese Überforderung wegen "gar nichts" hat sie schon ihr Leben lang. Als Kind wollte ich mal an einem Donnerstag ins Kino und sie sagte, das ginge nicht, weil sie da ihre Haare föhnen muss.)

„Ja Mama, vielleicht solltet ihr doch mal über eine Haushaltshilfe nachdenken"

„Nein, ich schaffe alles alleine, ich brauche keine Hilfe."

Es ging dann irgendwie seltsam weiter, sie sagt kurze Sätze, sie spricht teils verwaschen und sie schließt völlig zusammenhanglos mit: „Achja."

Dann hieß es, sie müsse jetzt aufhören, sie müsse ihren Bruder anrufen. (Das Telefonat ging bis dahin noch keine 5 Minuten).

Ich meinte, dass ich eigentlich angerufen hätte, weil ich ihr erzählen wollte, dass die Oma meines Mannes gestorben ist. Antwort:

„Das war ja zu erwarten."

„Wie bitte?"

„Ja sie war doch alt."

„Ja natürlich Mama, aber wir sind hier extrem traurig. Was ist heute los mit dir?"

„Wieso, was soll sein?"

„Du bist komisch. Ich rufe dich an, weil ich dir erzählen möchte, dass wir Covid haben, dass die Oma gestorben ist, wir sind echt erledigt. Und von dir kommt gar nichts."

„Ja, ist dein Mann denn traurig?"

„Natürlich ist er traurig, seine Oma ist gestorben!"

„Achja. Erzähl doch mal lieber was Lustiges von den Kindern!"

Ich meinte dann, was ich Lustiges erzählen soll. Wir kommen aus einer Phase mit Lungenentzündung, meinem Treppensturz mit Gehirnerschütterung, jetzt haben wir Covid und die Oma ist tot! Gerade ist es nicht soo lustig hier, es tut mir leid. Ich habe das ganz nett gesagt, nicht fies oder so.

Dann sagte sie: „Ach ja, ihr Armen. Aber am Geburtstag nächste Woche kommen wir dann doch kurz vorbei." Ich sagte: „Ich weiß nicht, ob das geht Mama! Wir müssen bis dahin erst wieder negativ sein. Ich habe total Angst, dass ich den 6. Geburtstag meiner Tochter nicht feiern kann, weil wir hier Covid haben!"

„Ach und ich dachte, ihr seid negativ." In dem Moment war ich fassungslos. Ich fragte sie, wie wir negativ sein sollen, wenn wir gestern einen positiven PCR-Test gemacht haben. Sie sagte: „Das weiß ich nicht, ich kenne mich mit Covid doch nicht aus." Sie wirkte komplett hilflos, sie tat mir leid. :frown:

Ich habe dann irgendwann geschaut, dass ich lieb und freundlich aus dem Telefonat rauskomme, habe nach meinem Vater gefragt, weil ich mit ihm reden möchte und mich lieb verabschiedet – und dann erstmal geheult. Ich hatte das Gefühl, ich rede mit einer alten Frau, nicht mit meiner Mutter. Sie ist erst Mitte 60. Was ist da bitteschön los?

Ich habe meinem Mann von dem Telefonat erzählt und ihm gesagt, egal, was man sagen möchte – das nicht normal. Wenn ich die Zusammenfassung lese, könnte es so anklingen, als hätte ich ihr Druck gemacht und sie hätte deshalb dicht gemacht. Aber so war es nicht – sie redet nur noch in kurzen Sätzen, zeigt null Empathie und sagt irgendwann „Achja."

Ich habe mich danach zum Thema beginnende Demenz kirre gegoogelt und Angst bekommen. Meine Mutter hat sich ihr ganzes Leben an alles erinnert, sie hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Sie hat immer eher zuviel, als zu wenig geredet. Geplaudert, referiert, was über Pilze und Pflanzen erzählt, mit mir Gruselgeschichten ausgetauscht, alles. Sie hatte zu allem eine Meinung, politisch, gesellschaftlich, zu meinen Freunden und Bekannten. Neulich habe ihr erzählt, dass der Vater einer Jugendfreundin gestorben ist, ihre Reaktion war auch bei Null.

Ich habe danach mit meiner Tante telefoniert, die solche Telefonate ebenfalls kennt und jede meiner Beobachtungen bestätigte – und die die Demenzsorge auch schon länger hat. Sie erzählte auch, dass ihr Mann schon länger nicht mehr mit zu den Familienfeiern wolle, weil er nicht ertragen könne, wie sich meine Mutter verändert habe in den letzten beiden Jahren. Er kann mit sowas nicht umgehen. Ich finde es heftig, dass es schon so weit gekommen ist, es ist definitiv keine Einbildung.

Dann habe ich mit meinem Bruder telefoniert, der uns nämlich kondoliert hatte und offenbar auch mit ihr gesprochen hatte – und er meinte, sein Telefonat mit ihr wäre ähnlich gewesen. Er sagte, dass er sich auch vorstellen könne, dass es ein starker depressiver Schub sei und dass meine Mutter vor jeder schlechten Nachricht einfach nur dicht mache, weil sie voll mit ihrer Krankheit sei – ich habe ja schon fast die Hoffnung, dass das sein könnte, lieber Depressionen, als Demenz.

Ich habe neulich alle Befunde bei meinen Eltern fotografiert und ich frage mich, warum auf dieses Thema noch niemand gekommen ist. Tatsächlich ist nämlich in einem der Befundberichte ein Frühtest auf Demenz „auffällig". Dennoch wird es nirgendwo aufgegriffen. Ich habe fast den Verdacht, dass eine Hausfrau ohne großartige Schulbildung, die etwas tüddelig wirkt, einfach durchs Raster fällt – sie ist halt kein Gehirnchirurg, dessen mentale Leistung nachlässt. Und keiner der Ärzte kennt sie von früher. Sie wirkt nun halt einfach unkonzentriert, etwas einfältig, vielleicht auch „schlichter"- aber das war sie halt nie. Ich schließe auch nicht aus, dass die Ärzte etwas in der Art schon mit ihr besprochen haben und sie es abgetan hat – stur ist sie schon immer und sie macht komplett dicht, wenn sie sich angegriffen fühlt. Ich klammere mich insoweit an die Hoffnung, dass auch der auffällige Demenzfrühtest nur daher resultiert, dass sie den Arzt blöd fand – das ist durchaus denkbar.

So oder so, ich habe eine Scheißangst. Es kommt im Moment eh schon alles zusammen und ich könnte soviel mehr schreiben. Ich würde gerne mit meinem Vater darüber sprechen, befürchte aber, dass er alles abblockt – es heißt bei allem, „Du weißt doch, wie deine Mutter ist!" oder „So war sie doch schon immer!" Und in mir nagt die Angst, dass eben gar nichts „wie immer" ist.

Letztendlich kann es natürlich auch sein, dass meine Mutter durch ihre eigenen Sorgen und Ängste so ist – sie ist schon immer depressiv, hat Angststörungen, Verlustangst, was meinen Vater und uns Kinder angeht – und dazu diese quasi ungeklärte Diagnose, das macht ihr lähmende Angst. Außerdem bekommt sie diverse Medikamente. Wenn ein Mensch vollläuft vor Stress und Sorge, kann es natürlich sein, dass er fahrig wird und keine Informationen mehr aufnehmen kann. Ich klammere mich an die Idee, dass es sowas ist. Aber was, wenn nicht?

In mir ist ein ziemlicher Trauerprozess angestoßen, schon länger, nicht erst seit heute. Ich hätte mir gerne zwei gesunde Großelternpaare für meine Kinder gewünscht, ich bin teilweise wütend darauf, wie sehr die Kinder auf meine Schwiegermutter abfahren und wie wenig meine Kinder von meiner Mama haben. Ich hätte sie gerne so zurück, wie sie früher war.

Meine Tante sagte heute auch, dass sie ihre Schwester von früher vermisst und dass sie ihr fehlt. Das war ein großer Trost, zu wissen, dass man nicht alleine ist mit dem Gefühl. Neulich habe ich geträumt, dass ich mit meiner Mutter so spreche wie früher und dass wir darüber lachen, dass wir in den letzten Jahren wegen der Kinder gar keine Zeit mehr dazu hatten, so unbefangen miteinander zu sprechen. Und dann bin ich aufgewacht und mir war klar, dass es nicht an den Kindern und mangelnder Zeit liegt und das hat sehr wehgetan.

Ich weiß nicht, ob das jemand lesen möchte und Gedanken dazu hat, falls nicht, ist es immerhin eine Gedankenstütze für mich.
 
Moonlightflower
Benutzer78363  Meistens hier zu finden
  • #2
Dreizehn Dreizehn kennst du ihren Hausarzt? Sie wird ja wohl in regelmäßiger Behandlung sein. Vielleicht könnte man da mal saß Gespräch suchen und ihm von deinem Verdacht berichten, dass er sich da mal ein Bild macht? Vielleicht macht es ihr mehr Eindruck wenn es ein Arzt sagt als die eigene Tochter?

Ansonsten fühl dich gedrückt, bei euch kommt ja momentan wirklich alles zusammen!
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
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  • #3
Edit
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
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  • #4
Das klingt wirklich sehr belastend und auch einfach sehr traurig. Seine Mutter so Stückchen für Stückchen zu verlieren muss wirklich sehr schwer sein.

Falls du Interesse an Tipps und Ideen hast:

Für mich als kühle Außenstehende klingt es ein bisschen nach einsetzender Demenz, gerade wenn du sagst, dass sie manchmal nicht orientiert wirkt und oft überfordert von ihrer Umgebung ist.

Ich möchte aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten Mal in den Raum stellen. Mein Schwiegeropa war auch eine Zeit sehr tüddelig, bis man merkte, dass der Mix an Medikamente für oder gegen Blutdruck hier, Herz dort, Entwässerung, Gicht, Schmerzmittel und Magenschoner einfach total auf die Murmel ging. Nachdem er neu eingestellt wurde, ging es ihm für viele Jahre deutlich besser.
 
Kartoffeltierchen
Benutzer182523  (34) Sehr bekannt hier
  • #5
Für mich als kühle Außenstehende klingt es ein bisschen nach einsetzender Demenz, gerade wenn du sagst, dass sie manchmal nicht orientiert wirkt und oft überfordert von ihrer Umgebung ist.
Das war das erste woran ich denken musste.
Konnten denn Durchblutungsstörungen ausgeschlossen werden?
Sowas kann schon Schwindel auslösen und auch das jemand verwaschen spricht und insgesamt irgendwie tüdelig wirkt.
 
Mrs. Brightside
Benutzer140332  (36) Planet-Liebe ist Startseite
  • #6
Erst mal vorweg: Tut mir leid was ihr da gerade erleben müsst.

Ich bin auch echt vorsichtig mit Ferndiagnosen, aber auch für mich klingt es nach Demenz. Vieles kenne ich von meinem Opa. Schwindelanfälle hatte er auch, weil er vergessen hat zu trinken und zu essen. Aber vor allem hat er super wenig getrunken - das ist ja gerade bei alten Menschen echt ein Problem. Kann man das bei deiner Mutter ausschließen?
 
Primavera
Benutzer101356  (34) Meistens hier zu finden
  • #7
Ich hab keine fachlichen Tipps oder Ideen, aber will dir nur sagen, dass ich dieses Gefühl sehr gut mitfühlen kann:
In mir ist ein ziemlicher Trauerprozess angestoßen, schon länger, nicht erst seit heute. Ich hätte mir gerne zwei gesunde Großelternpaare für meine Kinder gewünscht, ich bin teilweise wütend darauf, wie sehr die Kinder auf meine Schwiegermutter abfahren und wie wenig meine Kinder von meiner Mama haben. Ich hätte sie gerne so zurück, wie sie früher war.
Meine Mama hatte vor paar Jahren eine schwere Krankheit, mit der eine deutliche körperliche, kognitive als auch charakterlich Änderung einherging. Und auch wenn ich froh bin, dass sie noch lebt - es ist wie eine andere Person. Und ich trauere und vermisse meine alte Mama, mit der ich ein sehr enges Verhältnis hatte. Das musste ich für mich auch erstmal verarbeiten und zusammen bringen, dass ich nicht einfach nur mit ihrer Krankheit nicht umgehen kann/mir unverhältnismäßig schwer damit tue, sondern dass ich emotional durch eine heftige Trauerphase gehe. Ich glaube manchmal, dass ein klarer Schnitt durch den Tod einfacher ist, weil man nicht immer wieder damit konfrontiert, was man verloren hat, wie anders die Person nun ist, sich schlecht fühlt weil man merkt wie sich das eigene Verhältnis zu ihr verschiebt...
Fühl dich umarmt, wenn du magst, du bist auf jeden Fall nicht alleine mit deinem Empfinden. :knuddel:
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #8
Dreizehn Dreizehn kennst du ihren Hausarzt? Sie wird ja wohl in regelmäßiger Behandlung sein. Vielleicht könnte man da mal saß Gespräch suchen und ihm von deinem Verdacht berichten, dass er sich da mal ein Bild macht? Vielleicht macht es ihr mehr Eindruck wenn es ein Arzt sagt als die eigene Tochter?

Ansonsten fühl dich gedrückt, bei euch kommt ja momentan wirklich alles zusammen!
Der Hausarzt meiner Mutter hat ihr erklärt, dass er auf ihre Probleme keine Antwort hat und ihr da nicht weiterhelfen kann. Ihr Neurologe ist ebenfalls überfragt, vor allen Dingen, seit feststeht, dass es keine MS ist.

Ich möchte aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten Mal in den Raum stellen. Mein Schwiegeropa war auch eine Zeit sehr tüddelig, bis man merkte, dass der Mix an Medikamente für oder gegen Blutdruck hier, Herz dort, Entwässerung, Gicht, Schmerzmittel und Magenschoner einfach total auf die Murmel ging. Nachdem er neu eingestellt wurde, ging es ihm für viele Jahre deutlich besser.
Ja, das halte ich auch für denkbar. Sie nimmt halt alles Mögliche und meine Eltern sind sehr schlecht darin, mir zu erklären, was genau los ist. Wenn ich sie frage, heißt es, dass alles wie immer ist, nichts gefunden wurde.

Das war das erste woran ich denken musste.
Konnten denn Durchblutungsstörungen ausgeschlossen werden?
Sowas kann schon Schwindel auslösen und auch das jemand verwaschen spricht und insgesamt irgendwie tüdelig wirkt.
Sie ist seit zwei Jahren bei mehreren Spezialstationen mehrerer Unikliniken. Es wurde so ziemlich alles getestet, was es gibt. Durch die weißen Flecken im Hirn war es eben lange Zeit vermutet MS - aber neuerdings ist das wieder ausgeschlossen.

Es ist ja auch kein echter Schwindel, sondern eine Ataxie. Sie benennt es so, wenn es schlimm ist, dass ihr eben schwindelig ist - aber das trifft es nicht so ganz. Sie kann z.B. nicht auf einem Bein stehen, ohne umzukippen, keinen Seiltänzergang mehr, die Kinder nicht auf den Arm nehmen. Sie kippt auch teilweise im Garten um.

Vieles kenne ich von meinem Opa. Schwindelanfälle hatte er auch, weil er vergessen hat zu trinken und zu essen. Aber vor allem hat er super wenig getrunken - das ist ja gerade bei alten Menschen echt ein Problem. Kann man das bei deiner Mutter ausschließen?
Nein, also sie hat keine "Schwindelanfälle". Ihr Kleinhirn sendet keine richtigen Signale an die Beine, sie kann nicht richtig laufen. Es ist eine echte Ataxie, kein Schwankschwindel oder dergleichen. Der Physio trainiert mit ihr Gleichgewicht und große Schritte, weil sie nur so kleine Trippelschritte macht. Unebenheiten im Boden kann sie nicht ausgleichen, wie ein Laufanfänger.

Das ist ja auch hier Hauptsymptom seit Jahren und das, was jahrelang komplett isoliert bestand. In jedem kognitiven Test schneidet sie überdurchschnittlich ab. Laut den Befunden ist sie orientiert und "normal", da ist nichts Auffälliges gewesen.

Und sie ist ja auch nicht alt. Sie ist Mitte 60. Mit einem Senioren, der tüddelig und schwindelig wird, weil er nicht trinkt, ist das für mich nicht vergleichbar.

Ich habe beim Googeln vaskuläre Demenz gefunden, das würde schon passen. Ich bin aber kein Arzt. Ich habe hier zig Befundberichte liegen, wenn es Demenz wäre, wäre das doch das erste, wonach interdisziplinär geschaut würde? Auch bei Parkinson usw., all das wäre ja möglich.

Meine Hauptsorge ist momentan das Mentale, ja. Aber das Körperliche ist eben auch da - und war Jahre vorher da. Und dafür hat eben auch keine der Spezialkliniken eine Antwort, das finde ich schon heftig.
 
Mrs. Brightside
Benutzer140332  (36) Planet-Liebe ist Startseite
  • #9
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #10
Aber das wäre doch neurologisch bedingt? Und da wurde sie doch komplett gecheckt? Hab ich das überlesen? wenn ja, sorry.
Ja, wurde sie. Und ja, es ist neurologisch bedingt. Aber die Ursache im Sinne einer Diagnose ist nicht wirklich klar. Auf den Befunden steht "Multifaktorielle Gangstörung" - sie hat eine Leukodystrophie, sprich, weiße Flecken im Gehirn. Sie hat das Fragile X Tremor Ataxie Syndrom. Dann hieß es "v.a. primär progrediente MS usw. und vaskuläre Leukenzephalopathie"... also es ist einiges dabei. Edit: Ich habe noch gefunden: Zerebrale Amyloidangiopathie; und "Overlap-Syndrom bei FXTAS und MS".

Das Fragile X kann später zu Demenzerscheinungen führen, vielleicht ist es das doch - die Humangenetikerin hatte aber ausgeschlossen, dass es in der Art und Weise, wie meine Mutter es hat, zu Problemen führen kann (das hat was damit zu tun, wo genau der Defekt ist und wie stark es ausgeprägt ist).

Wir haben also irgendwo Diagnosen - aber es heißt stets: "Die Probleme erklären kann das aber nicht." Das ist irre belastend, für alle Beteiligten. Dass sie "wunderlich" ist, ist schon immer so. Dass sie bei Stress extrem fahrig und unkonzentriert wird, auch. Sie ist null belastbar, war ihr ganzes Leben lang ängstlich, depressiv und bei starkem Stress zu keinem vernünftigen Gespräch fähig. Deswegen könnte es natürlich sein, dass dieser nun vorhandene starke Stress sich auch mental so extrem auswirkt.

Aber ja, ich denke auch an Demenz und mir macht es Angst.
 
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Bria
Benutzer65313  (36) Toto-Champ 2008 & 2017
  • #11
Nur kurz, weil mir das eben auffiel: Ich finde, es klingt eher so, als würden die Merkmale deiner Mama verstärkt herauskommen. Beurteilen kann ich das am Ende nicht, aber mal als Anstoß. Lief schon immer komisch -> jetzt gar nicht mehr. Reagierte schon immer hin und wieder komisch -> Jetzt noch mehr. Unterhielt sich schon immer wirr -> Jetzt ziemlich extrem. Verstehst du, was ich meine? Was man damit anstellen kann - keine Ahnung. Es fiel mir nur eben auf.

Ansonsten - du schreibst einerseits, sie sei immer sehr empathisch gewesen, andererseits fragte sie, warum du nach der Fehlgeburt traurig bist. War das eine Ausnahme?
 
Mrs. Brightside
Benutzer140332  (36) Planet-Liebe ist Startseite
  • #12
N
Benutzer113006  Team-Alumni
  • #13
...
 
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Zaniah
Benutzer96053  Planet-Liebe Berühmtheit
  • #14
Kennst du den Uhrentest? Ist natürlich, gerade wenn er zuhause von Laien durchgeführt wird, keine aussagekräftige Diagnose, aber dann hat man eine erste Idee, ob frühe Anzeichen einer Demenz vorliegen. Bei Depressionen dürfte es kein Problem sein, eine (analoge) Uhr aufzumalen mit den entsprechenden Zahlen und Unterteilungen. Menschen mit ersten Demenzanzeichen können das nicht mehr. Nochmal: Natürlich liefert das keine medizinische Diagnose, aber es kann dir vielleicht ein bisschen helfen, deine Sorge einzuordnen.
 
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Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #15
Das kann natürlich gut sein. Psychosomatik kann da auch mit reinspielen.

Verständlicherweise. :knuddel:

Wollt ihr denn weitere Demenztests durchführen?
Ich werde mal meinen Vater fragen, ob er den Befund mal richtig gelesen hat und fragen, ob ihm jemand was dazu erklärt hat. Letztendlich läuft die Maschinerie ja. Im Moment gibt es noch einen neuen Verdacht, nämlich, dass etwas vom Halswirbel kommt. Da läuft gerade ein Halswirbel-MRT mit und ohne Kontrastmittel und dem Plan, dort ggf. was zu machen. Es gab auch noch den Verdacht einer Stenose im Hirn, der hat sich aber auch nicht erhärtet - bzw. ist die Stenose da, aber sie kann - wen wunderts - die Probleme nicht erklären.

Zaniah Zaniah Ja, ich glaube, sie musste schon viele Uhren malen und konnte es. Ob sie es aber im Moment kann, weiß ich nicht. Meine Mutter ärgert sich tierisch darüber, wenn sie diese dummen Tests machen muss. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sie nicht mehr mitmacht, wenn es ihr reicht. In den Befunden gibt es einige Seitenhiebe über "fehlende Brillen" oder versteckte Hinweise auf Trotz. :zwinker: Ich kenne meine Mutter. Daher ist es so schwer, es einzuschätzen.

Off-Topic:

Egal was es letztlich ist, sollte man sich um die Diagnostik und Behandlung kümmern. IDu bist ja eine gewisse Strecke von deinen Eltern weg. Kann denn jemand aus deiner Familie auf mehr Diagnostik beharren?
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Seit 2020 läuft nichts anderes als Diagnostik. In mehreren Spezialkliniken. Es ist halt schleppend, weil Corona ist. Es ist auch schleppend, weil keine Diagnose, von der man denkt, dass sie es ist, am Ende bestätigt wird.
 
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Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #16
Nur kurz, weil mir das eben auffiel: Ich finde, es klingt eher so, als würden die Merkmale deiner Mama verstärkt herauskommen. Beurteilen kann ich das am Ende nicht, aber mal als Anstoß. Lief schon immer komisch -> jetzt gar nicht mehr. Reagierte schon immer hin und wieder komisch -> Jetzt noch mehr. Unterhielt sich schon immer wirr -> Jetzt ziemlich extrem. Verstehst du, was ich meine? Was man damit anstellen kann - keine Ahnung. Es fiel mir nur eben auf.

Ansonsten - du schreibst einerseits, sie sei immer sehr empathisch gewesen, andererseits fragte sie, warum du nach der Fehlgeburt traurig bist. War das eine Ausnahme?
Ja, genau das. Es ist ist alles schon immer da, aber es wird stärker. Vorher wirkte sie auch schon streckenweise extrem unempathisch, klar. Wobei ich auch nicht weiß, ob es fehlende Empathie war oder extreme Hilflosigkeit. Ich tippe letzteres, wenn ich so drüber nachdenke. Sie ist extrem sensibel, ich denke eher, dass sie aus Selbstschutz dicht macht. Jetzt wird es eben mehr davon. Könnte sein, dass sie einfach "vollgelaufen" ist und keinen Raum mehr hat für andere Sorgen. Das ist zumindest die These meines Bruders. Oder sowas wie "Burnout" - jahrelang Angst und Depressionen, Weltschmerz und Sorgen - und nun reicht ein "negativer" Anruf von mir und sie macht dicht. Könnte halt auch sowas sein.

Eine gute Sache hat es: Mein Papa und ich werden immer enger. Eben ruft er an und kondoliert meinem Mann. :herz: Meine Mutter hat es ihm wohl erzählt - also fand sie es doch nicht so "unwichtig", wie ihre erste Reaktion anmutete.
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #18
Bria Bria Wenn ich davon ausgehe, dass sie schon immer Depressionen und Angststörungen hat (usw. ), dann wäre es denkbar, ja.

Immerhin: Wir haben eben nochmal telefoniert, als mein Vater angerufen hat. Meine Mutter hat sich entschuldigt, dass sie so unmöglich reagiert hat. Es ging ihr einfach den ganzen Tag furchtbar und meine Nachrichten haben sie eiskalt erwischt und total überfordert. Es tat ihr sehr leid und wir konnten es klären.

Für den Rest kann ich nur dranbleiben. Ich könnte ihm neuen Jahr auch mal einen Termin bei der Humangenetikerin machen, ich soll mich eh beraten lassen, ob ich die Mutation auch habe.
 
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LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #19
Meine Eltern sind ca 10 Jahre älter als deine und das was mich am meisten am Altern erschrickt ist die immer mehr nachlassende psychische Belastbarkeit. Meine Mutter war schon immer psychisch labil, aber mit der Alterung wurde das nur schlimmer. Meine Mutter hat auch zwei neurologische Grunderkrankungen, die u.a. auch Schwindel verursachen. Auch das wurde im Alter schlimmer, auch die psychosomatischen Auswirkungen der Erkrankung verlief parallel zur physischen Verschlechterung (eine Nervenerkrankung und etwas mit der HWS). Mein Vater war schon immer sehr in seiner eigenen Welt, auch hier ist eine "Verschlimmerung" zu beobachten. Ich finde das phasenweise anstrengend.
In Gesprächen mit anderen, deren Eltern bereits die 70 gerissen haben, kann ich nur sagen: ab Mitte 60 beginnt meistens der Verfall in immer größeren Schritten. Mal etwas eher, Mal etwas später und ja, viele können mit 80 noch wunderbar alleine leben und Fahrradfahren - und trotzdem werden sie anders. Nicht unbedingt kränker, nicht unbedingt tattriger, aber definitiv anders im Gehirn - das sagen meine Eltern auch selbst von sich und anderen. Egal wie viele Schutzfaktoren (geistige Fitness, körperliche Gesundheit, gutes Familiennetz, Freundschaften und Hobbies, Enkel...) die Personen haben: Der Verfall kommt und wird immer stärker und schneller. Dinge, die Personen früher noch im Griff hatten, brechen jetzt öfters hervor: Depressive Phasen, Ängste oder unkontrollierte Emotionen, wie plötzlichwa Weinen in der Öffentlichkeit, aber auch Wutanfälle oder Fahrigkeit: Auch Symptome von Asperger, AdHS o.ä. die früher geschickt versteckt wurden, treten jetzt verstärkt auf, werden nicht mehr so kaschiert.
Das sehe ich extrem auch bei meinen Verwandten und Freunde:innen meiner Eltern.
Daher die Frage, ob das bei deiner Mutter zumindest auch mit reinspielt, völlig unabhängig, oder zumindest parallellaufend zu einer Grunderkrankung.
 
H
Benutzer185147 (37) dauerhaft gesperrt
  • #20
Entschuldigung das ich so unverblümt Frage oder Mal in den Raum werfe ob da eine levy-körper demez ausgeschlossen wurden?
 
Daylight
Benutzer15352  Beiträge füllen Bücher
  • #21
Was sagt denn dein Vater zu alldem? Wie erlebt er deine Mutter?
Kannst du den Arzt mit dem auffälligen Demenztest kontaktieren und deine Sorgen/Beobachtungen schildern?
Nimmt deine Mutter Antidepressiva resp. ist in psychologischer Behandlung?
Ansonsten kann ich LULU1234 LULU1234 zustimmen: In meinem Freundeskreis erlebe ich auch, dass die Eltern ab Mitte 60 langsam wunderlich werden…

Dennoch: Dass die eigene Mutter nicht mehr der Mensch ist, mit dem man aufgewachsen ist, ist ein Scheißgefühl. Meine Mutter ist seit mittlerweile 15 Jahren schwer psychisch krank, kann sich nicht mehr selbst versorgen, lebt in einem Heim und wird so mit Medikamenten zugepumpt, dass sie nur noch menschliches Gemüse ist. Fühl dich :knuddel:, wenn du magst .
 
Federleicht
Benutzer169922  Meistens hier zu finden
  • #22
In meinem nähen Umfeld gab es auch schon Personen mit Demenz-Erkranung und ich habe den Verlauf anders wahrgenommen, daher würde ich nicht auf Demenz tippen.
Bei beginnender Demenz verliert das Hirn rückwirkend die Erinnerungen. Sprich, das was im Kurzeitgedächtnis ist und erst zum Schluss das, was in der Kindheit passiert ist.
Anfangs sind die Personen dann oft aggressiv, weil sie an sich selbst merken, dass etwas im Gange ist, sie Sachen vergessen, was vorher nicht so war.

Mein erster Verdacht auf die Gangunsicherheit war eher sowas wie Nervenbahnen im Rücken oder im Halsbereich.
Auch Wechselwirkungen von Medikamenten würde ich mal prüfen lassen, wenn sie mehrere einnimmt.

Wichtig fände ich, dass du vielleicht mal mit dem Hausarzt redest, er sich vorher nochmal alle Befunde anschaut.
Ich meine, er kennt vermutlich deine Mutter auch schon länger und bemerkt gewisse Veränderungen vielleicht auch schon?
Das ist in Spezialkliniken ja immer schwierig zu bewerten, weil die Ärzte da nur von den Erzählungrn schöpfen können.

Ich wünsche euch alles Gute.
 
Menas295
Benutzer176818  Öfter im Forum
  • #23
Liebe Dreizehn Dreizehn ,

hmm, da gibt es richtig viel Details über Deine Mutter zu berichten. Ich habe mir Deinen Bericht genau durchgelesen. Und weiß dennoch nur sehr wenig über Dich. Mir scheint, da gibt es in Dir eine wild gärende Gemengelage aus Verzweiflung, Angst, Trauer und Wut. Ist das richtig?

[...] ich muss mich einfach mal ausheulen und brauche irgendwo Raum dazu.
So oder so, ich habe eine Scheißangst.
In mir ist ein ziemlicher Trauerprozess angestoßen, schon länger, nicht erst seit heute.
[...] , ich bin teilweise wütend darauf, [...]

Erzähle doch bitte ein bisschen mehr zu diesen Gefühlen. Zum Beispiel auch, wie stark Du sie erlebst? Flammen sie schnell und stoßartig im direkten Kontakt mit Deiner Mutter auf oder erst ganz langsam wenn Du danach für Dich bist? Kannst Du mit Deinem Mann und Deinen Kindern darüber sprechen?
 
J4DE
Benutzer168370  (29) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #24
Ich hoffe sehr, dass es der Fall ist, wenn ich bei den Symptombeschreibungen schon drangedacht habe, aber nachdem du es bei den Abklärungen nicht erwähnst: Wurde Parkinson ausgeschlossen?

Ansonsten muss man leider sagen
Meine Mutter ärgert sich tierisch darüber, wenn sie diese dummen Tests machen muss. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sie nicht mehr mitmacht, wenn es ihr reicht. In den Befunden gibt es einige Seitenhiebe über "fehlende Brillen" oder versteckte Hinweise auf Trotz. :zwinker:
wenn sie es nicht abgeklärt haben will, kann man sie nicht dazu zwingen. Der Wille des Patienten geht vor und viele Leute - vor allem ab einem gewissen Alter - haben so die Einstellung: Ich will gar nicht so genau wissen, was ich habe. Denn merken, dass etwas ist, tut man selbst ja schon, oft lange vor Aussenstehenden, solange man noch zurechnungsfähig ist. Aber manchmal ist die Angst vor einer schlechten Prognose so gross, dass sie sich nicht damit auseinander setzen wollen. Als Angehöriger allein erreicht man da bei den Ärzten nicht viel, wenn die kranke Person nicht mitmachen will. und umkooperativ sein bei Tests macht eine Diagnosefindung natürlich schwerer.

Bitte nicht zitieren:
Ich sage meiner Mutter seit Jahren mal mehr mal weniger im Scherz, sie solle doch bitte Gehirnjogging machen, damit sie mir nicht früh dement wird. Aber während sie sich über ihre eigene ü90-jährige Mutter ärgert, die serienweise Pflegerinnen beschuldigt, ihr was gestohlen zu haben, was sie nicht mehr findet, fängt es bei ihr mit Mitte 60 auch schon an, dass sie sich kurzzeitmässig kaum noch was merkt. Sie war früher schon nicht gut darin, sich Sachen aus Erzählungen zu merken, besonders was andere Leute so geplant haben, wenn es sie nicht betraf. Ihre eigenen Pläne kann sie immer noch minutiös durchgehen, aber was ich ihr erzähle, bleibt weniger denn je hängen. Und empfindlicher, wenn man sie darauf anspricht. Sowas wie Test positiv/negativ würde sie easy auch durcheinander bringen. Sie konnte sich auch nicht von einem Covid PCR Test zum nächstenfit 2 Wochen Abstand nicht merken, dass ich von meiner Arbeit her einen machen muss und bekomme, wenn ich Symptome habe. Hat mich wieder gefragt: Aber ist ja nur ein Schnelltest, oder?
Da weiss ich auch nicht, ab wann ich davon sprechen soll, dass meine Mutter beginnt, dement zu werden, aber lange wird es wohl nicht mehr dauern. Aber machen will sie nichts, was in ihrer Macht läge. Ausser mir immer wieder erzählen, was sie in ihrer Patientenverfügung festgelegt hat. Yay :ichsagnichts: Meine Mutter wird definitiv weder so alt noch so spät erst abbauen wie ihre Mutter. Und oft genug bin ich innerlich sauer darüber, dass sie ihre Eltern bis ins hohe Alter haben durfte und nicht daran interessiert zu sein scheint, dass ich auch mit 50 noch eine Mutter haben könnte. Im Gegenteil, sie sagt ständig, mit soviel Wehwehchen wie sie sie jetzt schon hat, will sie gar nicht so alt werden.
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #25
Was sagt denn dein Vater zu alldem? Wie erlebt er deine Mutter?
Kannst du den Arzt mit dem auffälligen Demenztest kontaktieren und deine Sorgen/Beobachtungen schildern?
Nimmt deine Mutter Antidepressiva resp. ist in psychologischer Behandlung?
Ansonsten kann ich LULU1234 LULU1234 zustimmen: In meinem Freundeskreis erlebe ich auch, dass die Eltern ab Mitte 60 langsam wunderlich werden…

Mein Vater... der ist eine interessante Variable in dem Gefüge. Er tut alles für meine Mutter, er organisiert alles, nimmt sich Urlaub für Termine, begleitet sie. Im Übrigen hat er aber eine starke Blockwartmentalität, hat jahrelang Symptome nicht gesehen, nicht wahrhaben wollen. Er findet Erklärungen für alles, verharmlost. Ich glaube, dass meine Eltern sich da einen ziemlichen Kokon der Gemütlichkeit basteln, die Fassade ist stark. Hier und da hat sie Risse, da erlebe ich meinen Vater auch mal gestresst oder gereizt, aber das legt er schnell wieder ab.

Spreche ich ihn auf Symptome an, gleich welcher Art, würde er sagen, dass das schon immer so war, dass das alle in der Familie so haben oder machen und dass ich doch weiß, wie meine Mutter ist.

Den Arzt mit dem auffälligen Test habe ich noch nicht kontaktiert, ich wüsste auch nicht, ob man mir Auskunft gibt oder ob meine Eltern da erst die Schweigepflicht entbinden müssten. Meine Idee ist aber, mich humangenetisch beraten zu lassen und die Humangenetikerin zu fragen - die ist die einzige niedergelassene Ärztin in dem Gefüge, die sich bislang besonders hervorgetan hat mit laiengerechter Information auch für meine Eltern, mit Befundbriefen in klarer Sprache und mit der Bitte, dass die Kinder auch kommen mögen. Für eigene Tests - auch wegen meiner Töchter - aber auch wegen Beratung. Die 1000 Ärzte in den Unikliniken sind für mich schwer greifbar, selbst mein Vater war wegen Corona zu keinem Gespräch dabei. Dass da jemand meiner Mutter etwas gesagt hat, was sie abtut und nicht weiterträgt, ist sehr gut denkbar.

Antidepressiva bekommt meine Mutter, das ist ein Segen. Sie ist ja schon immer depressiv und ängstlich, durch die Antidepressiva ist sie zumindest ihre Panikattacken und Todesängste los, die sie schon vor der jetzigen Erkrankung stets hatte. Besonders im Winter. Therapien - Psychotherapie, Verhaltenstherapie, aber u.a. auch Ergotherapie wurde ihr nahegelegt, aber darum kümmert sie sich nicht. Kur und Reha ebenfalls, "was soll ich da?".

Federleicht Federleicht Die Nervenbahnen sind wohl intakt, es kommt jedes Signal an. Allerdings ist am 09. Januar nochmal ein Termin zu einem HWS-MRT, da dort etwas vermutet wird.

Probleme mit Erinnerungen und dem Gedächtnis hat sie eigentlich nicht. Meine Mutter ist auch nicht aggressiv. Sie wirkt eher komplett überfordert, als wäre sie "zu", alle Eindrücke prasseln draußen ab. Ich habe wenig Erfahrung mit Demenzkranken und bin mir auch sicher, dass es dort Unterschiede gibt. Dennoch muss ich sagen, dass sich meine größte Demenzpanik seit Freitag nun wieder etwas reduziert hat - bei genauerem Nachdenken ist es weniger das, was man dazu so liest und hört - oder - stumpfes Beispiel - in Fernsehserien dazu gezeigt bekommt, sondern es ist eher anders anders.

Rückblickend habe ich eher das Gefühl, dass meine Mutter von meinem Anruf total kalt erwischt wurde, dass sie überfordert war, weil mein Vater aus dem Haus war - und dann kam ich mit: "Übrigens Corona und die Oma ist tot". Das hat bei ihr zum Systemabsturz geführt, sie ist ja mit ihrer Krankheit eh schon total übertaktet.

Mit dem Hausarzt kann ich nicht reden, der macht mit der Krankheit meiner Mutter nichts. Diese Ärzte sind sich alle einig, dass sie mit ihrem Latein am Ende sind - zuständig sind die Spezialkliniken. Ggf. könnte ich mich da aber mal einklinken und mal mitfahren, wenn da mal ein Gespräch ansteht.


Ich hoffe sehr, dass es der Fall ist, wenn ich bei den Symptombeschreibungen schon drangedacht habe, aber nachdem du es bei den Abklärungen nicht erwähnst: Wurde Parkinson ausgeschlossen?
Ja, die "Klassiker" sind alle abgeklappert worden. Sie hat ja auch so gesehen keine Parkinsonsymptome.

Sie war ja mehrmals je eine Woche im Krankenhaus und man hat dort alles Mögliche getestet, eben auch Muskelspannung, Nervenbahnen, aber auch mental alles. Bis auf den einen Test neulich ist alles unauffällig oder überdurchschnittlich gut. Deswegen tappen ja auch alle im Nebel.

Man hat ihr auch schon Medikamente gegeben, die z.B. bei MS oder Parkinson helfen würden - ohne Wirkung. Da war die Idee, dass WENN es etwas davon wäre, dann hätte man eine Veränderung gemerkt oder messen können. Kann man aber nicht.

LULU1234 LULU1234 Das was du schreibst, trifft den Nagel auf den Kopf. Und da kommt dann eben eins zum anderen - ich sehe z.B. in den Befunden auch teilweise Wörter wie "einfache kognitive Störung, v.a. im Bereich Konzentration und Aufmerksamkeit". Das sind aber Dinge, die schon immer da sind und eher mehr werden, als dass sie neu sind. Ich frage mich schon ewig, ob meine Mutter im Bereich ASS oder ADHS unterwegs ist. Mein Opa war garantiert Autist, nach allem, was ich gehört habe - und sie ist ihm irre ähnlich. Dazu kommen familiär auch traumatische Erfahrungen, wie in jeder Familie natürlich. Wenn man das Alter, die für meine Mutter völlig ungeklärte Krankheit und ihre Alltagsprobleme zusammenfasst und bedenkt, dass sie seit Jahrzehnten kaum externen Input hat (keinen Job, kaum Freunde, keine Hobbys), dann kann natürlich gut sein, dass eine solche Störung ganz neue Facetten zeigt. Auch ohne, dass da noch was hinzukommen muss.

Ach ja, ich danke euch allen jedenfalls für den Input, es ist viel dabei, über das ich nachdenken kann. Traurig ist es allemal, aber heute tut es nicht mehr so weh.
 
J4DE
Benutzer168370  (29) Planet-Liebe-Team
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  • #26
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #27
Off-Topic:


Das Gangbild war‘s, was mich hat aufhorchen lassen.
Ja, das stimmt schon, aber alles andere halt nicht. Kein Tremor z.B. Ich habe eben nochmal nachgeschaut, es gibt da Aussagen zu in den Befunden. Nicht zu Parkinson direkt, aber zu den Reflexen, zu Tremor usw. Sie war ja schon zig mal im MRT. Nach genau diesen Klassikern suchte man. Anfangs hieß es noch: "V.a. MS ...." - und nun heißt es, MS kann ausgeschlossen werden. Gehen Sie zurück auf Los. :zwinker:

Tatsächlich ist Parkinson aber eine beliebte "Fehldiagnose" bei Personen mit Fragile X Tremor und Ataxie Syndrom. Letzteres hat sie halt, aber eben auch ohne Tremor.

Manchmal habe ich das Gefühl, meine Mutter ist auch Opfer sexistischer Forschung. In jedem Befund heißt es: "In der Regel bei Männern...." Zu Frauen fehlen oft vergleichbare Forschungen und die Symptome sind eben anders.
 
J4DE
Benutzer168370  (29) Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #28
Manchmal habe ich das Gefühl, meine Mutter ist auch Opfer sexistischer Forschung. In jedem Befund heißt es: "In der Regel bei Männern...." Zu Frauen fehlen oft vergleichbare Forschungen und die Symptome sind eben anders.
Das ist leider ein bekanntes Problem. Viel zu lange wurde Forschung nur auf Männer konzentriert auch in klinischen Studien gab es keine oder kaum weibliche Probanden. Deshalb weiss man bei manchen Medikamenten erst jetzt, dass sie bei Frauen anders wirken als bei Männern. Oder eben auch Symptome von Erkrankungen sich unterscheiden können.
 
axis mundi
Benutzer172636  Planet-Liebe-Team
Moderator
  • #29
Dreizehn Dreizehn , wurde sie schonmal auf Borreliose untersucht?
Zum Rest fand ich das 'schon immer wunderlich' interessant. Könnte es sein, dass mit schwindender (emotionaler) Kapazität das Masking der AD(H)S/Autismus-Symptome nicht mehr funktioniert?
Ansonsten: Sie nimmt Antidepressiva, auch dort kann eine Nebenwirkung Schwindel sein... aber wahrscheinlich wurde das schon gecheckt, oder?
Vitamin B12 Mangel kommt bei älteren Menschen häufiger vor (die Aufnahme durch den Intrinsic Factor nimmt ab) und kann ebenfalls zu einigen neurologischen Ausfallerscheinungen führen.
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
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  • #30
axis mundi axis mundi Ja, Borrelien wurden getestet, es wurden ja ohnehin schon sehr viele Blutuntersuchungen gemacht. Vitamine werden substituiert, die, die fehlten (Vit. D z.B.).

Die Antidepressiva nimmt sie nicht schon vor dem Schwindel, sie hat die Antidepressiva danach bekommen. Eben da die Tatsache, dass sie kaum noch laufen kann, ihre bereits vorhandenen Depressionen und die Angststörung verstärkt.

Da sie ja nun auch weiße Flecken im Hirn hat - viele! - ist definitiv ein Krankheitsbild da, was über Vitaminmangel oder medikamentöse Nebenwirkungen hinausgeht. Wie gesagt, es ist eine echte, messbare Ataxie, kein normaler Schwindel in dem Sinne.

Zum Rest fand ich das 'schon immer wunderlich' interessant. Könnte es sein, dass mit schwindender (emotionaler) Kapazität das Masking der AD(H)S/Autismus-Symptome nicht mehr funktioniert?
Ja, genau den Gedanken habe ich auch und der manifestiert sich auch, je mehr ich darüber nachdenke. Und "passt" auch eher, als Demenz, auch wenn das dazu kommen kann bzw. nicht (von mir) ausgeschlossen werden kann.

Interessant ist: Nachdem ich ja am Donnerstag gefragt habe, was mit ihr los ist, dass sie komisch ist und dass ich mir Sorgen mache, haben wir ja nochmal telefoniert und es war sehr gut. Mein Vater erklärte mir auch, dass es meiner Mutter am Donnerstag nicht gut ging und dass sie den ganzen Abend fertig war, weil unser Telefonat so komisch war.

Eben hat meine Mutter von sich aus angerufen. Wie es uns ginge, wie es mit unseren Tests ausgeht. Wie es mit der Beerdigung weitergeht, wie es meinem Schwiegervater und meinem Mann geht. Wie früher. Ganz normal, klar und deutlich, überlegt, freundlich, empathisch...alles. Aufgeräumt und strukturiert, es war total schön. :smile:

Natürlich muss das nun nichts dazu heißen, was da genau los ist. Aber es hat mir gerade sehr gut getan. Es bestätigt die Idee meiner Tante, dass es viel um "Vorbereitung" und "damit rechnen" geht - wenn sie mich anruft, ist sie entspannt, hat Zeit, hat es sich vorgenommen. Das ist ein komplett anderes Szenario als: "Das Telefon klingelt, während es mir nicht gut geht und dann kommt noch eine Todesbotschaft". Und ja, für mich ist da eben auch das Masking eine Überlegung. Gleiches ja auch mit meinem Bruder, mit dem ich am Donnerstag so gut telefoniert habe, wie Ewigkeiten nicht. Er ist meiner Mutter ja ohnehin sehr ähnlich, das fällt ja auch nicht vom Himmel.
 
LULU1234
Benutzer107106  Planet-Liebe ist Startseite
Redakteur
  • #31
Und wenn die Ausfälle auf kognitiver und auch physiologischer Ebene einfach nur mit den weißen Flecken zu erklären sind? Mein Dr Google sagt mir, dass weiße Flecken immer (dauerhafte) Ausfälle im Gehirn sind, eben Gewebe, das nicht arbeitet, egal ob jetzt MS, Mikroschlaganfälle oder Demenz oder wasweißich ist. Unterm Strich ist es ja egal, wenn das Ergebnis ist, dass das Gehirn einfach nicht mehr zu 100% funktioniert.
 
ProximaCentauri
Benutzer32843  (36) Sehr bekannt hier
  • #32
Wenn sie eine vaskuläre Leukenzephalopathie hat ist halt eine vaskuläre Demenz recht naheliegend. Die Grundmechanismen sind die Gleichen. Oft ergeben sich aber halt auch Mischbilder, gerade wenn die Gangstörung möglicherweise erklärt ist durch die FragileX-Ataxie. Was mir noch so eingefallen ist: Normaldruckhydrocephalus (aber sie hatte sicher schon Lumbalpunktionen bei der Abklärung).
Generell würde ich vorschlagen, sie einmal in einer spezialisierten "Memory Clinic" vorzustellen. Das wird hier primär gerontopsychiatrisch mit aber Neuropsychologinnen etc. zur Abklärung geführt, wo sich eben auch unterschiedliche kognitive Einschränkungen klassifizieren lassen, und dann geschaut wird, was für eine Krankheit dazu passen könnte. Prinzipiell gibt es aber halt viele mögliche Krankheitsbilder, dann gibt es natürlich atypische Formen der klassischen Krankheitsbilder, und wenn man dann noch seltene Krankheiten reinmischt, wird das ganze schwierig. Oft hat ein Mensch halt auch nicht nur eine Erkrankung, sondern teilweise überlappende, die dann insgesamt manchmal eine deutlich stärkere Symptomatik ergeben als die einzelnen Befunde.
Es ist aber natürlich unglücklich, dass man deine Mutter in vielen Terminen nur alleine gesehen hat, und ihr daher auch nicht genau wisst, was Sache ist. Aus persönlicher Erfahrung mit dem Durchführen von kognitiven Tests: solange die Leute kognitiv gut sind, machen sie meistens jeden noch so einfachen Test gerne mit. Wenn die Leute merken, dass sie eingeschränkt sind, dann verweigern sie die oft, weil sie eben merken, dass der Test "einfach" wäre, aber sie es nicht mehr schaffen.
 
Tu me manques
Benutzer99399  (34) Beiträge füllen Bücher
  • #33
Noch ein Gedankenanstoß von mir:
Depressionen können auch eine dementielle Symptomatik auslösen, ohne dass eine echte Demenz vorliegt.
Wenn deine Mutter durch die neue Krankheit also zunehmend überfordert und depressiv ist, kann sich die kognitive Leistung durchaus verschlechtern.
Am ehesten gehe ich von einem Mischbild verschiedener Faktoren aus. Persönlichkeit, Depression, Fragile X, Leukenzephalopathie. Wenn die einzelnen Erkrankungen nicht das Vollbild der Symptome erklären können, kann es die Mischung möglicherweise durchaus.
Eine Psychotherapie zur besseren Krankheitsverarbeitung könnte auf jeden Fall hilfreich sein.
 
Dreizehn
Benutzer20579  (40) Planet-Liebe ist Startseite
  • Themenstarter
  • #34
Heute war ein Termin in der Neurochirurgie und wir haben mehr Klarheit. Der heutige Arzt hat meinen Eltern gemeinsam jede Menge erklärt - sehr hilfreich, so hatte ich meinen Vater als Backup. Meine Mutter war aber sehr klar, als ich anrief - als mein Vater meinte, dass sie es mir erklärt, dachte ich kurz 'besser nicht', aber am Ende erklärte sie es mir gut. Fast war es, als wäre sie nun klarer als vorher, als es immer nur hieß 'sie finden nix', sie wirkte fast erleichtert.

Der Arzt geht davon aus, dass es eine Spätfolge einer unzureichend erkannten oder behandelten Enzephalitis im Kindesalter ist - ausgelöst durch Viren, unbekannt, welche. Es könnte Herpes sein (damit hatte meine Mutter ihr ganzes Leben immer sehr zu kämpfen, sie hatte sie auch am Auge usw.), es könnte eine Zecke gewesen sein, eine schwere 'Kinderkrankheit', die man damals nicht erkannte und die heute Spätfolgen auslöst.

Machen kann man nichts. Es wird sich körperlich und mental auswirken, die Frage ist nur, wie schnell und was sie davon noch erlebt. Heilung gibt es keine, sie kann aber weiter dagegen angehen - mit Physio, mentalem Training usw. Immerhin versicherte sie mir heute, dass sie immer noch ihre ganz schweren Kreuzworträtsel lösen kann und dabei bleibt. Gesunde Ernährung, Bewegung usw. wurde ihr auch empfohlen.

Der Arzt sagte außerdem, dass er vermutet, dass ein unbemerkter kleiner Schlaganfall dazukommt- die These gab es schon öfter, seit klar war, dass das Kleinhirn betroffen ist.

Das Telefonat mit meinen Eltern war hart, aber auch gut. Meine Mutter meinte, dass sie beim Arzt geweint hat, als er es ihr erklärt hat, auch, weil ihr mein Vater so leidtut, der sich seine Rente anders vorgestellt hat. Ich sagte, dass wir es alle zusammen mit ihr machen und sie nicht alleine ist, egal wie es wird. Und zum Glück haben sie Geld, können sich also Luxusurlaub gönnen und alles auch in barrierefrei haben. Mein Vater sagte, sie machen es sich trotzdem nett, Feierabend.

Kurz nach dem Anruf habe ich mich mit meinem Mann angelegt, der dachte, dass ich arbeite und pissig war, dass ich mit meinem Vater über Urlaub spreche. Er fühlte sich mit Kackwindeln und launischem Vorschulkind alleine gelassen. Ich habe ihm gesagt, dass es Wichtigeres gibt, er aufhören soll, immer nur um sich zu kreisen und habe seitdem keine Lust, mit ihm darüber zu reden.

Passenderweise schrieb die Ehefrau eines alten Bekannten quasi zeitgleich auf Facebook, dass das Leben nur zu 10 Prozent aus dem besteht, was passiert und zu 90 Prozent aus dem, wie wir damit umgehen. Ich möchte ihr unbekannterweise ins Gesicht schlagen. Sowas Dummes kann auch nur einer sagen, der keine Ahnung hat.

Ich meine, seit klar ist, dass keiner was eindeutiges findet, war mir auch klar, dass es keine Heilung geben wird. Dass keiner ein Medikament hat, was ihre Probleme verschwinden lässt. Aber es jetzt eindeutig zu hören, dass es nie mehr besser wird, ist hart. Ein Stück weit ist beruhigend, dass es etwas aus der Kindheit sein wird - was haben meine Oma und meine Tante Druck aufgebaut, dass es an Alkohol und Zigaretten lag und ich habe auch immer gedacht, mehr Sport, bessere Ernährung... alles egal jetzt.

Der Arzt sagte noch, man könne eine Biopsie machen und schauen, was es war- es würde aber nichts ändern und hätte eben das Risiko einer Biopsie im Gehirn.

Ansonsten gibt es nichts zu tun, außer dagegen zu halten und zu hoffen, dass es nur langsam voranschreitet.
 
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